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Veröffentlicht am 30.08.2022

Genie und Wahnsinn

Die rote Tänzerin
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„Immer wollte Otto alles sehen, alles erleben, notfalls ersterben. Die Berber, dieses Eitergeschwür Berlins, dieser Dämon, dieser Nachtalp jedes sittsamen Bürgers – die, nein das, musste er sehen.“ (S.14) ...

„Immer wollte Otto alles sehen, alles erleben, notfalls ersterben. Die Berber, dieses Eitergeschwür Berlins, dieser Dämon, dieser Nachtalp jedes sittsamen Bürgers – die, nein das, musste er sehen.“ (S.14)
1923 besucht Otto Dix eine Vorführung von Anita Berber, weil er sie malen will. Doch was er sieht, erschüttert ihn bis ins Mark. Das abgewrackte Etablissement mit seinen überschminkten und überreizten Gästen und Angestellten, die aufgeheizte Stimmung – das ist zu viel. Und dann „DIE Berber“ mit ihrem großen Auftritt. Männer geifern und johlen, bewundern und verachten sie. „Das dort, diese Frau, das war kein Motiv! Das war Gefahr.“ (S. 17)
Als er sie zwei Jahre später dann doch bittet, für ein Portrait Modell zu sitzen, überrascht sie ihn. Statt dem verlebten Vamp kommt ein braves, knabenhaftes, ungeschminktes, junges Mädchen. Im Laufe ihrer Zusammenarbeit lässt sie ihn noch weiter hinter ihre Fassade blicken, teilt ihre intimsten Momente, Sorgen und Ängste mit ihm. Und erweckt damit Beschützerinstinkte. „Er würde sie nicht nackt malen. … Er wollte sie nicht bloßstellen, obwohl sie selbst ihre Seele und ihren Körper Abend für Abend, Nacht für Nacht, preisgab.“ (S. 169)

„Die rote Tänzerin“ ist ein sehr fein gezeichnetes, beeindruckendes Portrait zweier Ausnahmekünstler, wobei Anita natürlich einen deutlich größeren Raum einnimmt als Otto. Gleichzeitig ist es auch eine Charakter-und Gesellschaftsstudie.
Während der Inflation führt die Boheme ein Leben im Rausch, immer ganz nah am Abgrund. Keiner weiß, was das Geld, Leben oder die eigene Leistung am nächsten Tag noch wert ist.
Danach schafft Anita den Absprung nicht und lebt weiter so weiter, als gäbe es kein Morgen mehr. Nicht nur ihr Tanz, ihr ganzes Leben ist eine Provokation gegen die bürgerliche Moral. Sie schläft scheinbar wahllos mit Männern und Frauen. Es ist ihr augenscheinlich egal, was Andere von ihr denken. Doch tief drinnen ist sie eine gebrochene Frau, die im Krieg ihre große Liebe und damit den Halt verloren hat, die den Tod herbeisehnt und das Leben nur noch mit harten Drogen, Zigaretten und Alkohol erträgt. Und das zeigt sie auch auf der Bühne. „Wenn kein Wunder passierte, ging es mit Anita zu Ende. Alle sahen es, und alle sahen weg.“ (S. 59)

Ich habe selten so viel Mitleid mit einer Anti-Heldin gehabt wie mit Anita, einer herzensguten und mitfühlenden Frau, die am eigenen Schicksal zerbricht. Die nur tanzen will und dabei keine Kleidung mag, weil die sie behindert. Joan Wenig zeigt eine Tänzerin, die ihre Nacktheit als Ausdrucksform benutzt und keine Nackte, die tanzt, um sich zu prostituieren. Sie lässt eine Künstlerin wieder lebendig werden, die extrem wandlungsfähig ist und das Verruchte genauso gut beherrscht wie die zartherbe Unschuld oder perfekte Hausfrau, die morgens nicht weiß, wer der Mann neben ihr im Bett ist und auf dem Gaskocher in Ottos Atelier Kaiserschmarrn kocht. Eine langsam sterbende Überlebende, die sich in verschiedene Realitäten flüchtet, um noch ein bisschen durchzuhalten.

Anita Berber hat sich im Tanz und im Leben immer ganz hingegeben, hat fast alles von sich gezeigt, nur eines nicht „Der Tanz der Nadel, der schönste und von ihr doch nie auf der Bühne gezeigte Tanz.“ (S. 33)

Joan Weng hat mich von der ersten Zeile an mitgerissen und bis zum Ende gefesselt. „Die rote Tänzerin“ ist ein Buch, das man nicht so schnell vergisst.

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Veröffentlicht am 27.08.2022

Arbeiten, wo andere Urlaub machen

Canaria Mortal
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… so hat sich Journalist Felix Faber seinen Neustart auf Gran Canaria bei der vielversprechenden linksorientierten Zeitschrift LA VIDA vorgestellt, aber nicht nur die Insel, auch die Redaktionsmitglieder ...

… so hat sich Journalist Felix Faber seinen Neustart auf Gran Canaria bei der vielversprechenden linksorientierten Zeitschrift LA VIDA vorgestellt, aber nicht nur die Insel, auch die Redaktionsmitglieder sind anders als erwartet. Die Insel ist kein grünes Tropenparadies, sondern eher felsig und steinig und seine neuen Kollegen verschweigen ihm etwas Wichtiges, das ihn in Gefahr bringen könnte. Außerdem liegen sie mit der neuen, rechtsgerichteten Partei RAZÓN im Clinch.
Als eine junge Frau ermordet aufgefunden wird, führt eine der Spuren zu LA VIDA und Faber stellt zusammen mit einer Kollegin eigene Nachforschungen an, da sie Informationen haben, die die Polizei noch nicht kennen kann.

Felix ist gerade erst auf der Gran Canaria und in seinem neuen Job angekommen, als er in die Ermittlungen rutscht. Durch ihn lernt man Land und Leute und auch die dunklen Seiten der Urlaubsregion kennen. Die Handlung dreht sich nämlich auch um Flüchtlinge, die die Insel als Sprungbrett nach Europa nutzen, Geldwäsche, Bestechung und die Reibereien zwischen den verschiedenen politischen Lagern.

Auf Seiten der Polizei ermittelt Ana Montero in dem Mord. Sie stammt ursprünglich aus Madrid und wurde hierher zwangsversetzt, will aber so schnell wie möglich zurück. Um ans Ziel zu kommen, braucht sie den einen großen Fall und wittert jetzt ihre Chance. Aber sie ist sich auch des Klüngels unter den Einwohner bewusst und spannt darum Felix ein, weil sie ihm mehr traut als ihren Kollegen …
Sie ist nicht die perfekte, linientreue Polizistin, die man erwartet, sondern noch relativ jung und dynamisch, sieht sehr gut aus und liebt schnelle Autos – und ab und an einen Joint.

Die Grundidee von „Canaria Mortal“ hat mir gut gefallen. Ein junges Mädchen aus der Unterschicht wird ermordet und es ist lange nicht klar, ob sie in etwas Illegales verwickelt war oder es sich um eine Beziehungstat handelt.

Etwas schwer hingegen habe ich mich mit den häufigen Sprüngen zwischen den erzählenden Personen getan. Durch den ständigen Perspektivwechsel fiel die Spannung immer wieder ab und mein Lesefluss wurde gestört. Auch die Geheimnistuerei wer die beiden Unbekannten sind, war mir zu viel (zumal eine recht schnell die Tote und damit ihre Identität geklärt ist).

Nicht ganz rund fand ich auch den Plot Twist, als Faber Lehrer wird, um an der Schule der Toten zu ermitteln und dafür keine Papiere oder Ausbildung braucht und es auch in der Redaktion außer einer Kollegin niemand weiß.
Zwei weitere Ungereimtheiten sind eine nächtliche Kletterpartie, für die Ana als geübte Kletterin eine Spitzhacke braucht, er als Ungeübter aber nicht, und dass sie anderthalb Stunden zu einem möglichen Tatort fahren, um dann Verstärkung zu rufen, die schon nach einer Viertelstunde da ist?!

Mein Fazit: Interessante Grundidee, auch die (Flüchtlings-)Politik hat gut in die Handlung gepasst, aber der Erzählstil und einige Ungereimtheiten haben mich etwas gestört.

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Veröffentlicht am 26.08.2022

Träume sind aus Mut gemacht

Die Frauen vom Reichstag: Ruf nach Veränderung
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Berlin 1926: Marlene von Runstedts Vater stirbt, ohne ein Testament bzgl. seiner Anwaltskanzlei zu hinterlassen. Jetzt muss sich die Abgeordnete der DDP entscheiden, ob sie endlich ihr zweites Staatsexamen ...

Berlin 1926: Marlene von Runstedts Vater stirbt, ohne ein Testament bzgl. seiner Anwaltskanzlei zu hinterlassen. Jetzt muss sich die Abgeordnete der DDP entscheiden, ob sie endlich ihr zweites Staatsexamen ablegen und selber als Juristin arbeiten, oder Max, dem Kanzleipartner ihres Vaters, weiterhin nur zuarbeiten will. Erschwerend kommt hinzu, dass sie sich ihrer Gefühle für ihn nicht klar ist, da sie in ihm seit über 20 Jahren nur ihren besten Freund sieht. Aber als er jetzt ausgerechnet ihre Intimfeindin Sonja Grawitz in einem Fall vertritt und dieser dabei privat näherkommt, wird Marlene eifersüchtig. Zumal es bei dem Fall um die uneheliche Tochter von Sonja und Justus geht, Marlenes vor 6 Jahren verstorbenem Geliebten.

Ihre beste Freundin Sophie Maytrott hat ähnliche Probleme. Sie ist Abgeordnete der Zentrumspartei und mit einem 20 Jahre älteren Mann verheiratet. Er hat ihr vor der Hochzeit versprochen, dass sie ihre politische Karriere weiterverfolgen kann. Allerdings hat er nicht damit gerechnet, dass sie es bis in den Reichstag schafft. Jetzt fordert er plötzlich, dass sie ihrer Rolle als Hausfrau und Stiefmutter seiner halbwüchsigen Kinder gerecht wird. „Es kommt mir seit ein paar Wochen – oder sogar schon Monaten – so vor, als verlöre ich den Boden unter den Füßen. Meine Wünsche und Hoffnungen sind eine Sache, aber meine Pflichten und die Ansprüche meiner Familie eine andere.“ (S. 258)
Außerdem hat sie nach einer Polio-Erkrankung ein gelähmtes Bein, das sie im Alltag extrem beeinträchtigt, und verliebt sich einen katholischen Pfarrer, der ihre Gefühle zu erwidern scheint.

Micaela A. Gabriel schreibt auch im 2. Teil der „Frauen vom Reichstag“ sehr lebendig und mitreißend, lässt das frühere Berlin und die Stimmung und Abläufe im Reichstag wieder auferstehen.

Marlene und Sophie führen in Berlin ein eigenständiges und unabhängiges Leben, engagieren sich in ihren Parteien vor allem für die Fragen und Rechte von Frauen und Kindern. Doch auch durch das Erstarken des Nationalsozialismus werden die Freundinnen von ihren männlichen Parteigenossen in Richtungen gedrängt, mit denen sie nicht konform gehen und die auch nie Ziele ihrer Parteien waren. Sollen sie sich doch beruflich umorientieren?
Marlene will sich immer noch nicht an einen Mann binden, liebt ihre Freiheit und trauert dem Kind nach, das sie damals nicht bekommen hat. Dass sie jetzt Justus` Tochter zu ihrem Recht verhelfen soll, wühlt die bislang erfolgreich verdrängten Erinnerungen erneut auf und bringt sie an ihre Grenzen.
Sophie lebt ihren Glauben sehr intensiv, Nächstenliebe und vor allem -hilfe stehen für sie nach ihrer Arbeit als Abgeordnete an erster Stelle. Je länger sie in Berlin lebt, desto mehr fallen ihr die Einschränkungen durch ihren Mann zu Hause in München auf. Als er ihr ihre Tätigkeit dann sogar verbieten will, muss sie eine Entscheidung treffen. „Der Beschützer, den sie in ihm gefunden zu haben glaubte, entpuppte sich als Wächter, der nicht um sie besorgt war, sondern dem es nur um sich selbst und seinen gesellschaftlichen Ruf ging.“ (S. 368)

De beide Frauen studierte Juristinnen sind, hat Micaela A. Gabriel auch einen echten und extrem spannenden Skandalfall aus dieser Zeit in die Handlung einfließen lassen. Ein 18jähriger soll nach einer Orgie zwei Mitschüler erschossen haben. Die einzige Zeugin ist die Schwester des einen Toten. Marlenes Kanzlei wird mit der Verteidigung des Täters beauftragt und vor allem Sophie arbeitet Max dabei zu. Bei der Recherche nach Beweisen für die Unschuld des Angeklagten, wächst sie über sich hinaus und erlangt nationale Berühmtheit und Anerkennung – die ihrem Mann natürlich nicht auch passen.

Fazit: Spannende Fortsetzung der „Parlamentarierinnen-Reihe“, in der zwei Abgeordnete und Freundinnen für Emanzipation und ihr persönliches Glück kämpfen, aber auch die Rechte von Kindern und Frauen. Aber wie schon beim ersten Teil wurden mir einige politische Details etwas zu ausführlich beschrieben.

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Veröffentlicht am 22.08.2022

Hysterie

Das Kind der Lügen
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Hamburg 1929: Paula Haydorn ist seit einem Jahr eine der ersten Frauen bei der Kriminalpolizei und macht ihren Job wirklich gerne und auch gut, doch die Hinrichtung einer von ihr überführten Mehrfachmörderin ...

Hamburg 1929: Paula Haydorn ist seit einem Jahr eine der ersten Frauen bei der Kriminalpolizei und macht ihren Job wirklich gerne und auch gut, doch die Hinrichtung einer von ihr überführten Mehrfachmörderin hat sie verunsichert und geht ihr noch lange nah. „Und wenn wir doch etwas übersehen haben?“ (S. 11)
Darum ist sie bei ihrem neuesten Fall besonders gründlich. Die gutsituierte aber hysterische Witwe Signe von Arnsberg zeigt erst den Mord ihres Schoßhündchens an und meldet später ihre sechsjährige Tochter Dorothee als vermisst. Außer Paula nimmt sie zunächst niemand ernst. Man glaubt ihr nicht einmal, dass es das Kind wirklich gibt. Dann vermuten Paulas Kollegen, dass sich das Kind und sein Kindermädchen Alma nur verlaufen oder durch etwas haben ablenken lassen, schließlich machen sie hier Urlaub.

„Das Kind der Lügen“ ist bereits der zweite Teil der Reihe mit Paula Haydorn. Sie und ihr Vorgesetzter Martin Broder sind sich im letzten Jahr nähergekommen, aber immer, wenn sie denkt, dass er endlich den nächsten Schritt macht, zieht er sich wieder zurück. Also stürzt sie sich voller Elan in die Arbeit.

Die Suche nach Dorothee und Alma verlangt dem ganzen Team einiges ab. Im Laufe der Ermittlungen geraten neben Signe selbst auch ihr Chauffeur und eine alte Freundin ins Visier der Polizisten – aber nirgendwo findet sich eine Spur von oder zu dem Kind und Kindermädchen. Die Zeit rennt ihnen langsam davon. „Wir sind nicht schnell genug, Paula. Wir suchen zwei Menschen, darunter ein kleines Kind, und tappen auch nach einer Woche immer noch im Dunkeln.“ (S. 162)
Signe erschwert die Nachforschungen, ist übernervös, sehr undurchsichtig und voller Geheimnisse. Sie verrät den Ermittlern immer nur das Allernötigste und belügt sie auch – natürlich nur zum Wohl ihres Kindes, behauptet sie später. Die Situation spitzt immer weiter zu, es gibt sogar Anschläge auf die die Ermittler. Will der Entführer die Polizisten etwa mit allen Mitteln von der Aufklärung des Falles abhalten?!

Helga Glaesener hat einen sehr komplexen Handlungsstrang geschaffen, bei dem man bald nicht mehr weiß, wem bzw. was man noch glauben kann und wer alles involviert ist. Paula und ihre Kollegen ermitteln in Hamburg, Cuxhaven und Bielefeld, dadurch bekommt man einen Einblick in die Örtlichkeiten zur damaligen Zeit, wie die (Zusammen-)Arbeit funktionierte und welche Ermittlungsmethoden angewandt wurden.

Ich finde es toll, dass Paula zwar als starke Frau, aber nicht als überlegene Einzelkämpferin dargestellt wird. Sie ist mutig und kann sich durchsetzen, hat aber auch Schwächen und Ängste. Zusammen mit ihren Kolleginnen hat sie sich inzwischen gut in die Kripo integriert, man kann sich aufeinander verlassen, deckt sich auch schon mal gegenüber Vorgesetzten und geht nach der Arbeit zusammen baden oder ein Bier trinken.

Mein Fazit: Paula ist eine sympathische Ermittlerin mit Ecken und Kanten, die Handlung bis zum Ende spannend und temporeich. Ich bin gespannt auf den nächsten Fall.

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Veröffentlicht am 20.08.2022

Tod im Paradies

Miss Sharp macht Urlaub
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Nachdem Agnes Sharp mit ihrer Senioren-WG (Edwina, Charlie, Winston, Bernadette und der Marschall) den Mord an ihrer Nachbarin aufgeklärt hat, fallen ihr weitere eigenartige Todesfälle in ihrem Ort auf, ...

Nachdem Agnes Sharp mit ihrer Senioren-WG (Edwina, Charlie, Winston, Bernadette und der Marschall) den Mord an ihrer Nachbarin aufgeklärt hat, fallen ihr weitere eigenartige Todesfälle in ihrem Ort auf, die die Polizei einfach als natürliche Tode abtut. Vielleicht sollte sie sich die mal genauer ansehen? Aber nein, ein Abenteuer ist genug. Und als Edwina dann bei einem Preisausschreiben eine Reise für zwei Personen in ein romantisches Öko-Hotel an der Küste von Cornwall gewinnt, klingt das nach einer tollen Abwechslung mit Erholungsgarantie. Sie fahren einfach alle mit – auch, weil man die vergessliche Edwina nirgendwo mehr allein hingehen lassen kann und sie sich nicht einig werden, wer zu Hause bleiben soll …

Das Hotel sieht zwar sehr futuristisch aus und liegt etwas abgelegen direkt an der Steilküste, ist aber sehr heimelig und das Personal wirklich nett. Die Bewohner von Sunset Hall lassen sich nach Strich und Faden verwöhnen. „Das Eden schien ein Ort, an dem einen nichts Böses zustoßen konnte.“
Doch schon am ersten Abend beobachtet Agnes ein verliebtes Pärchen, das in Richtung der Klippen geht, und hört kurz darauf einen Schrei – und nur eine Person kommt zurück. Ist etwa ein Unfall passiert? Oder gar oder ein Mord? Allerdings wird niemand vermisst. „Vielleicht spielte sich der ganze Mordfall ja doch nur in ihrem Kopf ab?“ Aber dann wird das Hotel durch einen Erdrutsch von der Außenwelt abgeschnitten und eine Leichen nach der anderen taucht auf. Agnes und ihre Freunde nehmen die Ermittlungen auf.

Auch der zweite Fall der skurrilen Rentner-WG hat mich wieder bestens unterhalten. Die alten Leutchen sind herrlich schräg und machen das Beste aus ihren Gebrechen. Agnes hört kaum noch – zum Glück, da kann sie in Ruhe nachdenken. Edwina ist dement, dann kann sie sich wenigstens alles erlauben und auch ein neues, gefährliches Haustier anschleppen und einen jungen Mann im Schrank verstecken. Und Bernadette ist zwar blind, hört und riecht dafür aber besonders gut. Zudem waren sie früher alle bei der Polizei bzw. dem Geheimdienst und wissen, wie man Nachforschungen anstellt und was man alles als Waffe benutzen kann. Man darf sich nur nicht von den herrlich weichen Sesseln und Betten, den leckeren Mahlzeiten, Gratis-Drinks und dem Eis-Buffet ablenken lassen und schließlich selber verdächtigt werden …

Leonie Swann unterhält und fesselt ihre Hörer bzw. Leser gleichermaßen. Die Bewohner von Sunset Hall ermitteln in alle Richtungen, da als Täter sowohl Gäste als auch das Personal in Frage kommen. Und als Bernadette von ihrer Vergangenheit eingeholt wird, muss sie sich der Frage stellen, ob nicht sogar ein alter Freund und Profikiller sein Unwesen im Eden treibt.

„Was einem Niemand sagt, wenn man mit dem Morden anfängt, ist, wie stressig es ist. Ständig auf dem Sprung, nie hat man Zeit, nie hat man Zeit, die Sache ein wenig bewusst anzugehen. Immer nur alles schnell, schnell …“
Ich mag den trockenen Humor der Reihe und habe mich gefreut, dass Anna Thalbach den verschiedenen Protagonisten wieder ihre raue, kratzige und damit perfekt passende Stimme geliehen hat. Hoffentlich ermittelt die Senioren-WG bald wieder!

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