Wunder gescheh´n
Die Freundinnen vom Strandbad (Die Müggelsee-Saga 2)„Wir sind nun einmal keine Kinder mehr …“ (S. 238) Clara fehlt ihren Freundinnen Betty und Martha, aber sie können verstehen, dass sie die Chance auf ein Leben in Freiheit und vielleicht sogar ihrem Wunschberuf ...
„Wir sind nun einmal keine Kinder mehr …“ (S. 238) Clara fehlt ihren Freundinnen Betty und Martha, aber sie können verstehen, dass sie die Chance auf ein Leben in Freiheit und vielleicht sogar ihrem Wunschberuf Astronautin einem Leben in der immer enger werdenden DDR vorgezogen hat und in allerletzter Minute geflüchtet ist. Doch ist sie auch lebend „drüben“ angekommen und glücklich? Ihre Ungewissheit hält lange, bis sie endlich eine verschlüsselte Nachricht bekommen.
Inzwischen feiert Betty eine Traumhochzeit mit Kurt und ist schwanger, versucht eine perfekte Ehefrau zu sein und führt ein angebliches Vorzeigeleben. Martha schafft es gegen alle Widerstände, einen Job bei der progressiven Frauenzeitschrift Evelyn zu ergattern. Doch es ist nicht alles Gold, was glänzt. Kurt betrügt Betty und ihre Eltern verlangen, dass sie wegsieht. „Geh nach Hause und reiß dich zusammen. Unsere Familie hatte immer einen tadellosen Ruf, und das soll auch so bleiben.“ (S. 177) Und Martha rebelliert immer häufiger und offener gegen das System. Als Betty eine Tragödie widerfährt, soll sie Martha für die Stasi bespitzeln …
Zur gleichen Zeit kämpft Clara in Westberlin gegen ihr Heimweh und sucht verzweifelt Halt und eine neue Perspektive. Findet sie das alles bei ihrer Retterin Lilli, die sie nach ihrer Flucht aufgenommen hat, oder dem Unbekannten, mit dem sie immer wieder zusammenstößt?
„Wogen der Freiheit“ ist die gelungene Fortsetzung und leider auch der Abschlussband der „Freundinnen vom Strandbad“, und verfolgt die Lebenswege der drei Frauen vom Bau der Mauer bis zu deren Fall 1989 bzw. bis kurz vor die Wiedervereinigung 1990.
Martha, Betty und Clara sind mir sehr ans Herz gewachsen. Ich habe wieder mit ihnen mitgefiebert, ihre unterschiedlichen Karrieren und vor allem ihre Emanzipation verfolgt. Sie werden in den zwei Bänden der Müggelsee-Saga in mehr als nur einer Hinsicht erwachsen. Ihre Kleinmädchen-Träume und Schwärmereien zerschellen ja schon im ersten Band auf dem Boden der Realität. Bettys große Liebe stammt aus dem Westen und ist damit nach dem Mauerbau für sie unerreichbar, also gibt sie dem Werben des berühmten Regisseurs Kurt Weiler nach. Marthas Familie entpuppte sich als Fälschung, und Clara wird kurz vor dem Abi wegen politischer Diskussionen von der Schule geworfen und bekommt nur Aushilfsjobs.
„Ist Erwachsensein ein Alter oder ein Gefühl?“ „Langsam denke ich, dass es nur darum geht, sich verzweifelt auf das Gute zu konzentrieren und das viele Schlimme auszublenden, weil man sonst kaputtgeht. Ein verzweifeltes Kopf-über-Wasser-Halten.“ (S. 351) Auch nach dem Mauerbau wird es nicht besser, die Probleme nicht kleiner. Die Freundinnen suchen ihren jeweiligen Platz im Leben, müssen entscheiden, mit wem und welchen Kompromissen sie leben können oder wollen, was sie wirklich glücklich macht. Ihre Schicksale sind sehr unterschiedlich und bewegend. Sie müssen mit Dramen und Problemen fertigwerden, sich zwischen verschiedenen Lebensentwürfen und Männern entscheiden. Zudem testen Betty und Martha aus, wie weit sie nicht nur für ihre eigene, sondern auch die Freiheit aller gehen, inwieweit sie sich gegen das System auflehnen wollen bzw. können.
Ich fand es toll, dass sie die ganze Zeit der Trennung über an dem Glauben und der Hoffnung festgehalten haben, dass sie sich nicht nur wiedersehen werden, sondern auch die Trennung der Stadt bzw. Staaten aufgehoben wird.
Julie Heiland hat die Unterschiede zwischen dem Leben in der DDR und Westberlin toll herausgearbeitet. Im Osten wird es immer farb- und trostloser, man muss für alles anstehen, wenn es denn überhaupt mal was zu kaufen gibt, während die Reklame und Läden im Westen nicht bunt genug sein können und Clara reisen kann, wohin sie will.
Auch „Wogen der Freiheit“ hat mich wieder sehr gut unterhalten – Julie Heiland kann extrem anschaulich schreiben – und an meine Vergangenheit in der DDR erinnert. Schade, dass die Reihe jetzt zu Ende ist.