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Veröffentlicht am 12.08.2024

Die nächste Generation

Das Opernhaus: Samtschwarz die Nacht
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„Es war … die größte Aufgabe von Eltern, für ihre Kinder eine bessere Welt zu erschaffen als die, aus der sie selbst kamen.“ (S. 368)
Zwanzig Jahre sind seit der Mairevolution vergangen und Elises Leben ...

„Es war … die größte Aufgabe von Eltern, für ihre Kinder eine bessere Welt zu erschaffen als die, aus der sie selbst kamen.“ (S. 368)
Zwanzig Jahre sind seit der Mairevolution vergangen und Elises Leben hat sich zum Besseren gewendet. Sie ist nach dem Tod ihres ersten Mannes mit dem geheimen Obermedizinalrat Leopold Leitner verheiratet, der als Oberarzt und Chirurg im KKH Friedrichstadt arbeitet und ihre Kinder behandelt, als wären es seine eigenen. Dabei sind die „Kinder“ längst erwachsen. Netty ist 28 und wurde gerade als Primaballerina am Hoftheater engagiert. Sie geht in ihrem Beruft / ihrer Berufung auf und kann sich eine Ehe und die damit verbundenen Einschränkungen (noch?) nicht vorstellen. Julius ist 19 und Student, hat aber Elises musische Begabung geerbt und begleitet sie ab und an am Klavier. Seit Jahren überlegt Elise, wie sie ihm und Christian, der nach seiner Flucht in Zürich heimisch geworden ist, sagt, dass sie Vater und Sohn sind. Als jetzt durch einen Unglücksfall das Hoftheater abbrennt, sind die Chancen groß, dass der ehemalige Kulissenmaler endlich zurückkommt.
Zudem sorgt sie sich, weil Christian in die Tochter eines jüdischen Bankiers verliebt ist. Die Familien sind zwar miteinander bekannt und verkehren in den gleichen Kreisen, aber eine Hochzeit innerhalb verschiedener Konfessionen ist undenkbar.

„Was, meine Herren, sind wir denn ohne die Oper? Nur ein kleiner Haufen Spießbürger inmitten einer Stadt, voller alter Steine, durch die ein graues Flüsschen fließt.“ (S. 191)
Mit dem Brand des ersten Opernhauses von Gottfried Semper kochen die Emotionen in der Stadt hoch. Der König und die Oberschicht will unbedingt ein neues Opernhaus, die ärmeren Einwohner würden sich über Schulen (auch für Mädchen!), ausreichend Essen und eine Krankenversorgung freuen.
Auch Elise und ihre Familie trauern dem Hoftheater hinterher, sind doch eng mit dem Gebäude verknüpft. Ihr Vater Georg Spielmann war Violinist, sie hat ihre große Liebe Christian dort kennengelernt, und Netty ist Primaballerina.

Anne Stern hat den Abschluss ihrer Trilogie ähnlich dramatisch und abwechslungsreich gestaltet wie eine Oper. Da ist der verheerende Brand, Julius‘ geheime Herkunft, seine verbotene Liebe zu einer Andersgläubigen und Elises Zerrissenheit zwischen Leopold und Christian. Was passiert, wenn sie sich wiedertreffen? Entflammt ihre alte Liebe wieder und setzt sie ihre Ehe aufs Spiel? Sie plagt sich mit Gewissenskonflikten, weil niemand davon und dem seit 20 Jahren andauernden Briefwechsel mit Christian weiß.

Auch Julius‘ Angebetete Rachel ist eine sehr spannende Figur. Sie ist das einzige Kind ihrer Eltern. Ihr Vater hat ihre außergewöhnliche Begabung für Mathematik immer gefördert, trotzdem wäre ihm nie in den Sinn gekommen, dass sie etwas daraus machen will, Mathematik studieren z.B. (undenkbar für eine Frau damals), und sich nicht in eine arrangierte Ehe drängen lässt. Ihr Widerspruchsgeist und dass sie für sich selber und ihre Wünsche und Vorstellungen eintritt, hat mich an die junge Elise erinnert, auch wenn die damals letztendlich nachgegeben hat.

Außerdem lässt sie Anne Stern alle noch lebenden Protagonisten der ersten beiden Bände noch einmal auftreten, wie z.B. die alte Garderobiere Bertha Heise, Christians Schwester Ernestine, die Leiterin des Waisenhauses Fanny Regensburg, Elises frühere Freundin Aurora von Amsdorf und die ehemalige Wahrsagerin Clementine Fuchs, so dass es ein wirklich gelungener, runder Abschluss ist.

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Veröffentlicht am 08.08.2024

Schuld ist immer das Zimmermädchen

Ein mysteriöser Gast
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„Ich habe ein Geheimnis – eines, das Sie zweifellos überraschen wird.“ (S. 14) sind die letzten Worte des Bestsellerautors J. D. Grimthorpe, bevor er bei seiner Pressekonferenz im nagelneuen Teesalon des ...

„Ich habe ein Geheimnis – eines, das Sie zweifellos überraschen wird.“ (S. 14) sind die letzten Worte des Bestsellerautors J. D. Grimthorpe, bevor er bei seiner Pressekonferenz im nagelneuen Teesalon des Regency Grand Hotel zusammenbricht und stirbt, alles sieht nach einer Vergiftung aus. Natürlich wird das Zimmermädchen verdächtigt, das für den Teewagen verantwortlich war – Mollys Lehrmädchen Lily. Molly ist von deren Unschuld überzeugt und stellt zusammen mit der übermotivierten Barfrau Angela eigene Ermittlungen an – schließlich kennt sich kaum einer so gut im Hotel aus, wie die „unsichtbaren“ Angestellten.

„Ein mysteriöser Gast“ ist der zweite Teil der charmanten Krimireihe um Molly Gray. Sie ist jetzt seit einigen Jahren Chef-Zimmermädchen, führt ein strenges, aber gerechtes Regime über ihre Mitarbeiterinnen und bringt ihnen alles bei, was sie von ihrer verstorbenen Grandma über Ordnung und Sauberkeit gelernt hat. Lily hat es ihr besonders angetan, weil sie noch stiller ist, als sie selbst. Darum war der Geschäftsführer des Hotels auch gegen ihre Einstellung, aber Molly hat sich durchgesetzt und will jetzt Lilys Unschuld beweisen. Und sie hat noch einen Grund, eigene Nachforschungen anzustellen: sie hat Grimthorp als Kind kennengelernt, weil ihre Gran sein Hausmädchen war. Und je mehr sie sich an die Zeit zurückerinnert und diese Erinnerungen hinterfragt, desto mehr kommt sie ihrer eigenen Vergangenheit und Grimthorpes Geheimnis auf die Spur.

Schon in „The Maid“ hatte mich Mollys Andersartigkeit sehr berührt. Sie hat leicht autistische Züge und lebt in einer Welt voller Erinnerungen an ihre Grandma und deren Putz-Anweisungen, Sinnsprüchen und alten Columbo-Folgen. Sie ist effizient, gründlich, mitfühlend, extrem hilfsbereit und erkennt inzwischen immer besser, wenn man sie oder andere ausnutzen will. Außerdem fallen ihr Dinge auf, die andere leicht übersehen und beeindruckt damit sogar die ermittelnde Polizistin: Molly, ich glaube, ich habe sie unterschätzt. Ich weiß nicht immer, wovon sie reden. Aber sie haben gerade eine ganze Reihe von Hinweisen miteinander verknüpft, von denen mir nicht einmal klar war, dass es Hinweise sind.“ (S. 244)
Lily bleibt lange sehr unscheinbar und undurchschaubar – hat sie nur Angst oder etwas zu verbergen?
Die Barfrau Angela ist bekennender TrueCrime-Fan und sieht hier ihre Chance, endlich selber einen Fall aufzuklären. Dass sie Molly dabei manchmal regelrecht überfährt und auch übers Ziel hinausschießt, wird ihr gar nicht bewusst – was zählt, ist der Erfolg.

Nita Prose schreibt sehr unterhaltsam und hält die Spannung durch Mollys Erinnerungen und dem, was daraus für die Gegenwart resultiert, konstant hoch. Es hat mir wieder unheimlichen Spaß gemacht, Mollys Ermittlungen und Gedankengänge zu verfolgen und ich hoffe, dass es weitere Bände geben wird.

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Veröffentlicht am 02.08.2024

Eine Leiche im Keller

Salute - Der letzte Espresso
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… hat Paul Zeitler leider nicht nur sprichwörtlich. Als er nach Ladenschluss in seinem Café Monaco in Bardolino die Toiletten kontrolliert, entdeckt er einen Toten, den er kurz zuvor noch der Zechprellerei ...

… hat Paul Zeitler leider nicht nur sprichwörtlich. Als er nach Ladenschluss in seinem Café Monaco in Bardolino die Toiletten kontrolliert, entdeckt er einen Toten, den er kurz zuvor noch der Zechprellerei verdächtigt hat. „Der letzte Espresso geht aufs Haus, wo auch immer sie jetzt sind.“ (S. 315)

Fast zeitgleich mit der Polizei steht die Presse im Café, aber das kennt Zeidler noch aus seiner Zeit als Hauptkommissar in München. Dass er früher Polizist war, weiß bisher niemand, und das soll auch so bleiben. Doch Commissario Lorenzo Lanza kommt natürlich schnell dahinter. Als sich dann herausstellt, dass der Tote Journalist bei der größten Tageszeitung der Gegend war, kommt die Frage auf, ob der Mord etwas mit Zeitlers Vergangenheit in München oder Gegenwart hier am Gardasee zu tun hat.

„Salute – der letzte Espresso“ ist der Auftakt der neuen Krimireihe von Friedrich Kalpenstein vor der traumhaften Kulisse des Gardasees.

Zeidler hat das Café vor anderthalb Jahren von einer Freundin übernommen und sich schon einen Namen gemacht, denn Touristen und Einheimische trinken ihren (hoffentlich nicht letzten) Espresso gleichermaßen gern bei ihm.
Er hat in München alle Brücken hinter sich abgebrochen und hier völlig neu angefangen. Aber da er gut mit Menschen umgehen kann und offen ist, hat er schon viele neue Freunde gefunden – vielleicht auch, weil er ihnen gern Mal einen Kaffee oder ein Gebäckstück ausgibt, wie ihn seine Vermieterin immer wieder rügt.
Doch so gut er auch als Barista und Gastgeber ist, der Polizist in ihm gibt keine Ruhe und will wissen, wie und warum es zu dem Mord kam.

Friedrich Kalpenstein hat wieder einen echten Wohlfühlkrimikosmos geschaffen. Zeidler zelebriert das Dolce Vita und genießt, was ihm die Region zu bieten hat. Das sind neben der Top-Lage am Gardasee die köstlichen Gebäckspezialitäten eines berühmten Konditors und die hervorragenden Weine, die im Restaurant neben seinem Café ausschenkt werden. Zeidler ist angekommen und bleibt auch bei nervigen Gästen entspannt.
Lanza ist mit seiner Arbeit verheiratet und ein guter Vorgesetzter, der sich gegenüber seinen Mitarbeiter nicht aufspielt, sondern sie als gleichberechtigte Partner sieht. Mit Zeidler wird er allerdings nicht gleich warm, da sich der Deutsche zu sehr in seine Ermittlungen einmischt.
Und da zu echten Männern auch schnelle Fahrzeuge gehören, wurde die filmreife Verfolgungsjagt kurzerhand auf den See verlegt.

Mich hat der spannende Fall sehr gut unterhalten. Ich habe den Täter (leider) nicht vor Lanza und Zeitler ermitteln können – mal sehen, wie das beim nächsten Fall aussieht. Außerdem gibt es einen eigensinnigen kleinen Chihuahua, der Zeitler fast die Show stehlen könnte.

Eine kleine Warnung zum Schluss: Falls ihr gerade eine Diät macht, schließt alle Vorräte weg. Ich habe beim Lesen gefühlt 10 kg zugenommen ...

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Veröffentlicht am 30.07.2024

Die heilende Kraft des Meeres

Mitternachtsschwimmer
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„Wieviel Zeit brauchst du?“ (S. 17) fragt Evan seine Frau Lorna, bevor er allein für eine Woche in das kleine Dorf Ballybrady an die irischen Küste fährt. Nach einem Unglücksfall ist ihre Ehe zerrüttet, ...

„Wieviel Zeit brauchst du?“ (S. 17) fragt Evan seine Frau Lorna, bevor er allein für eine Woche in das kleine Dorf Ballybrady an die irischen Küste fährt. Nach einem Unglücksfall ist ihre Ehe zerrüttet, Lorna redet nicht mehr mit ihm. Er mietet sich in einem alten Cottage ein, das verwohnt und voller Hinterlassenschaften früherer Mieter ist. Gesellschaftsspiele, zerlesene Bücher, alles weist auf glückliche Familienurlaube hin und macht ihn nur noch trauriger.
Evan kapselt sich ab, will seinen Weltschmerz zelebrieren und gibt unbewusst seiner Todessehnsucht nach. Mehr als einmal bringt er sich im bzw. auf dem Meer in gefährliche Situationen, aus denen ihn seine Vermieterin Grace rettet. Auch sie lebt extrem zurückgezogen, hat alte, nie verheilte Wunden und kann sich nur zu gut in Evan hineinversetzen. Wird ihr Credo: „Aufs Wasser blicken vertreibt den Kummer und heilt allen Herzschmerz ...“ (S. 24) auch ihn heilen?

Roisin Maguires „Mitternachtsschwimmer“ ist ein sehr melancholisches Buch. Während sich zu Beginn nur Evan und Grace vom Rest des Dorfes abkapseln, müssen sich nach dem Ausbruch der Coronapandemie alle abschotten. Aber sie finden dennoch Mittel und Wege, sich zu treffen und zu helfen. So kocht Evans Nachbarin plötzlich für ihn mit und man zeigt ihm den Hintereingang des Pubs, weil er WLAN und einen Whiskey braucht.

Obwohl Grace und Evan oft hoffnungslos wirken, habe ich sie gemocht. Grace ist schroff und einsilbig, wird aber von allen respektiert. Sie kann anpacken und lebt im Einklang mit der Natur, gibt alten und abgeschobenen Tieren ein neues Zuhause – und Evan, als er wegen des Lockdown bleiben muss. Außerdem gilt sie als verrückt, weil sie zu jeder Jahreszeit nackt schwimmen geht. Aber ist ihr egal, was andere von ihr denken.
Evan steckt mitten in einer Depression und bemerkt erst jetzt, wie lebensmüde er ist. Doch dann bringt ihm Lorna seinen Sohn Luca, weil sie systemrelevant ist und sich nicht ausreichend um ihn kümmern kann. Luca ist taub und war immer ein Streitfall zwischen ihnen. Seine Mutter hat ihn überbehütet und behandelt, als wäre er behindert, dabei weiß er sehr genau, was er will. Natürlich kracht es auch zwischen Vater und Sohn, aber Evan begreift, dass er sich bei der Erziehung zu sehr zurückgenommen und seiner Frau alle Entscheidungen überlassen hat, um Streit zu vermeiden. Ohne ihre ständige Beaufsichtigung und all die Einschränkungen blüht Luca auf. Grace zeigt ihm, was das Meer alles zu bieten hat und er darf im Dorfladen aushelfen. Aber dann soll er zurück zu seiner Mutter …

Genauso schroff wie Grace ist auch die irische Küste. Im Wasser der Bucht, in der Ballybrady liegt, gibt es gefährliche Untiefen, Wirbel und Strömungen. Trotzdem bekommt man beim Lesen des Buches Lust auf eine Reise an die irische Küste, inklusive langem Strandspaziergang und einem guten Irish Whiskey.

Ungeachtet seiner Traurigkeit verbreitet der „Mitternachtsschwimmer“ aber auch Hoffnung, macht Mut zum (Weiter-) Leben und zeigt, dass sich (Ver-)Schweigen bis zu einer Lüge ausweiten kann, die alles zerstört. Ein Buch, das sehr nachdenklich macht.

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Veröffentlicht am 27.07.2024

Schnelldurchlauf durch die letzten 20 Jahre deutscher Geschichte aus Sicht eines Heranwachsenden

Geile Zeit
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„Die Welt da draußen war zerrissen, die Welt in uns oftmals genauso.“ (S. 165)
Wisst Ihr noch, wo ihr wart, als die Flugzeuge in die Twin Tower flogen? Niclas, damals 11, saß mit seiner Schwester vor dem ...

„Die Welt da draußen war zerrissen, die Welt in uns oftmals genauso.“ (S. 165)
Wisst Ihr noch, wo ihr wart, als die Flugzeuge in die Twin Tower flogen? Niclas, damals 11, saß mit seiner Schwester vor dem Fernseher und wollte Pokémon gucken, sie Talkshows. Dieser Anschlag war der erste von vielen Katastrophen, die seitdem die Medienlandschaft und sein (unser) Leben beeinflusst haben und ihn für die Zukunft schwarzsehen lassen. Aber erst einmal wurde Niclas noch von seinen Eltern abgeschirmt, haben sie versucht, seine heile Welt ein wenig zu verlängern. In der Schule sah das anders aus, da wurden ihnen klargemacht, dass nur Leistung zählt, Einsatzbereitschaft, und dass die Jobs, die Spaß machen, kein Geld bringen. Zur Ablenkung entdeckt er mit seinen Freunden Sex und Alkohol, nabelt sich ab, wird nach dem Studium und unzähligen Praktika Journalist. Bis der Lockdown kommt und alle vereinsamen. Wobei sie auch ohne Lockdown nur noch für die Arbeit und ohne Freunde leben, dafür ist nämlich keine Zeit, wenn man irgendwann mal Erfolg haben will.

„Geile Zeit“ ist ein Schnelldurchlauf durch die letzten 20 Jahre deutscher Geschichte aus Sicht eines erst Heranwachsenden, dann Erwachsenen, verknüpft mit dem Lebenslauf des Autors.
Man merkt, dass Niclas Seydack Journalist ist. Seine Erzählstil schwankt zwischen Reportage und Selbstgespräch. Je nach Alter und Situation seines Ichs wird die Sprache auch mal sehr direkt und vulgär.

Ich weiß nicht, was ich von dem Buch erwartet hatte. Natürlich habe ich mit dem Titel sofort das gleichnamige Lied von Juli verbunden, dass ich heute immer noch mitsingen kann, und das Lebensgefühl. Ansonsten aber haben Niclas und ich keine Gemeinsamkeiten. Ich bin eine Frau, 16 Jahre älter, und kann mit pubertierenden Jungsfantasien und der dazugehörigen Sprache nicht viel anfangen. Zudem wirken seine Erinnerungen oft emotionslos, wie eine Aufzählung. Seine Zukunftsangst kann ich zwar lesen, aber nicht spüren. Außerdem stört mich als Dresdnerin, dass meine Heimatstadt mehrfach als schlechtes Beispiel für Ausschreitungen und rechte Kräfte genannt wird – wir sind nicht alle so!

Alles in allem also leider nicht mein Buch, aber bitte lasst Euch davon nicht abschrecken.

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