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Veröffentlicht am 22.03.2021

Mit Mann, Mops und Bodyguard

Miss Merkel: Mord in der Uckermark
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„Und da denkt man, man hätte schon alle Sorten von Irren gesehen.“ (S. 13) Angela Merkel ist erst seit wenigen Wochen in Rente und zusammen mit Mann Achim, Mops Putin und Personenschützer Mike nach Klein-Freudenstadt ...

„Und da denkt man, man hätte schon alle Sorten von Irren gesehen.“ (S. 13) Angela Merkel ist erst seit wenigen Wochen in Rente und zusammen mit Mann Achim, Mops Putin und Personenschützer Mike nach Klein-Freudenstadt in der Uckermark gezogen, als sie beim Spazierengehen von einem Mann in Ritterrüstung auf einem Pferd überholt wird. Der „Ritter“ stellt sich als Freiherr Philipp von Baugenwitz vor und lädt sie zum Weinfest auf sein Schloss ein. Nach dem Fest wird er tot im von innen verschlossenen Weinkeller gefunden und die örtliche Polizei plädiert auf Selbstmord. Aber Angela sieht das ganz anders. Zum einen war der Freiherr ein Schürzenjäger, der sich viele Feinde gemacht hatte, und zum anderen ist Angela langweilig. Sie braucht wieder eine Aufgabe! Immer nur Kuchen backen, den Hund ausführen und ihren Bodyguard in Verlegenheit bringen füllt sie einfach nicht aus. Also „überzeugt“ sie Achim („„Wie du meinst, Schatz“ … Ein Satz, den er sehr häufig sagte, weil er sein Leben wesentlich leichter machte. Und das von Angela auch.“ (S. 9)) und Mike, mit ihr zusammen zu ermitteln …

David Safier hat es geschafft, dass ich mich von der ersten Seite bis zur letzten Seite köstlich amüsiert und mitgeraten habe, ob es wirklich Mord war und wenn ja, wer warum dahintersteckt.
Ihm ist das Kunststück gelungen, Angela Merkel lustig, aber nicht lächerlich zu machen. Sie liebt immer noch ihren roten Blazer, macht die berühmte Raute um sich zu erden, wenn es unübersichtlich oder stressig wird, und bleibt diplomatisch, wenn sie darum gebeten wird Sachen zu regeln oder ihre Kontakte spielen zu lassen. Geschickt lässt er ihre Erinnerungen an die Jugend in der DDR einfließen und was sie als Kanzlerin erlebt hat – dabei kommt zwar kaum ein Politiker gut weg, aber für den Leser ist es extrem lustig. Angela ist sehr sympathisch, genau wie Achim, von ihr liebevoll „Puffel“ genannt. Der ist leider immer noch sehr weltfremd, unangepasst, oft viel zu ehrlich und eckt damit nicht nur einmal bei seinem Gegenüber an.
Mir hat gefallen, dass die beiden hier als liebevolles, gut eingespieltes Team dargestellt werden. „„Wir gehen morgen zum Aufschneiden der Leiche“, lächelte Angela. „Was für eine schöne Verabredung“, lächelte Achim zurück.““ (S. 76)
Auch Mike habe ich sofort ins Herz geschlossen. Der Personenschützer schlägt sich mit Problemen rum, die man sonst eher Frauen zuschreibt, ist sehr sensibel und schüchtern. Er versucht krampfhaft sein Gewicht zu halten, während Angela ihm diabolisch lächelnd immer extra große Stücke Kuchen mit viel Sahne auftut. „Seitdem er dem Ehepaar Merkel zugeteilt worden war, hatte er … bereits 2 Kilo und 385 Gramm zugenommen.“ (S. 11)
Der ermittelnde Kommissar Hartmut Hannemann ist kaum der Rede wert, mit seinem Leben unglücklich und zu unmotiviert, einen Mord als solchen überhaupt zu erkennen.

Angela hatte Achim einen ruhigen Lebensabend versprochen, aber die Umstellung fällt ihr nicht leicht. Zum Glück ist das beschauliche kleinstädtische Leben in der Uckermark nicht ganz so idyllisch wie erwartet. Bei ihren Ermittlungen stößt sie auf immer mehr Feinde des Toten und deren Motive. Zudem hatte sie gehofft, endlich eine richtige Freundin zu finden, aber plötzlich sind alle in Frage kommenden Frauen tatverdächtig. Wem kann sie noch trauen?

„Miss Merkel – Mord in der Uckermark“ ist sehr lustig, spannend und kurzweilig und zeigt die Kanzlerin von ihrer privaten Seite. Ich mochte auch die Uckermark als Schauplatz sehr und hoffe, dass Angela, Achim, Putin und Mike bald wieder ermitteln.

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Veröffentlicht am 12.03.2021

Mord mit Ansage

Der Fall Gloriosa
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Endlich ist Kommissar Mütze zu seinem Lebensgefährten Karl-Dieter gezogen und sie müssen nicht mehr pendeln. Erfurt hat ja auch viel zu bieten, u.a. den weltberühmten Erfurter Dom mit seiner „Gloriosa“, ...

Endlich ist Kommissar Mütze zu seinem Lebensgefährten Karl-Dieter gezogen und sie müssen nicht mehr pendeln. Erfurt hat ja auch viel zu bieten, u.a. den weltberühmten Erfurter Dom mit seiner „Gloriosa“, der größten und klangschönsten freischwingenden Glocke des Mittelalters. Doch ausgerechnet in dieser hängt am Ostersonntag kopfüber ein Toter. „Unsere Gloriosa wiegt locker zehn Tonnen, das hält auch der größte Thüringer Dickschädel nicht aus.“ (S. 8) Und während Mütze und sein neuer Kollege Thomas Stulpenpilz, genannt Braunkärsch, im Umfeld des ersten Toten ermitteln, gibt es am Ostermontag bereits den nächsten – dieser wurde in einer Kiste mit Puffbohnen erstickt. In der Nähe finden sie einen Zettel: „Dieses war der zweite Streich, doch der dritte folgt sogleich.“ (S. 86). Damit ist klar, obwohl die Toten augenscheinlich nicht miteinander zu tun hatten, verbindet sie etwas. Aber was und wer wird das dritte Opfer sein? Und hört der Täter danach auf oder hat er, wie Max und Moritz, sieben Streiche, also sieben Opfer, im Sinn? Mütze und Braunkärsch müssen sich beeilen …

Ich kenne Mütze und Karl-Dieter bereits aus dem „Fall Fontane“ und habe mitgefiebert, als das liebenswerte Pärchen jetzt in eine Beziehungskrise stürzt. Auch Mützes Kollege Braunkärsch hadert mit einem schlimmen Erlebnis in seiner Vergangenheit, über das der Leser lange im Unklaren bleibt. Leider bleibt dadurch die Spannung etwas auf der Strecke. Es gibt zwar gleich zu Beginn einen Toten und bald darauf den nächsten, auch die Todesarten sind sehr außergewöhnlich, doch dann zieht es sich, weil die Ermittlungen immer wieder vom Privat- und Beziehungsleben der Ermittler unterbrochen werden. Während Mütze und Karl-Dieter im „Fall Fontane“ noch herrlich unprätentiös waren, wurden hier zu viele Klischees bedient. Mir fehlte das Stringente des Vorgängers.

Johannes Wilkes setzt auch im „Fall Gloriosa“ sehr auf die Vermittlung des Lebensgefühls in Erfurt, inkl. der Stadt- und Glockengeschichte. Dazu erfährt der interessierte Leser noch alles über das berühmte Erfurter Blau, das aus Waid gewonnen wird. Ergänzt wird das Buch durch Schillers „Lied von der Glocke“, „Wanderers Nachtlied“ von Goethe und Karl-Dieters Lieblingsrezepte.
Außerdem wird jedes Kapitel von der Glocke selbst beendet, indem sie ihre Erinnerungen und aktuelle Geschehnisse erzählt. Meiner Meinung nach ist das Buch etwas für Erfurt- und Literaturliebhaber, mir sind die 242 Seiten diesmal zum Teil etwas lang geworden. 3,5 Sterne.

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Veröffentlicht am 11.03.2021

Das späte Mädchen

Kein Feuer kann brennen so heiß
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Eigentlich sollte Lori (Lorina) ein Junge werden, genau wie schon ihre Schwester Carola. Die sieht wenigstens hübsch aus und ist eine erfolgreiche Bankerin, aber Lori ist für ihre Eltern eine Enttäuschung ...

Eigentlich sollte Lori (Lorina) ein Junge werden, genau wie schon ihre Schwester Carola. Die sieht wenigstens hübsch aus und ist eine erfolgreiche Bankerin, aber Lori ist für ihre Eltern eine Enttäuschung auf ganzer Linie: „Mein Gesicht erinnert an eine misslungene Kinderzeichnung.“ und ihr Körper würde jedem Mann zur Ehre gereichen – eben ein Plumplori. Aber sie kann sehr gut kochen, ist kräftig und redet nicht viel, der Beruf als Altenpflegerin scheint für sie perfekt zu sein.
Und die Stelle bei Victoria Alsfelder ist ein Lottogewinn. Die nette alte Dame ist seit einem Schlaganfall halbseitig gelähmt und sitzt im Rollstuhl. Ihr Mann hat sie zwar verlassen, sorgt aber gut für sie. Lori bekommt nicht nur ein sehr gutes Gehalt, sondern auch noch freie Kost und Logis. Außerdem gibt es noch die halbtags-Haushälterin Nadine, einen Gärtner und den Physiotherapeuten Boris, der Frau Alsfelder dreimal in der Woche behandelt. Ach ja, der Großneffen Christian, auch mehr oder weniger liebevoll „der Erbschleicher“ genannt, gehört auch zu der illustren Runde. Offiziell kümmert er sich um alles Technische und Finanzielle, aber Nadine traut ihm nicht und steckt auch Lori bald damit an.

Lori ist schon 30 und völlig unerfahren, als sie das erste Kompliment ihres Lebens bekommt. „Du hast wunderschöne Kulleraugen.“ sagt Boris zu ihr und obwohl Frau Alsfelder Lori warnt, lässt sie sich auf ihn ein. Leider wird aus dem stürmischen Liebhaber schnell ein tyrannischer Gigolo und Lori will ihm wirklich nur einen Denkzettel verpassen, der allerdings gewaltig schief geht …

Ingrid Noll hat sich mit „Kein Feuer kann brennen so heiß“ wieder einmal selbst übertroffen. Sie braucht sie keine dramatische Handlung, um Spannung aufzubauen, sondern nutzt geschickt eigentlich Alltägliches, außerdem liebe ich ihre pointierte Situationskomik. Ihre Figuren sind mitten aus dem Leben gegriffen und trotzdem herrlich skurril. Das ist zum einen die ungewöhnliche Arbeitgeberin, für die ein Physiotherapeut singen können muss oder wenigstens Gedichte und Balladen rezitieren, dafür macht sie gern Abstriche bei der fachlichen Kompetenz, und zum anderen die robuste Pflegerin, die mit 30 plötzlich die Frau in und die Liebe für sich entdeckt. Ergänzt werden sie durch die nette, aber misstrauische Haushälterin, den geschickten Erbschleicher, einen notorischen Fremdgänger und einen ewigen Studenten. Zu ihnen gesellen sich bald noch ein aufgeschwatzter Welpe und ein zurückgelassenes Baby, die den gemütlichen Haushalt ordentlich durcheinander und neuen Schwung reinbringen.

Das Hörbuch ist sehr amüsant und kurzweilig. Ich habe Anna Schudt gern zugehört. Ihre Stimme passt perfekt zur Ich-Erzählerin Lori, klingt je nach Situation spitzbübisch, unbedarft bzw. gewollt unschuldig.

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Veröffentlicht am 10.03.2021

Ende oder Neubeginn?

Das Kino am Jungfernstieg - Der Filmpalast
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Vier Jahre sind vergangen, seit Lili Pahl und John Fontaine nach der verschwundenen Filmrolle von Thea von Middendorffs letztem Film gesucht und dabei ein Familiengeheimnis aufgedeckt haben. Leider hatten ...

Vier Jahre sind vergangen, seit Lili Pahl und John Fontaine nach der verschwundenen Filmrolle von Thea von Middendorffs letztem Film gesucht und dabei ein Familiengeheimnis aufgedeckt haben. Leider hatten sie auf dem Heimweg einen schweren Autounfall und Lili kann sich nicht mehr erinnern, was sie damals gefunden haben. Aber sie weiß noch, dass sie und John ein Liebespaar waren. „Für einen Augenblick hatten sie beide an die große Liebe geglaubt und eine ganz besondere Leidenschaft gelebt. Die Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft war zerstört worden, aber am Ende stand seine Verlobte – und ihr eigener Ehemann.“ (S. 15)
Seit damals hat sich viel verändert. Lili wurde bei dem Unfall schlimm verletzt und konnte sich nicht dagegen wehren, dass ihr Mann Albert und Peter, der Mann ihrer Halbschwester Hilde, aus dem Filmpalast von Lilis Eltern einen Jazzclub gemacht haben. Lili möchte nichts mehr mit dem Filmgeschäft zu tun haben und arbeitet als Cutterin für die Wochenschau. Als sie einen Bericht über die neu gegründete Berlinale schneidet erfährt sie, dass Thea von Middendorff einen neuen Film drehen wird – ausgerechnet John Fontaine berichtet darüber. „… mit John war all das wieder da, was vor dem Unfall vor Lili von Bedeutung gewesen war: das Kino, der Nachlass ihres Vaters, die Geheimnisse ihrer Mutter, ihre eigene Berufung als Cutterin.“ (S. 25)

Micaela Jary schließt mit dem zweiten Band zwar nahtlos an die Handlung des ersten an, trotzdem muss man diesen nicht unbedingt gelesen haben, um die Zusammenhänge zu verstehen (Aber ihr würdet ein großartiges Buch verpassen!).

Lili ist eine in mehrfacher Hinsicht gebrochene Frau. Bei dem Unfall hat sie sich u.a. das Becken gebrochen und seitdem fast immer Schmerzen. Mit ihrem Mann verbindet sie nur eine Vernunftehe („Sie waren die Fremden geblieben, die im Krieg aus einer Notlage heraus geheiratet hatten, und entfernten sich mit jedem Friedensjahr mehr voneinander.“ (S. 96)), trotzdem fordert er regelmäßig seine ehelichen Rechte ein. Ihr Schwager und ihre Halbschwester wollen ihr nach dem Kino jetzt auch noch das Trümmergrundstück abluchsen, auf dem ihr Elternhaus stand. Und Lili hat sich fast schon mit allem abgefunden, kaum Kraft oder einen Ansporn, etwas an der Situation zu ändern – bis John und Thea in Hamburg auftauchen. Lili liebt John immer noch, aber sie traut ihm nicht und rechnet sich auch keine gemeinsame Zukunft mit ihm aus.

Neben Lili sind auch ihre Nichte Gesa und Thea zwei sehr interessante Figuren. Gesa mochte ich schon im ersten Band, sie ist eine sehr nette, hilfsbereite und unkomplizierte junge Frau, die von der Karriere beim Film träumt und Lili nacheifert. Thea hingegen hat ihre beste Zeit, die große Karriere, eigentlich schon hinter sich, aber der neue Film ist ihre Chance, wieder durchzustarten. Wenn da nicht ihre Vergangenheit und das Geheimnis um den Tod ihres Mannes wären …

Wie bereits der erste Teil ist auch „Der Filmpalast“ extrem spannend, stellenweise fast schon ein Krimi. Lili versucht sich zu erinnern, was 1944 und 1947 geschah, warum es zu dem Unfall kam und was sie zuvor entdeckt hatten. Außerdem will sie das Trümmergrundstück nicht auch noch an Hilde verlieren. „Lilis Halbschwester wollte mutwillig zerstören, was Robert Wartenberg geschaffen hatte, daran bestand seit der Auflösung des Kinos am Jungfernstieg kein Zweifel.“ (S. 241)

Es war erschreckend zu lesen, wie wenig Rechte Frauen damals hatten. Obwohl Lili und Hilde ihre Eltern beerbt hatten, bestimmen ihre Männer über die Besitztümer, machen die Geschäfte, verwalten die Konten und dürfen ihren Frauen sogar verbieten zu arbeiten. Hilde und Lili erfahren nicht einmal, wie es überhaupt um ihr Vermögen steht Für Hilde ist das völlig in Ordnung, sie bekommt ein großzügiges Haushaltsgeld zugeteilt und ordnet sich ihrem Mann in allem devot unter. Lili hingegen will ihr Leben selbst bestimmen, kann das Kino und die Villa ihrer Eltern nicht vergessen und träumt von deren Wiederaufbau.

Micaela Jary zeigt ein sehr eindrucksvolles Bild der damaligen Zeit. Neben einem spannenden Einblick in die Entwicklung des Filmgeschäftes, lässt sie auch den Alltag wieder lebendig werden. Die Versorgungslage hatte sich zu Beginn der 50er Jahre noch nicht wirklich verbessert. Die Menschen hatten zwar wieder ausreichend zu Essen, aber es gab keine Kleiderstoffe oder Schuhe zu kaufen. Wohnraum war extrem knapp, die Städte oft noch Trümmerwüsten und die Besitzer der Grundstücke wurden enteignet bzw. mit kleinem Geld abgefunden, wenn sie die zerstörten Gebäude nicht aufbauen konnten. Die Frauen hatten kaum Rechte, dafür aber umfängliche Pflichten und ein selbstbestimmtes Leben war ihnen leider nur selten vergönnt.

Mich hat auch „Der Filmpalast“ wieder restlos begeistert und ich bin gespannt, ob Lilis Geschichte jetzt auserzählt ist oder wir doch noch erfahren, wie es mit ihr und dem Kino am Jungfernstieg weitergeht …

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Veröffentlicht am 09.03.2021

Der Franzose

Klaras Schweigen
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Freiburg 1948/49: Klara ist 18 und hatte Glück, ihre ganze Familie hat den Krieg überlebt und ihr Haus steht auch noch. Sie arbeitet in einem Économat (Lebensmittelgeschäft für die französischen Soldaten) ...

Freiburg 1948/49: Klara ist 18 und hatte Glück, ihre ganze Familie hat den Krieg überlebt und ihr Haus steht auch noch. Sie arbeitet in einem Économat (Lebensmittelgeschäft für die französischen Soldaten) und geht am Wochenende gern tanzen. Ihre jüngere Schwester Lotte geht noch zur Schule und ihre Mutter verdient Geld mit Näharbeiten, da ihr Vater seit Jahren arbeitslos ist. Er ist kein angenehmer Charakter, macht den 3 Frauen das Leben zur Hölle, kontrolliert und beschimpft sie, will jeden ihrer Schritte bestimmen – schließlich ist sie erst mit 21 volljährig. Klara lehnt sich immer wieder auf, während ihre Mutter und ihre Schwester kuschen. „Ohne dich war alles viel besser. Da war der Krieg draußen. Jetzt haben wir ihn hier im eigenen Haus mit dir.“ (S. 78)

Freiburg 2018: Nach einem Schlaganfall spricht Klara plötzlich nur noch Französisch. Ihre Enkelin Miriam ist irritiert, sie wusste nicht einmal, dass Klara die Sprache beherrscht, dabei ist sie nach dem frühen Unfalltod ihrer Eltern bei ihr und Opa Eduard aufgewachsen. Eines der ersten Worte, die Klara sagt, ist „Pascal“. Miriam hat den Namen noch nie gehört, aber Klaras Schwester Lotte sagt abwertend, dass das „der Franzose damals“ gewesen sein könnte. Mehr will oder kann sie dazu allerdings nicht sagen.

Miriam ist schon Mitte 40 und beruflich erfolgreich, aber privat läuft es nicht so gut. Ihr Leben ist von Verlusten geprägt, sie tut sich schwer damit, anderen zu vertrauen und Beziehungen einzugehen.
Klara scheint ein erfülltes und glückliches Leben gehabt zu haben, wenn man vom frühen Verlust ihrer Tochter absieht. Doch sie, Eduard und Lotte haben sich vor Jahren geschworen, dass eine Sache nie ans Licht kommen darf und Klara hatte sie erfolgreich verdrängt. Durch den Schlaganfall kommen die Erinnerungen nach und nach wieder hoch und reißen die alten Wunden neu auf.

Auf der Suche nach Klaras Vergangenheit und dem mysteriösen Pascal reist Miriam bis an die Atlantikküste, doch auch dort können nicht alle Fragen beantwortet werden – einigen Antworten wissen nur Klara und Lotte. „Ein Tisch und siebzig Jahre Klaras Schweigen trennten sie voneinander.“ (S. 284) Die werden gezwungen, sich endlich an damals zu erinnern und vor allem damit auseinander zu setzen. Am Ende muss auch Miriam ihre Biographie neu schreiben.

„Klaras Schweigen“ ist eine sehr ergreifende Liebes- und Lebensgeschichte. Bettina Storks beschäftigt sich darin mit Vergangenheitsbewältigung und Verlusten, Familiengeheimnissen und welche Erfahrungen und oder Ängste wir (unbewusst) von unseren Vorfahren übernehmen. Sehr einfühlsam und gleichzeitig fesselnd erzählt Bettina Storks parallel auf zwei Zeitsträngen Klaras und Miriams Geschichte.

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