Menschenfresser!
Die Begine und der SiechenmeisterUlm 1412: 4 Monate sind vergangen, seit Begine Anna und Siechenmeister Lazarus unter Einsatz ihres eigenen Lebens einen Mörder gestellt haben und sich dabei nähergekommen sind als erlaubt. Zur Strafe musste ...
Ulm 1412: 4 Monate sind vergangen, seit Begine Anna und Siechenmeister Lazarus unter Einsatz ihres eigenen Lebens einen Mörder gestellt haben und sich dabei nähergekommen sind als erlaubt. Zur Strafe musste sich Lazarus vor seinem Orden in Rom verantworten und nach seiner Rückkehr verhält er sich Anna gegenüber sehr abweisend. „Du bist eine Begine, ich bin ein Bruder des Heilig-Geist-Ordens. Unser Leben gehört Gott.“ (S. 47) Also stürzt sie sich in ihre Arbeit, die Pflege der Kranken im Spital. Als eine Reisende, die bei ihnen im Konvent Schutz gesucht hatte, ernsthaft erkrankt, wird sie ins Spital verlegt. Dort fallen Anna und Lazarus Wunden auf, die auf einen Überfall oder eine Misshandlung hindeuten. Doch noch bevor sie die Frau dazu befragen können, verstirbt diese und dann verschwindet auch noch ihre Leiche. Gleichzeitig werden im Ulmer Umland Leichenteile von Kleinkindern entdeckt. Die Angst der Menschen wächst täglich – geht da ein Menschenfresser um? Anna glaubt an einen menschlichen Täter und hat auch schon einen Verdacht. Doch auf der Suche nach Beweisen gerät sie wieder in Lebensgefahr … „Deine Neugier war schon immer dein größter Fehler.“ (S. 95)
Auch der zweite Teil der Ulmer Beginenreihe mit Anna und Lazarus ist sehr spannend und ein bisschen gruselig, wabert doch fast die ganze Zeit dichter Nebel über Ulm, der sämtliche Geräusche schluckt und alles in unheimliche Schemen verwandelt. Zudem gewährt Silvia Stolzenburg weitere Einblicke in das Handwerk der Mediziner – und ein Handwerk war es wirklich. Da werden den Betroffenen bei vollem Bewusstsein die Beine mittels Säge amputiert oder Wunden mit glühenden Eisen ausgebrannt und Anna muss dabei assistieren. Das und ihre Gefühle für Lazarus lassen sie ihren Lebensentwurf weiter überdenken. „Immer öfter schlichen sich an manchen Tagen Zweifel ein, ob sie für das Leben einer Begine wirklich geeignet war.“ (S. 38)
Neben Anna und Lazarus gibt es auch ein Wiederlesen mit dem Stadtpfeifer Gallus, der sich für das schnelle Geld unwissentlich in große Gefahr begibt, und dem intriganten zweiten Bürgermeister Johannes Schad, der die brutalen Kindsmorde für seinen Aufstieg nutzen will und nichts dagegen hätte, wenn er dabei auch noch Annas Bruder Jakob, den Spitalpfleger, loswerden würde.
Silvia Stolzenburg schreibt sehr atmosphärisch über das Leben und Arbeiten zur damaligen Zeit, die politischen Ränkespiel und den herrschenden Aberglauben. Die Spannung entwickelt sich kontinuierlich bis zum großen Showdown und die Hinweise auf den Täter sind so geschickt gestreut, sodass man bis zum Ende mitraten kann. Ich bin schon sehr gespannt, welches Abenteuer Anna und Lazarus als nächstes erleben und ob sie dann irgendwann zueinander finden.