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Veröffentlicht am 01.12.2020

Nimm Dir die Zeit!

Es wird Zeit – Das Tagebuch zum Klagen, Lachen, Klügerwerden
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Vor einem reichlichen Jahr ist „Es wird Zeit“ von Ildikó von Kürthy erschienen, ein Buch voller Abschiede – von Menschen, unrealistischen Erwartungen und Träumen. Aber auch ein Buch, das Mut macht, sein ...

Vor einem reichlichen Jahr ist „Es wird Zeit“ von Ildikó von Kürthy erschienen, ein Buch voller Abschiede – von Menschen, unrealistischen Erwartungen und Träumen. Aber auch ein Buch, das Mut macht, sein Leben zu überdenken, im Moment glücklich zu sein und sich vielleicht doch noch mal zu verändern. Damit hat sie sehr viele Leser(innen) erreicht und auch sie selbst hat das Buch nie ganz losgelassen. Ihr Motto „Hier brennt noch Licht“ soll uns zeigen, dass wir alle in einem Boot sitzen und nicht allein sind mit unseren Ängsten und Sorgen, wenn wir uns nur mitteilen – egal ob einer Freundin oder eben dem jetzt erscheinenden Tagebuch.
Dieses ist kein normales Tagebuch, dessen Aufmachung sich nur am Buch orientiert, sondern ein interaktives mit QR-Codes z.B. für eine Meditationsübung, zu ihrer Website, zur Playlist mit wichtigen Liedern („Es gibt Lieder, die sind wie Lesezeichen in einem Buch. Sie markieren die wichtigsten Stellen, die unvergesslichsten Momente, prägende Phasen, Hoch- und Tiefpunkte.“ (S. 114)) und natürlich zu ihrem 14 tägigen Podcast „Frauenstimmen“, den ich sehr empfehlen kann. Besonders ist auch, dass es neben den üblichen leeren Seiten für die Tageseinträge eine Sonntagsseite mit der Einladung zum Gedankenausflug zu einem bestimmten Thema gibt. Dazwischen sind kurze Kapitel eingestreut, in denen sie z.B. Einblicke in ihre alten Tagebücher gewährt und dadurch auch sehr viel von sich preisgibt, von ihrer Vergangenheit, ihren Gefühlen. Sie erzählt von ihrer Ausbildung zur Journalistin und der dabei gewonnenen Erkenntnis, über was sie eigentlich schreiben will – normale Frauen mit Ängsten, Sehnsüchten und Hoffnungen wie sie selbst. Ildikó weist liebevoll darauf hin, dass wir nicht nach unseren Fehlern suchen sollen, sondern nach unseren Stärken. Und dass es nicht um äußere Schönheit geht, sondern um innere. „Ich fürchte mich nicht davor, übersehen zu werden. Was mich sehr stören würde, wäre, überhört zu werden.“ (S. 144) Sie will Mut machen, die Gedanken schweifen zu lassen und schriftlich festzuhalten. „Es geht darum, das Schreiben zu nutzen, um unbetretene Wege zu entdecken, sich wie mit einer Machete mit Worten durch das Unterholz des eigenen Unterbewusstseins zu kämpfen.“ (S. 10) Zwischendurch finden sich immer wieder Zitate aus ihren Büchern und Kolumnen, wundervoll illustriert von Peter Pichler.
Am Ende stellt sie 40 sehr tiefgehende Fragen, die den Antwortenden dazu bringen sollen, sich besser kennen zu lernen – jetzt im besten Alter, es wird Zeit dafür. „Man kann sich selbst nicht hinter sich lassen.“ (S. 172)

Bald beginnt das neue Jahr und wann, wenn nicht dann wäre es die Zeit für einen Neubeginn? Ein neues Tagebuch? Nehmt Euch die Zeit …

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Veröffentlicht am 28.11.2020

Täter – Opfer – Polizei

ZEIT Verbrechen
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Das Hörbuch „ZEIT Verbrechen“ beschäftigt sich mit meist älteren Kriminalfällen, über die bereits in der gleichnamigen Zeitschrift und dem Podcast berichtet wurde und welche die Herausgeberin Sabine Rückert ...

Das Hörbuch „ZEIT Verbrechen“ beschäftigt sich mit meist älteren Kriminalfällen, über die bereits in der gleichnamigen Zeitschrift und dem Podcast berichtet wurde und welche die Herausgeberin Sabine Rückert jetzt zusammen mit dem Redakteur Andreas Senker nochmal tiefergehend beleuchtet und z.B. über die Beweggründe der Täter recherchiert hat.
Da ich bisher weder die Zeitschrift noch den Podcast kannte, waren einige Fälle für mich neu, andere kannte ich bereits aus den Medien.
So ist es auch der Fall mit dem im Sebnitzer Freibad ertrunkenen Kind, an den ich mich noch gut erinnern kann und der mich besonders beschäftigt hat. Der 6jährige könnte von Neonazis ermordet worden sein – aber hätten die anderen Badegäste wirklich einfach zugesehen? Zumal der Fall erst 3 Jahre später zur Anzeige gebracht wurde. Die beiden Journalisten beleuchten dieses angebliche Verbrechen von mehreren Seiten. Zum einen beschäftigen sie sich mit den Polizeiakten und decken dabei Versäumnisse der ermittelnden Behörden auf, zum anderen gehen sie auf Rummel ein, den die Medien damals veranstaltet haben – und wie die Familie damit umgegangen ist, dass sie eine Industrie aus ihrem Schmerz gemacht, keine wichtige Zeitung oder Fernsehsendung ausgelassen hat, die ihnen Publicity brachte. Da fragt man sich schon, ob es Familie und Presse wirklich um Verbrechensaufklärung oder einfach nur um Auflagenstärke bzw. Reichweite ging. Ähnlich ist das auch beim Fall der angeblichen Doppelmörderin Vera Brühne, die schon vor dem Prozess von der Presse als Schuldige bezeichnet wurde, und am Ende nur aufgrund von Indizien verurteilt wurde.

In den 12 im Hörbuch behandelten Fälle geht es neben Mord auch um Fahrerflucht, Vergewaltigung, Kindesmisshandlung und -vernachlässigung, Verleumdung oder Falschaussage.
Die beiden Journalisten beschäftigen sich mit der Frage, wie Opfer und Täter Profit aus ihrem Leid schlagen, zeigen Fälle auf, wo der Staat und die Behörden versagt haben und Jugendliche und Kinder zu Tätern oder Opfern wurden, oder wie alte Fälle zum Teil nach Jahrzehnten dank neuer Ermittlungsmethoden wie z.B. der Gentechnik doch noch aufgeklärt wurden. Beleuchtet werden die Fälle jeweils aus Sicht des Gesetzes, der Staatsanwaltschaft oder der Polizei.

Einige der Schilderungen waren zwar etwas weitschweifig oder langatmig, aber im Großen und Ganzen trotzdem sehr interessant und so spannend, dass ich den dazugehörigen Podcast jetzt abonniert habe. Auch die 12 Sprecher haben ihre Sache sehr gut gemacht.

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Veröffentlicht am 26.11.2020

Abigail`s Hall ist ihr Schicksal

Der Faden der Vergangenheit
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„“Wir leben heute und sind nicht verantwortlich für das, was unsere Vorfahren getan haben.“ „Und doch profitieren wir heute noch davon.““ (S. 107)
Melody Stewart zieht als neue Oberstaatsanwältin von ...

„“Wir leben heute und sind nicht verantwortlich für das, was unsere Vorfahren getan haben.“ „Und doch profitieren wir heute noch davon.““ (S. 107)
Melody Stewart zieht als neue Oberstaatsanwältin von London nach Stockmill in den alten Familiensitz Abigail´s Place. Sie will sich nebenbei endlich auch um den Verkauf des alten Anwesens kümmern, das seit einem tragischen Vorfall vor 180 Jahren leer steht. Ihr Mann, der wie sie der englischen Oberschicht angehört, und ihre pubertierenden Zwillingstöchter sind London geblieben, da es in Abigail´s Hall noch nicht einmal Strom gibt. Sie macht sich Vorwürfe, ihre Ehe läuft nicht mehr gut und ihr Mann und ihre Schwiegermutter geben ihr das Gefühl, eine schlechte Mutter zu sein und sie für ihre Karriere zu verlassen. Um sich abzulenken und aus Interesse stürzt sie sich auf Lady Abigails Tagebücher, die sie verstreut und zum Teil gut versteckt in dem alten Haus findet. Beim Lesen taucht sie immer tiefer in Abigails Erlebnisse und die Geheimnisse des Hauses ein. Aber hat Abigail´s Geliebter damals wirklich jemanden umgebracht und sie sich nach seinem Tod aus dem Fenster gestürzt? Melody kann dank Detectiv Daniel Rashleigh sogar die alten Polizeiakten einsehen – und auch er kann einiges zur Aufklärung beitragen, denn er ist der Nachfahre von Abigail´s Geliebtem Oliver Rashleigh …

„Der Faden der Vergangenheit“ ist der Auftakt der Trilogie über die Frauen von Hampton Hall und macht auf jeden Fall Lust auf die Folgebände. Geschickt verknüpft Felicity Whitemore die beiden Zeitstränge der 1840er Jahre und heute und auch die Familienbande zwischen Lady Abigail Hampton, Melodys Vorfahrin, und den Rashleighs.

Abigail und Melody sehen sich nicht nur ähnlich, auch ihre Leben weisen Parallelen auf. Sie sind in ihren Ehen nicht glücklich und haben ein großes Unrechtsbewusstsein. Während Melody als Oberstaatsanwältin über Recht und Unrecht entscheidet, hat Abigail eine Art Offenbarung, als sie bei der Rückkehr von einer Reise zu ersten Mal bewusst eine halbverhungerte Bettlerin mit ihrem Kind wahr- und sich ihrer annimmt. Bis dahin hatte sie sich nie dafür interessiert, woher ihr Reichtum kam, schließlich betrieb ihr Mann die größte Baumwollfabrik der Stadt. Erst durch die Bettlerin erfährt sie von den unwürdigen Bedingungen, unter den die Menschen arbeiten und leben, dass durch die beginnende Industrialisierung immer weniger Arbeitskräfte gebraucht werden und man dann die billigsten einstellt – Frauen und (Klein-)Kinder. „Ich schäme mich entsetzlich. Ich habe eine Wohltätigkeitsveranstaltung nach der anderen besucht und auch organisiert. Ich habe immer geglaubt, meinen Teil beizutragen, aber in Wahrheit hatte ich keine Ahnung. Wir klopfen uns gegenseitig auf die Schultern und unseren Fenstern Menschen.“ (S. 63) Sie will die Situation ändern und beginnt hinter dem Rücken ihres Mannes und ihres Schwagers, kleine Veränderungen einzuführen, doch nicht einmal die Arbeiter glauben an sie. „Sie sind eine Frau. … Sie sind vielleicht adelig und haben mehr Geld als wir. Aber ihr Geschlecht macht sie machtlos.“ (S. 124) Unterstützt wird sie dabei vom Verwalter der Fabrik, Oliver Rashleigh, der ihr die Arbeitsabläufe und Geschäftsgebaren näherbringt und ihr hilft, ihr größtes Geheimnis zu wahren …

Das Buch hat mich von Anfang bis Ende sehr gut unterhalten. Felicity Whitmore weiß, wie man die Leser fesselt, beschreibt die damaligen Zustände und das Anwesen sehr bildlich und auch die Romantik kommt nicht zu kurz. Ich habe die Emanzipation beider Frauen verfolgt. Besonders beeindruckt hat mich Abigail mit ihrem Kampf für die Arbeiter und gegen ihre eigene Klasse, dass sie als Frau versucht hat, bessere Arbeits- und Lebensverhältnisse für ihrer Angestellten zu schaffen und auch ihre Söhne in diesem Sinn erzogen. Aber auch Melodys Weg zur Erkenntnis, dass sie als Mutter auch Karriere machen darf und sich von ihrem Mann nicht kleinmachen lassen muss, hat mir gut gefallen.

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Veröffentlicht am 23.11.2020

Der Zorn der Verschwörer

Schwert und Krone - Preis der Macht
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Mit „Preis der Macht“ geht eine Ära zu Ende. Auf über 3000 Seiten hat Sabine Ebert ihren Lesern das Mittelalter zu Zeiten Barbarossas nähergebracht, die Machtkämpfe und Kreuzzüge, Schlachten, Verschwörungen ...

Mit „Preis der Macht“ geht eine Ära zu Ende. Auf über 3000 Seiten hat Sabine Ebert ihren Lesern das Mittelalter zu Zeiten Barbarossas nähergebracht, die Machtkämpfe und Kreuzzüge, Schlachten, Verschwörungen und Ränkespiele, aber auch Einzelschicksale wichtiger Persönlichkeiten.

Das Buch beginnt mit einer von Kaiser Friedrichs größten Niederlagen. 1167 will er für den von ihm bevorzugten Gegenpapst Paschalis III. den Papstthron erringen, dafür müsste er Papst Alexander III. aus Rom vertreiben. Doch die Natur zwingt ihn in die Knie, eine Seuche rafft den Großteil seines Heeres dahin, ganze Häuser erlöschen. Friedrich kann sich zwar zurück in sein Reich retten, doch die Pechsträhne reißt nicht ab. Sein engster Vertrauter, Heinrich der Löwe, hat inzwischen fast alle anderen Fürsten gegen sich aufgebracht, er kann ihn kaum noch kontrollieren. Denn durch die Hochzeit mit der englischen Königstochter Mathilde ist Heinrich einer der reichsten und einflussreichsten Männer seiner Zeit.

Zur gleichen Zeit werden in der Mark Meißen in Christiansdorf erste Silberfunde gemacht. Um diese abbauen zu dürfen, braucht Markgraf Otto das Schürfrecht vom Kaiser. Doch da er zu den Verschwörern gegen den Löwen gehört, will Barbarossa ihm dieses natürlich nicht gewähren. Mit einigen Tricks und Kniffen beginnt der Meißner dennoch mit dem Abbau. Außerdem wirbt er weitere Siedler an – und Silberbergleute aus Heinrichs Mine in Goslar ab.
Dieser Strang mit den Querverweisen zu Sabine Eberts Hebammen-Saga hat mich als Fan der ersten Stunde besonders begeistert. Er erzählt die Entstehung und Entwicklung des späteren Freibergs aus Sicht der Meißner Markgrafen und geht näher auf dessen Kampf um das Schürfrecht ein, und welche politischen Allianzen er deswegen schließen musste.

Barbarossas Kämpfe an allen Fronten (zu Hause gegen die herrschenden Fürsten, die ihre Gebiete und Machtbereiche ausweiten wollen, und auf diversen Kreuzzügen gegen Feinde von außen) schildert Sabine Ebert gewohnt spannend. Trotz der umfangreichen historischen Fakten wird die Lektüre nie langweilig und auch die vielen Protagonisten konnte ich bis zuletzt auseinanderhalten.
Ihr besonderes Augenmerk gilt auch hier wieder der Machtlosigkeit der Frauen zur damaligen Zeit. Doch zumindest die Höhergestellten konnten manchmal Einfluss auf ihre Männer und damit die Politik nehmen. Dies wird sowohl bei Kaisern Beatrix und Ottos Gemahlin Hedwig deutlich, aber auch Mathilde, die mit 11 Jahren an den 30 Jahre älteren Heinrich verheiratet wird, weiß sich von Beginn an durchzusetzen. Dafür wurden sie erzogen, waren oft gebildeter als ihre Gatten und mussten trotzdem ein Leben lang hinter ihnen zurückstehen. Die drei Frauen haben mir echten Respekt abgerungen.
Ergänzt wird auch der letzte Band durch umfassende Stammtafeln, ein Glossar, Zeittafeln und Karten.

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Veröffentlicht am 18.11.2020

Kochen heißt großzügig sein

Die Rezepte meines Vaters
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„Ohne dich hätte meine Kochkunst keine Richtung, keinen Geschmack. Ohne Worte hast Du mir Dinge beigebracht. Jetzt kannst Du gehen, Papa. Wir hatten ein gutes Leben zusammen …“ (S. 21)
Juliens Vater Henri ...

„Ohne dich hätte meine Kochkunst keine Richtung, keinen Geschmack. Ohne Worte hast Du mir Dinge beigebracht. Jetzt kannst Du gehen, Papa. Wir hatten ein gutes Leben zusammen …“ (S. 21)
Juliens Vater Henri hat Lungenkrebs im Endstadium und liegt auf einer Palliativstation im Koma. Er ist nicht mehr da, und trotzdem bewegen sich seine Hände unaufhörlich als würde er Brotteig kneten – Henri war immer ein Koch aus Leidenschaft, kann selbst im Angesicht des Todes nicht loslassen. Während Julien an seinem Bett sitzt, denkt er an ihr gemeinsames Leben, seine Kindheit und Jugend zurück.

Diese ist geprägt von Henris kleinem, aber weithin berühmten Bistro. Das Familienleben spielt sich hauptsächlich in dessen Küche ab. Henri steht werktags von 7 Uhr bis Mitternacht am Herd, auch wer kein Geld hat, wird von ihm nicht abgewiesen. Unterstützt wird er von Lucien. Die beiden kennen sich aus dem Algerienkrieg, wo sie Schlimmes erlebt haben, über das sie nur in Andeutungen reden. Sie scheinen selber Nachfahren von Einwanderern zu sein, variieren die traditionellen französischen Rezepte aber nur leicht. Ihnen ist wichtig, dass die Gerichte frisch, regional, jahreszeitgemäß und nachhaltig sind, viele Zutaten finden sie in der Natur. Julien ist so oft wie mögliche dabei, erlernt erste Rezepte und sieht zu seinem Vater auf, auch wenn dieser kein guter Lehrer ist, sondern oft harsch und aufbrausend. Kochen hat man im Gefühl meint er, dafür braucht es keine Rezepte. Trotzdem legt Henris Frau irgendwann ein Rezeptbuch an.
So ist es nur natürlich, dass Julien von klein auf in Henris Fußstapfen treten und selbst Koch werden will, aber Henri ist dagegen. Sein Sohn soll es einmal besser haben und nicht von früh bis spät in der Küche schuften. Doch Julien ist genauso stur wie sein Vater und lässt sich von seinem Ziel nicht abbringen. Nur Henris Kochbuch fehlt ihm noch zum Glück, auch wenn er die meisten Rezepte längst auswendig kennt …

Obwohl das Buch nur 200 Seiten hat, liest man es nicht mal so nebenbei. Ich habe es mehrfach aus der Hand gelegt, weil sich das Gelesene setzen musste. Es ist eine relativ traurige Geschichte. Julien erzählt sehr ruhig und eindringlich aus seinem Leben. Oft spürt man seine Verlorenheit und die Sehnsucht nach einer heilen Familie, nach seiner Mutter, welche die Familie in seiner Kindheit verlassen hat. „… wir klammern uns an Rituale. Wir sind wie Seiltänzer auf dem Seil des Lebens ohne Mama. Unser Gleichgewicht ist nicht stabil …“ (S. 66)
Ich fand es sehr berührend wie Julien darum kämpft, von seinem Vater als Koch akzeptiert und anerkannt zu werden und das Bistro übernehmen zu dürfen.
Aber es ist auch ein Roman mit einem Paukenschlag, er spitzt sich immer mehr zu, bis das im Klappentext erwähnte Geheimnis gelüftet wird und Julien in eine Krise stürzt. „Am liebsten würde ich der ganzen Welt meine Einsamkeit ins Gesicht schreien, die ich niemals loswerde.“ (S. 119)
Mir hat besonders gut gefallen, wie der Autor es geschafft hat, fast jede Erinnerung Juliens mit einem Gericht zu verbinden (einige finden sich am Ende des Buches wieder) und damit den Appetit des Lesers auf gute französische Hausmannskost zu wecken.

„Die Rezepte meines Vaters“ von Jacky Durand ist eine sehr berührende Vater-Sohn-Geschichte, garniert mit französischen Köstlichkeiten, die einem das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen.

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