Profilbild von hasirasi2

hasirasi2

Lesejury Star
offline

hasirasi2 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit hasirasi2 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.04.2018

Warum musste Sisi sterben?

Sisis letzte Reise
0

Wer kennt die Sisi-Filme nicht?! In ihnen ist die Kaiserin jung, in ihren Franz verliebt und ficht so manchen Kampf mit ihrer herrischen Schwiegermutter aus. Aber wie war Sisis Leben wirklich und vor allem, ...

Wer kennt die Sisi-Filme nicht?! In ihnen ist die Kaiserin jung, in ihren Franz verliebt und ficht so manchen Kampf mit ihrer herrischen Schwiegermutter aus. Aber wie war Sisis Leben wirklich und vor allem, wie ging es zu Ende? Ich muss gestehen, dass ich darüber bisher so gut wie gar nichts wusste.

Uwe Klausner hat diese Wissenslücke mit seinem historischen Krimi nun beseitigt. Aus der Sicht verschiedener realer und fiktiver Persönlichkeiten beleuchtet er „Sisis letzte Reise“ und geht dabei auch auf die verschiedenen Verschwörungstheorien rund um ihren Tod ein. Ach ja, falls ihr es auch noch nicht wusstet, Sisi wurde in Genf von dem italienischen Hilfsarbeiter Luigi Lucheni erstochen, welcher damit ein Zeichen gegen die Adeligen setzen wollte und sich Jahre später in seiner Zelle erhängte (sein Selbstmord ist auch umstritten).

Der Autor lässt u.a. Luigi Lucheni, den Attentäter, mit seinem Gnadengesuch zu Wort kommen und Sisis ehemalige Hofdame, die in Briefen von Sisis letzten Stunden berichten. Aber auch einen Fotografen (Cesare Monteverdi), der sie ablichten soll und dessen Freund (Auguste Beaulieu) – einen Lebemann, Pianisten und Privatdetektiv – der zufällig vor Ort ist.
Er zeichnet das Bild einer sehr umstrittenen Persönlichkeit. Angeblich sah Sisi ihren Tod voraus „Elisabeth ... war eine Frau, die des Lebens überdrüssig geworden war. Eine Frau, die den Tod förmlich herbeisehnte.“ (S. 128). Sie litt an Depressionen (wegen dem frühen Tod von zweien ihrer Kinder), Rheuma, Hungerödemen und spritze sich Kokain. Sisi hielt nichts von der Ehe im Allgemeinen und ihrer mit Franz im Besonderen: „Die Ehe ist eine widersinnige Einrichtung. Als fünfzehnjähriges Kind wird man verkauft und tut einen Schwur, den man nicht versteht und dann 30 Jahre oder länger bereut und nicht mehr lösen kann.“ (S. 33), darum war sie fast das ganze Jahr auf Reisen.

Eigentlich ist die Kaiserin am 10.09.1898 inkognito in Genf, aber natürlich ist ihr Besuch an die Presse durchgesickert.
Cesare wird von seinem Chef damit beauftragt, ein Foto von ihr zu schießen und drückt ausgerechnet in dem Moment auf den Auslöser, als Lucheni zusticht. Als er die Fotos später entwickelt, entdeckt er etwas Ungeheuerliches.
Auch sein Freund Auguste ist vor Ort und beobachtet die Tat. Er verfolgt Lucheni, der nicht mal wegrennt, und kann ihn mühelos festhalten, bis die Polizei kommt – Lucheni wehrt sich nicht. Das alles zusammengenommen kommt den beiden Freunden sehr mysteriös vor und sie ermitteln auf eigene Faust – und bringen sich dabei in ernsthafte Gefahr!

Trotz des der Handlung angepassten altmodischen, manchmal etwas sperrigen Stils lässt sich das Buch erstaunlich flüssig lesen. Durch die verschieden sich abwechselnden Perspektiven auf das Geschehen ist die Handlung sehr kurzweilig und spannend. Uwe Klausners Interpretation der Hintergründe und Hintermänner der Tat haben mich fasziniert.

Ergänzt wird das Buch durch eine Tatortskizze und das historische / fiktionale Personenregister.

Veröffentlicht am 03.04.2018

Mord verjährt nicht

Mord auf der Hallig
0

Bei einer Veranstaltung zur Rettung der Warften (Siedlungshügel auf den Halligen) auf Langeneß kommt es zum Eklat. Die Bewohner der Halligen wollen die Sanierung nicht. Projektleiterin Britta wird angefeindet ...

Bei einer Veranstaltung zur Rettung der Warften (Siedlungshügel auf den Halligen) auf Langeneß kommt es zum Eklat. Die Bewohner der Halligen wollen die Sanierung nicht. Projektleiterin Britta wird angefeindet und Beeke, die Gründerin des Forschungsinstitutes „Nordfriesische Halligen“, springt ihr bei.
In der Nacht tobt ein Sturm über der Insel, es kommt zu Überschwemmungen. Am nächsten Morgen wird Beeke tot aufgefunden und von Britta fehlt jede Spur ...

Eigentlich haben Kuno Knudsen und Arno Zander Urlaub und wollen ein ruhiges langes Wochenende auf der Langeneß verbringen. Doch schon auf der Hinfahrt erfahren sie, dass die Sturmflut der vorangegangenen Nacht ein Todesopfer gefordert hat und eine zweite Frau vermisst wird. Da sie sowieso auf der Hallig sind, sollen sie in dem Fall ermitteln.
Knudsen hat keine guten Erinnerungen an Langeneß. Vor sieben Jahren verschwand die junge Dänin Asta spurlos von hier und er konnte den Fall nie lösen. Dieser Cold Case nagt immer noch an ihm und nun scheint es auch noch Verbindungen zum aktuellen Fall zu geben.

Ulrike Busch greift im vierten Fall der Kripo Wattenmeer ein hochaktuelles Thema auf. Durch den Klimawandel und ansteigenden Meeresspiegel sind die Halligen in der Nordsee in Gefahr.

Neben dem eingespielten Team Knudsen und Zander ist natürlich auch der Inselreporter Friedrich Fliegenfischer wieder mit von der Partie und irgendwie wird er mir von Fall zu Fall sympathischer. So langsam scheint er die Ermittler ernst zu nehmen und mit ihnen zusammenarbeiten zu wollen. Vor allem, wenn dabei ein gutes Essen und ausreichend Bier rausspringt. Ja, so ganz kann er eben doch nicht aus seiner Haut.
Die Untersuchung wird den Ermittlern nicht leicht gemacht, da die Inselbewohner – wenn man es nett ausdrücken will – sehr wortkarg sind (oder eben maulfaul ). Gleich mehrere Verdächtige geraten in ihr Visier. Da wäre zu einem Paul, der Ehemann der Vermissten. Er scheint sich hauptsächlich für die Lebensversicherung seiner Frau zu interessieren und nicht für deren Verbleib. Aber auch ihre Schwester Tilda hätte ein Motiv – schließlich will Britta im Rahmen des Warftensanierungsprojektes auch das gemeinsam geerbte Elternhaus abreisen lassen. „Wenn Du unser Elternhaus endlich abgerissen und einen modernen Glaskasten hingesetzt hast, können die Wellen ruhig über unser Dach schwappen. Wir leben dann wie im Aquarium.“ (S. 15)
Und dann ist da noch Tjark Hanning, der damals mit Asta zusammen war und jetzt angeblich was mit Beeke hatte ...

„Mord auf der Hallig“ bleibt bis zum Schluss spannend und verwirrt den Leser mit immer neuen Verdächtigen und Motiven. Auch das Flair auf den Halligen wird sehr gut beschrieben – einen Sturm möchte ich da auf jeden Fall nicht erleben!

Veröffentlicht am 31.03.2018

Perfekter Krimi-Grusel-Hörgenuss für lange Gassirunden

Frauen, die Bärbel heißen
1

„Öffne nie eine Tür vor dir, bevor du die hinter dir nicht geschlossen hast.“ Diesen Rat ihrer Mutter hätte Bärbel mal lieber befolgt, bevor sie Bambi ins Haus gelassen hat. Bambi? Das Reh? Nein, natürlich ...

„Öffne nie eine Tür vor dir, bevor du die hinter dir nicht geschlossen hast.“ Diesen Rat ihrer Mutter hätte Bärbel mal lieber befolgt, bevor sie Bambi ins Haus gelassen hat. Bambi? Das Reh? Nein, natürlich nicht die Disney-Figur, sondern eine Frau, die genau so aussieht. Aber ich beginne lieber von vorn.

Bärbel Böttcher, 54, früh verwaist, Dermoplastikerin (also Tierpräparatorin) und Hundehalterin findet beim morgendlichen Gassigehen das perfekte Stöckchen für ihre Hündin Frieda. Das Problem ist nur, dass das Stöckchen im Auge eines toten MaMil (Middle Aged Men in Lycra) steckt. Das Stöckchen einfach rausziehen oder doch die Polizei rufen? Letztendlich entscheidet sich Bärbel für die Polizei und bereut es bald. Denn ihr ruhiges und zurückgezogenes Leben gehört damit der Vergangenheit an.

Ich kann mich nicht erinnern, schon mal so einen makabren Krimi gehört zu haben. Ich mag den trockenen Humor und Katja Riemanns fast emotionslose Interpretation, die so perfekt zu Bärbels kruder Persönlichkeit passt.
Bärbel ist eine Klasse für sich. Sie lebt extrem zurückgezogen im Wald am Rand einer Kleinstadt, in einem Haus voller von ihr ausgestopfter Tiere. Kontakt zur Außenwelt hat sie nur beim Einkaufen. Oft vergehen Tage, ohne dass sie einen anderen Menschen sieht oder gar spricht. Ihr einziges Vergnügen ist der Teleshoppingkanal. Kurz, Bärbel liebt, nein sie BRAUCHT ihre Ruhe, in die nun Bambi platzt. Die macht ihrem Namen alle Ehre. Zart gebaut und mit großen braunen Rehaugen ist sie es gewöhnt, dass man(n) ihr jeden Wunsch aus den selbigen abliest – aber da beißt sie bei Bärbel auf Granit. Doch bald müssen sich die Beiden leider arrangieren. Sie bilden eine sehr ungewöhnliche Zweckgemeinschaft und wachsen in Notsituationen über sich hinaus.

Der Fall an sich ist sehr spannend. Ich will nicht zu viel verraten, aber bei dem einen Toten bleibt es nicht und Verdächtige gibt es viele. Bärbel wird aus ihrer Komfortzone und ihrem Haus gerissen und in eine neues, besseres (?) Leben katapultiert.
Die Geschichte wird aus Bärbels Sicht erzählt. In Rückblicken erfährt man von ihrer erschreckend freud- und lieblosen Kindheit. Kein Wunder, dass sie nie gelernt hat, eine Beziehung zu anderen Menschen aufzubauen und von ihnen oft nicht mal wahrgenommen wird. Bambi ist das ganze Gegenteil. Auffällig, verwöhnt, egozentrisch. Da prallen Welten aufeinander und genau davon lebt das (Hör-)Buch, den Wortgefechten und Interaktionen dieser so unterschiedlichen Persönlichkeiten.

„Frauen, die Bärbel heißen“ hat mich wunderbar unterhalten, auch wenn es beim alleinigen Gassigehen im Wald manchmal etwas gruselig war, und ich hoffe, dass Marie Reiners noch viele skurrile Krimis schreibt.

Veröffentlicht am 27.03.2018

Was wäre wenn?

Mitte 40, fertig, los
0

- Du mit Mitte 40 feststellst, dass Dich Dein Mann betrügt?
- Er seine Firma gegen die Wand gefahren und auch privat Pleite gemacht und Dich da mit reingezogen hat?
- Du irgendwie neu anfangen musst?
- Du ...

- Du mit Mitte 40 feststellst, dass Dich Dein Mann betrügt?
- Er seine Firma gegen die Wand gefahren und auch privat Pleite gemacht und Dich da mit reingezogen hat?
- Du irgendwie neu anfangen musst?
- Du keine andere Wahl hast, als zurück zu Deiner frischverwitweten Mutter in die Kleinstadt zu ziehen?

Ein Albtraum, oder? Und genau den erlebt Rike in „Mitte 40, fertig, los“. Ihr bleibt wirklich nichts erspart. Mann weg, Sohn weg (er lebt mit 16 natürlich lieber beim Papa), Haus weg. Einen Job hat sie auch nicht – sie war ja Hausfrau. Also zurück nach Meppelstedt ins Haus der Eltern. Dort hat sich nichts verändert. Es gibt immer noch die gleichen Läden, beim Fleischer eine Scheibe Fleischwurst auf die Hand, nur eine ordentliche Kneipe und nirgend wo WLAN. Selbst die alten Freunde sind noch fast alle da. Die Krönung aber ist Schmiddi, der Sohn der Nachbarn. Er wohnt mit Mitte 40 immer noch bei seinen Eltern, obwohl er inzwischen Anwalt ist! Wenigsten ist auch ihre ehemals beste Freundin Mona gerade im Land.

Ich habe in letzter Zeit selten so gelacht wie bei diesem Buch. Sehr gekonnt und amüsant nimmt Franka Bloom das Kleinstadtleben aufs Korn.
Die Nachbarn und Freundinnen ihrer Mutter beobachten Rike und kommentieren jeden ihrer Schritte, Mutti behandelt sie wie eine Vierjährige (z.B. indem sie ihr die Schnittchen in mundgerechte Stücke schneidet oder einen Kakao gegen Kummer kocht) und auch sonst mischt sich im Ort jeder in sämtliche Angelegenheiten ein. Dabei will Rike doch nur in Ruhe ihre Wunden lecken und einen Plan fassen, wie es nun weitergeht. Denn bisher hat sie ihre Trennung und den Verlust des Hauses geheim halten können ..
Doch schnell merkt sie, dass sie nicht die Einzige ist, die ihre Probleme verheimlicht. Und obwohl sie eigentlich ganz schnell zurück in die Stadt wollte, steckt sie bald wieder mitten drin im Kleinstadtleben.

„Mitte 40, fertig, los“ ist ein typischer Unterhaltungsroman, den ich mir sehr gut verfilmt vorstellen könnte. Dass die Autorin auch Drehbücher schreibt, merkt man ihm an. Ernste Themen und Amüsantes wechseln sich gekonnt ab und es wird nie langweilig. Sehr einfühlsam werden auch Themen wie der Verlust der Eltern oder Partner, Trauerbewältigung, Burnout oder Nervenzusammenbruch behandelt.

Rike ist mitten aus dem Leben gegriffen. Ein bisschen hat sie mich an Bridget Jones erinnert – kein Fettnäpfchen ist ihr zu tief und es quälen sie die gleichen Figurprobleme. Genial fand ich, wie sich ihre Mutter nach dem Tod des Vaters verhält – Ihr Leben ist nämlich noch nicht vorbei! – und Rike damit klarkommen muss. Auch ihr bester Freund Schmiddi hat mir gut gefallen. Seine Entwicklung hat nicht nur sie überrascht.

Leider waren mir die Handlung und vor allem das Ende etwas zu vorhersehbar und klischeehaft waren, darum gibt es „nur“ 4,5 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 26.03.2018

Wie gut kennst Du Deinen besten Freund?

Kalter Sand
0

Kunsthistoriker Richard Gruben hat seit Jahren nur noch losen Kontakt zu seinem Freund Philip Stöbesand. Philipp ist eigentlich ein erfolgreicher Portraitfotograf, aber auch Alkoholiker. Jetzt hat er einen ...

Kunsthistoriker Richard Gruben hat seit Jahren nur noch losen Kontakt zu seinem Freund Philip Stöbesand. Philipp ist eigentlich ein erfolgreicher Portraitfotograf, aber auch Alkoholiker. Jetzt hat er einen Bildband über das Fischland-Darß herausgebracht denn: „Das Geschäft mit der See läuft immer.“ (S. 13) Außerdem lädt er zur Vernissage nach Gellerhagen an die Ostsee ein.
Richard hat ein ungutes Gefühl: „Hoffentlich war diese Reise an die Ostsee nicht wieder eine seiner Entscheidungen, die er hinterher bereuen würde.“ (S. 14) und er behält Recht. Auf der Vernissage kommt es zum Eklat. Andreas Schoknecht beschuldigt Philipp, vor Jahren seine Tochter Annika umgebracht zu haben. Und Schoknecht steht nicht allein da. Auch Jette Herbusch, die sich an die Ostsee zurückgezogen hat, um ihren Roman zu schreiben, scheint etwas gegen Philipp zu haben. Warum interessiert sie sich für Annikas Tod?!

Richard würde gern Philipps Unschuld beweisen, doch der schweigt und trinkt. Also hört sich Richard im Ort um. „Ich möchte nur verstehen, was passiert ist. Ich möchte Philipp verstehen.“ (S. 61)
Lichtkegel schwirren über die Straße, wie die Lichtblicke im Buch. Man konnte Philipp die Tat damals nicht nachweisen, darauf berufen sich Richard und Philipps Freundin Isa immer wieder, außerdem hatte er ein Alibi für die Tatzeit – von Isa. Aber einige Fakten sprechen eben auch gegen ihn. Richard stößt auf menschliche Abgründe. Wie gut kann man einen anderen Menschen eigentlich wirklich kennen?! Warum wird ein Mensch zum Täter und warum deckt ihn ein anderer evtl. über Jahre?

Schon mit „Stumme Wasser“ und „Küstenbrut“ hat Anja Behn bewiesen, das sie extrem spannende Krimis schreiben kann und“ Kalter Sand“ steht dem in nichts nach. Die Handlung ist sehr komplex und zum Teil verstörend. Viele Hinweise werden nahezu beiläufig eingestreut, um den Leser zu verwirren und ans Buch zu fesseln. Die Stimmung ist düster und atmosphärisch – wie der November an der See.