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Veröffentlicht am 16.10.2022

Dystopie zum Nachdenken

Unsre verschwundenen Herzen
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Ein Leben voller Angst und Diskriminierung. Celeste Ng schafft in ihrem Roman eine andere Realität, die mit der Vergangenheit sowie Gegenwart unserer Weltgeschichte viele Gemeinsamkeiten hat. Diese Parallele ...

Ein Leben voller Angst und Diskriminierung. Celeste Ng schafft in ihrem Roman eine andere Realität, die mit der Vergangenheit sowie Gegenwart unserer Weltgeschichte viele Gemeinsamkeiten hat. Diese Parallele erschrecken und geben viel Stoff nachzudenken.

Der 12-jährige Protagonist Bird vermisst seine Mutter und klammert an jede Erinnerung oder Spur von ihr. Der naive Junge versteht wahrscheinlich die Ordnung in seinem Land nicht. Deswegen wirkt er mutig und zielstrebig. Ich mag, wie die Autorin Bird und seinen Vater dargestellt hat. Die Figur der Mutter wurde meiner Meinung nach schwächer ausgearbeitet. Die Szenen von ihr und Bird kamen mir unglaubwürdig aufgrund ihrer Zurückhaltung und Kälte. Ich finde, dass der Roman ein wenig länger sein könnte, damit man eine Gelegenheit hätte, sich ein besseres Bild dieser dystopischen Welt zu verschaffen. Das Ende bleibt offen und man kann nur vermuten, ob die letzte Aktion etwas gebracht hat oder nicht.

Die kleinsten Veränderungen beginnen in uns selbst und können auch die anderen beeinflussen. Die einzige Stimme des Wandels kann sehr laut und eindringlich sein, so dass man sie nie vergessen kann. Sie kann bei uns unbewusst Wurzeln anlegen, die erst nach vielen Jahren spürbar werden. Manchmal braucht man nur Hoffnung, damit er in seiner dunkelsten Stunde weiter kommt.

Auch wenn der Roman mich nicht in Allem vollkommen überzeugen konnte, bleibt die Botschaft der Autorin sehr deutlich.

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Veröffentlicht am 13.10.2022

Das letzte Lebensjahr von Sylvia Plath

Euphorie
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Wer kennt die amerikanische Schriftstellerin Sylvia Plath und ihr Lebensende nicht? Wer hat nichts von ihrem Roman „Die Glasglocke“ gehört, der nach ihrem Tod zum Literaturklassiker wurde?

In „Euphorie“ ...

Wer kennt die amerikanische Schriftstellerin Sylvia Plath und ihr Lebensende nicht? Wer hat nichts von ihrem Roman „Die Glasglocke“ gehört, der nach ihrem Tod zum Literaturklassiker wurde?

In „Euphorie“ wird das letzte Lebensjahr der jungen Autorin gezeigt. Die Geschichte wird aus der Sicht von Sylvia erzählt. Man merkt sofort, dass sie psychisch labil ist und keine entsprechende Behandlung sowie Unterstützung ihrer Familie und Freunde bekommt. Es geht vielmehr darum, was in ihrem Kopf vor sich ging, als um die bibliographischen Ereignisse, die präzise dargestellt wurden. Die toxischen Beziehungen mit ihrem Ehemann Ted Hughes scheinen sie in den Wahnsinn zu treiben. Zwischen Liebe und Eifersucht möchte sie geliebt werden, aber es ist nur der Anfang des Endes.

Die Lektüre ist intensiv und erdrückend. Der Leser taucht mitten in Sylvias Gedankenwirbel ein, wobei er manchmal nach den rasanten Gedankenwechsel nicht sofort versteht, was überhaupt passiert. Der Schreibstil der Autorin ist flüssig sowie metaphorisch, den ich während des Lesens wirklich genossen habe. Trotzdem frage ich mich, inwiefern dies der Wahrheit entspricht. Es ist ein Roman über Sylvias letztes Lebensjahr. Man soll ihn jedoch als eine fiktionale Geschichte betrachten, weil man sich nie sicher sein kann, ob es genau so war. Es ist aber sehr mutig von Elin Cullhed, die Psyche einer geistig instabilen Person zu zeigen. In manchen Episoden wurde Sylvia deprimiert und jämmerlich, in den anderen hilflos oder glücklich. Es war schwierig, ihrer Stimmungsschwankungen zu folgen. Wie gesagt, das Buch ist keine leichte Kost, sondern eine angestrengte Geschichte, die nicht für jeden ist.

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Veröffentlicht am 04.10.2022

Eine komplexe Geschichte über Zeitreise

Der Leuchtturm an der Schwelle der Zeit
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Der Roman lässt mich zwiespältig sitzen. Auf einer Seite wurde die Geschichte komplex umgesetzt, wobei ich ganz am Anfang nicht wusste, wohin das Ganze hineinführt. Auf der anderen Seite war ich während ...

Der Roman lässt mich zwiespältig sitzen. Auf einer Seite wurde die Geschichte komplex umgesetzt, wobei ich ganz am Anfang nicht wusste, wohin das Ganze hineinführt. Auf der anderen Seite war ich während des Lesens wegen den zahlreichen Zeitsprüngen verwirrt. Manchmal wusste ich nicht, in welchem Jahr die Story in diesem Moment stattfindet. Die ersten 100 Seiten wusste ich überhaupt nicht, was ich erwarten soll. Die detaillierten Beschreibungen haben mir geholfen, in die Geschichte einzutauchen. Jedoch war es für mir ab und zu langweilig. Die Charaktere sind unterschiedlich. Der Protagonist erinnert sich an seine Vergangenheit nicht und bleibt hin- und hergerissen, weil er sich selbst gar nicht kennt.

Das Buch an sich hat eine sehr interessante Handlung über die Zeitreise. Es geht hier nicht ausschließlich um die historischen Ereignisse in England. Man bekommt den Eindruck, dass unsere unwichtigsten Entscheidungen die Zukunft maßgeblich verändern können. Wie ein Butterfly-Effekt. Es gibt einige geschickte Überraschungen, die man nicht erwartet.

„Der Leuchtturm an der Schwelle der Zeit“ ist ein perfektes Buch für diese Jahreszeit. Die Handlungsentwicklung verläuft langsam und ausführlich. Demzufolge kann man das Buch nicht schnell lesen. Das Setting hat mir sehr gut gefallen. Auf solche komplexe Story war ich nicht vorbereitet.

Im Nachhinein fand ich das Buch außergewöhnlich und mit einigen komplexen und überraschenden Elementen, in dem manche Szenen mich verwirrt haben.

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Veröffentlicht am 29.09.2022

Leicht und gemütlich

Das Wunder von Bahnsteig 5
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Habt ihr schon mal gemerkt, dass wir jeden Morgen auf dem Weg zur Arbeit und nach Hause manchmal mit den gleichen Menschen in der Bahn sitzen? Wie gut kennt ihr die Leute, die ihr ab und zu in den öffentlichen ...

Habt ihr schon mal gemerkt, dass wir jeden Morgen auf dem Weg zur Arbeit und nach Hause manchmal mit den gleichen Menschen in der Bahn sitzen? Wie gut kennt ihr die Leute, die ihr ab und zu in den öffentlichen Verkehrsmitteln trifft? Habt ihr mit den anderen Pendlern mal gesprochen?

Das Buch gibt uns ganz viel Stoff zum Nachdenken. Was wäre, wenn wir Freundschaften in der Bahn knüpfen würden? Was wäre, wenn wir unsere persönlichen Probleme mit den Fremden besprechen würden und nicht bloß die ganze Zeit in unseren Handys gucken?

Die Fremde werden plötzlich zu guten Bekannten und Freunde. Alle Charaktere hier sind sehr unterschiedlich. Ich glaube, dass jeder von uns sich mit einer oder der anderen Figur identifizieren könnte. Sie sind witzig, lebendig und haben auch Probleme.

Das Buch liest sich schnell. Alle Themen werden unterhaltsam und leicht behandelt. Die Geschichte kann euch in den Herbsttagen erwärmen und fesseln. Die Autorin zeigt zwischenmenschliche Beziehungen ehrlich, wie sie sind. Es geht die meiste Zeit um Freundschaft, aber auch um Liebe, Karriere, Möglichkeiten, Ehe.

Der Roman hat mir viel Spaß beim Lesen bereitet. Es ist eine leichte und gemütliche Lektüre, über Unterstützung und gegenseitige Hilfe, die euch nicht gleichgültig lassen kann.

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Veröffentlicht am 29.09.2022

Always Remember

Denk ich an Kiew
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Der 28. November gilt in der Ukraine als der Gedenktag für die Opfer des Holodomor bzw. Hungersnot. An diesem Tag gab es in meiner ukrainischen Schule immer eine Schweigeminute vor dem Unterricht. Fast ...

Der 28. November gilt in der Ukraine als der Gedenktag für die Opfer des Holodomor bzw. Hungersnot. An diesem Tag gab es in meiner ukrainischen Schule immer eine Schweigeminute vor dem Unterricht. Fast 9 Millionen Menschen (davon 3,9 Ukrainer) starben wegen diesem schrecklichen Ereignis in den 1930er Jahren. Ich erinnere mich immer noch an die Bilder der Überlebenden sowie deren Geschichten, die ich in den Lehrbüchern gesehen habe.

Im Roman wird die Story auf 2 Zeitebenen erzählt: 1929 in der Ukraine und 2004 in den USA. Die Protagonistin Katja lebt 1929 ihr glückliches Leben und möchte heiraten, bis Bolshewiki kommen und ihre Familie zwingen, ihre Landwirtschaft dem Staat zu überlassen. Wenn man es nicht tut, kann man als Verräter bezeichnet und nach Sibirien deportiert werden. Durch die stalinistische Regierung werden Kolchosen eingeführt, wo Menschen für eine Scheibe Brot den ganzen Tag arbeiten müssen. Für Katja und ihre Familie wird es nicht leicht zu überleben. Die Autorin verschont keine Figur aus der Vergangenheit. Die Schrecken des Hungers werden grausam dargestellt. An manchen Stellen konnte ich nicht aufhören zu weinen. Für mich war es nicht einfach, das Buch zu lesen, nicht nur angesichts der aktuellen Situation. Das Verständnis, dass es Fälle des Kannibalismus gab, die man zwischen den Zeilen liest, erschreckt. Erin Litteken bearbeitet im Roman die Geschichte ihrer Großeltern, die im Zweiten Weltkrieg aus der Ukraine geflüchtet sind. Die geschilderten Ereignisse werden dabei historisch korrekt, aber grausam gezeigt.

2004 zieht Cassie mit ihrer Tochter zu ihrer Großmutter Katja, über deren Vergangenheit sie nicht viel weiß. Allmählich merkt sie bei ihrer Oma, dass die Geister ihrer Vergangenheit ihr Leben immer noch bestimmen. Cassie bekommt das Tagebuch, das ihre Oma in der Ukraine geführt hat. Mit der Nachbars Hilfe können Katjas Notizen übersetzt werden. Cassie erfährt das Unvorstellbare, was ihre Oma erlebt hat.

Diese Zeitebene wirkt auf den Leser ruhiger trotz der Probleme, mit denen Cassie zu tun hat. Überdies spielt das Geschehen in den 1930er Jahren die wichtigere Rolle im Roman.

Insgesamt bin ich froh, dieses Buch gelesen zu haben. Neben den Grausamkeiten werden auch die Einblicke in den ukrainischen Traditionen gezeigt, wie z.B. Hochzeit, Beerdigung, Religion und ukrainische Küche. Dieses Buch ist nicht für jeden, aber ich kann es denjenigen herzlich empfehlen, die sich für Kulturen und Geschichte interessieren.

Ein authentischer aber erschütternder Roman über die Schrecken des Genozids in den Jahren von Holodomor in der Ukraine. Übrigens wurde dieser Genozid nur in 19 Ländern eingestuft.

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