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Veröffentlicht am 03.11.2022

Überraschend anders!

Simonelli
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Simonelli wird aus der Perspektive von zwei Charakteren erzählt, die unfreiwillig bzw. unbeabsichtigt in einen Strudel von Täuschung, Entführung und zwielichtigen Deals hineingezogen werden. Einer davon ...

Simonelli wird aus der Perspektive von zwei Charakteren erzählt, die unfreiwillig bzw. unbeabsichtigt in einen Strudel von Täuschung, Entführung und zwielichtigen Deals hineingezogen werden. Einer davon ist Jonathan Simonelli, der Filmrequisiten baut und mit dem technischen Wandel innerhalb seiner Branche zu kämpfen hat. Als er in den Besitz einer japanischen Pistole kommt, eröffnet sich ihm eine neue Möglichkeit aus seiner Misere zu entfliehen: Jemand bietet ihm eine stattliche Summe für die Waffe. Für den Austausch lässt er sich bei einem Filmdreh anheuern – er soll den Anker der Titanic nachbauen – und wartet auf seinen Kontaktmann. Gleichzeitig werden jedoch weitere Parteien auf ihn aufmerksam, die die Pistole aus verschiedenen Gründen ebenfalls in ihren Besitz bekommen wollen…

Der Einstieg in die Geschichte wird aus der Sicht eines Unbeteiligten erzählt und ist spannenderweise eine Szene, die sich erst im späteren Verlauf des Buches ereignet. Die Idee fand ich sehr raffiniert, weil wir so erfahren, dass der Austausch stattfindet, aber nicht wer die handelnden Akteur:innen sind. Zusätzlich ereignet sich ein Unfall: Wer wohl zu Schaden gekommen ist?

Dass Filmrequisiten und Waffen im Fokus stehen, war für mich interessanter als ich erwartet hätte, denn für das Thema kann ich wenig Leidenschaft aufbringen. Der Wandel der Anforderungen an Simonellis Arbeit, sein Versuch sich diesem Wandel anzupassen und auch die Historie der Waffe waren jedoch spannend erzählt.

In einer anderen Rezension wurde der Stil der Geschichte mit Tarantino Filmen verglichen. Für mich ist das Buch auf jeden Fall ein wilder Mix, der mir gut gefallen hat & ich kann nicht behaupten etwas Ähnliches in letzter Zeit gelesen zu haben.

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Veröffentlicht am 03.11.2022

Überraschende Erzählweise

Auf Bewährung
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„Gewalt hinterlässt einen besseren Geschmack im Mund, wenn sie sich gerecht anfühlt.“

Auf Bewährung setzt sich aus den Perspektiven dreier Freunde zusammen: Christian, der inzwischen bei der Drogenfahndung ...

„Gewalt hinterlässt einen besseren Geschmack im Mund, wenn sie sich gerecht anfühlt.“

Auf Bewährung setzt sich aus den Perspektiven dreier Freunde zusammen: Christian, der inzwischen bei der Drogenfahndung arbeitet, Malik, der Zahnmedizin studiert und seit mehreren Wochen verschwunden ist sowie Danny, der frühzeitig entlassen wird und verspricht Malik zu finden.

Sprachlich war die Geschichte auf den Punkt. Der Autor liefert gerade genügend Informationen, um ein Gefühl für die Charaktere und das Setting zu bekommen, sie sind jedoch nicht ausschweifend genug, um sich darin lediglich treiben zu lassen. Es werden Andeutungen gemacht, Geschichten aufgegriffen und wieder fallengelassen. Gleichzeitig geht die Geschichte in einem ruhigen, nicht weniger kraftvollen, Ton immer weiter, lässt einen mit den eigenen Gedanken alleine und keine Zeit, um sich in Vergangenem oder Kleinigkeiten zu verlieren. Spannend finde ich in diesem Kontext auch, dass kaum Wertungen stattfinden. Wir werden nicht in eine Richtung gelotst, wie wir zu den Figuren stehen sollen und auch Danny plagen z. B. keine Schuldgefühle, um ihn nahbarer zu gestalten. Stattdessen scherzen Christian und er darüber, dass er ihn seiner Frau als reumütigen Mann vorgestellt hat, während die Wahrheit eher so aussieht: "Der Mann öffnet den Mund, um etwas total Hartes und Männliches zu sagen, da schlägt ihm Danny gegen die Kehle. [...] Danny ist es nicht gewohnt, dass ein Kampf so schnell vorbei ist, also tritt er ihm mit dem Knie ins Gesicht. Nur um das Ganze ordentlich abzurunden."

Danny leistet keine bahnbrechende Ermittlungsarbeit. Er stellt weder geschickte Fragen, noch geht er sonderlich subtil vor. Uns erwartet kein Nervenkitzel und auch keine unerträgliche Spannung. Aus meiner Sicht lebt die Geschichte aber gerade von dieser Ruhe, weil sie uns so die Chance eröffnet, um die Ecke zu denken, Bezüge herzustellen und eigene Urteile zu fällen.

Mir hat das Buch insgesamt ausgesprochen gut gefallen, obwohl mich der Stil überrascht hat.

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Veröffentlicht am 10.10.2022

Zwei Schwestern, eine Krone: Was für eine Königin braucht das Land?

Zwillingskrone
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Stell dir vor, du triffst nach achtzehn Jahren zum ersten Mal auf deinen Zwilling. Würdest du dich freuen? Was, wenn ihr ganz unterschiedliche Ziele verfolgt? Könntest du ihr verzeihen, wenn sie dich entführen ...

Stell dir vor, du triffst nach achtzehn Jahren zum ersten Mal auf deinen Zwilling. Würdest du dich freuen? Was, wenn ihr ganz unterschiedliche Ziele verfolgt? Könntest du ihr verzeihen, wenn sie dich entführen lässt und deine Krone will? Nicht für die Macht als solche, sondern für die Freiheit der Hexen? Und könnte sie Sympathie für dich aufbringen, wenn du dein Leben lang auf der anderen Seite des Krieges mit den magisch Begabten gestanden hättest?

Mir hat Zwillingskrone gut gefallen. Mit jedem Kapitel wechselt die Perspektive zwischen Wren & Rose. Wren ist im Verborgenen inmitten einer liebevollen Gemeinschaft aufgewachsen, jedoch weit ab von den Vorzügen der Stadt und hat gelernt, was es braucht, um zu überleben. Rose hat den Palast noch nie verlassen und träumt von der Welt, weiß aber diplomatische und höfische Gepflogenheiten für sich einzusetzen. Im Laufe der Geschichte wachsen beide Charaktere nicht nur individuell, sondern auch gemeinsam, was mir insbesondere bei Rose sehr gut gefallen hat. Ein paar Klischees sind zwar vorhanden und auch die Love Interests sind keine Überraschung, doch wenn man darüber hinwegsieht, ist Zwillingskrone durchaus eine interessante Geschichte. (Das Rad muss für mich auch nicht jedes Mal neu erfunden werden, wenn der Rest stimmt. 🤭)

Die Kapitel sind recht kurz gehalten, was ich in diesem Fall geschickt gewählt finde, da ich nie dazu kam während des Lesens zu überlegen, was die andere Schwester wohl gerade erlebt. Außerdem hat es der Geschichte ein gewisses Tempo verliehen. Die märchenähnlichen Elemente, die in Bezug auf die Historie des Königreiches und der Vergangenheit sowie Zukunft von Wren und Rose eine Rolle spielen, waren für mich eine schöne Ergänzung der gezeichneten Welt. Ich hoffe daher, dass auch im zweiten Band weitere Legenden, Prophezeiungen und Mythen auf uns warten.

Das Ende der Geschichte kam mir persönlich etwas zu übereilt und hätte ruhig noch etwas gestreckt werden können, dennoch freue ich mich auf ein Wiedersehen im zweiten Band. Es gibt viel zu tun und noch mehr zu klären!

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Veröffentlicht am 05.10.2022

Wer fürchtet den kopflosen Reiter?

Die Legende von Sleepy Hollow - Im Bann des kopflosen Reiters
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Das Sequel zu Die Legende von Sleepy Hollow hat bei mir den Spooktober eingeläutet: Ein verschlafenes Dorf, eher abgeschieden von den Veränderungen in den Städten, umgeben von einem geheimnisvollen Wald, ...

Das Sequel zu Die Legende von Sleepy Hollow hat bei mir den Spooktober eingeläutet: Ein verschlafenes Dorf, eher abgeschieden von den Veränderungen in den Städten, umgeben von einem geheimnisvollen Wald, um den sich viele Geschichten ranken und das Vorkommen beunruhigende Ereignisse… Das perfekte Setting für ein gutes Herbstbuch! Zudem hat mich die Aussicht auf eine Fortführung von Sleepy Hollow neugierig gemacht, denn im Zentrum der Geschichte steht das Enkelkind von Katrina van Tassel und Brom Bones. Um nicht zu spoilern, kann ich leider nicht näher darauf eingehen, aber die Verknüpfung der bekannten Legende und der neuen Perspektive hat mir gut gefallen.

Die Stimmung war recht düster und hat mein Kopfkino eingeladen, sich die dunklen Wälder besonders gruselig vorzustellen – zuträglich war sicher, dass ich ausschließlich abends gelesen habe und sich Lügen mit jahrelang vergrabenen Geheimnissen mischen. Besonders gut hat mir der märchenhafte und doch schaurige Schreibstil gefallen, von dem ich mir gewünscht hätte, dass er sich durch die gesamte Geschichte gezogen hätte. Im Gegensatz zu den Alice-Bänden waren die Beschreibungen und Vorfälle gemäßigter, was vielleicht auch der eher kindlichen Erzählweise geschuldet ist. Ich persönlich war froh, dass diesmal auf die ausführliche Brutalität verzichtet wurde.

Da die Autorin auf die Legende von Sleepy Hollow mehrmals Bezug nimmt, ist es nicht zwangsläufig notwendig die Geschichte bereits zu kennen, ich denke aber, dass es von Vorteil ist, zumindest die Grundzüge in Erinnerung zu haben.

Auch wenn die Meinungen bezüglich Triggerwarnungen auseinandergehen, hätte ich mir zumindest einen Hinweis darauf gewünscht, dass Misgendering ein Thema ist, das sich durch das gesamte Buch zieht. Für mich war es sehr unangenehm zu lesen, dass der Figur nahestehende Personen aus verschiedenen Gründen vereinzelt bewusst die falschen Pronomen wählen und auch Außenstehende diese Möglichkeit zu ihrem Vorteil nutzen.

Insgesamt hat mir die Idee Sleepy Hollow in einem neuen Licht zu porträtieren gut gefallen. Für den Einbezug schwieriger Themen wie Zugehörigkeit, Akzeptanz und Trauer(bewältigung) hätte ich mir jedoch etwas mehr Tiefgang gewünscht.

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Veröffentlicht am 03.10.2022

Ungewöhnlich, aber unterhaltsam

How to kill your family
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How to Kill Your Family ist nicht nur ein ungewöhnlicher Titel – wenn ihr im Zug mit Klebezetteln sitzt und euch währenddessen Notizen macht, sprechen euch weniger Menschen an – auch die Geschichte ist ...

How to Kill Your Family ist nicht nur ein ungewöhnlicher Titel – wenn ihr im Zug mit Klebezetteln sitzt und euch währenddessen Notizen macht, sprechen euch weniger Menschen an – auch die Geschichte ist speziell.

Grace sitzt im Gefängnis, allerdings nicht für die Morde, die sie tatsächlich begonnen hat. Während sie auf den Berufungsprozess wartet, schreibt sie ihre Geschichte nieder und erzählt uns von ihrer Kindheit, dem Plan sich an ihrer Familie zu rächen und letztendlich der Umsetzung.

Es war ein ungewöhnliches Erlebnis, dem nächsten Mord entgegenzufiebern, statt auf Seiten der Ermittler:innen zu bangen, ob sie das nächste Puzzlestück zusammensetzen können, bevor es zu spät ist. Die Art der Morde fand ich zum Teil sehr originell und Kröten hatte ich als Halluzinogene nicht im Hinterkopf. Zudem hat mir gut gefallen, dass ihr Ziel nicht war, besonders grausame Taten zu begehen, sondern eine Reihe Unfälle „positiv zu beeinflussen“.

Das Buch hatte einige Längen, was mich persönlich aber nicht gestört hat. Grace und ihre etwas eigenwillige Art habe ich als sehr unterhaltsam empfunden. Sie teilt ihre Meinungen und Gedanken zu anderen Personen gerne unverblümt und ist nicht besonders gnädig mit ihren Mitmenschen: „Helene war ein guter Mensch, aber keine Intelligenzbestie, und sie hatte sicher nicht den größten Durchblick. Alle ihre Lieblingssendungen liefen im Privatfernsehen – vielleicht verdeutlicht das, was ich damit meine“. Außerdem spart sie auch nicht an gesellschaftlicher Kritik zu verschiedenen Themen: „Selfcare ist der neuste Konsumtrend, der uns Frauen unter dem Deckmäntelchen feministischen Empowerments aufgedrängt wird, aber Spaß machen kann er natürlich trotzdem“.

Das Ende hat mich eher enttäuscht zurückgelassen, auch wenn ich etwas in die Richtung schon befürchtet hatte. Die Wendung hätte es für mich nicht gebraucht und wurde im Vergleich zu den vorherigen Ausschweifungen sehr knapp abgehandelt.

Mich hat die Geschichte insgesamt gut unterhalten und einige Stunden Zugfahrt gelungen überbrückt, eine klare Leseempfehlung für jede:n kann ich allerdings nicht aussprechen. Ich denke, dass das Buch erneut eines ist, das entweder gefällt oder missfällt.

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