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Veröffentlicht am 09.05.2023

Wenn fehlende Gerechtigkeit zu Vergeltung wird

Wer Furcht sät
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Was braucht es, damit aus Täter:innen Held:innen werden? Wann überlagert das Verlangen nach Vergeltung alles andere?

In „Wer Furcht sät“ muss sich Detective Max Wolfe einem Fall stellen, der auf viele ...

Was braucht es, damit aus Täter:innen Held:innen werden? Wann überlagert das Verlangen nach Vergeltung alles andere?

In „Wer Furcht sät“ muss sich Detective Max Wolfe einem Fall stellen, der auf viele Arten herausfordernd ist: Ein Kollektiv, der Club der Henker, jagt in London diejenigen, die dem Recht entkommen sind und führt sie der von ihnen als gerecht angesehenen Strafe zu: Tod durch Erhängen. Auf die Mithilfe der Öffentlichkeit kann sich Max nicht verlassen, denn durch die Vergangenheit der Opfer und der zuvor ausgebliebenen Gerechtigkeit erfährt der Club der Henker und dessen Lynchjustiz großen Zuspruch. Während ihn die Spurensuche durch längst vergessene Orte führt, muss er schließlich am eigenen Leib erfahren, wie schmal der Grat zwischen Unschuld und Schuld ist…

Max ist grundsätzlich ein recht typischer Ermittler: Gebeutelt vom Leben und mit einem Bein in der Vergangenheit. Daher fand ich den Versuch einen Anker im „Jetzt“ einzubauen (er ist alleinerziehender Vater) recht geschickt.

Thematisch war der Fall sehr spannend und auch die zwischenmenschlichen Konflikte kamen mir überwiegend authentisch vor – abgesehen von der kurzen Episode zum Anbandeln mit einer am Fall beteiligten Person, das war für mich höchst eigenartig zu lesen.

Dafür waren die historischen Exkurse zu z. B. unterirdischen Flüssen, stillgelegten Bahnhöfen und einem berüchtigten Henker ausgesprochen interessant. Diese Bezüge haben den Krimi für mich merklich aufgewertet und zur unheilvollen Atmosphäre beigetragen.

Einige Szenen waren zwar etwas wunderlich (z. B. die inneren Zerwürfnisse über die potentielle Kastration seines Hundes und dessen mögliche Gedanken hierzu), aber grundsätzlich habe ich „Wer Furcht sät“ als gelungene Zuglektüre empfunden.

(Das Buch ist der dritte Teil einer Reihe, was mir erst im Nachgang aufgefallen ist. Inzwischen habe ich den Auftakt ebenfalls gelesen: Man verpasst nichts.)

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Veröffentlicht am 01.05.2023

Durchwachsenes Lesevergnügen

Kaleidra - Wer das Dunkel ruft (Band 1)
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Emilia hat eine Begabung für Rätsel aller Art. Als sie allerdings ohne große Anstrengung das Voynich-Manuskript entschlüsseln kann, stellt sich ihr ein junger Mann in den Weg: Ben, ein begrenzt auskunftsfreudige ...

Emilia hat eine Begabung für Rätsel aller Art. Als sie allerdings ohne große Anstrengung das Voynich-Manuskript entschlüsseln kann, stellt sich ihr ein junger Mann in den Weg: Ben, ein begrenzt auskunftsfreudige Goldalchemist, der ihr offenbart, dass sie in seine Welt gehört. Emilia türmt, doch ihre Fähigkeit ist auch für die anderen Geheimlogen von großer Bedeutung. Und nicht alle sind ungefährlich…

Mir hat die Alchemie-Idee ausgesprochen gut gefallen. Die wissenschaftliche Komponente hat viel Spaß gemacht & zu Schulzeiten hätte ich mich vermutlich noch stärker darin wiederfinden können.

Zudem waren die Logen und Orden ein interessanter Aspekt. Gleichzeitig hätte ich mir hierzu mehr Informationen gewünscht. Die Strukturen und Historie werden zwar beleuchtet, ich wäre aber gerne tiefer eingestiegen. Dieser Wunsch nach mehr Tiefe war – kurz nach der oft unnötig Probleme verursachenden Protagonistin – ein zentraler Stolperstein für mich: Die Geschichte kam mir an einigen erklärungsbedürftigen und spannenden Stellen eher oberflächlich und komprimiert vor, während an nebensächlichen Stellen viele weniger relevante Details eingeflochten wurden. Ich hätte z. B. lieber einzelne Missionen näher verfolgt als alle im (nahezu problemlosen) Schnelldurchlauf mitzuerleben. In Kombination mit dem etwas überholten Ablauf (unsicheres Mädchen trifft auf anziehenden Kämpfer, ihre Liebe darf nicht sein etc.) haben diese Punkte dafür gesorgt, dass mir das Buch leider eher langatmig vorkam.

Was mir gar nicht zugesagt hat, war das Ende. Sowohl die Szene kurz davor, die ich albern fand, als auch die Enthüllung selbst, die mir persönlich zu sehr aus dem Nichts kam. Ich finde es schöner, wenn sich Puzzleteile zusammenfügen.

Insgesamt bindet der Auftakt von Kaleidra Alchemie auf eine interessante Art ein, gleichzeitig hat mir die Sogwirkung beim Lesen gefehlt und die Charaktere konnten mich nicht für sich gewinnen.

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Veröffentlicht am 16.04.2023

Eulen, die von Wundern angezogen werden, Pilger:innen, die ihr Glück suchen und Charaktere, die ihren eigenen Platz erkämpfen

Wie Eulen in der Nacht
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Die ersten Seiten haben mich direkt gefangen genommen & dabei ist es auch geblieben. Wie Eulen in der Nacht war ausdrucksstark, atmosphärisch und ganz anders. Ich habe mich ausgesprochen gut unterhalten ...

Die ersten Seiten haben mich direkt gefangen genommen & dabei ist es auch geblieben. Wie Eulen in der Nacht war ausdrucksstark, atmosphärisch und ganz anders. Ich habe mich ausgesprochen gut unterhalten gefühlt!

Meine Begeisterung fußt vor allem auf der Sprache und den Details der Geschichte. Der Plot als solcher ist nicht besonders spannungsgeladen und durch die Vielzahl an Charakteren lässt sich ggf. nicht zu jeder Figur eine nähere Beziehung aufbauen. Ich war trotzdem gespannt, wie die Geschichte ausgehen wird und habe fleißig die Daumen gedrückt. Außerdem haben mir die Botschaften und vielfältigen Herausforderungen gut gefallen.

"No one wanted to see their darkness made manifest, but the reality was that it could not be fought until you saw its shape."

„Tatsächlich war es nur die Liebe, die verhindert hatte, dass er beim ersten Mal an seinem gebrochenen Herzen starb. Die Liebe versteht es, Löcher im Herzen abzudichten und zugleich neue hineinzuschlagen.“

"Here was a thing she feared: that the prettiest thing about her was her exterior."

„Ich weiß nicht, ob ich meine Schwester liebe, oder ob ich sie lieben muss, weil wir praktisch ein und dieselbe Person sind. Die Leute sagen immer, wie ähnlich wir uns sehen – das ist das Erste, was sie sagen."

Traut euch nach dem Buch zu greifen, auch wenn die Meinungen stark auseinandergehen!

Zusatz: Womit ich mich im Nachgang etwas näher beschäftigt habe, waren Own Voice Reviews zum Buch, da die Autorin Folklore, Religion und Kultur für ihre Geschichte nutzt, der sie nicht angehört. Die Meinungen hierzu gehen auseinander. Insgesamt habe ich für mich mitgenommen, dass stellenweise fehlendes Wissen bemängelt wird und auch vereinzelt Stereotype den Weg ins Buch gefunden haben, woran sich einige mehr und andere gar nicht bis weniger gestört haben. Trotzdem wollte ich diesen Aspekt gerne ergänzen, um Platz für sensibles Lesen zu machen.

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Veröffentlicht am 16.04.2023

Wunderschön illustriert und berührend erzählt

Die Reise
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Kennt ihr Bücher, die wie eine Umarmung sind? So ein Buch war „Die Reise – Großer Panda und kleiner Drache“ für mich.

In „Die Reise“ begleiten wir den großen Panda und seinen Freund den kleinen Drachen. ...

Kennt ihr Bücher, die wie eine Umarmung sind? So ein Buch war „Die Reise – Großer Panda und kleiner Drache“ für mich.

In „Die Reise“ begleiten wir den großen Panda und seinen Freund den kleinen Drachen. Da der kleine Drache das Gefühl hat, dass ihm etwas zu seinem Glück fehlt, machen sie sich nach erstem Zögern gemeinsam auf die Reise ins Unbekannte. Ohne Zweifel, Gefahren und Verluste geht das zwar nicht, aber… Lest selbst!

Abgesehen davon, dass ich eine Schwäche für Pandabären habe, stecken viele kleine Botschaften in der Geschichte, die in meinen Augen unabhängig vom Alter wertvoll sind. Auch die Illustrationen sind sehr atmosphärisch und oft mit kleinen Feinheiten versehen. Blättert auf jeden Fall mal rein, wenn ihr das Buch in freier Wildbahn entdeckt.

Für mich war es eine tröstliche Geschichte, die unter anderem zeigt, wie wertvoll Freund:innen sind, die einen unterstützen den eigenen Weg zu gehen bzw. zu entdecken. Und vor allem: Ob nun großer Panda, kleiner Drache oder wir – Straucheln und Probleme gehören immer dazu. Aber es wird auch wieder besser.

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Veröffentlicht am 16.04.2023

Für mich einer der schwächeren Titel der Autorin

Der Geisterbaum
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Als die Überreste – Leichen wäre etwas zu viel gesagt – zweier Mädchen in Smiths Hollow auftauchen, ist die Aufregung groß. Doch kurz danach scheint der Vorfall vergessen. Auch bei dem Mordfall von Laurens ...

Als die Überreste – Leichen wäre etwas zu viel gesagt – zweier Mädchen in Smiths Hollow auftauchen, ist die Aufregung groß. Doch kurz danach scheint der Vorfall vergessen. Auch bei dem Mordfall von Laurens Vater, der beim Geisterbaum aufgefunden wurde, hat die Polizei kaum etwas unternommen. Lauren unternimmt kurzerhand eigene Nachforschungen und realisiert, dass ihr eine eigene tragische Rolle zugedacht ist.

Gut gefallen hat mir, dass neben dem offensichtlichen Problem (nur zur Erinnerung: blutige Morde) auch verschiedene gesellschaftliche Missstände angesprochen bzw. durch verschiedene Figuren repräsentiert werden. Hierzu gehört z. B. eine ältere Dame, die ich am ehesten mit „Ich bin keine Rassistin, aber…“ beschreiben würde. In diesem Kontext fand ich eindrücklich, dass eine der Figuren eine Abwandlung seines Namens im Alltag bevorzugt, „weil ihn die Weißen mit dieser amerikanisierten Form eher als einen der ihren behandelten“. Außerdem spielt die unterschiedliche Bewertung von zugelassener körperlicher Nähe mit wechselnden Personen bei Frauen und Männern eine Rolle.

Aus meiner Sicht hätte die Geschichte an einigen Stellen ohne Probleme gekürzt werden können. Einige Handlungsstränge waren recht repetitiv und dadurch wenig fesselnd. Vielleicht wäre so mehr Platz für die nähere Ausgestaltung der Figuren und der Atmosphäre gewesen. Beides kam mir in diesem Band etwas kurz, ich habe mich kaum im „Spukmodus“ befunden und die Charaktere kamen mir sehr vereinfacht vor.

Die geheimnisvolle „Liebesgeschichte“ hat sich mir zudem nicht wirklich erschlossen. Die Geschichte war für mich schon shady genug – immerhin geht es um einen gruseligen Wald und kollektives Vergessen – da hätte ich nicht noch ein Thema obendrauf benötigt. Außerdem wurde zu Beginn ein (eindeutiger, glaube ich) Hinweis gegeben, wer „Er“ ist, sodass ich die darauffolgende Geheimniskrämerei als anstrengend erlebt habe.

Insgesamt finde ich das Thema der Geschichte wieder sehr interessant gewählt, auch wenn ich mich mit dem Lesen schwergetan habe. Die letzten Sätze fand ich dafür ziemlich cool!

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