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Veröffentlicht am 27.09.2019

Mit der richtigen Ernährung, Entzündungen vermeiden.

Food Pharmacy
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Das Buch "Food Pharmacy - Essen ist die beste Medizin" ist einer der unzähligen Ratgeber, die ich nun bereits zum Thema Ernährung, Darm und Gesundheit gelesen habe. Dass Lebensmittel einen hohen Einfluss ...

Das Buch "Food Pharmacy - Essen ist die beste Medizin" ist einer der unzähligen Ratgeber, die ich nun bereits zum Thema Ernährung, Darm und Gesundheit gelesen habe. Dass Lebensmittel einen hohen Einfluss auf unsere Gesundheit und Gefühlslage haben, war mir bereits vor dem Lesen klar und gerade in diesem Bereich gibt es zahlreiche wirklich gute Bücher und Ratgeber. Neu und spannend ist für mich in diesem Fall die Ausrichtung auf den Punkt Entzündungen, die für zahlreiche weitere Symptome und Zellveränderungen, dessen schwerste Art dann auch Krebs darstellt, Einfluss nehmen. Food Pharmacy sagt also Entzündungen im Körper und damit einhergehender Müdigkeit, Schlafstörungen, Haar-, Haut- und Nagelproblemen, sowie Depressionsursachen und Co den Kampf an.

"Dann fuhren wir unsere Computer hoch und lasen, dass chronische Erkrankungen weltweit immer mehr zunehmen, dass Zucker schädlich für unsere Kinder ist, dass wir viel zu wenig Ballaststoffe essen, dass man auf der Stelle tot umfällt, wenn man eine Scheibe Bacon auch nur ansieht, und dass die Anzahl der Krebsdiagnosen bis 2050 schätzungsweise um bis zu 50 Prozent zunehmen wird."

Die Autoren Lina Nertby Aurell und Mia Clase sind, ich möchte beinahe sagen, klassische Ernährungs- und Gesundheitsbloggerinnen, die sich in Schweden seit längerem mit verschiedenen Themen auseinandersetzen. In diesem Buch geht es wie bereits gesagt, hauptsächlich um die entzündungshemmende Küche und ihre Lebensmittel im Allgemeinen. So stellen sie insgesamt 9 'Wundermittel' in Sachen Gewürze vor, die reich an Antioxidantien, Ballaststoffen und anderen wichtigen Nährstoffen sind. In einem wirklich schön gestalteten Rahmen stellen sie ihre Erkenntnisse und einige hilfreiche Rezepte für den Tag vor - vom Müsli bis zur Suppe, zuckerfrei und voller Nährstoffe.

"Bei der Jagd nach Nahrungsmitteln, die sich kostengünstig herstellen lassen, hat uns die Lebensmittelindustrie von Produkten abhängig gemacht, für die unser Körper einfach nicht geschaffen ist. Industriell vorverarbeitete Lebensmittel, die kaum Ballaststoffe, Antioxidantien und Mineralstoffe enthalten und stattdessen vor Zucker, chemischen Zusatzstoffen und schlechten Fetten strotzen."

Zu Beginn war ich von diesem kleinen Buch mehr als angetan. Für mich als Designmensch ist die Aufmachung beinahe ein Highlight in Sachen Ratgebern, wobei ich ein Hardcover in diesem Fall einfach schöner gefunden hätte, aber Kleinkram. Es ist ein sehr kluges Buch und sicherlich für viele Menschen Anreiz sich über ihre Ernährung Gedanken zu machen und es liefert ja auch den ein oder anderen Ratschlag gleich mit dazu. Allerdings war ich relativ schnell genervt. Es wird stets betont was negativ ist und einem gesagt, dass Kartoffeln, Brot, Nudeln und Reis nicht gut sind. Doch dann stellt sich bereits für mich die Frage und das gilt wahrscheinlich für die große Masse: Was wären dann die Alternativen? Was soll man Essen? Mit dem vorgeschlagenen grünen Smoothie mit Salat und zwei Avocados werde ich jedenfalls nicht glücklich.

Dennoch gibt es auch in Sachen Brot, Nudeln und Reis, verschiedene Formen - Hefe, Sauerteig, Weizen, Dinkel, Hafer, Natur oder Weiß - auf diese Unterschiede wird gar nicht erst eingegangen, sondern alles über einen Kamm geschert. Die Lösung: Wegwerfen! Auch eine beliebte Aussage in diesem Buch: Sofern es keine Avocado ist, weg! Dass eine Avocado zwar gesund ist, aber in Sachen Klima und Umwelt nicht gerade optimal ist... kein Wort. Eine Walnuss ist übrigens ähnlich gut und sogar regional. Auch Anekdoten, Wiederholungen und sonstige Labereien, fand ich einfach nicht toll. Man kann zwar auch online Lebensmittel bestellen, aber bitte? Wenn man auf die Ernährung und bewussten Umgang mit Lebensmitteln aufmerksam machen möchte, ist dies der falsche Weg. Die Hauptaussage war für mich am Ende ein Hauch von: Kein Zucker, lieber Smoothies und kalte Suppe, viele Gewürze und generell lieber alles kalt, maximal lauwarm.

Als generelle Ergänzungsliteratur ist es ein tolles Buch, welches dennoch auch hinterfragt werden sollte und sogar muss! Auch wenn einige Fakten und Informationen wirklich nützlich sind, würde ich in diesem Fall eher auf die Ayurvedische Küche, voller Gewürze und damit auch entzündungshemmender Zutaten verweisen. Es gibt unzählige andere tolle Ratgeber die einiges in Sachen Ernährung drauf haben und nicht gerade schwedischen Ursprungs sind. So gibt es hier z.B. Grünkohl nicht rund ums Jahr zu kaufen oder Knäckebrot als Nationallebensmittel. Ich könnte an dieser Stelle wahrscheinlich noch ellenlang weitermachen. Im Sinne der Autoren würde ich an dieser Stelle dann sagen: Weg damit, braucht kein Mensch! Wirklich schade, ich hatte mir hier einfach mehr erhofft.

Veröffentlicht am 27.09.2019

Immer auf dem Sprung

Sofia trägt immer Schwarz
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"Sofia trägt immer schwarz" von Paolo Cognetti ist ein Roman, von dem ich eigentlich sehr viel erwartet habe. Nach "Acht Berge", einer Geschichte die mich gerade durch ihre feine, ruhige Art sehr begeistert ...

"Sofia trägt immer schwarz" von Paolo Cognetti ist ein Roman, von dem ich eigentlich sehr viel erwartet habe. Nach "Acht Berge", einer Geschichte die mich gerade durch ihre feine, ruhige Art sehr begeistert hat, habe ich mich nun auf eine ähnlich starke, aber zurückhaltende Erzählung gefreut. Und was passiert? Es ist genau das Gegenteil der Fall.

"Damals hat sie noch nicht gewusst, wie sehr sie den Ort als Heranwachsende einmal hassen wird. Mit acht wünscht sie sich einen Hund, ein Baumhaus, allein mit dem Rad die Gegend erkunden zu dürfen und dass sich ihre Eltern wieder vertragen."

Sofia ist nämlich die Geschichte eines rebellisch, anders denkenden Kindes, welches sich nicht in eine Schublade stecken lässt und sich im Hin- und Herschieben des Lebens, sei es von Seiten der Eltern, der Tante oder der allgemeinen Umstände etwas verliert, ausbricht und sich nicht wirklich findet. So wie ihre zwei ungleichen Augen und Gesichtshälften, so ist auch sie selbst, gefangen im Wunsch nach Freiheit und doch ständig auf der Flucht. Sie flieht vor den Krisen der Eltern, will unbedingt Schauspielerin werden, verrennt sich allerdings in der Magersucht. Von Mailand, über Rom bis New York, Sofia ist überall und nirgends so wirklich zuhause...

"Ich hasse die ganze Welt, aber vor allem mich selbst.[...] Dich kenn ich nicht. Aber ich warne dich! Am besten, du hältst dich da raus."

Bereits zu Beginn hatte ich irgendwie das Gefühl nicht wirklich in diesen Roman 'herein zu kommen' und leider hat sich dies dann auch in der weiteren Entwicklung gezeigt. Sofia ist eine sehr bemerkenswerte junge Frau, die mich während des Lesens phasenweise stark bewegt hat , aber so wirklich warm wurde ich mit ihr nie, sei es ihrem unsteten Wesen geschuldet oder diesen manchmal etwas zerrupften Erinnerungen und Begegnungen. Es fehlte mir oftmals der rote Faden, die Leichtigkeit und das Leben über den Tellerrand Sofias hinaus. Dies macht Cognettis Werk nicht unbedingt schlecht, denn für mich bildet der Text eine Verkörperung Sofias mit all ihrer Sprunghaftigkeit auf der Suche nach dem großen Ganzen und gerade das macht es wieder so faszinierend. Jedes Kapitel schildert eine neue Erzählung, eine weitere Eigenschaft, die es zu entdecken gilt. So lässt mich dieses Buch am Ende dann auch recht unschlüssig zwischen begeistert und unglücklich zurück.

Veröffentlicht am 27.09.2019

ganzheitliches Sportkonzept mit Schwierigkeiten

athleticflow
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Ich bin ein Sportmuffel! Und ein nicht gerade kleiner. Ich habe schon viel ausprobiert, bin eine Zeit lang ins Studio gegangen, war jeden Tag walken oder habe zuhause einiges ausprobiert... aber wie das ...

Ich bin ein Sportmuffel! Und ein nicht gerade kleiner. Ich habe schon viel ausprobiert, bin eine Zeit lang ins Studio gegangen, war jeden Tag walken oder habe zuhause einiges ausprobiert... aber wie das immer so ist, irgendwann wird es eintönig und damit auch langweilig. Feste Termine zwingen einen dann zwar zur sportlichen Betätigung, aber die immer gleichen Sachen, eine längeren Anfahrt oder gar das Anstehen an Geräten ist für mich beinahe ein Motivationskiller. Daher mache ich gerne etwas für mich allein, probiere einfach mal was aus und gucke, ob es für mich eine optimale Lösung für den Alltag gibt. So bin ich dann auch bei verschiedensten kleineren Übungen und Einheiten gelandet, die ich immer mal wieder zwischendurch machen kann.
Abhilfe habe ich nun mit dem Buch "athleticflow" von Nora und Simon Kersten gefunden und es beschäftigt mich bereits einige Wochen. Ihr Sportkonzept ist eine Mischung aus High Intensity Training und Yoga. Der große Vorteil? Man kann immer und überall einfach mal loslegen und das ohne große Vorbereitung oder der Präsenz zahlreicher Geräte. Möglichkeiten gibt viele. Es werden in dem Buch insgesamt 6 Workouts im Rahmen von 20 - 45 Minuten plus Aufwärmung vorgestellt. So ist man recht flexibel, fühlt sich eigentlich immer gefordert und hat mit der richtigen Musik auch immer Spaß.

Vom Aufbau ist das Buch recht klassisch. Nach einem kurzen Vorwort folgt eine Selbstvorstellung sowie eine Erklärung des von ihnen entwickelten Fitnesskonzepts, welches zur ganzheitlichen Fitness führen soll. Sie erklären die Vorteile aus Kombination aus Yoga und High-Intensity-Intervall-Training und gehen bereits auf einige Übungen ein. Anschließend folgt der ausgedehnte Praxisteil mit der Aufwärmung und den einzelnen Workouts. An sich ist es super strukturiert und man bekommt beim Lesen auch gleich Lust einzelnes ausprobieren. Und genau das habe ich dann auch getan und festgestellt, dass ich bereits für die Aufwärmung einige Defizite habe. Dies hat mich dann wiederum angespornt weiter zu machen und so habe ich mich Schritt für Schritt rangetastet und gesteigert.

Ich finde es toll, dass der Fokus eben nicht auf einzelnen Kraftübungen ruht, sondern diese mit Atemübungen bzw. ruhige Bewegungen in die einzelnen Workouts integriert werden. Das schafft immer wieder eine Balance und so ist trotz Bewegung Zeit zum Verschnaufen. Yoga und vor allem auch die gezielte Atmung und damit auch bewusste, körpereigene Dehnung ist für den Körper wichtig und überbeansprucht in nicht gleichzeitig. Auch den vorherigen Exkurs in die Yoga-Philosophie für den Alltag, finde ich dabei sehr toll und habe Lust bekommen mich näher damit auseinanderzusetzen. Leider gibt's an dieser Stelle nur eine schriftliche Anleitungen und keine Bilder, was ich persönlich etwas schade finde. Auch im Anwendungsteil habe ich an einigen Stellen ein kleines Verständnisproblem bei dem mir die abgebildeten Stellungen nicht wirklich hilfreich erscheinen... kurze ergänzende Videos wären großartig, denn so hat man eher das Gefühl ständig etwas falsch zu machen oder ist generell zu schnell oder man lässt so wie ich einzelne Übungen einfach aus. Manchmal habe ich auch nach Zeitangaben gesucht und bin irgendwie in tausende Fragen abgedriftet. So habe ich nun am Ende ein für mich verständliches Workout zusammengestellt, bei dem ich einzelne Übungen gegen andere austauschen kann. Das ist nun vielleicht nicht ganz so effektiv wie von den beiden Profis gedacht, aber für mich momentan einfach eine sehr gute Trainingseinheit.

Von daher: Ein theoretisch tolles Buch mit einer sehr interessanten Grundidee, allerdings in der Praxis teilweise fraglich. So kann ich dann leider auch nicht mehr als drei Sterne vergeben.

Veröffentlicht am 27.09.2019

Wie Erwartungen unser Leben beeinflussen

Die 4 Happiness-Typen
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Kennt ihr das, dass ihr euch im Urlaub oder auch sonst ganz viele Dinge vornehmt und ihr trotz der vielen Freizeit so einfach zu überhaupt nichts gekommen seid? Oder wie ist es mit euren Vorsätzen? Funktioniert ...

Kennt ihr das, dass ihr euch im Urlaub oder auch sonst ganz viele Dinge vornehmt und ihr trotz der vielen Freizeit so einfach zu überhaupt nichts gekommen seid? Oder wie ist es mit euren Vorsätzen? Funktioniert der Wunsch etwas zu tun wirklich oder scheitert ihr ständig dran? So ähnlich erging es mir ehrlicher Weise ganz, ganz häufig. Pläne und Gedanken stehen und irgendwie scheitert es dann an der Motivation, oder dem fehlenden Druck oder dass Deadlines einfach noch so 'unendlich' lang wirken. Doch warum ist das so? Die Erklärung liegt in unserem Wesen bzw. in unserem Umgang mit inneren und äußeren Erwartungen. "Die 4 Happiness-Typen - Wie Erwartungen unsere Glücksfähigkeit prägen" von Gretchen Rubin beschäftigt sich nun genau mit diesem Thema. Mithilfe eines Testes mit über einer Million Teilnehmern hat sie insgesamt 4 verschiedene Grundverhaltensmuster erkannt, die uns und unsere Interaktion mit anderen optimal beschreiben. So gibt es Pflichterfüller, Hinterfrager, Teamplayer und die sogenannten Rebellen. Alle haben ihre Eigenarten und jeder eine total andere Arbeitsweise bzw. Erwartungen an sich selbst und andere.

Nach einem kurzen Selbsttest geht sie in ihrem Buch auf die verschiedenen Typen "Mensch" ein und erklärt, was jeden einzelnen charakterisiert oder anders gesagt, wie man jeden Typ verstehen und pflegen kann. So hangelt sie sich nun jeweils durch die Stärken und Schwächen, die möglichen Ausprägungen und Möglichkeiten der Motivation und Erwartungen der vier 'Arten' und erklärt, wie man mit ihnen optimal umgeht - sei es bei der Arbeit, in Partnerschaft, als Kind oder Patient. Der Schlüssel des ganzen ist nämlich, sich und seine Handlungen zu verstehen und vor allem auch mit anderen optimal zu agieren, um am Ende das bestmögliche herauszuholen bzw. die gegenseitigen Erwartungen zu erfüllen.

Um nun nicht auf jeden einzeln einzugehen bzw. das ganze Buch nur in anders zu erzählen, schildere ich nun meine Eindrücke. Zunächst fand ich den anfänglichen Test etwas plump, gar recht simpel und die Auswertung war irgendwie auch schon vorgegeben. Aus allen vier Ecken hatte ich ungefähr gleich viele Punkte, einzig der Teamplayer hatte ein Pünktchen mehr. Für mich eher verwunderlich, da ich dann doch sehr gerne den Sinn vieler Dinge hinterfrage oder auch mal nicht überall einfach so 'mitspiele'. Und doch, hatte sie irgendwie auch recht. Wahrscheinlich, so denke ich, wird sich eh jeder in jedem einzelnen Typ wiederfinden bzw. in verschiedenen Situationen auf verschiedene Eigenschaften zurückgreifen. Gretchen Rubin nennt es verschiedene Tendenzen innerhalb des Typs, aber irgendwie finde ich es nach wie vor etwas fraglich. Als Teamplayer benötige ich Termine, bzw. Menschen um mich herum, die Erwartungen stellen. Erwartungen daran, dass man sich in den nächsten Tagen meldet, wieder Sport macht, etwas abgeben soll oder über Zwischenstände spricht, ansonsten verläuft vieles eher im Sand, bevor es kurz vor knapp fertig werden muss. Und meine eigenen Ziele, wären dann sowieso etwas zurückgestellt. Beruhigend ist jedoch, dass ich damit nicht allein bin. Zur Gruppe der Teamplayer zählen etwa 41% der Bevölkerung und irgendwie ist die Vorstellung, dass wir alle im Team funktionieren ja schon irgendwie auch evolutionär erklärbar. Es läuft alles nur miteinander, in der Gruppe, mit Erwartungen an uns und andere. Die Ausreißer sind dann nämlich eher die Pflichterfüller und Rebellen. Sie wollen nämlich alle Erwartungen erfüllen bzw. verweigern sich ihnen. Da jedoch alle unterschiedliches erwarten und wollen, macht es das manchmal schwer und gerade deshalb sollten wir uns gegenseitig mehr verstehen.
Ob man dafür nun dieses Buch braucht oder nicht, lass ich einfach mal dahin gestellt. Jeder benötigt ja irgendwie andere Inputs und was für den einen keine Hilfe ist, ist für den anderen die Lebensweisheit schlechthin. Gretchen Rubin erklärt recht einfach und simpel, ihre Erkenntnisse. Zusätzliche Beispiele und Erlebnisse anderer unterstreichen reichlich ihre Beobachtungen und so versucht man dann auch, alle möglichen Bekannten einzuordnen. Und so macht es das dann zur netten Unterhaltung, vielleicht mit einem Mehrwert, vielleicht aber auch nicht.

Veröffentlicht am 27.09.2019

Zeig mir dein Innerstes und ich helfe dir wieder zu leben.

Durch deine Augen
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Wie wäre es, wenn man in das Bewusstsein anderer eintauchen und sich direkt mit den Gefühlen, Eindrücken und Bildern derjenigen auseinandersetzen könnte? Wäre dies eine Möglichkeit zu Traumapatienten einen ...

Wie wäre es, wenn man in das Bewusstsein anderer eintauchen und sich direkt mit den Gefühlen, Eindrücken und Bildern derjenigen auseinandersetzen könnte? Wäre dies eine Möglichkeit zu Traumapatienten einen neuen Zugriff zu bekommen und ihnen zu helfen ihre Ängste zu überwinden, Geschehnisse neu zu verarbeiten und sich verstanden zu fühlen? Genau dieser Frage oder besser gesagt diesem Ansatz geht Lisa in Peter Høegs Roman "Durch deine Augen" nach. Als Professorin ihrer eigenen Forschungseinrichtung hat sie eine neuartige Möglichkeit gefunden mittels Hologrammen und Scans die Gefühls- und Gedankenwelt ihrer Patienten erlebbar zu machen.
Auch Peter hat von dieser neuen Therapiemethode gehört und nimmt zu Lisa Kontakt auf. Sein Bruder hat versucht Selbstmord zu begehen und befindet sich nun stationär in einer psychiatrischen Klinik. Peter möchte ihm helfen, wieder zurück ins Leben zu finden, doch dies ist leichter gesagt als getan. Die drei kennen sich sogar schon aus dem Kindergarten. Doch dies ist Lisa gar nicht im Gedächtnis geblieben, denn aufgrund eines schrecklichen Unfalls hat ihr Bewusstsein beinahe all ihre Erinnerungen bis zu ihrem 7. Lebensjahr gelöscht. Durch die Therapie kommen sie sich näher und erzählen sich Geschichten aus Kindertagen. Anscheinend hatte Lisa schon früher das Talent in Träume anderer einzudringen und damit auch ein Stück weit die Zukunft zu beeinflussen... Doch die Frage bleibt: Was ist eigentlich noch Erinnerung, was Erzählung und vor allem was ist die wirkliche Wahrheit?

"Durch deine Augen" ist für mich mal wieder ein Roman, der zahlreiche Denkanstöße liefert. Auch wenn es für heutige Verhältnisse noch etwas verrückt klingt in andere Menschen einzutauchen und mittels einfachen Helmen miteinander verbunden zu werden, so ist bereits die Vorstellung recht imposant. Und die Beziehung zwischen eigentlich Fremden würde so aufs Innerste hinausgehen. Was wäre alles möglich? Und vor allem wie würden die Erkenntnisse, darüber wie intensiv der andere wirklich fühlt, ausfallen?

Eher ruhig und sachlich schafft Peter Høeg es den Leser an dieses Gedankenexperiment heranzuführen. Dabei schafft er zwei 'Behandlungsräume' in verschiedenen Zeitebenen. Während in der gegenwärtigen Situation hauptsächlich die Beziehung und Therapiemöglichkeit einzelner traumatisierter Patienten aufgezeigt werden, spielt sich in den Erinnerungen bzw. den Rückblenden in die Kindheit der Protagonisten hauptsächlich die Frage nach der Beeinflussung der Zukunft ab. So wie im echten Leben, bergen die einzelnen Therapiesitzungen jeweils sehr aufwühlende Ereignisse über die Høeg ohne in Absurditäten abzudriften ganz klar und unverblümt erzählt. So entsteht dann auch insgesamt ein fiktives und dennoch so kluges und real mögliches Bild, welches ich wirklich gerne entdeckt habe. Ich kann zwar nicht sagen, dass es für mich ein absolutes Highlight mit Wow-Effekt war, aber dieser Roman hat mich wirklich gut und vor allem auch gedanklich unterhalten.