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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.08.2017

mehr als nur ein Krimi

Ein angesehener Mann
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"I sat back on the bed and, not for the first time, questioned what I was doing out here, in this country where the natives despised you and climate drove you mad and the water could kill you. And not ...

"I sat back on the bed and, not for the first time, questioned what I was doing out here, in this country where the natives despised you and climate drove you mad and the water could kill you. And not just the water, pretty much everything out here seemed designed to kill an Englishman..."

A RISING MAN - ein Buch, welches mich ab der ersten Seite nicht mehr losgelassen hat. Diese Geschichte spielt im alten Calcutta, Indien in der Zeit um 1919, als der frisch versetzte Sam Wyndham dort auf seinen ersten Fall stößt.

Der Krimi als solches hat einen recht standardmäßigen Ablauf - ein mysteriöser Mord, die Ermittlungen folgen, Zeugenbefragungen, eine Festnahme, es war der Falsche und am Ende ist es dann doch jemand aus dem näheren Umfeld, mit dem man nicht unbedingt gerechnet hatte. Abir Mukherjee schafft es jedoch den Leser mit dieser Geschichte vollkommen zu fesseln und in die damalige Zeit eintauchen zu lassen. Hinzu kommen die verschiedenen Charaktere, die diese Geschichte so emotional aufgeladen und greifbar machen. Es ist nicht nur ein einfacher Krimi, es ist die Mischung aus historischen Fakten, gesellschaftlichen Konflikten, faszinierenden Charakteren, Verstrickungen, Spannung und Humor, die dieses Buch für mich zu einem absolut großartigen Kriminalroman und Auftakt einer Serie machen. Im englischen Original ein absoluter Lesetipp - auch für Nicht-Krimifans (wie mich) geeignet.

Veröffentlicht am 26.08.2017

Du solltest mehr Welt hineinlassen

Was man von hier aus sehen kann
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Ich hatte ja bereits - dank zahlreicher begeisterter Rezensionen - meine Erwartungen an dieses Buch recht hoch angeschraubt, aber Mariana Leky hat mit ihrem Roman diese eindeutig mehr als übertroffen. ...

Ich hatte ja bereits - dank zahlreicher begeisterter Rezensionen - meine Erwartungen an dieses Buch recht hoch angeschraubt, aber Mariana Leky hat mit ihrem Roman diese eindeutig mehr als übertroffen. Bereits der Prolog zeigt, dass es sich hierbei um ein literarisches Highlight dieses Jahres handelt. Es ist ein nahezu perfektes Konglomerat aus Überraschungen, Unterhaltung, Weisheiten, Witz, Liebe und Trauer gepaart mit reichlichen Situationen, die man auch in seinem eigenen Leben wiederfindet - sei es der rasende Buschfunk innerhalb des Dorfes, die Eigenarten und schrulligen Macken einzelner Hauptfiguren, die Begeisterung für den Buddhismus oder andere Länder und Ängste über seine eigenen Schatten zu springen. Diese Geschichte zeigt uns, dass man sich die Abenteuer für die man gemacht ist nicht immer aussuchen kann und Veränderungen manchmal auch ganz plötzlich und ohne Worte geschehen, doch alles am Ende irgendwie auch gut läuft, sofern man es sich auch eingesteht. Ohne zu viel vorweg zu nehmen ist Was man von hier aus sehen kann einfach eine Bereicherung für jedes Bücherregal und ein Buch welches auch noch langfristig beschäftigen wird - zumindest ist mein Kopf auch noch nach Stunden voller Gedanken und irgendwie doch ganz leer.

Veröffentlicht am 26.08.2017

Vergangenheit kann eine Stütze sein, aber auch alles gefährden

Das Glück meines Bruders
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Für das Buch "Das Glück meines Bruders" bewundere ich Stefan Ferdinand Etgeton sehr. Er schafft es aus der Darstellung einer Familiengeschichte ein tragisches, philosophisches, gesellschaftskritisches, ...


Für das Buch "Das Glück meines Bruders" bewundere ich Stefan Ferdinand Etgeton sehr. Er schafft es aus der Darstellung einer Familiengeschichte ein tragisches, philosophisches, gesellschaftskritisches, poetisches und mitreißendes Gesamtwerk zu machen. Eigentlich geht es um die Geschichte zweier Brüder. Zweier Brüder, die mit einem Ausflug in das Dorf ihrer Großeltern ihre Vergangenheit und nicht einfache Kindheit endgültig abschließen wollen, bevor das ganze Dorf dem Erdboden gleichgemacht wird. Zum einen handelt es von Arno, dem älteren Bruder, der aufgrund traumatischer Ereignisse und darauf folgende Abstürze etwas zurückgeblieben ist, seine Vergangenheit einfach nur auslöschen will und Halt in seinem Leben sucht. Zum anderen von Betho, der immer irgendwie der Reifere war und sich an seine Vergangenheit klammert. Niemand hätte gedacht, dass nach dieser Reise , Bethos Welt komplett zusammenbricht und in einer Art Sinnfrage des Lebens endet und Arno gar der Glücklichere von beiden wird.


Hierzu möchte ich gerne ein Zitat des Buches wiedergeben, welches das Gesamtbild dann doch sehr gut umfasst:
"Da war die Schaukel. Die Schaukel, die Kindern eine Idee von Grenzenlosiigkeit geben kann, auf der man versuchen kann, zu entkommen und wegzufliegen in einer andere Galaxie, in eine neue Freiheit: Ein bisschen mehr Schwung, noch ein bisschen mehr Schwung, dann schafft man es. Man muss versuchen, sich mit Armen und Beinen, dem ganzen Leib kräftiger reinzulegen in die fallende Schaukel und dann hochzuschwingen und alles aus der Verankerung zu reißen und raus in den Himmel! Bewegung, Kraft, Kraft! Aber am Ende fliegt doch niemand mitsamt der Schaukel hinaus ins Irgendwo. Alle sinken immer wieder zur Erde zurück, werden auf den Grund zurückgeholt, und selbst der nächste Versuch und der übbernächste, sie alle bleiben erfolglos. Man kann diese Welt nicht hinter sich lassen, zumindest nicht auf einer Schaukel sitzend."


Obwohl es sich um ein, wie ich finde, großartiges Buch handelt, gibt es meinerseits auch ein paar kritische Anmerkungen. Die sehr verschachtelten und langen Sätze machen es an einigen Stellen recht schwer dem nicht enden wollendem Gedankenstrang zu folgen, sodass man sich teilweise recht intensiv mit dem Gelesenem auseinandersetzen muss. Der Spannungsbogen konzentriert sich hauptsächlich auf die mittleren Kapitel. Nach der eigentlichen Wendung ebbt die Spannung rasant ab und wir befinden uns einzig und allein in der Sinnfrage.

Veröffentlicht am 26.08.2017

Ein sehr leiser, aber ergreifender Roman

Ein Leben mehr
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"Ein Leben mehr" ist ein sehr ruhiger Roman, der auch ohne viel Tamtam sehr viel Aussagekraft besitzt. Es geht im Grunde um recht verschrobene Charaktere, die ihr restliches Leben in der Abgeschiedenheit ...

"Ein Leben mehr" ist ein sehr ruhiger Roman, der auch ohne viel Tamtam sehr viel Aussagekraft besitzt. Es geht im Grunde um recht verschrobene Charaktere, die ihr restliches Leben in der Abgeschiedenheit als Einsiedler verbringen wollen. Eine Fotografin ist auf der Suche nach Überlebenden des großen Brandes um diese zu porträtieren und die Puzzleteile einzelner Erzählungen zusammenzufügen. Bei ihrer Suche stößt sie im Wald auf diese kleine, abgeschottete Gemeinschaft. Als sie dann die Tante eines der Männer bei sich aufnehmen passiert etwas sehr rührendes und anmutiges. Marie-Desneige, die ihr ganzes Leben in einem Heim verbrachte, bekommt nun von Ihnen ein ganz neues Leben geschenkt.

Nach einem recht langatmigen Einstieg durch und durch ein sehr ergreifender Roman, der mit Vergänglichkeit und Erinnerungen endet - oder auch gerade erst anfängt. Ich hatte Gänsehaut.

"Hier ruht eine alte Frau mit ihren Hoffnungen und Träumen, sagte die Erde. Ihr Leben passte in ein einziges Jahr, der Rest war unwichtig, den Rest nahm sie nicht mit ins Grab, und an ihrer Seite ruht ihr Gefährte. Er liebte sie, wie man einen Vogel liebt, einen seltenen Vogel, der dir von weit her zugeflogen ist und der sich in deiner Hand ein Nest gebaut hat."