Mein zweiter Versuch einer "Zusammenkunft"
ZusammenkunftVor einer Weile habe ich schon einmal Natasha Browns "Assembly" begonnen zu lesen, aber irgendwie packte mich dieser Roman so gar nicht. Zu sehr störte mich das Fragmentarische, die Sprünge zwischen einzelnen ...
Vor einer Weile habe ich schon einmal Natasha Browns "Assembly" begonnen zu lesen, aber irgendwie packte mich dieser Roman so gar nicht. Zu sehr störte mich das Fragmentarische, die Sprünge zwischen einzelnen Themen und Szenen und ich verlor schnell das Interesse. Und das eigentlich gar nicht mal aufgrund des Inhalts, denn Natasha Brown zeigt hier sehr eindrucksvoll, welchen Herausforderungen sich PoC in der heutigen Zeit stellen müssen, wie sie stets beäugt, befragt, rassistisch angegangen werden. Aber ich konnte einfach keine Nähe zur Protagonistin aufbauen und vieles plätscherte dann nur dahin, verwirrte mich und meine Englischkenntnisse stießen an ihre Grenzen (zumindest dachte ich das). Daher war ich nun auch ganz froh, dass . "Assembly" vor einer Weile auf Deutsch in der Übersetzung von Jackie Thomae erschienen ist und so wollte ich "Zusammenkunft" eine erneute Chance geben, und mich dem Leben der Protagonistin nähern. Diese nimmt die Leserinnen mit in ihren Alltag, zwischen Arbeit, Familie, Aufopferung, Aufstieg und tief verankertem Fallen. Die toxische Vergangenheit, Rassismus, Anfeindungen, Abwertungen holen viele PoC und auch sie ständig ein. Und dann sehen sie sich, neben all ihren anderen Problemen, ständig damit konfrontiert. Es ist ein Roman zwischen Aufklärung und bekanntem Schubladendenken, der deutlich die Unterschiede zwischen Klassen, Arbeit, Werten, Geschlechtern, Herkunft und Besitz darstellt. Und das, obwohl wir Menschen ja alle immer so tolerant und weltoffen sind. Das ist teilweise schon sehr bedrückend und erschreckend.
Was heißt es dazuzugehören und gefühlt doch nicht dazugehören, nie so akzeptiert zu sein wie 'die anderen'... man mag es sich gar nicht so genau vorstellen und doch erleben das tagtäglich viel zu viele Menschen in der Welt und eben auch die Protagonistin in England.
"Ich habe mein Leben immer nach dem Prinzip gelebt, dass ich, wann immer mir ein Problem begegnet, dann arbeiten muss, eine Handlung zu finden, um es zu überwinden; oder Platz dafür zu schaffen; oder einen Weg außen herum zu schlagen; oder sogar den Boden darunter abzutragen. So wurde ich aufs Leben vorbereitet. So bereiten wir uns selbst vor, das bringen wir unseren Kindern bei, um an diesen Ort heranzugehen, an dem Hindernis auf Hindernis folgt. Arbeite doppelt so hart. Sei doppelt so gut. Und immer, pass dich an."
Dieses Buch ist voll von Augenöffnern, erschreckenden Aussagen oder auch Begegnungen. Also dafür schätze ich diesen Roman wirklich sehr und ich habe mal wieder die Lage der PoC in dieser weißgeprägten Welt kennenlernen müssen, verstanden, aktiv durchdacht und hoffe nun sensibler an eben jene Themen heranzutreten. Es ist ein erschreckender Spiegel und doch wünschte ich mir für einen Roman, dass alles zusammenhängender, packender und wahrscheinlich auch durchrüttelnder erzählt werden würde. Ich hadere, es ist keine wirkliche Leseempfehlung von mir und doch würde ich sagen, dass es ein wichtiges Buch ist, dass man als Weißer mal gelesen haben sollte. Doch, doch.