emotional, aufwühlend, gedanklich düster, bewegend
Wie die Stille vor dem Fall. Erstes BuchEs ist zwar der zweite Band der Chances-Reihe, meine Rezension enthält aber keine Spoiler in Bezug auf den ersten Band „Wie die Ruhe vor dem Sturm“ da es hier um zwei andere Figuren geht. Man könnte Band ...
Es ist zwar der zweite Band der Chances-Reihe, meine Rezension enthält aber keine Spoiler in Bezug auf den ersten Band „Wie die Ruhe vor dem Sturm“ da es hier um zwei andere Figuren geht. Man könnte Band zwei ohne Vorwissen lesen.
Sie hassen einander, gehen sich aus dem Weg und haben kaum einen Blick füreinander übrig. Auch wenn manche nicht mal erklären könnten, warum das so ist, so weiß doch die gesamte Highschool, dass Landon und Shay sich eben einfach nicht ausstehen können. Erst eine dumme Wette auf einer Party führt dazu, dass die beiden sich miteinander beschäftigen müssen. Wer wird sich wohl zuerst in wen verlieben? Kann Landon wirklich jede Frau haben, die er will oder ist Shays Willen stärker oder ihre Anziehung? Was als „Spiel“ beginnt, geht schnell viel tiefer und richtig unter die Haut. Zeig mir deine Narben und ich sag dir, wer du bist…
Dieses Buch war einfach… intensiv. Es war so bewegend, herzzerreißend, aufwühlend, streckenweise sehr düster, was die Gedanken der Protagonisten betraf, es steckt voller schwieriger Themen, Sorgen, Ängste und trotzdem so voller Herz, Wärme und wundervoller Augenblicke.
Der gefühlvolle Schreibstil hat mich von Beginn an wieder mitgenommen und bis zum Schluss nicht wieder losgelassen. Ich habe schon einige Bücher der Autorin gelesen, aber dieses war noch einmal besonders und für mich noch deutlich intensiver, als andere. Einen Teil dazu beigetragen hat auf jeden Fall die sehr ehrliche und authentische Einarbeitung des Themas „Depressionen“. Durch die sehr eindrücklichen Einblicke in die düstere, teils verzweifelte Gedankenwelt und die Endlosspiralen an negativen Empfindungen wurde das Buch an vielen Stellen sehr ernst und aufwühlend, aber auch noch mal ehrlicher und echter. Man konnte mit der Figur mitfühlen und sich in sie hineinversetzen. Und ich mochte auch den Umgang an sich mit dem Thema. Den Wunsch es zu verstecken und zu verdrängen und nach außen hin stark zu bleiben, aber auch das Verlangen danach zeigen zu können, wie es wirklich ist, jemandem seine Narben zu präsentieren, seine Dämonen zu zeigen und trotzdem nicht schief angesehen zu werden. Es ist ein sehr schwieriges Thema und nichts, was man einfach mal von heute auf morgen bearbeitet und abgeschüttelt bekommt. Das wird in der Geschichte immer wieder deutlich und sehr einfühlsam aufgearbeitet.
Aber auch darüber hinaus enthält das Buch sehr viel Gefühl und tolle Entwicklungen bei den Charakteren und vor allem auch bei ihrem Umgang miteinander. Aus ihrer „schau-mich-nicht-an-ich-hasse-dich“-Einstellung wurde etwas sehr viel schöneres, wertvolleres und etwas, womit die beiden selbst wohl am wenigsten gerechnet hätten. Als sie zulassen, dass sie hinter die Mauern des anderen schauen, entdecken sie, dass der Schein eben manchmal wirklich nur ein Schein ist und daher viel mehr „Schwächen“ und „Unperfektheit“ lauert, als man dachte.
Shay ist eine hübsche, beliebte und gutmütige Protagonistin. Ihr scheint alles zu zufliegen, ihr Leben macht nach außen hin einen ziemlich stabilen und perfekten Eindruck. Sie ist gern für andere da und hilft, wo sie kann. Sie geht ihrer Leidenschaft nach und verfasst Drehbuchmanuskripte, arbeitet ausdauernd, damit sie immer besser wird und ihre Ziele erreichen kann. Aber auch hinter ihrer fröhlichen und unbekümmerten Fassade lauern Ängste und Probleme, die sie eben nur nicht nach außen trägt. In ihrer Familie läuft längst nicht alles rund und umso weiter das Buch voranschreitet, umso deutlich wird, wie viele Schatten dort wirklich lauern. Aber Shay überlegt sich eben gut, wem sie Einblick gewährt und wem nicht und ich hatte oft auch den Eindruck, dass ihre positive Art ihr selbst dabei hilft, stark zu bleiben und den Kopf hoch zu halten. Für mich war es nicht gänzlich aufgesetzt oder gespielt, sie ist wirklich gern für andere da und hat eine tolle Art, hinter die Masken von anderen zu schauen, sie zu halten, wenn sie sie brauchen und Kraft zu geben. Das gehört genauso zu Shays Wesen, wie die Wut und die Angst, die durch die Ereignisse in ihrer Familie ausgelöst werden und die Zweifel, die auch sie begleiten.
Landon hat an seiner Schule ein ziemliches Bad Boy Image, das er auch gern aufrechterhält. Wenn man cool und unantastbar wirkt, dann schaut auch niemand so genau hin, wie es ihm wirklich geht. Seine Kontakte zu Drogen und seine Vorliebe für Partys sind keine Geheimnisse, allerdings ist es auch nicht unbedingt das, was Landon wirklich ausmacht. Nur seine engsten Freunde haben überhaupt eine Vorstellung davon, wie es in ihm aussieht und was sein Leben so auf den Kopf stellt. Seine Eltern sind selten da und zeigen teilweise auch nur wenig Interesse an seinem Leben, da hilft es auch nicht, dass er in einem luxuriösen Haus wohnt, denn Geld allein macht eben einfach nicht glücklich. Hinter seinen sehr hohen Mauern wartet ein oft trauriger, junger Mann, der viel Dunkelheit in sich trägt und sich manchmal selbst dafür hasst, dass es so ist und es doch nicht einfach so abstellen kann. Nie hätte Landon erwartet, dass ausgerechnet Shay jemand sein könnte, dem er sich offenbart und bei der er zulässt, dass sie hinter seine Masken schaut. Allerdings gelingt es ihr wirklich gut, zu sehen, was niemand sonst sehen kann oder nicht sehen will
Durch die zwei Ich-Perspektiven bekommt man sehr intensive und detaillierte Einblicke in die Gefühls- und Gedankenwelten der beiden Protagonisten und kann hautnah miterleben, was sich bei ihnen alles verändert, wie sie innerlich weicher werden, wie ihr strahlen langsam mehr nach außen tritt, obwohl sie sich auf gewisse Weise auch dagegen wehren, schließlich hassen sie sich ja – dachten sie.
Es ist im Buch jedoch nicht nur traurig und aufwühlend, es gibt auch Passagen, in denen es fröhlicher zugeht und man mit den Figuren lachen kann oder über sie. Die beiden ärgern sich, provozieren einander und tanzen teilweise ziemlich geschickt umeinander herum. Das resultiert zu einem gewissen Teil aus der Wette, die sie überhaupt dazu gebracht hat, sich miteinander abzugeben, aber auch daraus, dass es ihnen Freude zu machen scheint, einander aufzuziehen und so gleichzeitig noch mehr über den anderen zu erfahren. Auch wenn die Nebencharaktere neben den beiden starken Protagonisten etwas in den Hintergrund rücken, so spielen sie doch an einigen Stellen eine wichtige Rolle und sorgen teilweise auch für Momente zum Schmunzeln, aber auch für neue Schwierigkeiten.
Dass aus der Abneigung von Shay und Landon füreinander etwas anderes entstehen könnte, war zwar vielleicht nicht unbedingt überraschend, aber der Weg dahin war auf jeden Fall besonders und sehr gefühlvoll. Da ist viel Schmerz und Dunkelheit, das Buch ist alles andere als locker-leichte Lektüre. Mir ging es sehr unter die Haut und es wirkt auch hinterher noch nach. Und trotzdem empfand ich es einfach als eine wundervolle Lektüre, da zwischen den Buchseiten eben nicht nur Leid und Trauer, sondern auch so viel Freundschaft, Liebe und Zuneigung steckt
Dass die Geschichte der beiden hier noch nicht zu Ende ist, weiß man aus dem ersten Band der Reihe „Wie die Ruhe vor dem Sturm“. Insgesamt hat der erste Teil einem aber von ihrem ganz persönlichen Weg nicht viel vorweg genommen, da man dort ja zwei andere Protagonisten hatten, die im Vordergrund standen und es zwar ein paar Ereignisse gibt, bei denen sich die Wege kreuzen, es insgesamt aber schon getrennt voneinander abläuft und ein großer Teil des Buches zu einer Zeit spielt, die die Figuren in „Wie die Stille vor dem Fall. Erstes Buch“ noch nicht erreicht haben. Ich bin sehr gespannt darauf zu erfahren, wie der emotionale Weg zwischen Landon und Shay weitergehen wird.
Fazit
Ein extrem gefühlvolles, sehr aufwühlendes, stellenweise gedanklich düsteres Buch, das mir richtig unter die Haut ging. Landon und Shay sind zwei tolle Protagonisten, die beide ihr Päckchen zu tragen haben, auch wenn es nach außen nicht immer so wirkt. Ihr Umgang miteinander hat mir gefallen, besonders als es intensiver und einfühlsamer wurde. Die beiden wirkten auf mich sehr authentisch und damit auch greifbar. Die Geschichte enthält einige schwierige Themen und war dadurch noch viel ernster und tiefgehender, als ich es vermutet hätte.