Angenehmes Hörerlebnis über starke Frauen in der Vergangenheit und Gegenwart
Der Faden der VergangenheitMelody zieht als Staatsanwältin von London nach Stockmill in ein altes Haus, welches aus ihrem Familien besitz stammt: Abigail’s Place. Abigail ist eine Vorfahrin von Melody. Melody lernt dort außerdem ...
Melody zieht als Staatsanwältin von London nach Stockmill in ein altes Haus, welches aus ihrem Familien besitz stammt: Abigail’s Place. Abigail ist eine Vorfahrin von Melody. Melody lernt dort außerdem Dan kennen, dessen Vorfahr Oliver in der Vergangenheit Abigail kannte. Dan und Melody finden in Abigail’s Place die alten Tagebücher von Abigail und beginnen diese zu durchforsten und zu lesen. Somit eröffnet sich ein besonderer Blickwinkel in die Welt von Fabrikanten im Jahr 1840. Die Geschichten von Melody und Abigail gehören genauso zusammen, wie die von Dan und Oliver und der sogenannte Faden zieht sich durch das gesamte Buch.
Der Roman stammt aus der Feder von Felicity Whitmore und ist der Auftakt für ihre neue Trilogie. Bis jetzt kannte ich die Autorin noch nicht. In diesem Buch begegnet dem Leser bzw. in diesem Fall Hörer eine Geschichte auf 2 Zeitebenen, jene in der Vergangenheit und die aktuelle der Gegenwart. Auf sehr detaillierte Weise erfährt man so einiges über die Industrialisierung und die damaligen, schrecklichen Verhältnisse der Fabrikarbeiter in England aber auch über die feine Gesellschaft, in der sich die Fabrikanten bewegt haben. Natürlich geht es auch um Familienbande. Obwohl ich eher ein Vielleser (und vor allem Schnellleser) als ein Vielhörer bin, hat mich die Gesamtgeschichte sehr begeistert und ich habe mich auf das Abenteuer Hörbuch eingelassen. Die Sprecherin Hannah Baus macht ihre Sache sehr gut und es macht Spaß ihrer angenehmen Stimme zu zuhören. Sie vermag es auch für die unterschiedlichen Charaktere den richtigen Ton zu treffen. Man kann sich als Hörer sehr gut in die verschiedenen Zeitebenen hineinversetzen und hat sofort gewisse Dinge bildlich vor dem Auge. Dabei insbesondere bemerkenswert ist wohl die Figur der Abigail, die für damalige Verhältnisse eine sehr starke und aufgeweckte Persönlichkeit war, die für „ihre“ Arbeiter vieles verbessern und erneuern wollte und die vom Elend in der Bevölkerung beschämt ist. Eine ebenso charakterstarke Persönlichkeit ist aber auch Melody, die für heutige Verhältnisse sich ebenso behaupten kann zwischen Kindern, Ehemann und erfolgreicher Karriere. Gut gefallen hat mir weiterhin, dass die Geschichte zum Glück nicht vorhersehbar ist. Es ergeben sich doch immer wieder neue Erzählpfade und manches ergibt sich anders, als zunächst angenommen. Ich mag es, wenn ich überrascht werden konnte.
Meine Kritik: Da die Kapitel recht lang sind, sind auch die Hörbuchabschnitte sehr lang und es fällt schwer einerseits eine vernünftige Pause einzulegen und andererseits sich entsprechend zu konzentrieren. Mir wäre die Konzentration beim Lesen persönlich wohl leichter gefallen, da zwischenzeitlich doch so einiges auf den Hörer einstürmt, was man sich ohne Notizen gar nicht alles merken kann (im Buch könnte man auch mal zurückblättern). Deshalb meine ich, dass bei einem solchen längeren und historischen Roman eine kurzweiligere Kapitelaufteilung wohl besser wäre. Außerdem- oder gerade trotz stimmiger Gesamtgeschichte- wirken die Charaktere bisweilen etwas hölzern und nicht richtig greifbar. Manchmal bin ich nicht richtig mit ihnen warm geworden bzw. war auch etwas hin und her gerissen, ob ich sie nun mögen soll oder nicht.
Mein Fazit: Dennoch, ist es sehr stimmiger Roman mit vielen historischen Einflechtungen, der mich begeistert hat und ich würde gerne wissen, wie es sich weiterentwickeln würde. Auch die Hörbuchausführung ist super und hat mir viel Spaß gemacht. Deshalb vergebe ich 4 von 5 Sternen.