Spannung mit historischen Fakten
Der König und der UhrmacherSchon seit vielen Jahren verstaubt die sagenumworbene 200 Jahre alte Uhr des Schweizer Meisters Isaak Habrecht in einem Lager in Schloss Christiansborg in Kopenhagen. Viele Uhrmacher hatten versucht, sie ...
Schon seit vielen Jahren verstaubt die sagenumworbene 200 Jahre alte Uhr des Schweizer Meisters Isaak Habrecht in einem Lager in Schloss Christiansborg in Kopenhagen. Viele Uhrmacher hatten versucht, sie zu reparieren und sind gescheitert, das Uhrwerk sei zu komplex. Doch dann kommt eines Tages Jón in den Palast, eigentlich wegen eines ganz anderen Auftrags, aber auch er hat von der Uhr während seiner Ausbildung gehört, denn selbst sein Meister konnte das kunstvolle Stück nicht wieder zum Leben erwecken. Im Lagerraum findet Jón die Uhr völlig zerstört vor, viele Teile der Uhr fehlen oder wurden über die Jahre einfach verkauft und er fasst den Entschluss, sich dieser Mammutaufgabe anzunehmen.
Eines Tages taucht der König im Lagerraum auf und überrascht Jón bei seiner Arbeit im Kerzenschein. Der König ist erbost, wer denn bitte erlaubt hätte, dass er an der Uhr arbeite und vielleicht ist Jón auch nur ein gemeiner Dieb. Dennoch lässt er ihn gewähren, aber der König wünscht, mehr über Jóns Vater zu erfahren. Dabei stellt sich heraus, dass Jóns Vater unter der Herrschaft Fredrik V., des Königs Vater, wegen Unzucht und falscher Vaterschaft verurteilt und enthauptet wurde. Auch wenn Christian VII seinen Vater selbst alles andere als gerecht und anständig erlebt hat, so fand er diese Behauptung doch schlichtweg unverschämt. Aber er war auch neugierig … entweder soll Jón ihn von der Unschuld seines Vaters überzeugen oder der König lässt ihn wegen Hochverrats ins Gefängnis werfen.
Mein Eindruck:
Auch wenn wir hier die Geschichte praktisch vom Ende her aufrollen, so ist es Indriđason hier sehr gut gelungen, Spannung aufzubauen. Es gibt zwei Erzählebenen – der eine Teil spielt Ende des 18. Jahrhunderts in Kopenhagen, wo es zum einen um die Reparatur der Uhr geht, zum anderen um die Begegnungen zwischen Jón und dem König. Der andere Teil, in dem es um die Väter der beiden Männer geht, spielt viele Jahre früher in den Westfjorden auf Island. Ich persönlich bin sehr stark in die Geschichte über Jóns Vater eingetaucht. Indriđason hat eine solch kraftvolle Sprache, die nicht nur die harten und unerbittlichen Zeiten auf Island einfängt, sondern auch die Liebe, den Mut und die Hoffnung der Menschen, trotz aller Widrigkeiten immer weiter zu machen. Die Reparatur der Uhr trat für mich irgendwie in den Hintergrund. Aber auch die Szenen zwischen Jón und dem König waren absolut interessant zu lesen, vor allem die Entwicklung – steht der König doch rangmäßig über Jón so waren sie doch immer wieder mal auf Augenhöhe. Der Wechsel zwischen den Zeitsprüngen ist Indriđason sehr gut gelungen und die kurzen Kapitel lasen einen schnell vorankommen. Ich würde euch aber empfehlen, den tatsächlichen historischen Hintergrund nicht vor dem Buch zu recherchieren und somit etwas zu spoilern. Für mich war es dennoch spannend, auch wenn ich die historischen Fakten über Christian VII. zumindest im Groben kannte.
Mein Fazit:
Ein ganz wunderbares Buch über Liebe, Leidenschaft, Willkür und Herrschaft, eine mitreißende Geschichte und eine großartige Kombination aus Realität und Fiktion.
Indridason hat mit seinem ersten historischen Roman eine spannende Atmosphäre geschaffen und zwei Welten verknüpft, die unterschiedlicher nicht sein könnten; die einfachen, hart arbeitenden Menschen auf Island und das prunkvolle Königreich Dänemark, welches über den kleinen Inselstaat herrschte und aus der Ferne regierte.
Für mich ein absolutes Highlight und ich wurde mich freuen, wenn dies nicht der einzige historische Roman des Autors bleibt.