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Veröffentlicht am 21.03.2019

Die Freiheit der leibeigenen Frau

Der Report der Magd
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„Es gibt mehr als nur eine Form von Freiheit, sagte Tante Lydia, Freiheit zu und Freiheit von. In den Tagen der Anarchie war es Freiheit zu. Jetzt bekommt ihr die Freiheit von. Unterschätzt sie nicht.“


Inhalt


Desfred ...

„Es gibt mehr als nur eine Form von Freiheit, sagte Tante Lydia, Freiheit zu und Freiheit von. In den Tagen der Anarchie war es Freiheit zu. Jetzt bekommt ihr die Freiheit von. Unterschätzt sie nicht.“


Inhalt


Desfred trägt wie Ihresgleichen nur auffallend rote Kleider und einen Schutzschirm um ihren Kopf. Sie ist die Dienerin des Kommandanten und bekommt die ehrenvolle Aufgabe, ihm ein Kind zu schenken, denn Nachwuchs ist das Fundament, auf dem der totalitäre fiktive Staat Gilead aufgebaut ist. Alle Frauen bekommen innerhalb der Gesellschaft eine Rolle zugeteilt und erfüllen entsprechend dieser ihre Pflichten und nutzen ihre Rechte. Alternativen gibt es keine, denn entweder man gliedert sich ein oder wird verbannt bzw. hingerichtet. Desfred lebt nun mit der Frau des Kommandanten Serena Joy und seinen Dienstboten in einem Haushalt und wartet auf ihre Befruchtung, erfolgt in einem streng reglementierten Geschlechtsakt unter Anwesenheit der Ehefrau. Doch ungeachtet der Vergangenheit, in der sie einen eigenen Namen hatte, einen eigenen Mann und eine Tochter, fügt sie sich in ihr Schicksal. Doch die Männer, die nun an ihrer Seite sind, wollen ebenso wie sie ein bisschen mehr Freiheit als ihnen zugestanden wird. So unternimmt Desfred in Anwesenheit des Kommandanten verbotene Ausflüge in elitäre Clubs und trifft sich heimlich mit dem Dienstboten Nick, der ihr nun endlich ein Kind machen soll, welches sie an die Ehefrau Serena abgeben muss, die sich nichts sehnlicher wünscht als ein gesundes Baby.


Meinung


Dieser Roman aus der Feder der aus Kanada stammenden Autorin Margaret Atwood hat nach seinem Erscheinen 1985 bereits für Furore gesorgt und zählt mittlerweile schon zu den Klassikern, die man gelesen haben sollte. Die Autorin selbst bezeichnet ihren Roman als spekulative Fiktion, die durchaus irgendwann zur Realität werden könnte. Beeindruckend wird die Geschichte aber weniger auf Grund der geschilderten Handlungen in einem totalitären Staat, davon gibt es zahlreiche ebenso gute Ideen und schriftstellerische Umsetzungen, sondern durch die Reflexion der Protagonistin, die hier ganz klar ein Vorher-Nachher-Szenario aufzeichnet, dessen Handlungen und Folgen sich erst nach und nach für den Leser offenbaren.


Zunächst bin ich mit dem Erzählstil nicht so richtig warm geworden, weil man eben nur Bruchstücke aus der Vergangenheit und Gegenwart erfährt – ein für mich mühseliges Unterfangen, weil einerseits nicht viel passiert, andererseits aber sämtliche Voraussetzungen für den Aufbau der Republik in Nebensätzen verpackt sind. Dieses Vorgehen fand ich für den Lesefluss insgesamt nicht vorteilhaft, manches bleibt eher bruchstückhaft und wenig greifbar. Zwar erfährt man schlussendlich sämtliche Hintergründe, doch dafür muss man wirklich genau lesen und sich in den Staat Gilead „eindenken“. Der Wechsel zwischen den Voraussetzungen und dem täglichen Leben erfolgt dann wieder abrupt und etwas ungelenk.


Doch nachdem ich mich in die Geschichte eingelebt hatte, entfaltet sich ein schockierendes, umfassendes Bild über die Thematik der Unterdrückung, die Kunst der Akzeptanz, der Wille zu Überleben und ganz allgemein die Frage, in wie weit kann der Einzelne einen derartigen Überwachungsapparat unterwandern und ihn zu seinen Gunsten lenken. Letztlich ist es eben doch keine reine Dystopie, sondern hat viele Parallelen zur Realität, wenn auch nicht bis ins letzte Detail. Doch der Grundtenor der staatlichen Reglementierung, der Überwachung und des abgeschafften Rechtssystems ist sehr glaubwürdig und lebensecht beschrieben. Der bleibende Eindruck, den dieser Roman hinterlässt, basiert auch auf der starken Protagonistin Desfred, die letztlich alles verloren hat, was ihr wichtig war und die nun gezwungen ist, sich anzupassen, selbst wenn ihr Bewusstsein dafür enorm geschärft und aufmerksam geworden ist. Letztlich bleibt sie nur eine Marionette im großen Spiel, die alles ertragen muss und was noch viel schlimmer ist, sie ist nur eine von Tausenden.


Fazit


Ich vergebe 4 Lesesterne für eine schriftstellerische Leistung, die so vielschichtig und nahbar die Schrecken eines aus den Fugen geratenen Regimes vermittelt, dass man als Leser unweigerlich in den Bann des Geschehens gezogen wird. Ungeachtet der Tatsache, dass mich weder der Schreibstil noch die Lebensumstände der Personen wirklich gefangen genommen haben, so liegt der Mehrwert in den sich anschließenden Gedankengängen, die sich unweigerlich einstellen, wenn man versucht den Menschen hinter der Rolle wahrzunehmen. Die Faszination liegt hier im Detail, dort verbirgt sich auch eine tiefe Psychologie der menschlichen Seele, eine ungeahnte Milde gegenüber der Entwicklung und die verborgene Kraft im Herzen einer Frau. Wäre der Erzählstil geradliniger und die Zusammenhänge schneller greifbar gewesen, hätte ich sicherlich noch mehr Freude am Lesen gehabt, so schafft es dieses Buch für mich nicht ganz in die Top-Liga.

Veröffentlicht am 19.03.2019

Die Rache des Ikarus

Abendruh
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„Abendruh. Sie dachte an die dunklen Wälder, in denen die Weidenbäume mit blutigem Schmuck behängt waren. An ein Schloss, dessen Bewohner von den Geistern der Vergangenheit geplagt wurden und die alle ...

„Abendruh. Sie dachte an die dunklen Wälder, in denen die Weidenbäume mit blutigem Schmuck behängt waren. An ein Schloss, dessen Bewohner von den Geistern der Vergangenheit geplagt wurden und die alle im Schatten der Gewalt lebten.“


Inhalt


Das Internat Abendruh in Maine ist ein ganz besonderer Ort, denn alle Schüler und auch die Lehrer haben eine Gemeinsamkeit: sie sind den blutigen Schrecken von Mord und Totschlag im nächsten Familienkreis begegnet und wurden allesamt traumatisiert. Nun haben sie sich in die Abgeschiedenheit eines alten Schlosses zurückgezogen und versuchen nicht nur ihren Alltag zu meistern, sondern sich auch gegenseitig zu unterstützen. Drei Schüler jedoch haben unter den Sonderlingen noch eine weitere grausame Erfahrung gemacht: Sie selbst sind gleich zweimal dem Täter entkommen, zuerst bei der Ermordung der eigenen Eltern und schließlich bei der Hinrichtung ihrer Pflegefamilien. Irgendjemand scheint es ganz explizit auf Teddy, Claire und Will abgesehen zu haben. Allerdings stammen sie aus vollkommen verschiedenen Bundesstaaten, sind sich nie begegnet und haben auch keine gemeinsamen Bekannten.

Jane Rizzoli und Maura Isles sind dennoch davon überzeugt, dass diese Kinder hochgradig in Gefahr schweben, vor allem, weil sie ein möglicher Täter nun auf dem Präsentierteller vorgeführt bekommt - gemeinsam vereint an einer Schule. Als sich eine der Lehrerinnen aus dem Fenster stürzt und dabei ums Leben kommt, wird immer deutlicher wovor sich alle fürchten: Das Böse hat auch in Abendruh Einzug gehalten und wartet nur auf die günstige Gelegenheit, begonnene Taten zu vollenden.


Meinung


Auch in ihrem 10. Band der Rizzoli-Isles-Reihe verliert die amerikanische Bestsellerautorin Tess Gerritsen nicht an Unterhaltungswert und verdient sich das Prädikat gute Spannungsliteratur. Diesmal wählt sie für ihre Verbrechen als Schauplatz ein altes Schloss, welches als Schule für traumatisierte Jugendliche eingerichtet wurde. Tatsächlich geht es auch weniger um die Verbrechen der Gegenwart als vielmehr um eine ominöse Verbindung zwischen drei Familien, die angeblich keinerlei Berührungspunkte haben.

Die Schüler selbst wollen herausfinden, welche dunkle Macht sie bedroht und stellen eigene Recherchen an, denn ihre Akten bieten zu wenig Beweismaterial. Auf einem alten Foto entdecken sie schließlich eine mögliche Verbindung, die sie zurück nach Rom führt in eine Zeit, in der jeweils eines ihrer Elternteile auf einer gemeinsamen Party war. Doch nach wie vor fehlt das entscheidende Puzzleteilchen. Als einzige Überlebende ihrer Familientragödien wollen sie dem Spuk nun ein Ende bereiten, doch keiner von ihnen hätte gedacht, welche Ausmaße die Verfolgung annimmt. Auch Maura Isles und Jane Rizzoli erkennen viel zu spät, wer Freund und Feind ist …

Dieser Fall besticht weniger durch seine Hochspannung und auch die Tötungsdelikte selbst nehmen einen geringeren Stellenwert ein. Stattdessen konzentriert sich die Autorin auf die Vergangenheit dreier Schüler und zieht den Leser nach und nach in eine Geschichte voller Verrat, Betrug und Rachsucht hinein. Dabei kommt besonders die Verbindung zwischen „alten Bekannten“ und „neuen Gesichtern“ zur Geltung. Als Fan dieser Reihe fühlt man sich mittlerweile regelrecht heimisch mit den Protagonisten und auch mit den gut integrierten Randfiguren, die immer wieder auftauchen und deren Vergangenheit man ebenfalls schon kennt. Für mich ist dieser Teil der Reihe fast schon ein Heimspiel, ungeachtet der Tatsache, dass die Auflösung des Falls nicht unbedingt meinen Geschmack trifft und mit viel Effekthascherei daherkommt.

Ich glaube, diese Serie verfolge ich weniger wegen der Morde und ihrer Auflösung, sondern vielmehr, weil ich wissen will, wie sich die Dinge bei Rizzoli und Isles entwickeln. Meist verlieren lange Kriminalreihen ihren Glanz, weil das Privatleben der Ermittler förmlich in Endlosschleife wiederholt wird und manche Sätze stets ein zweites Mal auftauchen. Hier ist es anders, die Hintergrundgeschichte bleibt spannend und bekommt mit jedem neuen Band eine klitzekleine Wendung, die erst im nächsten Buch wieder aufgegriffen wird.


Fazit


Ich vergebe 4 Lesesterne für diesen soliden Spannungsroman, dessen Mehrwert für mich nicht im Detail liegt, sondern auf dem Fortgang der Gesamterzählung. Demnach empfehle ich ihn in erster Linie den Fans dieser Reihe, die bereits vorangegangene Fälle kennen und sich mit den Protagonisten identifizieren können. Ein altes, gruseliges Schloss als Handlungsort für das Böse und seine weitreichenden Tentakel hat aber auch was … selbst für Neulinge.

Veröffentlicht am 19.03.2019

Wo hast du nur mein Leben lang gesteckt?

Die einzige Geschichte
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„Wenn wir von einer neuen Beziehung hören, neigen wir alle dazu, sie in eine bereits bestehende Kategorie einzuordnen. Wir sehen das, was daran allgemein oder üblich ist; dagegen sehen – fühlen – die Beteiligten ...

„Wenn wir von einer neuen Beziehung hören, neigen wir alle dazu, sie in eine bereits bestehende Kategorie einzuordnen. Wir sehen das, was daran allgemein oder üblich ist; dagegen sehen – fühlen – die Beteiligten nur das, was anders und besonders ist.“


Inhalt


Paul Roberts erinnert sich an seine erste Liebe, die er im Tennisclub kennengelernt hat. Ihr Name war Susan und sie hatte 30 Jahre mehr Lebenserfahrung als er. Doch ungeachtet der Tatsache, dass sie verheiratet und Mutter zweier erwachsener Töchter ist, beginnen die beiden eine Affäre. Aber mehr noch, es ist nicht der Sex und das schnelle Abenteuer, was sie suchen, sondern die echte, aufrichtige Liebe. Als Susan nach zwei Jahren ihren Mann verlässt, um mit dem jungen Paul in eine eigene Wohnung zu ziehen, könnte man meinen sie haben es geschafft, allen Konventionen zu trotzen und sind nun frei und voller Leben, um sich auf die gemeinsame Partnerschaft zu freuen. Doch während Paul Jura studiert, sitzt Susan zu Hause und neben ihr die Flasche Alkohol, mit der sie sich betäubt …


Meinung


Paul muss schmerzlich erkennen, das der Feind seiner Liebe nicht die gesellschaftliche Ächtung ist und auch nicht der Bruch mit Freunden und Familie, sondern das die Gefahr im Inneren lauert und mit vernichtender Kraft ihre Wirkung zeigt – erst im Alter söhnt er sich mit all dem aus und erzählt sie hier, diese einmalige Geschichte seines Lebens, an die kein anderes Ereignis jemals herangereicht hat.

Auf dieses Buch aus der Feder des englischen Erfolgsautors Julian Barnes war ich sehr gespannt, zum einen weil ich bereits seinen Roman „Vom Ende einer Geschichte“ gelesen habe und zum anderen, weil mich die hier angedeutete Beziehung mit einem Paar, dessen Manko ein großer Altersunterschied ist, sofort und nachhaltig an meine eigene Geschichte erinnert hat. Zu gern wollte ich erfahren, was die Anforderungen dieser Beziehung über viele Jahre hinweg sind und wie die Protagonisten damit umgehen. Doch schon nach kurzer Zeit wird klar, dass sich der Autor auf ein ganz anderes Problem konzentriert und die Dramatik, die in der Tatsache zweier aufeinanderprallender Generationen liegt, bleibt dabei weitestgehend auf der Strecke. Meinen ursprünglichen Erwartungen entspricht dieses Buch deswegen nicht.

Trotzdem ist es eine aufrüttelnde, philosophische Geschichte über die Liebe, die Außenstehende nur schwer verstehen können und letztlich über das Leben selbst, denn Paul, nun mittlerweile ein reifer Mann erinnert sich an die Anfänge, an die Euphorie ebenso wie an den folgenden Schmerz, die Ohnmacht und die lebenslange Frage nach der Schuld und seinem Anteil daran.

Literarisch gliedert sich der Text in drei Teile, die sich wesentlich voneinander unterscheiden, indem zwar immer Paul der Erzähler ist, sich aber die Distanz zwischen ihm und seinem Leben mit Susan weiter manifestiert, indem er vom verbindenden „ich“ zum neutralen „du“ und letztlich zum resümierendem „er“ wechselt. Dadurch wird die Reifung des Protagonisten nachhaltig und beeindruckend sichtbar, vor allem für den Leser, der mit dem „jungen Paul“ nur wenig Gemeinsamkeiten hat aber auch für die, die den „alten Paul“ nicht recht verstehen. Es ist eine Aufarbeitung und ein Aussöhnen mit einem gelebten Leben und einer gescheiterten Liebe.

Inhaltlich scheut sich der Autor vor keiner Wahrheit, ganz im Gegenteil. Das Hinterfragende, die Suche nach der Wahrheit, die vielen Rückschläge und das ewige Auf und Ab der Geschichte bilden die Basis dieses Textes. Um daran Gefallen zu finden, muss man sich als Leser zurücknehmen, manches zweimal lesen und versuchen hinter der offenkundigen Entwicklung die tieferen Ursachen zu erkennen. Das macht diesen Roman aber ungemein einprägsam und sorgt dafür, dass man sich tief und nachhaltig mit dem Thema auseinandersetzt, die verschiedenen Möglichkeiten abwägt und seine eigenen Aspekte und Erfahrungen zu Rate zieht. Dieses Einbeziehen des Lesers in den fiktiven Text, macht eindeutig die Kunst eines guten Schriftstellers aus, ohne Wertung ohne Vorwurf und noch nicht einmal um Akzeptanz bittend erzählt Paul aus seinem Leben mit Susan und später ohne sie.

Susan selbst, die tragische Figur an Pauls Seite, wirkt nur durch seine Beschreibungen, mehr aus zweiter Hand als durch tatsächliches in Erscheinung treten. Trotzdem gelingt es ein ausgewogenes, differenziertes Bild auch von ihrer Person wahrzunehmen. Einer Frau, die unter einer jahrelangen, lieblosen, gewalttätigen Ehe gelitten hat und der es erst durch Paul möglich war, noch einmal, wenn auch nur kurz aus ihrer Lethargie zu erwachen. Und so stellt sie ihm die in Erinnerung gebliebene Frage, wo er nur ihr Lebtag lang gesteckt hat und das wiederrum nimmt man ihr ab. Wer sucht ihn nicht, den Partner, der alles zum Strahlen bringt mit seiner bloßen Anwesenheit?


Fazit


Ich vergebe gute 4 Lesesterne für diesen zeitgenössischen, belletristischen Roman, der jedem Leser die ganz persönliche Frage stellt, ob es besser ist, mehr zu lieben und damit auch mehr zu leiden oder ob es erträglicher scheint weniger zu lieben und damit weniger zu leiden. Melancholisch, stellenweise sehr traurig und letztlich versöhnlich erleben wir hier die Geschichte einer einmaligen Liebe, die ihre Spuren hinterlassen hat. Ich vergebe eine uneingeschränkte Leseempfehlung für alle, die gern hinter die Fassade schauen und sich mit den wichtigen Fragen des Lebens auseinandersetzen möchten. Ein intensives, prägendes Lesevergnügen, mit viel Raum zum Interpretieren. Ein Buch, bei dem man auch nach mehrmaligem Lesen immer noch etwas neues entdecken kann, nur nicht unbedingt die Antwort auf die Frage, warum ein 19-Jähriger und eine 48-Jährige miteinander ihr Glück versucht haben.

Veröffentlicht am 16.03.2019

Bauernsohn sucht Frau

Unter den Menschen
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„Ich habe nachgedacht“, sagt sie. “Vielleicht ist es am besten, wenn wir einfach nicht zu viel miteinander reden, denn bis jetzt hat es dann immer nur Ärger gegeben.“


Inhalt


Jan lebt nach dem frühen ...

„Ich habe nachgedacht“, sagt sie. “Vielleicht ist es am besten, wenn wir einfach nicht zu viel miteinander reden, denn bis jetzt hat es dann immer nur Ärger gegeben.“


Inhalt


Jan lebt nach dem frühen Tod seiner Eltern ganz allein auf dem Bauernhof direkt am Deich. Er bestellt das Land, versorgt die Tiere und bringt die Ernte ein, doch als der Winter kommt und die Arbeit ruht, beschließt er, nicht länger einsam auf seinem Hof an der Nordsee zu bleiben, sondern sich nach einer Frau umzuschauen. Die erste und einzige Frau, die er im Rahmen seiner Anzeige kennenlernt, ist Will. Eine temperamentvolle, entschlossene Frau, die sich auf die praktischen Dinge des Lebens konzentriert. Nur leider sucht Wil nicht die große Liebe, sondern in erster Linie ein Haus mit Meerblick, in dem sie so sein kann wie sie möchte. Ihre klar definierten Wünsche gleich nach dem ersten Kennenlernen faszinieren Jan ebenso, wie sie ihn abstoßen. Andererseits fragt er sich, was dagegen spricht, ob er nun mutterseelenallein am Küchentisch sitzt oder in Gegenwart einer Frau, die ihn zwar nicht liebt aber immerhin akzeptiert. Ihr Partnerschaftsabkommen ist ebenso ungewöhnlich, wie individuell, erfüllt aber genau den richtigen Zweck. Erst als Will erfährt, dass sie schwanger ist, wird die Sache kompliziert, doch mit Geduld und ausreichend Abstand, lässt sich so manches Ärgernis bewältigen …


Meinung


Der vorliegende Roman des niederländischen Schriftstellers und Radioproduzenten Mathijs Deen erschien bereits 1997, wurde aber 2016 in einer überarbeiteten Fassung wiederentdeckt. Der Ausgangspunkt seiner Geschichte sind zwei Menschen, die sehr unterschiedlich sind und eigentlich nicht sonderlich gut zueinander passen, am besten, wenn sie sich aus dem Weg gehen und möglichst wenig miteinander sprechen. Dennoch wagen sie es, gemeinsam eine Art Zweckgemeinschaft zu errichten, die auf Arbeitsteilung und Freiraum ausgerichtet ist und in der die Körperlichkeit auf die Befriedigung der sexuellen Bedürfnisse ausgerichtet zielt.

Trotzdem spürt der Leser auf feine und subtile Art, wie sehr sich die beiden Protagonisten nach einem Gegenüber sehnen, um ihre innere Einsamkeit zu überwinden. Und während Wil ihre Gedanken in Tagebuchaufzeichnungen festhält, die innere Zwiespältigkeit ausdrücken, äußert Jan seine durcheinandergeratenen Gefühle in Wutausbrüchen, bei denen er die Einrichtung zerstört. Aber auf jeden Streit folgt eine Versöhnung und eine geraume Zeit der gemeinsamen Leichtigkeit und partnerschaftlichen Freude.

Die Bausteine dieser Erzählung sind Sehnsüchte, Träume und Wunschvorstellungen, wie man das Leben angenehmer gestalten kann, ohne sich allein zu fühlen aber unter der Option sich mehr als genügend Freiraum zu erkämpfen. Eine Partnerschaft, die sich langsam wandelt und in der die Menschen erst nach und nach zueinander finden, weil es schlicht und einfach nicht ihrem Temperament entspricht, ihre Selbstständigkeit zu Gunsten eines anderen anzupassen und sich auf Kompromisse zu einigen.


Fazit


Ich vergebe 3 Lesesterne für diesen netten, sehr unterhaltsamen Roman über ein ungewöhnliches Paar und ihre erste gemeinsame Zeit. Sowohl die Landschaftsbeschreibungen als auch der atmosphärische Erzählstil haben mir ausgesprochen gut gefallen, selbst wenn die Verhaltensweisen und Entscheidungen der Protagonisten mich auf eine harte Probe gestellt haben.

Mir haben die verschrobenen Charakterzüge und die Aktionen von Will und Jan nach und nach immer weniger gefallen. Zu Beginn empfand ich es noch amüsant, während ich mich im Verlauf des Textes immer mehr vom Geschehen distanziert habe. Nicht nur, weil ich eine derartige Beziehung so schlecht nachvollziehen kann, nein auch weil mir das generelle Verständnis für beide gefehlt hat.

Leider konnte der Autor nicht den Knackpunkt treffen, den ich mir gewünscht habe, immer wieder zielt seine Erzählung auf die Handlungen ab und nur selten zeigt sich die tiefe Auseinandersetzung mit den inneren Ansichten. Deshalb ziehe ich nur ein mittelmäßiges Resumé: Unterhaltungsliteratur - ja, interessanter Plot – ja, Tiefgang und Emotionalität – nein. Mir bleibt es zu oberflächlich und damit irgendwie bedeutungslos, ein Buch, welches nicht allzu lange in Erinnerung bleiben wird.

Veröffentlicht am 05.03.2019

Im Körper einer Anderen

Kleine Schwester
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„Rose hatte noch nie geträumt, dass sie eine andere Person war. Oder in einer anderen Person drin. Ja, in ihr drin beschrieb das Gefühl, den Körper dieser Frau zu besuchen, statt ihn zu besitzen treffender.“


Inhalt


Rose ...

„Rose hatte noch nie geträumt, dass sie eine andere Person war. Oder in einer anderen Person drin. Ja, in ihr drin beschrieb das Gefühl, den Körper dieser Frau zu besuchen, statt ihn zu besitzen treffender.“


Inhalt


Rose erlebt ganz plötzlich ein paranormales Ereignis, dessen Einsetzen lediglich an heftige Gewittererscheinungen gekoppelt ist. Sie schlüpft für kurze Momente in den Körper einer gewissen Harriet Smith, die als Lektorin bei einem Buchverlag ganz in der Nähe angestellt ist. Dabei erlebt sie ein wahres Gefühlschaos, dem sie im normalen Leben eigentlich nicht ausgesetzt ist. Denn Harriet ist schwanger von einem Mann, der bereits verheiratet ist und seine Frau für die Affäre aus dem Büro nicht verlassen wird. Unbewusst nimmt Rose Einfluss auf die Gedankenwelt der Anderen die zunächst einen Selbstmordversuch unternimmt und sich dann für den Weg der Abtreibung entscheidet. Der Grund, warum Rose versucht der Fremden emotionalen, geistigen Beistand zu leisten, ist ein ganz besonderer, denn Harriet erinnert sie an die eigene kleine Schwester, die es zu beschützen gilt, selbst wenn das in der Realität nicht mehr möglich ist. Denn Ava, die Schwester, ist schon viele Jahre tot und kann keine Hilfe mehr annehmen. Für Rose werden die ungewöhnlichen Ausflüge in den Geist und Körper der jungen Frau zum Lebenselixier, denn dadurch spürt sie wieder, welcher Weg der richtige für sie selbst ist.


Meinung


Die Autorin hat mit diesem fiktiven, durchaus surrealen Roman eine sympathische, kurzweilige Geschichte über die Kraft der positiven Gedanken und die Macht der Empathie geschrieben. Obwohl die genauen Umstände der Bewusstseinsveränderung nicht geklärt werden, merkt man die innere Beteiligung der Betroffenen und ihre Entschlossenheit dem scheinbaren Schicksal die Stirn zu bieten. Sehr geschickt und humorvoll führt Barbara Gowdy durch die Erzählung, in dem sie wechselnde Episoden aus dem Leben von Rose und Harriet beschreibt und den Leser für die persönlichen, familiären Belange der beiden Frauen sensibilisiert.

Die Besonderheit des Erzählten beruht auf einer gewissen Authentizität, trotz oder gerade wegen der übersinnlichen Erfahrung, die hier im Zentrum steht. Ganz nebenbei ergeben sich Einblicke in das Seelenleben der Frauen, in ihre Schuldgefühle ebenso wie in ihren Willen zur Veränderung.


Fazit


Ich vergebe gute 4 Lesesterne für diesen mit Herzblut geschriebenen Roman der durch seine ungewöhnliche, abwechslungsreiche Geschichte, die nicht nur bildlich wirkt, sondern auch Innerlichkeit besitzt, sehr einprägsam bleibt . Geschrieben für alle Mütter, Töchter, ja Frauen generell und für Leser, die psychologische Facetten diverser Lebensmodelle nachempfinden möchten.