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Veröffentlicht am 06.11.2018

Die trübe Atmosphäre eines Herzens

Drei sind ein Dorf
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„Wenn du es schaffst, das erste große Glücksgefühl nach der langen Migration loszulassen, wenn du darauf vertraust, dass du auch in einem Jahr oder einem Jahrzehnt noch immer du sein wirst, auch ohne die ...

„Wenn du es schaffst, das erste große Glücksgefühl nach der langen Migration loszulassen, wenn du darauf vertraust, dass du auch in einem Jahr oder einem Jahrzehnt noch immer du sein wirst, auch ohne die Schätze, die du unterwegs gesammelt hast und die immer noch mehr werden können – wenn du aufhörst, das alles auf deinem Rücken zu tragen-, vielleicht ist das der Moment, in dem die Flüchtlingsjahre enden.“


Inhalt


Nilou, ihr kleiner Bruder Kian und ihre Mutter sind aus dem Iran geflohen und lebten lange Zeit als Flüchtlinge: geduldet aber nicht willkommen, beäugt aber nicht gesehen und letztlich ziemlich arm und bescheiden. Nilou wendet sich mit ihrem ganzen Ehrgeiz der Integration zu, lernt die Sprache, besucht Schulen, später die Universität und findet einen Mann, der sie liebt. Mit 30 ist ihr klar, dass die iranischen Wurzeln längst nicht mehr so tief reichen wie früher, nun ist es eher eine Art Sehnsucht, wenn sie Farsi hört, oder Kurkuma schmeckt oder lange Geschichten über die Last und Bürde der Immigration hört.

Nur ihr Vater, der Zahnarzt Bahman Hamidi, ist in ihrem Heimatdorf zurückgeblieben, hat zwischenzeitlich noch zweimal geheiratet und sucht immer wieder den Kontakt zu seinen beiden ältesten Kindern. Viermal haben sie sich getroffen, nachdem Nilou den Iran verlassen hat und immer wieder bringt ihr Vater das Leben von früher zurück, ihre Kindheit, die aktuelle Lage im Land und sein Wunsch, vielleicht doch eines Tages gemeinsam mit seiner ersten Familie ein anderes Leben zu beginnen

. Anfangs mag Nilou, den für sie fremden Mann nicht wahrhaben, als Vater hat er ihres Erachtens versagt und als Mann trägt er zu viele Laster mit sich herum. Doch seine Geister überschatten immer mehr ihr eigenes Leben und sie fragt sich, was ihr eigentlich fehlt? Warum findet sie in ihrem doch so perfekten Leben keine Freude? Bahman kennt eine Antwort darauf und versteht Nilou besser, als sie glaubt …


Meinung


Auf diesen Roman der iranischen Autorin Dina Nayeri bin ich in erster Linie durch die positiven Leserstimmen aufmerksam geworden. Der Text hat autobiografische Parallelen, denn sie selbst ist in jungen Jahren aus der Heimat geflohen und hat sich in der Fremde ein neues Leben aufgebaut. Doch meine hohe Erwartungshaltung konnte das Buch leider nicht erfüllen. Denn obwohl die Thematik hinreichend spannend ist und mir die Problematik der verlorenen Heimat bereits in diversen Romanen begegnet ist, fehlte mir hier in erster Linie der rote Faden.

„Drei sind ein Dorf“ wirkt auf mich sehr gewollt, mit einer Vielzahl wichtiger und diskussionsfähiger Ansätze, die sich dann aber immer wieder in alle Winde zerstreuen und mich nie ganz erreichen konnten. Fast so als würde man die losen Enden vor sich sehen und sie nach besten Gewissen zusammenführen, nur um dann wenig später festzustellen, dass es diese Intonation gar nicht haben sollte – das ist mühselig, fast anstrengend und bringt nicht den gewünschten Erfolg. Größtenteils ist der Roman langatmig, fast langweilig und verschenkt sein großes Potential.

Sehr positiv hingegen der sprachliche Aspekt – durchaus anspruchsvoll aber immer verständlich und sehr intensiv. Die Gefühlswelt der Protagonistin und auch ihr Charakter wirken sehr authentisch, ihre Familie, insbesondere der Vater, wird plastisch beschrieben und man kann die Charakteristik der handelnden Personen sehr gut nachvollziehen.

Doch auch hier bleibt die Distanz zwischen der echten und der beschriebenen Nilou bestehen. Es fiel mir beispielsweise schwer, nachzuvollziehen, warum die junge Frau, zwar objektiv betrachtet ein geordnetes westliches Leben führt und dieses auch immer wieder preist und sich dennoch nicht von ihrer Heimat lossagen kann. Aber nicht etwa, weil sie unfreiwillig gegangen ist, sondern nur, weil andere Flüchtlinge sie an ihr eigenes Schicksal erinnern. Auch ihr Vater, der sie in seinen Verhaltensweisen erschreckt, ist es, der sie plötzlich zum Innehalten zwingt – wohlgemerkt ohne ein besonders liebevolles Verhältnis zueinander, er ist ihr doch eigentlich sehr fremd.


Fazit


Ich vergebe mittelmäßige 3 Lesesterne für diesen Roman über eine schwierige Vater-Tochter-Beziehung und der Sehnsucht nach Heimat und Zugehörigkeit. Ein stetiges Auf-und Ab der Gefühle, eine eigenwillige Erzählstimme, viele kulturelle Aspekte aber schlicht und einfach eine fehlende Gesamtaussage lassen mich an der Geschichte zweifeln. Es fällt mir hier schwer, die wichtigen Dinge herauszufiltern, alles verliert sich zwischendurch und bleibt nur schwach in Erinnerung. Trotzdem glaube ich, dass es Leser gibt, die hier genau das finden, was sie suchen, nur irgendwie war die Story nicht meins. Deshalb kann ich die Lektüre durchaus empfehlen, es ist vielleicht nur eine Frage der Perspektive. Traurig, berührend und mit einem wahren Kern ist sie definitiv ausgestattet.

Veröffentlicht am 06.11.2018

Ich wäre so gerne Astronaut

Raumpatrouille
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„Wenn ich schon nicht so leben konnte, wie ich fühlte, warum konnte ich dann nicht einfach so tun, als ob? Wäre das dann, wenn ich nur überzeugend genug wäre und fest an die Täuschung glaubte, nicht dasselbe ...

„Wenn ich schon nicht so leben konnte, wie ich fühlte, warum konnte ich dann nicht einfach so tun, als ob? Wäre das dann, wenn ich nur überzeugend genug wäre und fest an die Täuschung glaubte, nicht dasselbe wie die tatsächliche Erfüllung meiner Sehnsucht?“


Inhalt


Matthias, der Ich-Erzähler ist der Sohn des Bundeskanzlers Willi Brandt und wächst in einem durchaus behüteten Kosmos auf, der ihn hin und wieder daran erinnert, dass seine Jugend nicht zwangsläufig mit der seiner Klassenkameraden vergleichbar ist. Es gibt Tage, da drängt sich dieser Umstand mit Präsenz in seine Freizeit hinein, wenn er z.B. seinen Vater beim ungewohnten Fahrradfahren begleiten muss und dann scheint wieder alles normal, zwischen den Nachmittagen auf dem Bolzplatz und dem Anspruch nicht nur Briefmarken zu sammeln, sondern gleich noch Postbote als Berufswunsch zu entwickeln. Noch besser wäre aber eine Zukunft als Astronaut, jenseits der hiesigen Verpflichtungen, mit viel Spielraum für Ruhm und Ehre …


Meinung


In diesem kurzen Debütroman von Matthias Brandt, widmet sich der Autor kleinen Episoden aus dem Leben eines Heranwachsenden mit viel Humor und Fingerspitzengefühl. Bereits im Auftakt stimmt er den Leser auf die folgenden knapp 200 Seiten ein: „Alles, was ich erzähle, ist erfunden. Einiges davon habe ich erlebt. Manches von dem, was ich erlebt habe, hat stattgefunden.“ Damit wird deutlich, dass nicht unbedingt die wahrheitsgetreue Schilderung der Erlebnisse im Vordergrund steht, sondern vielmehr das Gefühl ein junger Mensch mit klaren Vorstellungen und motivierten Zielen zu sein. Und diesen Anspruch erfüllt das Buch auf jeden Fall.


Trotzdem erwartet man etwas mehr Besonderheiten, etwas weniger Unruhe und stellenweise größere Bedacht. Ausgeglichen wird dieser Umstand durch die vielen eindrücklichen, bildhaften Episoden, bei denen sich der Leser tatsächlich in den Kopf des Kindes hineinversetzen kann. Sei es bei der Vorstellung eines Lebens als gefeierter Fussballer, selbst wenn der Hauch jeder Begabung fehlt oder auch als magischer Zauberkünstler, dem dieser einfache, elementare Fehler einfach nicht passieren darf. Mit Matthias Brandt kann man wieder Kind sein und das macht für die wenigen Lesestunden, die man mit der Lektüre verbringt richtig Spaß.


Fazit


Ich vergebe 3,5 Lesesterne (aufgerundet 4) für diesen individuellen, unterhaltsamen Roman, der weniger tiefgründig und erhellend ist, als man sich das wünscht, dafür aber einen anderen Nerv trifft. Wer damit leben kann, kleine Bagatellen, Kinderweisheiten und scheinbar wahllos herausgegriffene Aspekte eines Heranwachsenden in den 70-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts schmackhaft gemacht zu bekommen, der fühlt sich mit dieser Lektüre wohl. Wer auf Tiefgründigkeit und Weitsicht spekuliert und seine Prioritäten auf Eckpfeiler der wahren Ereignisse setzen möchte, der sucht vergebens. Ich schwanke zwischen beidem und vergebe daher eine mittlere Bewertung - doch kurzweilig ist das Buch definitiv.

Veröffentlicht am 30.10.2018

Weggesperrt in den Tiefen seines Wesens

Neujahr
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„Henning will die Familie nicht mit seinen Neurosen belasten. Er will ein Mann sein, den es zu lieben lohnt.“


Inhalt


Der Urlaub über den Jahreswechsel auf der Vulkaninsel Lanzarote wird für den Familienvater ...

„Henning will die Familie nicht mit seinen Neurosen belasten. Er will ein Mann sein, den es zu lieben lohnt.“


Inhalt


Der Urlaub über den Jahreswechsel auf der Vulkaninsel Lanzarote wird für den Familienvater Henning zu einer echten Belastungsprobe. Schon seit längerer Zeit leidet er unter Panikattacken und fühlt sich in seinem Alltag vollkommen überlastet, obwohl er gar keine immensen Anforderungen erfüllen muss. Hin- und hergerissen zwischen seiner Verantwortung als Ehemann und Vater und seiner Verletzlichkeit reibt er sich immer mehr auf und findet selbst bei gemeinsamen Erlebnissen kaum noch etwas Schönes und Erfüllendes für sich selbst.

Am Neujahrstag macht er sich allein daran den Steilaufstieg nach Femés mit dem Rad zu bewältigen, um den Kopf frei zu bekommen und sich seiner Zukunft bewusst zu werden. Als er vollkommen erschöpft ankommt, nimmt ihn Luisa, die Bewohnerin des einzigen Hauses auf dem Berg auf und bewirtet ihn, damit er wieder zu Kräften kommt. Sie hat das Anwesen gekauft und nutzt es als Kunstatelier, doch während Henning durch die Räume geführt wird, holt ihn die eigene Erinnerung ein, denn er kennt die Möbel, die Muster an den Wänden, die Lage der Zimmer bereits, er weiß, was hinter dem Haus lauert und schlagartig rührt sich die Bedrohung aus längst vergangener Zeit …


Meinung


Die deutsche Erfolgsautorin Juli Zeh, die bereits zahlreiche Literaturpreise gewonnen hat, widmet sich in ihrem aktuellen Roman einer sehr alltäglichen und doch besonderen Geschichte. Denn den Hauptprotagonisten Henning könnte man direkt persönlich kennen, greift seine derzeitige Situation doch die vieler Menschen auf, die sich irgendwo in der Rush-Hour ihres Lebens befinden und sich selbst aus dem Blick verlieren, vor denen sich bedrohliche Berge unlösbarer Probleme auftürmen und die seelische Schäden von ständiger Überlastung tragen.

Doch das ist nur die halbe Geschichte. Besonders wird sie vor allem, durch die Erinnerung des Geschädigten, der endlich die Ursache für seine tiefliegenden Probleme gefunden hat, wenn auch durch eine Zufallsbegegnung. Es sind förmlich zwei Geschichten, die hier aus der gleichen Erzählperspektive geschildert werden, jedoch mit einem Zeitsprung von gut 30 Jahren.

Zunächst bekommt der Leser den erwachsenen Henning präsentiert, dann ist er plötzlich in der Rolle des großen Bruders, jedoch selbst noch ein Kind. In dieser Vergangenheitsperspektive macht sich große Beklemmung bemerkbar, schiere Verzweiflung und die immense seelische Verantwortung, die Henning ganz unfreiwillig übernehmen musste und die sich Jahre später immer wieder in seinen Panikattacken manifestiert. Ein kindliches Trauma, unbehandelt, verschüttet in den Tiefen der Seelen, wartet nur darauf wieder an die Oberfläche zu gelangen und mit später Zerstörungskraft zurückzuschlagen.

Sprachlich konnte mich der Roman überzeugen, eine leichtlesbare, erzählerische Nuance, direkt aus dem Leben im Wechsel mit der Stimme der Verzweiflung – dadurch kann man direkt eintauchen in das Geschehen und baut zu den Charakteren eine gewisse innere Nähe auf. Interessant, wie die Autorin Alltagssituationen mit der Gefühlsebene koppelt und dadurch Bilder erzeugt, die sich ins Gehirn einbrennen. Eine Wand voller Spinnen, ein dunkles Brunnenloch, in dem ein Monster wohnen könnte und ein altes, buntes Sofa, auf dem sich eine Untat ereignet – einfach, treffend und dennoch vielschichtig mit einem unverkennbaren Wiedererkennungswert.


Fazit


Ich vergebe sehr gute 4 Lesesterne für diesen eindringlichen, direkt beängstigenden, beklemmenden Roman, der seine Kraft aus der Vergangenheit zieht und immer wieder in kleinen Momenten die Verzweiflung eines kindlichen Individuums fokussiert. Das es der Autorin gelungen ist, die Angst einzufangen, sie direkt zu benennen und damit dem erwachsenen Mann eine Hilfestellung zu geben, sich in seiner gegenwärtigen Situation mit den Dämonen der Vergangenheit auszusöhnen, hat mir besonders imponiert. Und trotz der Tatsache, dass der Roman sehr persönlich erscheint und wenig Aussagekraft für die Allgemeinheit hat, konnte mich die Intensität der Gefühlspalette auf den knapp 200 Seiten überzeugen. Definitiv lesenswert und wer selbst beängstigende Kindheitserinnerungen hat, sieht vielleicht die ein oder andere Parallele.

Veröffentlicht am 28.10.2018

Der böse Geist der Nephilim

Blutmale
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„Ich sage nur, es kann sein, dass du glaubst, einen Menschen zu kennen – bis er dich irgendwann überrascht. Bis er etwas tut, womit du nie gerechnet hättest. Und dann wird dir klar, dass du keinen Menschen ...

„Ich sage nur, es kann sein, dass du glaubst, einen Menschen zu kennen – bis er dich irgendwann überrascht. Bis er etwas tut, womit du nie gerechnet hättest. Und dann wird dir klar, dass du keinen Menschen wirklich kennst. Keinen.“


Inhalt


Der Täter in Jane Rizzolis aktuellem Fall scheint ein Anhänger eines ganz besonderen Satan-Kults zu sein, finden sich doch an den blutbesudelten Schauplätzen grausige Wandmalereien aus umgedrehten Kreuzen, magischen Symbolen und schaurigen Inszenierungen. Die Frauen, die ermordet werden stehen direkt oder indirekt in Verbindung zu einem ominösen Club, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Dämonen der gefallenen Engel auf Erden zu jagen. Diese sogenannten Nephilim sind die höllische Ausgeburt einer Verbindung zwischen Engeln und sterblichen Frauen und verbergen sich hinter ganz normalen Menschen. Ihr böses Treiben kann jedoch tödlich enden, für all jene die sich ihnen in den Weg stellen. Der gutaussehende Vorsitzende des exklusiven Clubs Anthony Sansone kennt sich nicht nur bestens aus in der Historie der gefallenen Wesen, sondern jagt sie über den ganzen Erdball hinweg. Gerne würde er die attraktive Gerichtsmedizinerin Maura Isles mit unter seine Fittiche nehmen, doch die ist ebenso skeptisch wie Jane Rizzoli selbst. Die Frauen jagen lieber einen Mörder aus Fleisch und Blut als eine Reinkarnation des Bösen. Doch als immer mehr Mitglieder des sogenannten „Mephisto-Clubs“ brutal ermordet werden, stellt sich die Frage, woher der Mörder seine Informationen bezieht …


Meinung


Die amerikanische Autorin Tess Gerritsen unternimmt in ihrem 6. Band der Jane-Rizzoli-Reihe einen Ausflug in die Welt des Unerklärlichen, der Magie und der dunklen Mächte. Anders als in den vorherigen Bänden wirkt die Inszenierung deshalb stellenweise sehr verwaschen und weniger glaubwürdig, es sei denn man schenkt dem Übernatürlichem ebenfalls das entsprechende Augenmerk.

Der Fall selbst schwankt zwischen grausamen Ermordungsszenarien, die detailliert geschildert werden, einer etwas aufgesetzten Romanze zwischen der Gerichtsmedizinerin Maura Isles und dem Priester und der Lebensgeschichte einer jungen Frau, die entweder das Böse selbst ist, oder es über alle Maßen gut kennt.

Auch die Randfiguren in diesem Spiel aus Gut und Böse haben alle einen etwas antiquierten Touch und wirken ein bisschen fehl am Platze in einer modernen Mordermittlung. Ihr schriftstellerisches Handwerk versteht die Autorin dennoch, denn der Thriller liest sich hinreichend spannend und kann zwischendurch auch mal kleine Highlights setzten, nur täuscht das nicht über die fehlenden Inhalte hinweg und so bleibt man doch bei einer eher mittelmäßigen Umsetzung hängen.


Fazit


Ich vergebe mittelmäßige 3 Lesesterne für diesen Fall, der mich weder vom Schauplatz her noch von der Geschichte an sich begeistern konnte, also definitiv einer der schlechteren Bände dieser Reihe. Wer kleine Ausflüge ins Mysteriöse liebt und eine Verbindung zwischen realen Morden und fiktiven Gedanken ansprechend findet, kommt hier bestimmt auf seine Kosten. Insgesamt ist es wohl der Mix, der mich nicht so ganz überzeugen konnte, denn Romane wie zum Beispiel die von Anne Rice und ihren Vampiren haben durchaus ihren Reiz, nur nicht, wenn sie wie hier versuchen, mehrere Verbrechen auf eine logische Erklärung zu reduzieren. Wenn schon dunkle Mächte, dann lieber in einem Fantasy-Roman und nicht in einer Kriminalreihe.

Veröffentlicht am 21.10.2018

Kate Miller im Undercover Einsatz

Böse Seelen
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„Durch Wertschätzung kann man etwas Banales in etwas Schönes verwandeln. Damals war ich zu jung, um die Weisheit hinter ihren Worten zu verstehen.“


Inhalt


In ihrem 8. Fall wird die Polizeikommissarin ...

„Durch Wertschätzung kann man etwas Banales in etwas Schönes verwandeln. Damals war ich zu jung, um die Weisheit hinter ihren Worten zu verstehen.“


Inhalt


In ihrem 8. Fall wird die Polizeikommissarin Kate Burkholder als Undercover-Ermittlerin unter falschem Namen und mit einer erfundenen Identität in die amische Gemeinde Roaring-Springs versetzt, da der Bischoff vor Ort Eli Schrock angeblich Kinder misshandelt, Gemeindemitglieder züchtigt und nach aktueller Lage vielleicht sogar mit dem Tod eines jungen Mädchens in Verbindung gebracht werden kann. Und keine Polizistin kennt die Gepflogenheiten der Amischen besser als Kate, war sie doch selbst einmal Mitglied dieser Glaubensgemeinschaft. Sie mietet sich einen alten, windschiefen Trailer und verzichtet für die nächsten Wochen auf jeglichen Komfort. Dafür gibt sie sich als Witwe aus, die nach dem Tod ihres Mannes einen Ortswechsel angestrebt hat, um ganz neu anzufangen. Unrechtmäßige Entdeckungen lassen nicht lange auf sich warten und schon bald bekommt Kate Insider-Informationen zugespielt. Doch der Bischoff misstraut ihr und setzt seine Schergen auf ihre Fährte, denn die Kate Miller, die sich in seinem Obrigkeitsgebiet niederlassen will, steckt ihre Nase viel zu tief in Dinge, die sie nichts angehen …


Meinung


Der Titel dieses achten Falls verspricht leise Gruselstimmung und abermals dunkle Geheimnisse im Verborgenen einer abgeschiedenen Glaubensgemeinschaft. Und auch die Idee, Kate Burkholder diesmal auf eine Undercover-Reise zu schicken klingt vielversprechend, kennt man doch als treuer „Stammleser“ bereits die Akteure vor Ort. Trotzdem bleibt das Spannungsniveau nach den ersten 100 Seiten etwas flach und lediglich die Treffen zwischen den amischen Frauen beim Quilten und die Begleitung eines Gottesdienstes haben mich tiefer in die Grundsätze der Amischen hineinblicken lassen, doch leider ist das etwas wenig. Der Fall selbst bleibt lange im Verborgenen und da sich an allen Seiten neue Vergehen auftun, bekommt man für den eigentlichen Mordfall kein richtiges Gespür. Wie immer konnte mich der Schreibstil an das Geschehen binden, denn ich mag die Erzählweise der amerikanischen Bestseller-Autorin Linda Castillo einfach zu gern, auch wenn ihr beim Voranschreiten ihrer Kate-Burkholder-Reihe zunehmend die Ideen auszugehen scheinen, insbesondere was die Verbrechen selbst betrifft.


Das alles hat nur wenig Bestand und über ein paar unterhaltsame Lesestunden bleibt nicht mehr viel übrig. Fraglich war in diesem Band auch die Bedeutung von Kates Lebensgefährten Tomasetti, der hier zu einer ziemlich blassen Randfigur verkommt und längst nicht mehr den Stellenwert einnimmt, den ich erwartet habe. Immer nur die gleichen Sorgen, Ängste und Vorbehalte – die Komponente des interessanten Privatlebens wird also auch nicht wieder aufgegriffen.


Fazit


Ich vergebe 3,5 Lesesterne (aufgerundet 4) für diesen schwächeren Teil der Kriminalreihe. Die Spannung und der Nervenkitzel bleiben hier in den Kinderschuhen stecken, obwohl der Undercover Einsatz durchaus neues Potential bietet. Leider drängt sich mir das Gefühl auf, dass die wirklich guten Bände (1-6) nun abgeschlossen sind und die neueren Geschichten einfach nicht mehr so viel Ideenreichtum und Faszination ausüben, möglicherweise entsteht dieser Eindruck aber auch, da ich alle Bücher mehr oder weniger in kurzer Abfolge lese. Kann sein, dass man besser kommt, wenn man zwischen den Fällen mehr Zeit verstreichen lässt, um die Protagonisten dann wieder neu zu entdecken. Aber da es aktuell nur noch den 9. Band gibt („Ewige Schuld“), werde ich diesen noch folgen lassen, bevor ich mir ein Gesamturteil bilde.