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Veröffentlicht am 15.09.2016

Der 1. Fall für Jefferson Winter

Broken Dolls - Er tötet ihre Seelen
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Jefferson Winter ist Profiler mit Passion. Er hat es sich persönlich zum Ziel gesetzt Mörder und Sadisten zu jagen und ihrer gerechten Strafe zuzuführen. Nachdem er das FBI verlassen hat, weil seine Arbeitsweisen ...

Jefferson Winter ist Profiler mit Passion. Er hat es sich persönlich zum Ziel gesetzt Mörder und Sadisten zu jagen und ihrer gerechten Strafe zuzuführen. Nachdem er das FBI verlassen hat, weil seine Arbeitsweisen zu eigenwillig und nicht systemkonform waren, versucht er im vorliegenden Fall einen grausamen Frauenverstümmler Einhalt zu gebieten. Der sogenannte „Schnitter“ entführt nach langer, intensiver Vorbereitungsphase seine jungen Opfer und hält sie über einen Zeitraum von mehreren Monaten gefangen. Während ihrer Leidenszeit müssen sie zahlreiche Folterungen über sich ergehen lassen und werden am Ende ihres Opferdaseins nicht getötet sondern mittels Lobotomie zum Schweigen gebracht. Bei dieser grausamen Methode bleibt der Körper voll funktionstüchtig, doch das Gehirn ist irreparabel geschädigt, ein normales Leben undenkbar. Doch Jefferson Winter ist gut, er entwirft ein klar strukturiertes Täterprofil und engt den Kreis der Verdächtigen stark ein. Als die Polizistin Sophie Templeton in die Hände des Täters gelangt, setzt er alles auf eine Karte, denn diesmal stehen gleich zwei Frauenleben auf dem Spiel …

Das Buch habe ich für mich entdeckt, nachdem die Flut an positiven Rezensionen einfach nicht enden wollte. Und wenn so viele Leser ein Buch loben, dann muss es auch etwas Besonderes sein. Meine hohen Erwartungen an diesen Psychothriller wurden absolut erfüllt und die dramatische Handlung blieb konstant auf hohem Niveau. Sehr positiv beurteile ich hier die sachliche, handlungsorientierte Erzählweise, die sich wirklich nur mit dem konkreten Fall beschäftigt und nicht wie so oft in das Privatleben der Ermittler abschweift. Als Leser ist man sofort drin im Geschehen und immer ganz nah dran an den Fortschritten des Profilers. Durch zwei Erzählperspektiven, super kurze Kapitel und einen kontinuierlichen Zeitverlauf, gestaltet sich das Lesen sehr kurzweilig und chronologisch. Nebenbei bekommt man hier nicht nur ein interessantes Motiv und einen verzwickten Fall geboten sondern in erster Linie nervenaufreibende Unterhaltung.

Fazit: Ich vergebe 5 Sterne für einen ausgesprochen gelungenen Thriller, der alles bietet, was ein gutes Buch dieses Genres haben muss: Spannung, Grausamkeit, Tempo und Schlüssigkeit. Hier wird eine ausgefeilte aber nicht überladene Story geboten, die sich ganz gezielt mit einem grausamen Tathergang beschäftigt, während die Gedanken und Beweggründe des Serienmörders in den Hintergrund rücken. Dieser modus operandi ist mal eine positive Abwechslung vom Standard, denn hier spricht nicht das Böse sondern das Gute.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Unter dem Deckmantel der Barmherzigkeit

Die dunklen Mauern von Willard State
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Das verfallene Gebäude der Psychiatrie von Willard State birgt viele dunkle Geheimnisse die nur darauf warten an die Oberfläche geholt zu werden. Die junge Isabel und ihre Pflegemutter Peg bekommen Zugang ...

Das verfallene Gebäude der Psychiatrie von Willard State birgt viele dunkle Geheimnisse die nur darauf warten an die Oberfläche geholt zu werden. Die junge Isabel und ihre Pflegemutter Peg bekommen Zugang zu alten Patientenakten und Habseligkeiten aus längst vergessenen Tagen. Dabei stoßen sie auf ein Tagebuch der ehemaligen Bewohnerin Clara Cartwright, die anscheinend vollkommen gesund jahrzehntelang in Willard untergebracht war und vergeblich versuchte, der menschenunwürdigen Lebensweise und grausamer Misshandlungsmethoden zu entkommen. Izzy, deren Mutter selbst in psychiatrischer Behandlung ist, weil sie aus unerfindlichen Gründen ihren Mann erschoss, macht es sich zur Aufgabe das Schicksal von Clara zu durchleuchten. Sie entdeckt, dass Clara in Willard State Mutter geworden ist und ihr Kind zur Adoption freigegeben wurde. Wird Isabel die Tochter finden, um ihr die Wahrheit über ihre Mutter erzählen zu können?

Dieser Roman ist für mich ein absolutes Lesehighlight, weil er eine bewegende Geschichte aus der Vergangenheit so anschaulich, berührend und authentisch in die Gegenwart zu holen vermag. Historisch korrekt werden hier grausame Details ans Tageslicht gebracht, die für einen Menschen die Welt bedeutet haben. Eine Welt in der Willkür, Misshandlungen und Ungerechtigkeit zum ständigen Begleiter wurden und aus der es trotz enormer Bemühungen einfach kein Entrinnen gab.

Zwei starke Frauen stehen hier im Mittelpunkt der Erzählung, deren Gemeinsamkeit in ihrer Zuversicht, in ihrem Glauben an das Gute und der festen Überzeugung für ihr Handeln zu finden ist. Die eine musste ein beklemmendes Leben in einer trostlosen, grausamen Umgebung führen, die andere kämpft gegen die Geister ihrer eigenen noch jungen Lebensgeschichte. Beide Protagonistinnen werden charakterlich sehr intensiv beschrieben und die dabei entstehenden Handlungsstränge wechseln einander ab und begleiten den Leser durch diesen fesselnden Roman. Hier findet man geschriebene Worte, die mich ganz ohne Kitsch und Schnörkel zu Tränen gerührt haben, weil ihre Botschaft auf der zwischenmenschlichen Ebene liegt, auf der Liebe zwischen Mann und Frau, Mutter und Tochter und der Nächstenliebe ganz allgemein.

Fazit: Dieses Buch hat mich sehr bewegt und ich kann es mit gutem Gewissen weiterempfehlen, da es nicht nur einen spannenden Plot bietet sondern vor allem einen schonungslosen Blick auf die menschliche Psyche wirft. Auf die Sorgen und Nöte unserer Spezies aber auch auf das menschliche Urteilsvermögen, auf die Kraft der inneren Überzeugung, auf den Mut aus einem vorgeschriebenen Muster auszubrechen. Eine historisch anmutende Kulisse, starke Charaktere und eine große Portion Lebensweisheit kennzeichnen die Erzählung und werden mir noch lange in Erinnerung bleiben. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Eine Freundschaft auf dem Prüfstand

Ein anderes Paradies
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Charlotte Ryder und Julia Buchanan begegnen sich auf dem Internat St. Anne´s und werden beste, unzertrennliche Freundinnen – trotz vollkommen anderer Einstellungen und familiärer Hintergründe. Während ...

Charlotte Ryder und Julia Buchanan begegnen sich auf dem Internat St. Anne´s und werden beste, unzertrennliche Freundinnen – trotz vollkommen anderer Einstellungen und familiärer Hintergründe. Während Charlie die praktische, realitätsbezogene, zuvorkommende Tochter aus einer bodenständigen Patchwork-Familie ist, verkörpert Julia die individuelle, auffallend schöne, weltgewandte mittlere Tochter einer betuchten Unternehmerfamilie mit Hang zu Exzessen. Julia ermöglicht Charlotte den Einblick in eine ganz andere, mondäne Welt, in der Geld keine Rolle spielt und Regeln dazu da sind, um gebrochen zu werden. Als Charlie sich auf dieses Abenteuer einlässt, sich darüber hinaus in den älteren Bruder Sebastian verliebt, scheint ihre Welt für eine kurze, glückliche Weile stillzustehen – solange bis sie das wahre Geheimnis der Familie Buchanan entdeckt und damit die Schattenseiten ihrer oberflächlichen Lebensweise kennenlernt.

Dieser eher stille, unspektakuläre Jugendroman baut eine subtile, geheimnisvolle Atmosphäre auf, die bis zum Schluss erhalten bleibt. Ständig befindet man sich in einer Art Erwartungshaltung, die darauf abzielt, die tiefen, verborgenen Geheimnisse zu entschlüsseln und die dennoch keine Fortschritte macht, selbst dann nicht, als das Familiengefüge nach und nach zerbricht. Im Grunde genommen werden hier tiefgründige, erschreckende Wahrheiten benannt, wie die Alkoholabhängigkeit Jugendlicher, das fehlende Gewissen nach einer Straftat immer gepaart mit Selbstüberschätzung und ausgeglichen durch ein volles Bankkonto.

Im Mittelpunkt steht eine Mädchenfreundschaft die einerseits durch herzliche Zuwendung geprägt ist, andererseits aber im Schatten einer Lebenslüge verkommt. Eine recht unausgeglichene Beziehung, die auf dem Weg zur Selbstfindung ihren Tribut fordert und die mit der Zeit zu dem verblasst, was keiner gedacht hätte.

Der Schreibstil ist abwechslungsreich gestaltet, mit unterschiedlich langen Kapiteln, kleinen Briefauszügen oder Zeitungsausschnitten untermalt und mit wörtlicher Rede aufgelockert. Lediglich die französischen Textpassagen haben für mich, als Unwissende, den Lesefluss behindert, wobei sich alles aus dem Kontext erschließen lässt.

Fazit: Ich vergebe 3,5 Sterne für einen Roman der sich sehr differenziert mit dem Thema Persönlichkeitsentwicklung, Einflussnahme und Gewissenskonflikten auseinandersetzt, dessen Geschichte mich aber emotional nicht fesseln konnte, vor allem weil die Entscheidungsfindung und die Wahl des Lebensweges sehr zäh und nicht immer nachvollziehbar gestaltet war. Kein Entweder/ Oder sondern immer nur ein vielleicht, keine Nägel mit Köpfen sondern nur eine weitere Möglichkeit – Charlie wendet sich zwar ab, hätte aber immer alles wieder ganz genauso gemacht und diese Einstellung war für mich schlicht und einfach nicht nachvollziehbar.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Der Mann mit dem Spinnenbaum

Der Dieb in der Nacht
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Felix Heller verschwindet mit 19 Jahren mitten am Tag, keiner hat ihn seitdem mehr gesehen, es gibt keine Leiche und Lösegeldforderungen bleiben aus – fast scheint es so, als hätte er sich in Luft aufgelöst. ...

Felix Heller verschwindet mit 19 Jahren mitten am Tag, keiner hat ihn seitdem mehr gesehen, es gibt keine Leiche und Lösegeldforderungen bleiben aus – fast scheint es so, als hätte er sich in Luft aufgelöst. Doch sein ehemals bester Freund Paul entdeckt den optisch vollkommen veränderten Felix viele Jahre später in einem Prager Café. Tatsächlich fehlen diesem Fremden sämtliche Erinnerungen an seine Vergangenheit, denn er wurde aus der Moldau gerettet und kann sich an sein Leben vor dem Unfall nicht mehr entsinnen. Paul nimmt den Mann, der sich nun Ira Blixen nennt und als Künstler abstrakter Skulpturen sein Geld verdient, mit nach Hause und stellt ihn dort seiner vermeintlichen Schwester Louise vor, die ebenfalls Pauls Freundin ist. Aber die freudige Stimmung kippt schon bald, denn Ira erschleicht sich die Freundschaft der beiden und belastet durch Lügen, Diebstahl und zweifelhaftes Verhalten die Stimmung in der Wohngemeinschaft. Blixens Anwesenheit löst erst Unbehagen aus, steigert sich dann mehr und mehr zur subtilen Bedrohung. Paul und Louise ersinnen einen Plan, wie sie Ira wieder loswerden können, denn eines steht fest, freiwillig wird er nicht gehen …

Dieser mysteriöse, psychologisch tiefschürfende Roman erzeugt eine immer stärker werdende gruselige Lesestimmung, die mich mitfiebern und bangen ließ. Ein dramatisches Katz- und Maus-Spiel, welches auf einer einfachen Verwechslung basiert, nimmt seinen fatalen Verlauf. Die Autorin geht nicht nur virtuos mit der Sprache um, sondern webt ein engmaschiges Netz um falsche Identitäten, traurige Verluste und dunkle Zweifel. Was ist wahr? Was ist Fiktion? Und wer oder was ist Ira Blixen wirklich?

Die Erzählung hebt sich sehr positiv hervor, sowohl vom Schreibstil als auch von der Romanidee – sie ist einmal etwas ganz anderes, nimmt unerwartete Wendungen und bleibt stellenweise schwer greifbar. Aber gerade deswegen hat mir dieses Werk sehr gut gefallen, denn meine Erwartungen wurden hier auf verschiedenen Ebenen erfüllt.

Fazit: Ich vergebe 4 Sterne für einen besonderen, eigenwilligen Roman, der mich nicht nur unterhalten hat sondern darüber hinaus ganz ohne Horror ein Gänsehautfeeling erzeugen konnte. Kleines Manko: Das Ende! In der Schlussszene hätte ich mir eine andere, aussagekräftigere Version gewünscht, ein echtes, kein fiktives Ende – ansonsten lesenswert.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Gemeinsam gegen Konventionen

Auf die andere Art
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Charlotte und Jason sind glücklich verheiratet und führen eine Bilderbuchehe, erst als der charismatische neue Chef Dominic in der Anwaltskanzlei seine Stelle antritt, gerät die Beziehung der beiden in ...

Charlotte und Jason sind glücklich verheiratet und führen eine Bilderbuchehe, erst als der charismatische neue Chef Dominic in der Anwaltskanzlei seine Stelle antritt, gerät die Beziehung der beiden in Schieflage. Aus anfänglicher Sympathie wird Freundschaft doch bald gehen die Gefühle der beiden tiefer und Charlotte beginnt ein Spiel mit dem Feuer. Nach dem Seitensprung verfängt sich Charlotte in einem Netz voller Selbstvorwürfe und Zweifel und bemüht sich angestrengt die Fassade zu wahren, doch entgegen aller Ratschläge kann und will sie sich für keinen der beiden Männer entscheiden. Als Dominic schließlich die innere Zerrissenheit seiner Geliebten nicht mehr ertragen kann, macht er dem Ehepaar den Vorschlag, eine Dreiecksbeziehung zu führen. Charlotte darf beide lieben und wird ebenso von zwei Männern geliebt werden. Doch mit dieser Entscheidung sind weitreichende Folgen verbunden, die dieses ungewöhnliche Beziehungsgeflecht immer wieder auf den Prüfstand stellen …

Der Roman besticht in erster Linie durch seine Realitätsnähe und Intensität in der Beschreibung eines persönlichen Dilemmas. Innere Zerrissenheit, nagende Zweifel aber auch aufkeimende Hoffnung, dass sich ein Traum erfüllen könnte, wenn die äußeren Umstände es nur irgendwie zulassen. Außerdem geht er sehr behutsam mit dem Thema Treue und Untreue um, zeigt wie zerbrechlich das perfekte Glück sein kann aber auch welche Chancen sich offenbaren, wenn man sich um eine tatsächliche Änderung bemüht.

Der Autorin ist es wunderbar gelungen den Leser in eine Gefühlswelt zu involvieren, die wohl den wenigsten von uns geläufig ist. Man muss sich zwangsläufig damit arrangieren, dass es irgendwo Beziehungen gibt, die sich einer Logik unterwerfen, die man nicht auf den ersten Blick erkennt, die anders sind und trotzdem glücken, die unvorstellbar und abstrakt bleiben aber dennoch eine echte Berechtigung haben. Die Chance die sich daraus ergibt wird hier klar definiert und auch die Bereitschaft eine ernstgemeinte Veränderung im Denken zuzulassen.

Der Schreibstil ist flüssig, greift verschiedene Perspektiven auf, wobei die Hauptprotagonistin Charlotte definitiv im Mittelpunkt des Geschehens steht. Ihre Gefühle und Denkweisen werden ausführlich erörtert, allerdings immer im Kontext mit den Handlungen und Geschehnissen im Leben ihrer beiden Männer. Darüber hinaus zeigt sich, wie elementar und bedeutsam ein familiäres Umfeld ist, welches die persönlichen Lebensentscheidungen akzeptieren kann, sie möglicherweise sogar verstehen möchte.

Fazit: Ich vergebe 4 Sterne für diesen intensiven, kreativen Beziehungsroman, der sich ausgesprochen authentisch mit den Sorgen und Freuden einer unkonventionellen Partnerschaft auseinandersetzt und der an die Aufgeschlossenheit der Umwelt appelliert. Weil es letztendlich vollkommen egal ist, wie man persönliches Glück findet, einzig die Entscheidung des Herzens zählt.