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Hinter diesen Türen„Und da wurde mir klar, was für eine verkorkste Dynamik das war – dass es in meiner Beziehung zu diesem gestörten kleinen Mädchen nicht um Geborgenheit und Fürsorge ging, sondern um Macht und Überlegenheit, ...
„Und da wurde mir klar, was für eine verkorkste Dynamik das war – dass es in meiner Beziehung zu diesem gestörten kleinen Mädchen nicht um Geborgenheit und Fürsorge ging, sondern um Macht und Überlegenheit, um Sieger und Verlierer in einem Krieg. Nein. Ganz egal, wie die Situation am Ende ausgegangen war – gewonnen hatte ich nicht.“
Inhalt
Rowan Caine zieht es aus einem ganz bestimmten Grund nach Schottland, dort will sie als Kindermädchen einer Familie beruflich Fuß fassen und darüber hinaus etwas aus ihrer eigenen Vergangenheit klären. Doch das Anwesen der Familie Elincourt übertrifft ihre kühnsten Vorstellungen, die Vorderseite des Hauses befindet sich noch im restaurierten viktorianischen Stil, während der Anbau durch Glas und modernste Technik besticht. Ziemlich schnell wird sie mit den ihr anvertrauten drei Mädchen alleingelassen und sieht sich den Tücken der hochmodernen Haustechnik gegenüber. Binnen weniger Tage wird ihr klar, dass sie dieser Stelle nicht gewachsen ist, so wie auch die fünf Nannys vor ihr, die alle das Weite gesucht haben. Im Haus scheint etwas nicht mit rechten Dingen zuzugehen, sie hört nächtliche Geräusche, stößt auf einen Giftgarten, der nicht gesichert ist, entdeckt das alte Geheimnis des Hauses und bricht bald schon in Panik aus, nachdem mitten in der Nacht alle Lichter angehen, wilde Musik durch die Räume schallt und Türen offenstehen, die sie ganz sicher verschlossen hat …
Meinung
Dies ist mein zweiter Thriller aus der Feder der britischen Erfolgsautorin Ruth Ware, die mich bereits mit „Woman in cabin 10“ gut unterhalten konnte. Ihr aktueller Thriller ist aber noch um Längen besser, so gut, dass ich ihn kaum aus der Hand legen konnte und unbedingt erfahren wollte, ob es sich um mysteriöse Geistergeschichten handelt, oder ob es jemanden gibt, der für die unerklärlichen Dinge die Verantwortung trägt. Beide Möglichkeiten werden hier mittels diverser Erzählstränge verfolgt und lassen den Leser miträtseln.
Zunächst einmal passt die Erzählperspektive des Buches ausgesprochen gut, denn Rowan, die Nanny schreibt ihre Geschichte selbst nieder, sie sitzt mittlerweile im Gefängnis und wendet sich hilfesuchend an einen Strafverteidiger, der ihr empfohlen wurde, weil er angeblich auch die ganz hoffnungslosen Fälle zu einem versöhnlichen Ende führt. Rowan wurde angeklagt, denn angeblich hat sie eines der Kinder der Elincourts vorsätzlich umgebracht, aber so war es nicht und die junge Frau muss versuchen, alles so genau wie möglich zu beschreiben, um überhaupt eine realistische Chance auf Freilassung zu erhalten. Wären da nur nicht die vernichtenden Indizien und eine Vorgeschichte, die sie lieber nicht offenbaren würde …
Dieser Thriller ist absolut genial, angefangen bei der Hintergrundgeschichte, hin zu den seltsamen, gruseligen Ereignissen im sanierten alten Herrenhaus und letztlich durch die mentale Nähe zur Hauptprotagonisten, deren Verzweiflung und Beklemmung immer mehr Raum einnehmen und regelrecht beängstigend wirken. Besonders spannend fand ich die Figur des Kindermädchens selbst, denn sie hat sich zwar ein perfektes Image zurechtgebastelt, lässt aber durch ihre subjektive Meinung viel offen: eigentlich mag sie Kinder längst nicht so sehr, wie geglaubt und irgendein Geheimnis umgibt auch ihre Person, weshalb sie sich oft anders verhält, als es normalerweise üblich wäre und der Leser rätselt ständig mit, was sie eigentlich verschleiern möchte und warum.
Selbst die Chronologie des Thrillers konnte mich überzeugen, mit diversen Zeitsprüngen, die sowohl die Vergangenheit einbeziehen als auch die Gegenwart und letztlich auf ein fulminantes Finale zusteuern. Bei den Gedanken und Geschehnissen des allerletzten Abends, hätte ich mir noch mehr Intensität gewünscht, weil Rowan so plötzlich und unwiderruflich vor den Scherben ihres Lebens steht und erst im Nachhinein für Klärung sorgen kann, aber letztlich spielt das keine Rolle mehr, denn es gibt ein dunkles Geheimnis, ein totes Mädchen und unzählige Fragen, die andere beantworten müssen.
Fazit
Dieser temporeiche, subtile Spannungsroman konnte mich absolut überzeugen, so dass ich begeisterte 5 Lesesterne vergebe. Gerade der Mix zwischen Verbrechen und Gruselgeschichte übte auf mich einen ganz besonderen Reiz aus - zwischendurch habe ich diverse Szenarien vor Augen gehabt, die dann doch rational erklärbar waren, aber im ersten Moment nicht so wirkten. Wer Gefallen an mysteriösen Ereignissen und mörderischen Ambitionen findet, ist hier genau richtig. Ich werde wohl mindestens noch ein weiteres Buch der Autorin auf meine Leseliste setzen, und empfehle diesen bedrückenden Gruselthriller gerne weiter.