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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.05.2022

Etwas zerfleddert

Papyrus
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Welcher Büchernarr, der etwas auf sich hält, könnte an einem Buch über die Geschichte des Buches vorüber gehen, ohne nicht wenigstens einen klitzekleinen Blick hinein zu werfen? Selbst wenn dieses Buch ...

Welcher Büchernarr, der etwas auf sich hält, könnte an einem Buch über die Geschichte des Buches vorüber gehen, ohne nicht wenigstens einen klitzekleinen Blick hinein zu werfen? Selbst wenn dieses Buch über 700 Seiten fasst.

Die wunderschöne Aufmachung lenkt von der hohen Seitenanzahl ab und lädt zum Schmökern ein. Und schon auf der ersten Seite taucht man tief in die griechische Geschichte und die Anfänge des Schreibens ein.

Fans der Antike werden hier auf jeden Fall auf ihre Kosten kommen, setzt die Autorin ihre Schwerpunkte doch auf Griechenland und Rom. Und dank der offensichtlich sehr ausführlichen Recherchearbeit bietet sie dem Leser auch eine unheimliche Fülle an Informationen.

Allerdings verliert nicht nur der Leser schnell den Überblick. Bei so vielen detailreichen Erzählungen verschwindet schnell der rote Faden im Nirvana und dafür tauchen des Öfteren Wiederholungen auf.

Es ist einfach zu viel: zuviel Fließtext, zu viele Abschweifungen in die Neuzeit. Dafür zu wenig Struktur und Absätze; die Überschriften passen nicht immer zum Inhalt der Kapitel. Dem Buch hätten radikale Kürzungen wirklich gut getan und das, obwohl es eigentlich wirklich informativ ist. Es kostet nur leider zu viel Kraft, diese Informationen aus dem Wust des ganzen Beiwerks herauszufiltern.

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Veröffentlicht am 13.05.2022

Weil ich ein Mädchen bin

Die Gezeiten gehören uns
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Wie ist es wohl, als junges Mädchen aus betuchtem Haus in den 80er Jahren an der Westküste in San Francisco aufzuwachsen? Wenn man den Schilderungen von Eulabee folgt, ist es gar nicht so anders als überall ...

Wie ist es wohl, als junges Mädchen aus betuchtem Haus in den 80er Jahren an der Westküste in San Francisco aufzuwachsen? Wenn man den Schilderungen von Eulabee folgt, ist es gar nicht so anders als überall sonst auch.

Eulabee wächst eigentlich recht behütet auf. Sie und ihre drei Freundinnen gehen auf eine Privatschule im Viertel, verbringen ihre Freizeit am Strand über Felsen kletternd und schnappen hier und da die spannendsten Gerüchte über die Nachbarn auf. Bis eines Tages eine winzige Meinungsverschiedenheit ihre Clique zerrüttet.

Eulabee ist ein ganz normales Mädchen, das mit ganz normalen Mädchenproblemen zu kämpfen hat. Und doch ärgere ich mich, noch während ich diese Rezension schreibe, dass ich ihre Probleme als normal bezeichne. Denn Vendela Vida zeichnet ein ziemlich ernüchterndes Frauenbild. Sexuelle Übergriffe und die Herabwürdigung der Mädchen und Frauen tauchen in beinahe jedem Kapitel auf die eine oder andere Art und Weise auf. Das sollte nicht als normal und gegeben hingenommen werden, wird in diesem Roman aber ohne Aufregung normalisiert.

Dadurch entsteht eine Coming-of-Age Geschichte, die mich zeitweise ziemlich wütend macht, ohne das sie sonderlich viel Spannung aufbaut. Man könnte fast sagen, dass der rote Faden manchmal verschwimmt. Wenn man aber genauer hinschaut ist es eben der immer wieder aufblitzende Blick auf das Frauenbild, was einen durch die Geschichte führt.

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Veröffentlicht am 06.05.2022

Wie man eine Geschichte erzählt

Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße
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Geschichte schreibt sich leider nicht von selbst. Wie sehr sie im Nachhinein verfälscht wird oder wie ihr Grundtenor klingt, hängt immer von demjenigen ab, der sie niederschreibt.

Diese Erfahrung macht ...

Geschichte schreibt sich leider nicht von selbst. Wie sehr sie im Nachhinein verfälscht wird oder wie ihr Grundtenor klingt, hängt immer von demjenigen ab, der sie niederschreibt.

Diese Erfahrung macht auch Hartung, als ein Journalist bei ihm auftaucht und ihn über einen bestimmten Abend vor der Wende interviewen möchte. Den Abend, an dem Hartung einen Bolzen an der Weiche im Stellwerk Friedrichstraße abbrach und so einem Zug voller Menschen die Flucht in den Westen ermöglichte.

Was als Unfall begann wird dank eines Zeitungsartikels plötzlich zur organisierten Massenflucht und Hartung ungewollt zum Helden. Der macht das beste aus der Situation...

Maxim Leo greift in seinem Roman so manche Themen auf, Geschichtsfälschung und Interpretation von Zeitdokumenten, modernes Heldentum und streut sogar ein bisschen Liebe dazu.

Allem voran konzentriert er sich aber auf das Thema Ost-West, mit all seinen Vorurteilen. Viele davon kennt man, mit einigen ist man aufgewachsen, manche davon bekommt man heute noch zu hören. Das wird auf die Dauer vielleicht ein wenig ermüdend.

Mit Hartung hat der Autor aber gleichzeitig einen Helden auf Augenhöhe geschaffen. Der Mann hatte nicht immer Glück im Leben, ist aber auch kein Vollversager. Eigentlich ist er sogar ziemlich klug und dazu noch nicht vollkommen gewissenlos, hat aber nie wirklich etwas aus sich machen können. Das macht ihn nahbar und seine Erlebnisse und Entscheidungen nachvollziehbar, wenn auch nicht immer sympathisch.

Insgesamt liest sich das Buch flott, macht ein Stückchen Geschichte erlebbar und lässt einen auch einen winzigen Blick hinter deutsche Politikkulissen werfen.

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Veröffentlicht am 29.04.2022

Komplexe Familiengeschichte

Dschinns
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In jeder Familie gibt es dunkle Geheimnisse, jeder Mensch lebt mit Erfahrungen, über die er mit niemandem reden kann. Fatma Aydemir zeichnet das Bild einer Familie, die von ihren Dschinns beherrscht wird.

Als ...

In jeder Familie gibt es dunkle Geheimnisse, jeder Mensch lebt mit Erfahrungen, über die er mit niemandem reden kann. Fatma Aydemir zeichnet das Bild einer Familie, die von ihren Dschinns beherrscht wird.

Als Hüseyin endlich sein Ruhestand genießen will und eine Eigentumswohnung in Istanbul kauft, stirbt er plötzlich an einem Herzinfarkt. Während seine Familie anreist um die Beerdigung vorzubereiten und sich zu verabschieden, kämpft jeder für sich mit seinen Dämonen oder Dschinns, wie es in ihrer Kultur heißt.

"Dschinns" besteht aus sechs verschiedenen Episoden, jede verleiht einem anderen Familienmitglied eine Stimme und offenbart dabei sechs vollkommen unterschiedliche Schicksale.

Dabei werden ganz unterschiedliche Themen angesprochen, von unerfüllter Liebe über Rassismus, Integrationsprobleme bis zu Generationenkonflikte und Ungleichberechtigung von Mann und Frau. Teilweise wird man von der Flut an Konflikten beinahe überwältigt, es fällt schwer die Fülle an Problemen in einer Familie zu verarbeiten.

Und doch macht das Buch auch Mut, sieht man doch, dass man Probleme auch aufarbeiten kann, wenn man sich anvertraut und darüber spricht.

Die Figuren sind sehr stark gezeichnet, man erhält aufgrund der Erzählweise einen guten Einblick in die jeweilige Gedanken- und Gefühlswelt.

Insgesamt entseht so ein komplexes, tiefgründiges Familiendrama, das überzeugt.

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Veröffentlicht am 29.04.2022

Etwas schwächelnd

Oxen. Noctis
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Um dieses Buch in voller Länge genießen zu können, sollte man die ersten vier Bände über den Kriegsveteranen Niels Oxen gelesen haben.

Dieses Mal wird er als Berater zu einer Mordserie hinzugezogen, bei ...

Um dieses Buch in voller Länge genießen zu können, sollte man die ersten vier Bände über den Kriegsveteranen Niels Oxen gelesen haben.

Dieses Mal wird er als Berater zu einer Mordserie hinzugezogen, bei der ein Heckenschütze sieben Kriegsveteranen erschossen hat. Gemeinsam mit Margrethe Franck sucht er nach einer Verbindung zwischen den Männern und gerät dabei selbst in die Schusslinie.

Dieser Band ist insofern eine Neuerung für die Reihe, weil dieses Mal Franck im Vordergrund steht und beweisen kann, was sie drauf hat. Oxen und Mossman agieren eher im Hintergrund. Ich finde es zwar großartig, dass diesesmal die weiblichen Figuren mehr Spielraum bekommen, hätte mich aber auch über etwas mehr Oxen gefreut.

Die Story an sich fängt stark an, bekommt aber vor allem im Mittelteil ein paar Längen, die nicht hätten sein müssen. Das Ende ist etwas offen gestaltet und lässt meine Hoffnung blühen, dass es bald ein Wiedersehen mit meinem dänischen Lieblings-Veteranen geben wird.

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