Profilbild von julemaus94

julemaus94

Lesejury Star
offline

julemaus94 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit julemaus94 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.08.2021

Welcome to Africa

Wild Card
0

Ich war noch nie in Afrika, meine Kenntnisse über dieses Land halten sich demnach in Grenzen. Nachdem ich nun aber über Weston Kogis Abenteuer gelesen habe, hält sich meine Reiselust doch sehr in Grenzen.

Weston ...

Ich war noch nie in Afrika, meine Kenntnisse über dieses Land halten sich demnach in Grenzen. Nachdem ich nun aber über Weston Kogis Abenteuer gelesen habe, hält sich meine Reiselust doch sehr in Grenzen.

Weston Kogi flieht als Kind aus seinem von Aufständen und Korruption zerrüteten Heimatland Alcacia nach London. Jahre später kehrt er für die Beerdigung seiner geliebten Tante zurück und erzählt dabei den falschen Leuten, dass er angeblich bei der Londoner Kriminalpolizei arbeitet. Ehe er sichs versieht steckt er mittendrin in einem Krieg zwischen zwei verfeindeten Rebellenfraktionen und der korrupten Regierung und soll einen Mordfall aufklären.

Alcacia ist offensichtlich ein fiktives Land, scheint sich aber sehr an nigerianischen Umständen zu orientieren. Das Land ist dreckig, an jeder Ecke drohen Krankheiten wie Ruhr und Malaria. Und wenn die dich nicht umbringen, regeln das schon die vielen verzweifelten, gewaltbereiten Einwohner. Als Nicht-Einheimischer ist man dort sehr schnell aufgeschmissen, wenn man nicht großzügig Bestechungsgelder unter den richtigen Leuten verteilt.

Weston Kogi ist eine interessante Figur, ein offensichtlich von der westlichen Gesellschaft verweichlichter Mann, der sich ganz schnell wieder an die heimatlichen Begebenheiten gewöhnen muss. Eigentlich ist er ziemlich intelligent, nimmt seine wiederholten Miseren mit Humor, tritt aber trotzdem mit beeindruckender Naivität in sämtliche Fettnäpfchen, die er finden kann.
Die Nebenfiguren scheinen dagegen durchschaubar: brutal, gefühllos und nur auf ihren eigenen Erfolg bedacht.

Der eigentliche Mordfall zieht sich zwar als roter Faden durch die Geschichte, rückt aber angesichts der politischen Probleme, mit denen sowohl das Land als auch Kogi selbst zu kämpfen hat, mehr und mehr in den Hintergrund. Die Erzählung ist spannungsgeladen, die Strippenzieher im Hintergund sorgen für einige überraschende Wendungen. Die erzählerische Sprache passt in ihrer Härte und Brutalität zu Alcacia. Hier redet man selten höflich mtieinander, das würde auch eher als Schwäche ausgelegt werden. Auf den Leser kann es aber trotzdem mitunter ziemlich abschreckend wirken.

Fazit:
Ebenso wenig wie Kogi weiß der Leser zu Beginn wirklich, worauf er sich mit diesem Buch einlässt. Und gerade das macht die Sache doch reizvoll, oder doch nicht?

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.08.2021

Nicht gut genug ausgearbeitet

Der dunkle Schwarm
1

Gute, überzeugende Science Fiction zu schreiben ist schwer. Dieses Gleichgewicht aus scheinbar unnützen (Technik-)Details und genügend Spannung, um den Leser bei der Stange zu halten, ist wirklich schwierig ...

Gute, überzeugende Science Fiction zu schreiben ist schwer. Dieses Gleichgewicht aus scheinbar unnützen (Technik-)Details und genügend Spannung, um den Leser bei der Stange zu halten, ist wirklich schwierig auszutarieren.

Marie Grasshoff hat grundsätzlich eine interessante Welt konstruiert, die aus heutiger Sicht gar nicht so unmöglich erscheint:
In der Welt der Zukunft kommunizieren die Menschen über Implantate, sogenannte ADICs. Die Spanne zwischen Arm und Reich ist aufs Unermessliche angewachsen. In dieser Welt führt die junge Atlas ein Doppelleben: tagsüber arbeitet sie für den größten Kommunikationsproduzenten, nachts betreibt sie dank ihres außergewöhnlihen ADICs Wirtschaftsspionage.

Das Besondere an diesem Buch ist, dass es eine in schriftliche Form gefasste Hörspielserie ist. Aber genau daran krankt die Geschichte auch ein wenig: als Hörspiel, in kurze Episoden unterteilt, muss schnell viel Spannung aufgebaut werden, ohne dass das Tempo durch zu viele unnötige (?) Hintergrundinformationen gedrosselt wird. Was als Hörspiel aber noch funktioneirt, muss als Buch nicht logischerweise auch wirken. Hier zerstören die fehlenden Infos oft den Lesefluss, lassen zu viele Fragen offen oder werden einfach zu spät erst eingeflochten. Das lässt die Handlung etwas willkürlich wirken, man fühlt sich als Leser zu wenig mitgenommen.

Das schlimmste ist allerdings, dass jede Wendung der Geschichte, jedes Problem, das den Figuren in den Weg fällt, immer mit Atlas überragender Fähigkeit gelöst wird (deren Ursprung/ Grund zudem nie so wirklich erklärt wird). Atlas wirkt damit auf Dauer einfach übermenschlich, ihre "Kräfte" wachsen zu wahrer Superpower an, die von nichts und niemandem gestoppt werden kann. Dadurch wirkt die Geschichte zum Ende hin unglaubwürdig.

Und auch für die Ausgestaltung der Figuren bleibt aufgrund der Kürze der Episoden einfach zu wenig Platz. Emotionen werden nicht fühlbar, Charakterentwicklungen wenig nachvollziehbar. Zu keiner konnte ich eine wirkliche Bindung aufbauen.

Fazit:
Grundsätzlich gefällt mir die Idee, die Geschichte enthält so einiges an Potential. Aber für ein wirklich gutes Buch sollte die nächste Staffel des Hörspiels in der Buchfassung einfach noch etwas detailierter ausgearbeitet werden.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
Veröffentlicht am 03.08.2021

Sollte Pflichtlektüre sein

Nie, nie, nie
1

Schwangerschaft und Fortpflanzung- ein Thema, das jeden Menschen an einem gewissen Punkt seines Lebens früher oder später beschäftigen wird. Nicht jeder denkt mit Freude oder Sehnsucht darüber nach, manch ...

Schwangerschaft und Fortpflanzung- ein Thema, das jeden Menschen an einem gewissen Punkt seines Lebens früher oder später beschäftigen wird. Nicht jeder denkt mit Freude oder Sehnsucht darüber nach, manch einer fühlt sich nicht dafür gewachsen.

Und doch meint ein Großteil der Gesellschaft Frauen jederzeit darauf ansprechen zu können, egal wie eng bekannt man mit ihr ist.

Linn Stromsborgs namenlose Protagonistin möchte keine Kinder bekommen. Mit dieser Einstellung unterscheidet sie sich grundlegend von ihrer Familie und ihrem Freundeskreis, was grundsätzlich ja nicht schlimm wäre, würden die das akzeptieren können.

Dieses Thema und unser Umgang damit ist so immens wichtig. Keine andere Frage beeinflusst unser Leben so grundlegend wie, die ob wir Kinder bekommen sollten. Diese Entscheidung sollte man nicht leichtfertig treffen, sie vor allem von niemandem als seiner eigenen Meinung abhängig machen.

Dieses Buch begleitet die namenlose Frau in ihrem Alltag, erzählt von den verschiedenen Erlebnissen, die sie immer wieder mit dem Thema Kinderwunsch konfrontieren, sei es durch Gespräche mit Familienmitlgiedern oder schildert die Erfahrungen, die ihr Freundeskreis mit der Kinderfrage machen.

Es ist umwerfend, wie die Autorin es schafft, wertungsfrei von diesem Thema zu erzählen. Sie schafft es, dem Leser genug Raum zu lassen, sich selbst Gedanken über des Gelesene zu machen und sich eine eingene Meinung zu bilden. Allein die Gestaltung des Textes, der sichtbare Freiräume lässt, lädt ein zum Innehalten und Nachdenken.

Die Geschichten bilden die verschiedensten Erfahrungen ab, ohne darüber zu urteilen. Dadurch wirkt es manchmal, als würde man einen Spiegel vorgehalten bekommen, man erkennt sich selbst oder eigene Erlebnisse in den Zeilen wieder. Und das trifft stellenweise ganz schön ins Herz.

"NIe, nie, nie" ist auf jeden Fall ein Buch, das einen nicht kalt lässt. Ich denke jede Frau wird ein Stück von sich selbst in diesem Buch wiederfinden.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 22.07.2021

Enttäuschend spannungsarm

Partem. Wie die Liebe so kalt
0

Ach ja, immer dieses Problem mit enttäuschten Erwartungen: allein der Klappentext weckt schon die Hoffnung auf eine emotionsgeladene, spannende Fantasie-Liebesgeschichte voller Magie und Mystik, die das ...

Ach ja, immer dieses Problem mit enttäuschten Erwartungen: allein der Klappentext weckt schon die Hoffnung auf eine emotionsgeladene, spannende Fantasie-Liebesgeschichte voller Magie und Mystik, die das Buch aber so überhaupt nicht erfüllen kann. Und doch verrät er mehr, als die gesamte Geschichte!

Stattdessen rutscht die Geschichte um Xenia, die bei der Berührung anderer Menschen Geräusche hört, und Jael, der offensichtlich den Auftrag hat den Menschen ihre Liebe zu stehlen, schneller in Kitsch und Jegenddrama ab, als sie "Partem" sagen kann. Mitten im Schuljahr zieht plötzlich eine geheimnisvolle Gruppe unverschämt gutaussehender Jugendlicher in den Ort und stellt das Leben der Schüler schnell auf den Kopf. Bestehende Beziehungen zerbrechen, das emotionale Gerüst der Jugendlichen droht zu zerbrechen. Was haben wohl die Neuankömmlinge damit zu tun und was ist der Auftrag des mysteriösen Partems, für den sie arbeiten?

Eigentlich gefiel mir das Konzept, dass neben den beiden Hauptfiguren auch andere sich anbahnende Liebespärchen zu Wort kommen, sehr gut, da es mal etwas neues darstellt und Abwechslung mit sich bringt. Doch die Autorin hat es geschafft, durch ewige Wiederholungen der gleichen Szenen aus verschiedenen Blickwinkeln, auch diese Stilmittel ins Aus laufen zu lassen.

Die Figuren wirken irgendwie stereotyp, gerade Xenia und Jael bieten auf der Emotionsschiene nichts neues an, brechen nicht aus ihren vorgeschriebenen Charakter-Mustern aus und tragen damit zur Vorhersehbarkeit und Langeweile des Romans bei. Und selbst die Erwachsenen wirken unfähiger als jeder 15-Jährige.

Am meisten stört mich allerdings die Geschichte an sich: mir ist klar, dass sich die Autorin einige Enthüllungen für ihren zweiten Band aufheben wollte. Aber so überhaupt nichts über die Hintergründe der Gruppe oder den titelgebenden Partem zu erfahren, und das auf 480 Seiten Buch, macht nicht nur aus Fantasie ein typisches Jugendliebe-Blabla, sondern frustriert den Leser auch ungemein. Zumal der Prolog noch so vielversprechend und dramatisch wirkte, im restlichen Roman aber überhaupt nicht mehr aufgegriffen wurde. Das Buch lässt komplett die Magie vermissen.

Weder erfährt man, was der Partem plant, noch was es mit Xenias Fähigkeiten auf sich hat. Wieso handeln die Jugendlichen wie sie es tun? Welche geheimen Ziele verfolgt Chrystal, ein Mitglied der Neuankömmlinge? Man wird so überhaupt nicht angefüttert, bleibt informationstechnisch komplett auf dem Trockenen sitzen und weiß am Ende des Buches genauso viel wie zu Beginn.

Fazit:
Die Lust auf eine Fortsetzung hat mir das Buch gestohlen, wie Jael einem Teenie die Liebe.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.06.2021

Immer wieder überzeugend

Behemoth
1

Ich kann jedes Mal nur erneut meinen imaginären Hut ziehen vor der Kreativität und gleichzeitigen Detailverliebtheit dieses Autorenduos.

In ihrem neuen Buch haben wagen die beiden Brüder mal wieder einen ...

Ich kann jedes Mal nur erneut meinen imaginären Hut ziehen vor der Kreativität und gleichzeitigen Detailverliebtheit dieses Autorenduos.

In ihrem neuen Buch haben wagen die beiden Brüder mal wieder einen Blick voraus:

In der nahen Zukunft hat die Menschheit sowohl Mond als auch Mars besiedelt, nachdem das Leben auf der Erde kaum noch möglich ist. Doch auch diese Besiedelung kann keine endgültige Lösung sein, weshalb am Bau dreier Generationenschiffe gearbeitet wird, die ihre Besatzung zu einem weit eintfernten bewohnbaren Planeten bringen sollen. In der etwas weiter entfernten Zukunft befinden sich diese Schiffe noch immer auf Kurs, ihre Besatzung hat sich in verschiedene Richtungen entwickelt. Doch alle zeigen aus verschiedenen Gründen Interesse, als auf ihrem Kurs ein unbekanntes Objekt auftaucht.

Der Schreibstil von T.S. Orgel ist wirklich einmalig: selten findet man so viel technischen Background, der die Geschichte gleichzeitig vollkommen logisch erscheinen lässt und trotzdem die Spannung hoch hält. Die Gefahr, dass das Ganze zu sehr ins Theoretisieren abrutscht, besteht bei ihren Büchern nie.

Gleichzeitig schaffen sie es, die verschiedensten Figuren aus allen Kultur- und Gesellschaftsschichten zu erschaffen (und glaubt mir, es sind nicht wenige), die durch ihre Vielschichtigkeit, ihre Ecken und Kanten, aber auch ihren Humor überzeugen können. Vor allem begeistern mich auch bei "Behemoth" die starken, klugen Frauenfiguren, die den Männern regelmäßig die Show stehlen. Sie sind nicht nur die heimlichen, sondern offensichtlichen Stars dieses Abenteuers.

Und auch genre-gesättigte SciFi-Kenner werden bei diesem Buch auf ihre Kosten kommen, denn das Autorenduo versteht es hervorragend, Anspielungen zu ihren liebsten Serien, Filmen und Büchern einzubinden, ohne dass es gewollt wirken würde.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere