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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.06.2019

Verschenktes Potential

Golden Darkness. Stadt aus Licht & Schatten
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Wie man die Leser trotz interessantem Plot noch bodenlos enttäuschen kann, das zeigt Sarah Rees Brennan mit ihrem Buch wirklich eindrucksvoll.

Das Konzept eines durch Licht- und Dunkelmagie zweigeteilten ...

Wie man die Leser trotz interessantem Plot noch bodenlos enttäuschen kann, das zeigt Sarah Rees Brennan mit ihrem Buch wirklich eindrucksvoll.

Das Konzept eines durch Licht- und Dunkelmagie zweigeteilten New York, in dem sich die junge Lucie mit Wurzeln auf beiden Seiten versucht durchzuschlagen, ist vielversprechend. In der Dunkelstadt aufgewachsen, konnte sie mit ihrem Vater in die Lichtstadt fliehen, wo sie sich dank ihrer Beziehung zum reichen Ethan in Sicherheit fühlt. Doch die Unruhen nehmen immer weiter zu und auf einer Reise begegnet sie plötzlich Carwyn, der ihre ganze Welt einzustürzen droht..

Mit einer irgendwie gearteteten Dreiecksbeziehung und den zusätzlichen politischen Umwälzungen dieser dystopischen Welt hat das Buch doch wirklich gute Voraussetzungen für eine Menge Spannung.

Aber schon allein die weibliche Hauptfigur verschenkt einen Großteil dieses Potentials. Sie wirkt auf mich vollkommen widersprüchlich: obwohl sie sich selbst als mutig und stark sehen möchte, wirkt sie auf mich doch immer ziemlich eingeschüchtert und -Entschuldigung, dumm mit jeder Entscheidung, die sie trifft. Auch ihre permanenten gewollt klugen Überlegungen und Ankündigungen bahnbrechender Erkenntnisse haben mich irgendwann nur noch genervt. Auch die beiden jungen Männer (ebenso wie alle anderen Randfiguren) bleiben traurigerweise blass und besitzen kaum Wiedererkennungswert. So kann auch die eingefügte Liebesgeschichte kaum überzeugen, da für mich die Gefühle nicht spürbar waren.

Die Hintergrundgeschichte konnte mich zwar mit ihren Wendungen gut unterhalten und auch ab und zu überraschen, hinterlässt aber dank der hinten angefügten Anmerkung der Autorin, das Buch wäre nach dem Vorbild von Charles Dickens "Eine Geschichte aus zwei Städten" entstanden, einen etwas schalen Nachgeschmack.

Insgesamt hat mich das hübsche Äußere einfach zu vollkommen übermäßigen Erwartungen verleitet, die das Innere einfach nicht erfüllen konnte.

Veröffentlicht am 23.06.2019

Versteckte leise Töne

Der Zopf meiner Großmutter
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Ich habe den Sommer mit meinem ersten Bronsky-Buch eingeläutet und bin zu 95% begeistert. Dieses Buch ist tiefschwarze Gesellschaftskritik und hat mich mit seiner Geschichte über eine extrem unangepasste ...

Ich habe den Sommer mit meinem ersten Bronsky-Buch eingeläutet und bin zu 95% begeistert. Dieses Buch ist tiefschwarze Gesellschaftskritik und hat mich mit seiner Geschichte über eine extrem unangepasste Großmutter, die kein Blatt vor den Mund nimmt und mit ihren Aussagen die Leute permanent vor den Kopf stößt und überrumpelt sehr erschüttert.

Wie eine graue (wenn auch absolut nicht stille) Eminenz überwacht sie das Leben ihrer Familie und ganz besonders ihren Enkel und steuert (nicht nur) sein Leben nach Belieben. Obwohl man merkt, dass sie es nur zu seinem Besten tut, fühlt man sich von ihrer Art schockiert und abgestoßen; ihre überbehütende Art grenzt beinahe an Misshandlung. Verstärkt wird diese Wirkung noch dadurch, dass die Geschichte aus Sicht des jungen naiven Enkels Mäxchen erzählt wird, der nicht immer die Intention aller Handlungen und Gespräche versteht, die er wiedergibt.
Obwohl die Großmutter fast übermenschlich stark wirkt, scheint im Laufe des Buches auch ihre Unsicherheit und Zerbrechlichkeit durch, die sie hinter ihren Mauern verbirgt. Frau Bronsky zeichnet ein sehr komplexes Gesellschaftsbild, dem ich zwar nicht immer ganz folgen kann, das mich aber trotzdem vollkommen beeindruckt.

Fazit:
Auch wenn ich mit dem Ende des Buches nicht ganz zufrieden bin, hat es doch einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen erobert.

Veröffentlicht am 21.06.2019

Wieviel sehen wir wirklich

Niemalswelt
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"Wir sind felsenfest überzeugt, dass wir einander sehen, aber das, was wir wahrnehmen, ist nur ein winziger Bullaugenausschnitt vom Ozean. [...] Es ist so leicht, die Hübsche zu hassen, das Genie zu verehren, ...

"Wir sind felsenfest überzeugt, dass wir einander sehen, aber das, was wir wahrnehmen, ist nur ein winziger Bullaugenausschnitt vom Ozean. [...] Es ist so leicht, die Hübsche zu hassen, das Genie zu verehren, für den Rockstar zu schwärmen, dem guten Mädchen zu vertrauen. Aber das ist nie ihre einzige Geschichte. Wir sind alle Anthologien. "

Der Carlsen-Verlag hat mit "Niemalswelt" eine kleine Mystery-Perle im Programm, die definitiv einen zweiten Blick wert ist.

Bee trifft ein Jahr nach dem rätselhaften Tod ihres Freundes Jim zum ersten Mal ihre gemeinsamen Freunde wieder. Nachdem die fünf knapp einem Autounfall entgehen, wachen sie am nächsten Tag auf und finden sich in einer Zeitschleife wieder. Die Niemalswelt liegt zwischen Leben und Tod- und nur einer von ihnen wird sie lebend verlassen können.

Marisha Pessl hat einen spannenden Mix aus "Und täglich grüßt das Murmeltier" und "Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast" erschaffen, der überraschend tiefgründig für einen Jugendroman ausfällt. Während die Jugendlichen einen Weg aus ihrer Lage suchen, arbeiten sie dabei den Verlust ihres Freundes auf und legen dabei einen flotten Seelenstriptease aufs Parkett.

Auch wenn die Figuren nicht durchweg sympathisch erscheinen und man sich des öfteren fragt, worauf ihre Freundschaft überhaupt basiert, entwickelt ihre Gruppendynamik doch einen fesselnden Sog.

Die Autorin überzeugt mich vor allem mit ihrem Schreibstil und ihren teilweise sehr feinfühligen Formulierungen. Das Buch hat ein paar eher leise Momente, bevor einen die Action wieder anbrüllt, aber gerade dieses Auf und ab gefällt mir.

Veröffentlicht am 10.06.2019

Gemeinsam verloren

Niemals ohne sie
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"Niemals ohne sie" ist das große Motto, das die 21 Kinder der Familie Cardinal ihr Leben lang zu verfolgen scheint. Aufgewachsen in einer verwahrlosten Bretterbude in einem kleinen Kaff im Nirgendwo Kanadas, ...

"Niemals ohne sie" ist das große Motto, das die 21 Kinder der Familie Cardinal ihr Leben lang zu verfolgen scheint. Aufgewachsen in einer verwahrlosten Bretterbude in einem kleinen Kaff im Nirgendwo Kanadas, machen sie schon früh Bekanntschaft mit Entbehrung und ständigem Kampf. Der Vater lebt für seine Erzsuche und bleibt mehr ein fernes Glanzbild, das die Kinder anhimmeln, die Mutter führt ein aufopferungsvolles Leben hinter ihren Kochtöpfen im ständigen Kampf, iher Rasselbande zu ernähren. Die Kinder führen ein zügelloses Leben, kümmern sich umeinander und regieren dank ihrer schieren Überzahl den Ort.

Und doch zeigt die Geschichte, die nacheinander aus der Sicht von sieben der Geschwister erzählt wird, dass dieser übermächtige Zusammenhalt, dieses strikte Gemeinschaftsdenken auch seine Schattenseiten hat. Dass die Kinder in der Masse ihrer Geschwister unterzugehen drohen, es für jedes ein Kampf ist, sich selbst zu entdecken und zu verwirklichen.

Die Geschichte ist eine Schilderung der Extreme, die die Liebe der Familie ausbilden kann, erzählt in einer fast schon poetischen Sprache. Und doch bleibt mir "Niemals ohne sie" seltsam fern. So wie sich die Cardinals gegen ihre Umwelt abschirmen, so verwehrt sich dieses Buch mir und gestaltet das Lesen dadurch schwierig.

Fazit:
Auch wenn ich mit diesem Buch nicht hundertprozentig warm geworden bin, so hat es doch einen seltsamen Sog entwickelt, welcher mich mit Sicherheit sehr bald zum nächsten Buch von Jocelyne Saucier greifen lassen wird.

Veröffentlicht am 10.06.2019

Mehr als ein Krimi

Ein perfider Plan
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Anthony Horowitz, bekannt durch seine Sherlock Holmes-Geschichten, hat mit diesem Buch ein interessantes Experiment gestartet: Eine auf True Crime getrimmte Kriminalgeschichte mit ihm selbst als Erzähler ...

Anthony Horowitz, bekannt durch seine Sherlock Holmes-Geschichten, hat mit diesem Buch ein interessantes Experiment gestartet: Eine auf True Crime getrimmte Kriminalgeschichte mit ihm selbst als Erzähler und Hauptfigur.

Er begleitet den Privatermittler Hawthorne bei seinen Ermittlungen zu dem Fall um die erdrosselte Witwe Cowper, die erst sechs Stunden vor ihrem gewaltsamen Tod ihre eigene Beerdigung geplant hatte.
Das Duo Hawthorne/ Horowitz erinnert dabei sehr stark an ihr literarisches Vorbild Holmes/ Watson, wobei ersterer genauso wortkarg und beobachtungsstark ist und zweiterer ebenso überflüssig für die Lösung des Falles scheint.

Als Leckerbissen serviert der Autor immer wieder Einschübe aus seinem Autorenleben; Begegnungen mit Stars der Literatur- und Cineastenszene ebenso wie Gespräche mit seiner Agentin und das Hadern mit seiner Rolle als stiller und zahlender Beobachter.

Fazit:
Mit persönlich hat die Mischung aus bodenständiger Mordermittlung a la cosy crime und Lifestyle-Bericht eines Sternchens am Unterhaltungsbranchen-Himmel gut gefallen. Die Erzählung ist unterhaltsam, kurzweilig und hat mir genau das geboten, was ich mir dank Cover und Klappentext erhofft habe.