Spannende Liebesgeschichte, die mit Moralvorstellungen spielt
Beyond the SeaBeyond the Sea ist ein Buch, das nicht aus der Hand gelegt werden kann. Die Autorin baut eine unheimliche Spannung auf, die dazu verleitet, Theorien aufzustellen und mitzurätseln.
Die achtzehnjährige Estella ...
Beyond the Sea ist ein Buch, das nicht aus der Hand gelegt werden kann. Die Autorin baut eine unheimliche Spannung auf, die dazu verleitet, Theorien aufzustellen und mitzurätseln.
Die achtzehnjährige Estella steht kurz vor ihrem Schulabschluss. Danach wartet Freiheit auf sie. Endlich weg von ihrer grausamen Stiefmutter Veronica, dem gruseligen Haus und generell dieser schrecklichen Stadt. Doch eines Tages taucht plötzlich Vees jüngerer Bruder Noah auf. Der junge Mann scheint das genaue Gegenteil der gottesfürchtigen Estella zu sein, ein Mann vor dem sie des öfteren gewarnt wird. Trotz besseren Wissens fängt sie an, ihn kennenzulernen, seine freundlichen Seiten zu entdecken. Doch Estella weiß nicht, worauf sie sich eingelassen hat.
Dieses Buch verleitet dazu, Nächte durchzulesen, es nicht aus der Hand zu legen. Estella ist zwar von der Außenwelt abgeschottet, hat nur Kontakt zu ihren Mitschülern, ist dabei aber keineswegs naiv. Sie überzeugte mich mit ihrer Intelligenz sowie ihrem Wissensdrang und ist selbst bei ihren widersprüchlichen Gefühle immer nachvollziehbar. Sie handelt in den meisten Situationen sehr reflektiert und entwickelt sich während des gesamten Buchs weiter. Ihre Stiefmutter, die ihre einzige lebende Verwandte ist, behandelt Estella eher wie eine Dienerin, die alle Wünsche sofort erfüllen muss, was der ganzen Geschichte leichte Aschenputtel-Vibes gibt. Vor allem Estellas Glaube war dabei für mich faszinierend, da sie stets versucht das Gute in allem zu sehen, egal wie schlecht ihre Situation zu sein scheint. Bei der Erwähnung ihrer Albträume lief es mir oft kalt den Rücken runter. Noah hat sich dagegen, aufgrund von vergangenen Ereignissen, vom Glauben abgewendet und ist generell ein eher düsterer Charakter. Zu Beginn des Buchs konnte ich mir die Verbindung der beiden noch nicht wirklich vorstellen, aber sie entwickelte sich im Verlauf so natürlich, dass ich diese immer nachvollziehen konnte. Bei einigen Szenen wurde mir direkt ganz warm uns Herz. Leider blieben aber die ganz großen Gefühle bei mir aus. Vielleicht, weil die Liebesgeschichte relativ langsam voranschreitet und vor lauter Spannung um die Geheimnisse ganz leicht in den Hintergrund gerät.
Auch die Nebencharaktere, wie Estellas beste Freundin Aoife und deren Mutter Siobhan, haben mir gut gefallen, da sie sehr authentisch wirkten. Der Schreibstil der Autorin war während des gesamten Buchs sehr flüssig, alle Orte und Personen konnte ich mir lebhaft vorstellen. Besonders das Haus, in dem Estella lebt, wurde sehr bildlich beschrieben. Ich habe auf jeder Seite mit Estella mitgefiebert, teilweise laut lachen müssen und bei jedem neuen Stein, der ihr in den Weg gelegt wurde, gehofft, dass ihr Traum sich trotzdem erfüllt.
Die Autorin baut mit der Story einen unglaublichen Spannungsbogen auf, der sehr lange sehr hoch gehalten wird. Beim rätseln habe ich relativ zu Anfang eine Theorie aufgestellt, die ich jedoch sehr schnell wieder verworfen habe - mit dem Gedanken: zu absurd. Allerdings stellte sich am Ende genau diese Theorie als richtig heraus, womit ich tatsächlich nicht mehr gerechnet hatte. Dies ist keine klassische Good-Girl trifft Bad-Boy Geschichte, auch wenn es auf den ersten Blick so scheint. Hier wird mit Moralvorstellungen gespielt und der Leser konsequent hinters Licht geführt.
Insgesamt ein Buch, dass ich bei einem anderen Zeitplan wahrscheinlich in eins durchgelesen hätte. Eine Geschichte, deren Spannung über 400 Seiten konstant aufrecht erhalten wird, ist mir noch nicht oft begegnet.
Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, meine Meinung wurde hierdurch nicht beeinflusst.