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Veröffentlicht am 07.03.2019

Ein Fuchs ist ein Fuchs!

Vom Fuchs, der ein Reh sein wollte
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"Ein Fuchs ist ein Fuchs!“

Oder vielleicht ist es doch nicht ganz so einfach?

Nach einem großen Waldbrand haben sich die Tiere aus dem Wald heraus gerettet. Doch nicht alle scheinen es geschafft zu haben. ...

"Ein Fuchs ist ein Fuchs!“

Oder vielleicht ist es doch nicht ganz so einfach?

Nach einem großen Waldbrand haben sich die Tiere aus dem Wald heraus gerettet. Doch nicht alle scheinen es geschafft zu haben. Ein kleiner Fuchs bleibt verängstigt zurück, er hat seine Familie verloren.
Ob er sie wiederfinden wird? - Doch zunächst muss ihm geholfen werden. Es ist noch zu klein, zu unwissend und zu hilflos, um allein in der gefährlichen großen Welt - noch dazu außerhalb des Waldes - zurecht zu kommen. Mama Reh nimmt ihn schließlich in ihre Familie auf und der Fuchs bemüht sich sehr, wie seine Rehgeschwister zu werden. Aber einige Tiere bleiben skeptisch: Ein Fuchs bleibt ein Fuchs! Was, wenn er groß wird und sich seiner Feindschaft zu den schwächeren Tieren besinnt?
Mama Reh glaubt an das Gute in jedem und hält zu dem kleinen Fuchs, der sich mit einem neuen Bruder auf die Suche nach seiner Fuchsfamilie macht.

Kirsten Boie ist eine sehr… zauberhafte Geschichte gelungen. Es geht um Freundschaft, Zusammenhalt, um das gegenseitige Helfen und um Toleranz. Besonders herausstechend ist die etwas aufgeblähte und kitschige Sprache, die aber gleichzeitig auch sehr melodisch ist. Letzteres macht sie für den Vorleser zu einem Vergnügen.

Auch die Illustrationen von Barbara Scholz sind schön. Sehr zart und hübsch. Man sieht ihnen an, dass sie von einer bekannten Kinderbuchillustratorin sind. Sehr moderne Zeichnungen, die deshalb allerdings auch nicht besonders herausragen.

Das Lesealter wird für Kinder ab sechs Jahren angegeben. Für Erstleser würde ich es nicht empfehlen, denn das Buch ist lang, die Sprache schwülstig - zu viel für erste eigene Leseversuche.
Die Story selbst ist dagegen eher langweilig und sehr vorhersehbar. Für ältere Kinder dürften es wohl mehr Spannung und weniger Naivität sein.

Jüngere Kinder dagegen werden von einer Riesenmenge an eher langweiligem Text erschlagen und finden zu wenige Illustrationen im Buch. Außerdem finde ich einige Handlungsverläufe zu grausig für kleine Kinder.

Wir waren wohl leider nicht das richtige Vorleser-Zuhörer-Gespann für dieses Buch. Es hat uns gelangweilt und manche besonders naive Textstelle war mir einfach viel zu kitschig und blöd.
Aber ich denke, dass dieses Buch dennoch seine Leser finden wird und wir da einfach einen anderen Geschmack haben.

Drei Sterne für dieses hochwertig gestaltete und freundlich erzählte Kinderbuch.

Veröffentlicht am 19.02.2019

Jede Art von Ungewöhnlichkeit wird herausgequetscht

Onkel Stan und Dan und das ungeheuerlich ungewöhnliche Abenteuer
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"Aber inzwischen machten sich alle im Dorf Sorgen wegen der Ungewöhnlichkeit. Keiner von ihnen wusste genau, wann Dr P’Krall in seinem Besenschrank oder Gartenschuppen oder Badezimmer auftauchen und ihm ...

"Aber inzwischen machten sich alle im Dorf Sorgen wegen der Ungewöhnlichkeit. Keiner von ihnen wusste genau, wann Dr P’Krall in seinem Besenschrank oder Gartenschuppen oder Badezimmer auftauchen und ihm ein neues Flugblatt über Ungewöhnlichkeit in die Hand drücken oder einen Vortrag über Ungewöhnlichkeit halten würde.“ (38/39)

Dachs Dan und Onkel Stan sind die besten Freunde. Sie sind fröhlich und leben in einer beschaulichen, aber sehr ungewöhnlichen Welt. Außer ihnen gibt es auch noch ein paar - ebenfalls eher ungewöhnliche - Lamas. Eines Tages stellt Dr P’Krall ihre Welt auf den Kopf, denn er hat sich vorgenommen "jede Art von Ungewöhnlichkeit aus dem Leben herauszuquetschen“. So bringt er Onkel Stan eines Tages in seinem Institut für Hochsicherheit und Heilung von Ungewöhnlichkeit unter und nimmt Dachs Dan damit seinen besten Freund.

So nimmt das Abenteuer seinen Lauf…

Es gibt schon ein weiteres Abenteuer von Stan und Dan, doch dieser Band ist der erste, den ich bisher gelesen habe. Dieser zweite Band scheint durchaus auf dem ersten aufzubauen, man kann ihn aber auch unabhängig davon lesen und verstehen.

Mir gefallen die freche und kreative Sprache, der Wortwitz und die Behäbigkeit des Abenteuers Das Buch ist für Erstleser ab 9 Jahren und ich denke, dass die Altersangabe passt. Die Illustrationen sind nicht zu üppig und alle schwarzweiß und eher einfach gehaltene Strichzeichnungen. Jedes Kapitel beginnt mit einer kleinen Inhaltsangabe. Das ist für die junge Leserschaft bestimmt interessant und führt sie an dieses Stilmittel heran.

Wir brauchen längere Geschichten zum Vorlesen im Bett, damit meine Stimme und die Geschichte eine Chance haben, unseren dreijährigen Sohn in den Schlaf zu tragen. So passt er zwar nicht in die Alterszielgruppe, dennoch gefällt ihm das Buch. Es ist fantasievoll und spannend. Tagsüber kann er das Vorgelesene nachspielen.

Veröffentlicht am 01.02.2019

Fantasievolle Geschichte

Rotzhase & Schnarchnase - Ein Wicht vor Gericht
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Da fiel Hase noch etwas ein.
ES TUT MIR LEID, DASS ICH DICH ANGESCHRIEEN HABE!“, schrie er.
Grünspecht kam geflogen.
„Schon gut, gut, gut!“, sagte sie. „Ich war in deinem Bau und habe deinen Lieblingssessel ...

Da fiel Hase noch etwas ein.
ES TUT MIR LEID, DASS ICH DICH ANGESCHRIEEN HABE!“, schrie er.
Grünspecht kam geflogen.
„Schon gut, gut, gut!“, sagte sie. „Ich war in deinem Bau und habe deinen Lieblingssessel vollgekackt, jetzt geht’s mir besser.“ (77)

Eines Tages finden Hase und Bär eine kleine verunfallte Eule. Hase ist sich sicher, dass Eulen schreckliche Tiere sind und spinnt fantasievollste Horrorszenarien über sie zusammen, die all die anderen Tiere verschrecken.
Erst als sie mit der Eule reden, stellen sie fest, dass Hase sich wohl geirrt haben muss. Was auf eine Eule möglicherweise zutrifft, gilt wohl längst nicht für alle…

Die Geschichte um den forschen Hasen und seine Weggefährten ist humorvoll und lehrreich erzählt.
Und auch die Illustrationen sind ganz wunderbar. Schlicht, lustig und auch hübsch.
Es geht um Vorurteile, die vorschnell und lautstark verkündet werden. Und es geht darum, wie all die anderen diesem Urteil unkritisch glauben.
Erst das Gespräch mit dem süßen kleinen Eulchen selbst öffnet den anderen Tieren die Augen: Na sowas, so groß und schrecklich ist sie ja gar nicht!

Ich finde dieses Buch ganz zauberhaft. Es bietet genau die richtige und fantasievolle Mischung: Es ist frech und lustig, aber auch ernst und lehrreich.

Veröffentlicht am 01.02.2019

Sei du selbst! Alle anderen sind bereits vergeben. (Oscar Wilde)

Lotti und Otto (Band 1)
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"Ab sofort darf jedes Kind Räuberhöhlen bauen und sie mit Blumengirlanden dekorieren, Blubberfische angeln und Puppenkleider nähen, auf Bäume klettern, sich gegenseitig Geschichten erzählen und Monstertorten ...

"Ab sofort darf jedes Kind Räuberhöhlen bauen und sie mit Blumengirlanden dekorieren, Blubberfische angeln und Puppenkleider nähen, auf Bäume klettern, sich gegenseitig Geschichten erzählen und Monstertorten mit Zuckerkringeln backen. Ganz egal, ob Junge oder Mädchen."

Die Otter Lotti und Otto treffen sich im Ferienlager und stellen fest, dass sie gleich aussehen. Da sie beide keine Lust auf die von den Erwachsenen vorgegebenen Beschäftigungen haben (Jungs angeln, Mädchen dekorieren), tauschen sie heimlich die Mützchen und schon dürfen sie das jeweils andere machen.

Für Kinder im Bilderbuchalter ist das Thema der Geschlechterrollen noch weitestgehend irrelevant. Zumindest interessieren sie sich selbst noch nicht explizit dafür. Doch die Erwachsenen kommen oftmals mit sehr festgefahrenen Ideen und Stereotypen daher und behandeln auch die Kleinsten schon entsprechend. Die wiederum übernehmen es für ihre Selbstidentität und ihr Verständnis von der Welt.

Das Typisch-Junge-typisch-Mädchen-Denken führt dazu, dass Rollenbilder weiterbestehen, die längst überholt sind und den Menschen in seiner Selbstentfaltung und Freiheit einschränken. Schon die Kleinsten sollten wissen: Sei du selbst und lass dich nicht durch Schubladendenken und Rollenklischees einengen. Die Erwachsenen, die so etwas wichtig finden, lassen sich übrigens schon von einem Mützchen in die Irre leiten, das nicht dem Rosa=Mädchen/Blau=Junge Schema entspricht. Wer möchte bitte so blind durchs Leben gehen?

Die Aussage des Buches finde ich also sehr wichtig und schon deshalb gefällt es mir. Die Geschichte um Lotti und Otto ist spannend für Kinder. Die Sprache ist kindgerecht und witzig. Story und Sprache sind aber nicht so ausnehmend gut, dass sie mir fünf Sterne wert wären.

Was wiederum die fünf Sterne rechtfertigt, sind die hübschen Illustrationen von Carola Sieverding. Niedlich, detailliert, zart. Wirklich ganz toll bebildert.
Die Autorin bekommt die volle Punktzahl dafür, dass sie sich einem wichtigen Thema annimmt und die Idee zum Buch geliefert hat.

Veröffentlicht am 01.02.2019

Na warte, Langeweile, ich werd’s dir zeigen

Ein Affe an der Angel
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"So konnte es nicht weitergehen! 'Na warte, Langeweile, ich werd’s dir zeigen', schimpfte Darko jetzt laut und stellte sich auf den Kopf. Im Kopfstand kamen ihm immer die besten Einfälle." (14)

Ein verregneter ...

"So konnte es nicht weitergehen! 'Na warte, Langeweile, ich werd’s dir zeigen', schimpfte Darko jetzt laut und stellte sich auf den Kopf. Im Kopfstand kamen ihm immer die besten Einfälle." (14)

Ein verregneter Tag, Warten im Stau oder Wartezimmer? Da kann einem schon mal so richtig langweilig werden, vor allem als Kind. Doch Darko weiß sich stets zu helfen: Sobald er sein Tierlexikon aufschlägt, erlebt er aufregende Fantasiereisen.

Darko ist nämlich "Tierforscher und Fachmann für Abenteuer". Stets dabei, wenn er im Einsatz gegen die Langeweile ist: Seine wandelbare Multifunktionswendeweste, gefüllt mit ultimativ wichtigen Dingen, deren skurrile Aufzählung teil der besonderen Erzählweise dieses Buches ist.

Seinem Tierlexikon entspringen aber nicht einfach nur ganz normale Tiere. Nein, es sind meist sehr spezielle Tierarten, über deren Lebensweise und Charakteristika Darko hin und wieder Informationen beisteuert. Zudem legen die Tiere stets lustige und besondere Marotten an den Tag. Da ist der müde Ameisenbär, der immer gleich nach Kaffee oder Cola fragt, der Brüllaffe, der sich für einen Löwen hält, der neugierige Brillenpelikan und der umweltbewusste und gerechtigkeitsliebende Elefant.

Story und Charaktere sind in diesem Buch sehr fantasievoll und nicht so überkorrekt, wie es heutzutage meist zu sein hat. Ich habe dieses Buch meinem dreijährigen Sohn vorgelesen, der die Gedankenreise viel schneller und unverkopfter mitgemacht hat als ich. Während ich noch erklärte, war er schon längst auf der spannenden Expedition durch langweilige Alltagssituationen. Besonders faszinierend für den jungen Zuhörer sind in diesem Buch die Wortneuschöpfungen, die besonderen Tiere und natürlich die Zeichnungen.

Die Illustrationen gefallen mir übrigens sehr gut. Sie sind sehr unkitschig, abenteuerlich und interessant. Die Figuren haben unterschiedliche Gesichtsausdrücke, was bei Bilderbüchern für kleinere Kinder oftmals vernachlässigt wird. Hier guckt auch mal jemand grummelig, entschlossen, gelangweilt…

An dieser Stelle möchte ich allerdings einen Fehler bemängeln, der kleinen Bücherwürmern sofort ins Auge fällt: Die im Text als gelb beschriebenen Gummistiefel sind orangerot gezeichnet. Was mir außerdem nicht gefällt sind die Titel. Die finde ich irgendwie ziemlich blöd: "Fang!", "Marsch!", "Klopf!".

Das sind allerdings nur Kleinigkeiten. Insgesamt mögen wir dieses Buch sehr. Es mag für eine ältere Zielgruppe gedacht sein (erstes Selbstlesealter), aber wir erleben damit eine sehr abenteuerliche und intensive Vorlesezeit.

Es regt zum Spiel mit der Sprache und zu Gedankenreisen an und macht Lust, selbst ein kleiner, Lexikon wälzender Forscher zu werden.