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Veröffentlicht am 06.03.2020

Szenen einer Ehe auf Hornby-Art

Keiner hat gesagt, dass du ausziehen sollst
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»Wir fangen an zu reden, jemand sagt was Falsches, und dann reden wir nur noch über dieses Falsche.« (62%)

Tom und Louise sind schon seit einigen Jahren verheiratet, haben gemeinsame Kinder. Nach einem ...

»Wir fangen an zu reden, jemand sagt was Falsches, und dann reden wir nur noch über dieses Falsche.« (62%)

Tom und Louise sind schon seit einigen Jahren verheiratet, haben gemeinsame Kinder. Nach einem Fehltritt Louises gehen sie nun zur Paartherapie, um ihre Ehe zu retten. Sie treffen sich vor jeder Sitzung in einem Pub gegenüber der Therapiepraxis. Worüber sie sich dort unterhalten, erfahren wir im Roman. Zehn Sitzungen, zehn Vorabtreffen im Pub, zehn Kapitel.

Während man am Anfang noch denkt „Lasst es doch lieber, ihr beiden!“, kommt man ganz schnell zu der Einsicht, dass die beiden irgendwie zusammengehören. Was die Zeit eben so aus einer Beziehung macht, das zeigen die Schlagabtäusche der Eheleute sehr deutlich auf. Sehr real und gleichzeitig natürlich zugespitzt. Szenen einer Ehe auf Hornby-Art.

Leider ist die Geschichte so kurz. Kaum ein ganzes Buch. Aber es passt auch irgendwie zu der sehr szenischen, komprimierten Erzählweise.

Ich denke, dass dieses Büchlein sehr schlau ist. Dass es etwas aufzeigt, dass viele Leute in einer langjährigen Beziehung so bestätigen könnten. Und es hat ein schönes, mutmachendes Ende - wenn man das so vorwegnehmen darf…

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Veröffentlicht am 05.03.2020

Ein herausragendes Mutmachbuch

Billy mit den Bambusbeinen
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„Du hast echt coole Beine!“,
ruft die Wanze Billy zu.
„Supertolle Bambusbeine
und Schuhe noch dazu!“

Als Billy seinen ersten Aus-Flug macht, lernt er viele andere Insekten kennen: Einen Marienkäfer, ...

„Du hast echt coole Beine!“,
ruft die Wanze Billy zu.
„Supertolle Bambusbeine
und Schuhe noch dazu!“

Als Billy seinen ersten Aus-Flug macht, lernt er viele andere Insekten kennen: Einen Marienkäfer, der mit seinen Punkten prahlt und Billy uncool findet. Oder auch eine Wespe, die mit ihrem Stachel kokettiert. Billy beneidet die anderen. Doch dann trifft er auf eine Wanze, die ihn um seine schönen Beine beneidet. Dieses Kompliment tut Billy gut, nachdem er von all den selbstverliebten Kommentaren zuvor sehr eingeschüchtert wurde.

„Billy mit den Bambusbeinen“ ist eines von den Kinderbüchern, die es schaffen, aus der Menge herauszuragen. Und ich finde, dass es viele richtig gute und schöne Kinderbücher gibt.

Wenn man die Zeichnungen sieht, denkt man direkt an die Olchis. Und tatsächlich: Billy ist vom Olchi-Autoren Erhard Dietl. Die Illustrationen sind also schon mal ausnehmend gut. Die Figuren haben meist einen etwas trägen Gesichtsausdruck, es gibt so viele lustige Details. Billys schlaksige Bambusbeine, seine coolen Schuhe, sein langer Saugrüssel und sein vorwitziges Gesicht - sehr gelungen! Hinten im Buch gibt es eine Suchseite: Die lustigen Insekten sind in der Geschichte versteckt, nur wo? Darüber nimmt man noch mehr Details wahr.

Hinzu kommt, dass Billys Geschichte wunderbar ist! Ein unsicherer junger Kerl, der das erste Mal allein in die Welt hinausfliegen darf. Und dann trifft er erstmal nur auf die lauten Angeber, die herablassend und eingebildet sind. Das trifft den eh schon unsicheren Billy natürlich sehr. Doch dann bekommt er ein Kompliment und ist schwer begeistert. Ja, er hat lange, dürre Bambusbeine - sind die nicht einfach supertoll?

Erzählt wird in Reimform. Das finde ich sehr angenehm und melodisch vorzulesen. Und mein Sohn hört Reimen besonders gerne zu. Es werden lustige Worte benutzt. So spricht die Wespe Rachel von ihrem Stachel als „Hammerteil am Po“.

Einfach herrlich. Ich möchte dieses Buch jedem jungen Leser ans Herz legen. Ganz besonders aber den unsicheren Kindern, die viel über sich und ihre Andersartigkeit nachdenken.

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Veröffentlicht am 28.02.2020

Ein ungleiches Paar

Ein Freund wie kein anderer 2: Im Tal der Wölfe
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„Dafür hatte er in Habbi einen echten Freund. Einen Freund, der wie kein anderer war und dem er selbst von nun an immer zur Seite stand.“

Das Erdhörnchen Habbi hat Winterschlaf im Bau seiner großen Familie ...

„Dafür hatte er in Habbi einen echten Freund. Einen Freund, der wie kein anderer war und dem er selbst von nun an immer zur Seite stand.“

Das Erdhörnchen Habbi hat Winterschlaf im Bau seiner großen Familie gemacht. Doch kaum wittert er die erste Frühlingsluft, ist er hellwach und macht sich sogleich auf den Weg, um seinen Freund Yaruk endlich wiederzusehen. Doch Yaruk ist kein anderes Erdhörnchen, sondern ein Wolf, dem Habbi im letzten Jahr das Leben gerettet hat.

Viele Leser kennen vermutlich den ersten Band dieser zauberhaften Geschichte. Wir leider nicht. Das hat dem Lesevergnügen aber keinen Abbruch getan. Oliver Scherz hat so eine wunderbare Sprache in seinen Kinderbüchern, fast ein wenig geschwollen und pathetisch. Aber gerade noch unter der Kitschgrenze.

Die Geschichte um Habbi und Yaruk hat mir sehr gut gefallen, war meinem Sohn aber fast ein wenig zu langweilig. Er fand „Wir sind nachher wieder da, wir müssen kurz nach Afrika“ deutlich spannender. (In diesem Buch machen sich zwei Kinder mit einem Elefanten auf eine abenteuerliche Gedankenreise nach Afrika).

In „Ein Freund wie kein anderer“ geht es verstärkt um Loyalität, Freundschaft und Familie. Spannungen gibt es eher aufgrund der Verschiedenheit der beiden Freunde, die natürlich auch sehr unterschiedliche Bedürfnisse haben. Es werden auch die Themen Tod der Eltern, Krankheit und Alleinsein thematisiert. Damit ist es vielleicht nicht unbedingt die richtige Lektüre für ganz junge Kinder.

Auch die wunderschönen, zarten Illustrationen von Barbara Scholz möchte ich nicht unerwähnt lassen. Sie hat ihren ganz eigenen Stil, den man auf den ersten Blick wieder erkennt. Ich mag ihre realitätsnahen, aber auch ausdrucksstarken Bilder sehr. Die gezeichneten Tiere sagen sehr viel über Mimik und Gestik aus. Kinder, die selbst noch nicht lesen können, profitieren davon besonders.

Alles in allem ein sehr gelungenes Kinderbuch, das nur nicht zu Hundertprozent den Geschmack meines Kindes getroffen hat.

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Veröffentlicht am 18.02.2020

Kleine Menschen, große Träume

Hannah Arendt
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„Endlich hatte sie wieder das Recht, Rechte zu haben, und das gehört doch zum Menschsein dazu.“

Hannah Arendt ist schon als kleines Mädchen eigenwillig und rebellisch. Aber sie lässt sich nicht einschüchtern ...

„Endlich hatte sie wieder das Recht, Rechte zu haben, und das gehört doch zum Menschsein dazu.“

Hannah Arendt ist schon als kleines Mädchen eigenwillig und rebellisch. Aber sie lässt sich nicht einschüchtern und geht ihren Weg. Das intelligente Mädchen macht trotz einiger Widrigkeiten ihr Abitur, beginnt ein Philosophiestudium und muss dann nach Frankreich und schließlich Amerika fliehen. Selbst Opfer der Judenverfolgung in Deutschland geworden, bleibt es ihr stets ein wichtiges Anliegen über politische Machtmissbräuche und gefährliche Minderheiten-Verfolgungen zu sprechen und zu schreiben.

Diese Ausgabe von „Little People, Big Dreams“ ist mein zweites Buch aus der Serie. Wie schon bei meiner Rezension zur Jane Austen Ausgabe, möchte ich auch hier darauf hinweisen, dass es sich meiner Meinung nach nicht um Kinderbücher handelt. Wobei Hannahs Lebensweg schon nachvollziehbarer dargestellt ist als der von Jane und diese Ausgabe damit ein bisschen kindgerechter ist.

Aber es seien auch hier wieder die tollen Illustrationen und die kunstvolle Aufmachung des Buches erwähnt. Die Zeichnungen sind sehr klar und kindlich-leicht. Das etwas raue Papier, der Textileinband und das schlicht-farbige Cover mit dem handschriftlichen Titel: Die Bände sind als Teil der Serie erkennbar. Sie sind hochwertige und hübsche Kunstbände über starke Persönlichkeiten. Mir gefallen sie sehr gut.

Hier der Link zu meiner Rezension über den Jane Austen Band aus der „Little People, Big Dreams“ Serie:
http://www.lesejury.de/rezensionen/deeplink/270565/User

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Veröffentlicht am 18.02.2020

Phantasie ist wichtiger als Wissen

Der Sommer, in dem Einstein verschwand
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„Einstein sagt, die Zeit ist nicht das, was wir glauben, sie ist etwas ganz anderes. Sie ist nichts Absolutes. Sie ist eine Illusion, ein Zaubertrick für unseren gutgläubigen Blick." (7)

Ein alter Mann ...

„Einstein sagt, die Zeit ist nicht das, was wir glauben, sie ist etwas ganz anderes. Sie ist nichts Absolutes. Sie ist eine Illusion, ein Zaubertrick für unseren gutgläubigen Blick." (7)

Ein alter Mann namens Otto erinnert sich zurück an die Jubiläumsausstellung in Göteborg im Jahr 1923. Damals ist er dreizehn Jahre alt und ein Waisenkind, das auf dem Gutshof eines reichen Mannes lebt und sich dort um den widerspenstigen Esel Bella kümmert. Als für das Kinderparadies der Ausstellung ein Esel benötigt wird, darf Otto mit Bella nach Göteborg reisen.

Zur selben Zeit ist auch Albert Einstein in Göteborg, denn er soll hier seine Vorlesung zum Erhalt seines Nobelpreises nachholen. Einstein ist damals bereits ein prominenter Wissenschaftler und gern geladener, charismatischer Redner. Doch er hat auch seine Feinde.

Und dann gibt es noch zwei weitere Figuren in der Geschichte: Die junge Journalistin Ellen, die für die Ausstellungszeitung schreibt und der Polizist Nils, die gemeinsam versuchen, Einstein vor einem Angriff zu schützen.

Die Erzählperspektive wechselt zwischen diesen vier Personen und die Geschenisse sind eingebettet in Ottos „Erinnerungen“ - so weit man das bei einem demenzkranken 92-Jährigen so nennen kann. Oder, um es mit seinen eigenen Worten zu sagen:

„Und das Vergessen ist auch nicht das, was wir glauben: eine ätzende Flüssigkeit, die alles auflöst und vernichtet. Es ist reine Dunkelheit. Alles Geschehene ist noch da, wenn auch unsichtbar, wie Möbel in einem Zimmer in der Nacht. (...) Was ich erleb, ist so viel mehr. Es hat nichts Plattes oder Steifes, sondern eine lebendige Welt, mit Tiefe und Bewegung, Farben und Schatten, Stimmen und Gerüchen.“ (7/8)

Dieses Zitat beschreibt sehr gut, wie besonders die Erzählstruktur in diesem Roman ist. Am Ende laufen auf herrlich ironische Weise alle Handlungsfäden wieder zusammen. Ganz elegant und fast nebensächlich.

Schweden, die Zwanziger Jahre und Einstein - "Der Sommer, in dem Einstein verschwand" sprach mich direkt mehrfach an und hat meine hohen Erwartungen noch übertroffen. Es werden auch viele weitere Themen behandelt: Das neue Frauenbild, Stadt versus Land, die modernen Errungenschaften der Wissenschaft und Technik, die Schere zwischen arm und reich. Verschwörungstheoretiker, Betrüger, die Polizeiarbeit, der Journalismus - auch diese Themen finden Erwähnung.

Zeitgeschichtliche Ereignisse werden mit einer fiktiven Kriminalgeschichte verwoben und ergeben einen wunderbaren Unterhaltungsroman. Spannend, intelligent, atmosphärisch und einfach nur schön. Vielleicht habe ich eine neue Lieblingsautorin entdeckt…!

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