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Veröffentlicht am 24.04.2021

Wuchtige Familiengeschichte

Jaffa Road
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Nina, eine Archäologin aus Berlin, erhält einen Anruf aus Italien von Avvocato Catalano, dem
Notar ihres Großvaters Moritz Reincke. Er hat eine traurige Mitteilung für Nina und bittet sie, zur Testamentseröffnung ...

Nina, eine Archäologin aus Berlin, erhält einen Anruf aus Italien von Avvocato Catalano, dem
Notar ihres Großvaters Moritz Reincke. Er hat eine traurige Mitteilung für Nina und bittet sie, zur Testamentseröffnung nach Palermo zu kommen. Auch ihre Tante Joëlle, die in Paris lebt, wurde informiert. Vor Ort erleben die beiden Frauen eine Überraschung. Sie treffen auf Elias, einen Enkel von Moritz alias Maurice. Denn wie sich herausstellt, hatte der Verstorbene mehrere Identitäten.
Rückblickend erfahren wir, wie das Schicksal der drei Familien zusammenhängt. In verschiedenen Erzählsträngen geht es neben Palermo abwechselnd unter anderem nach Haifa, Jaffa und Tunis.
Ausführlich und intensiv greift der Roman den Nahostkonflik auf und erklärt erzählend die Zusammenhänge.

Ich muss zugeben, es hat ein bisschen gedauert, bis ich in der Geschichte drin war.
Die ersten hundert Seiten habe ich doch sehr distanziert gelesen, dann allerdings fiel es mir leichter. Mit über 600 Seiten ist es ein wuchtiges Buch, welches Längen aufweist und mir etwas zu ausführlich geschrieben und dadurch langatmig erscheint. Ich habe mir vor einigen Jahren "Bella Germania" gekauft und den Roman innerhalb kürzester Zeit regelrecht verschlungen. Das war diesmal leider nicht der Fall. Trotz allem hat mich die Geschichte sehr berührt. Das Thema ist großartig recherchiert.

"Jaffa Road" schließt übrigens an den Roman "Piccola Sicilia" an, setzt die Geschichte von Moritz und Yasmina fort und erweitert sie. Man kann das Buch aber ohne weiteres auch lesen, wenn man, so wie ich, den Vorgänger noch nicht kennt.
Der Bestseller hat 672 Seiten und ist im S. Fischer Verlag erschienen.

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Veröffentlicht am 18.04.2021

Auszeit an der Nordsee

Der Wind singt unser Lied
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Toni reist durch die Welt auf der Suche nach Heimat, kann aber nirgendwo sesshaft werden.
Als sie Teenager war, beschlossen ihre Eltern, Berlin zu verlassen und ein neues Leben auf dem Land zu beginnen. ...

Toni reist durch die Welt auf der Suche nach Heimat, kann aber nirgendwo sesshaft werden.
Als sie Teenager war, beschlossen ihre Eltern, Berlin zu verlassen und ein neues Leben auf dem Land zu beginnen. Richtig zu Hause hat Toni sich im Gegensatz zu ihrer älteren Schwester Caro in St. Peter-Ording allerdings nicht wirklich gefühlt.
Als sie einen Anruf, sozusagen einen Hilferuf, von ihrem Vater bekommt, beschließt sie, ihre Zelte auf Costa Rica abzubrechen und zurück an die Nordsee zu kommen. Was sie da am Ferienhof ihrer Familie erwartet ist alles andere als rosig, sondern eher chaotisch.
Und dann holen Toni dort noch die Schatten der Vergangenheit ein, die es zu bekämpfen heißt.

Meike Werkmeister hat mit "Der Wind singt unser Lied" einen tollen Wohlfühlroman geschrieben, der sich schön und leicht lesen lässt, ohne kitschig zu sein. Die einzelnen Charaktere sind sehr gut und treffend beschrieben. Man fühlt mit den Menschen in der Geschichte mit, weint und lacht mit ihnen.
Es ist ein Roman entstanden, der zu Herzen geht und einen berührt - das ideale Buch für eine kleine Auszeit vom Alltag.

Das Buch ist im Goldmann Verlag erschienen und hat 464 Seiten. Im Anhang gibt es den Abschnitt "Bunte Ideen", der Rezepte und Bastelanleitungen enthält.
Perfekt abgerundet wird das alles durch ein wunderbar sommerliches Cover.

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Veröffentlicht am 17.04.2021

Berührend und erschreckend zugleich

Klara und die Sonne
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Klara ist eine KF, eine künstliche Freundin. Wir lernen sie in einem Geschäft kennen, wo sie sich mit anderen KFs befindet, die wie sie selbst darauf warten, von Jugendlichen als Alltagsgefährten ausgewählt ...

Klara ist eine KF, eine künstliche Freundin. Wir lernen sie in einem Geschäft kennen, wo sie sich mit anderen KFs befindet, die wie sie selbst darauf warten, von Jugendlichen als Alltagsgefährten ausgewählt zu werden.
Die 13-jährige Josie entdeckt Klara im Schaufenster des Ladens und ist sofort begeistert von ihr. Das Mädchen kann ihre Mutter dazu bewegen, die KF zu kaufen. Somit beginnt für Klara ein neuer Abschnitt in ihrem Dasein. Sie wird nun mit Menschen leben, den Alltag einer Familie kennenlernen und die Aufgabe haben, sich um Josie zu kümmern. Sie wird aber auch lernen müssen, mit den Emotionen der Menschen umzugehen und erfahren, dass es zwei Schichten gibt. Da sind zum einen die Gehobenen, die genmanipuliert wurden, um im Leben erfolgreich zu sein. Und dann wird sie Rick treffen, den besten Freund von Josie. Er gehört zu den Ungehobenen, daher stehen ihm nicht alle Wege offen.

"Klara und die Sonne" ist eine beeindruckende und berührende, aber auch beängstigende Geschichte. Begriffe wie künstliche Intelligenz und Genmanipulation sind uns ja nicht mehr fremd. Und es stellt sich die Frage: Wie weit gehen wir Menschen, um erfolgreich zu sein?

Für Thea Dorn vom Literarischen Quartett ist "Klara und die Sonne" der schönste traurige Roman, den sie seit langem gelesen hat.
Dem kann ich zustimmen. Mich hat das Buch auch sehr berührt. Es ist ein leises Buch, traurig ja, aber schön traurig.
Allerdings hat mich der Roman nicht komplett erreicht. Es blieb eine Distanz, die ich nicht genau definieren kann.
Vermutlich liegt es am eher nüchternen Schreibstil und der etwas kindlich-naiven Erzählweise von Klara als Ich-Erzählerin.
Letztendlich ist es aber eine tolle Lektüre, die sich durchaus zu lesen lohnt.
Für mich war es das erste Buch von Kazuro Ishiguro. Ich kann mir aber durchaus vorstellen, mehr von ihm zu lesen.
Ishiguro wurde in Nagasaki geboren und zog als Kind mit seiner Familie nach London. Der britische Autor hat 2017 den Literaturnobelpreis bekommen.

Das Buch ist im Blessing Verlag erschienen, hat 352 Seiten und wurde von Barbara Schaden aus dem Englischen übersetzt.

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Veröffentlicht am 10.04.2021

Nicht ganz überzeugend

Tod in Zeeland
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Freddie nimmt mit ihrer Freundin Miriam an einem mehrtägigen Yogaseminar in Zeeland teil. Sie will sich über die Beziehung zu ihrem Freund Jan klar werden und Abstand gewinnen.
Doch bereits am ersten Abend ...

Freddie nimmt mit ihrer Freundin Miriam an einem mehrtägigen Yogaseminar in Zeeland teil. Sie will sich über die Beziehung zu ihrem Freund Jan klar werden und Abstand gewinnen.
Doch bereits am ersten Abend gibt es eine Leiche, und die wird ausgerechnet von Freddie entdeckt. Die ermordete Frau, die sich ebenfalls für den Kurs angemeldet hatte, kannte auch Jan näher, um nicht zu sagen "sehr nahe". Dadurch und auch durch weitere Verstrickungen fällt der Verdacht unter anderem auf Freddie. Diese beginnt schließlich eigenmächtig zu ermitteln.

Carla Capellmann hat mit "Tod in Zeeland" ihren ersten Krimi und somit den ersten Fall für Freddie Weihs geschrieben.
Das Buch liest sich leicht und flüssig und ist mit vielen niederländischen Begriffe gespickt, für die man eine Übersetzung im Anhang findet.
Wer die Gegend um Zeeland kennt, wird begeistert sein, denn alles ist schön und sehr bildlich beschrieben.
Die Story selbst fand ich etwa bis zur Hälfte des Buches ganz gut, dann allerdings hat sie mich einfach nicht mehr gepack. Irgendwie hat mir insgesamt so ein bisschen der rote Faden gefehlt. Ich mag Yoga, trotzdem war es mir hier etwas zu viel, und ebenso zu viel wurden mir die Schuhe, die regelmäßig verschwanden. Das alles ist zwar auch humorvoll erzählt, hat mich in diesem Fall aber nicht wirklich erreicht.
Lediglich gegen Ende nimmt die Geschichte noch an Fahrt auf und wird spannend.
Alles in allem ist es kein schlechtes Buch. Nur erwarte ich selbst von einem guten Krimi einfach mehr.

"Tod in Zeeland" ist im Emons Verlag erschienen und hat 288 Seiten.

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Veröffentlicht am 07.04.2021

Wenn Gegenwart und Vergangenheit kommunizieren

Kleine Wunder um Mitternacht
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Atsuya, Shota und Kohein sind auf der Flucht und entschließen sich, die Nacht in einem alten Gemischtwarenladen zu verbringen. Kaum sind die Kleinkriminellen dort angekommen, wird von außen ein Brief durch ...

Atsuya, Shota und Kohein sind auf der Flucht und entschließen sich, die Nacht in einem alten Gemischtwarenladen zu verbringen. Kaum sind die Kleinkriminellen dort angekommen, wird von außen ein Brief durch einen Schlitz in den Laden geworfen.
Und es bleibt nicht bei dem einzigen Brief. Die Post ist für Yuji Namiya gedacht, der vor vielen Jahren dort gelebt und gearbeitet hat und den Leuten mit sehr wertvollen Ratschlägen zur Seite stand.
Schnell stellt sich heraus, dass das verlassene Geschäft ein Geheimnis birgt. Ein Geheimnis, das die Männer ganz schön durcheinander bringt.

"Kleine Wunder um Mitternacht" erzählt in mehreren Episoden von ganz unterschiedlichen Menschen und deren Problemen im Leben. Sie alle wenden sich an Yuji Namiya, um Hilfe zu bekommen. Was anfangs wie einzelne Geschichten aussieht, entwickelt sich zunehmend zu einem stimmigen Ganzen.

Keigo Higashin ist vor allem durch seine erfolgreichen Krimis bekannt. Unter anderem die Physikprofessor-Yukawa-Reihe und auch die Inspektor-Kaga-Reihe haben sich millionenfach verkauft.
Nun hat der japanische Autor, der bereits mehrere Literaturpreise erhielt, ein ganz anderes Buch geschrieben.
Es ist ein zauberhafter Roman entstanden, der von Geheimnissen und Wundern erzählt - auf sehr anrührende Weise, ein bisschen philosophisch und auch ein wenig humorvoll - ein Roman, den ich uneingeschränkt empfehlen kann!

Das Buch hat 416 Seiten, wurde von Astrid Finke ins Deutsche übersetzt und erscheint am 13. April im Limes Verlag.

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