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Veröffentlicht am 25.10.2020

Regt zum Philosophen an

Das Buch eines Sommers
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Nicolas ist ein erfolgreicher Unternehmer. Er hat die Pharmafirma seines Vaters geerbt und fühlt sich verpflichtet, diese weiterzuführen. So wirklich zufrieden ist er damit allerdings nicht. Richtig bewusst ...

Nicolas ist ein erfolgreicher Unternehmer. Er hat die Pharmafirma seines Vaters geerbt und fühlt sich verpflichtet, diese weiterzuführen. So wirklich zufrieden ist er damit allerdings nicht. Richtig bewusst wird ihm das, als sein Onkel Valentin stirbt und Nicolas dessen Villa im Süden erbt.

Bereits im Sommer nach seinem Abitur fuhr Nicolas mit Valentin zum ersten Mal an diesen magischen Ort. In der Villa fühlte er sich damals frei und konnte mit Valentin wunderbar philosophieren. Sein Onkel war es, der immer versucht hat, ihm den Blick für das Wesentliche im Leben zu öffnen.
Ursprünglich träumte Nicolas davon, Schriftsteller zu werden.
Dieses Bedürfnis wird in ihm wieder geweckt, als er mit seiner Frau und seinem Sohn erneut im Süden ist, um sich um Valentins Beerdigung und den Verkauf der Villa zu kümmern.

Bas Kast, der das Bestseller-Sachbuch "Der Ernährungskompass" geschrieben hat, erzählt diese Geschichte wunderbar leicht und schön. Nicht nur Nicolas denkt über sein Leben nach, auch der Leser wird dazu angeregt.
Wer sind wir? Wer wollen wir sein?
Ich habe das Buch schnell und mit Vergnügen gelesen, allerdings hätte ich mir mehr Tiefe gewünscht.
Alles in allem ist die Lektüre aber durchaus empfehlenswert.

Der Roman ist im Diogenes Verlag erschienen und hat 240 Seiten.

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Veröffentlicht am 03.10.2020

Berührend und voller Magie

Herzfaden
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Wer kennt sie nicht, die Augsburger Puppenkiste? Mit ihren berühmten Figuren wie Jim Kopf und Lukas, dem Lokomotivführer, Urmel aus dem Eis und dem Kasperl.

Thomas Hettche hat einen Roman geschrieben ...

Wer kennt sie nicht, die Augsburger Puppenkiste? Mit ihren berühmten Figuren wie Jim Kopf und Lukas, dem Lokomotivführer, Urmel aus dem Eis und dem Kasperl.

Thomas Hettche hat einen Roman geschrieben über sie. Einen Roman über die Puppenkiste und über die Familie Oehmichen, die die Marionettenbühne gegründet hat, aber auch über die Zeit damals. Es ist die Zeit des 2. Weltkriegs, der so viel Leid gebracht hat und 1944 in einer Bombennacht auch Augsburg zerstörte.

Ein zwölfjähriges Mädchen gelangt nach einem Besuch einer Theater-Vorstellung durch eine Tür in eine Fantasiewelt auf dem Dachboden der Augsburger Puppenkiste. Dort trifft sie auf die berühmten Marionetten und auf die junge Hatü, die Tochter von Walter Oehmichen. Und Hatü beginnt zu erzählen.

Hettche lässt die Geschichte auf zwei Zeitebenen spielen. Diese werden hervorgehoben durch verschiedene Schriftfarben. Blau für die Vergangenheit, Rot für die Gegenwart.
Man ist sofort gefangen und mittendrin in der Geschichte. In einer Geschichte voller Phantasie und voller Melancholie. Und auch mittendrin in der Vergangenheit, in den Wirren des zweiten Weltkriegs.

Dieser Roman, der zurecht für den Deutschen Buchpreis 2020 nominiert wurde, hat mich sehr berührt und begeistert. Er ist sprachlich so fein, so leicht, so voller Poesie.
Und ein wenig erinnert das Buch mit den beiden Erzählsträngen und den farbigen Texten an Michael Endes "Unendliche Geschichte". Verwunderlich ist dies nicht, denn "Herzfaden" ist auch eine Hommage an Michael Ende.

Die Lektüre gehört definitiv schon jetzt zu meinen Lese-Highlights dieses Jahres. Und ich kann sie jedem nur wärmstens empfehlen. Ein Buch, das man gelesen haben muss und das zurecht auf der diesjährigen Shortlist des Deutschen Buchpreises steht.

"Herzfaden" von Thomas Hettche hat 288 Seiten und ist im Kiepenheuer & Witsch Verlag erschienen.

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Veröffentlicht am 30.09.2020

Mitreißende Story

Normale Menschen
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Connell und Marianne - zwei junge Menschen, die in derselben Stadt wohnen und in dieselbe Schule gehen. Ansonsten haben sie keine Gemeinsamkeiten. Er lebt alleine mit seiner jungen Mutter in bescheidenen ...

Connell und Marianne - zwei junge Menschen, die in derselben Stadt wohnen und in dieselbe Schule gehen. Ansonsten haben sie keine Gemeinsamkeiten. Er lebt alleine mit seiner jungen Mutter in bescheidenen Verhältnissen und ist der Star an der Schule. Sie kommt aus reichem Elternhaus, bewohnt mit ihrer Mutter und ihrem Bruder eine große Villa und ist eine Einzelgängerin. Als Connell seine Mutter von der Arbeit abholt - sie ist Haushälterin bei Mariannes Familie - kommen die Jugendlichen ins Gespräch und ihrer beider Leben verändert sich.

Sally Rooney hat mit "Normale Menschen" einen fulminanten Roman geschrieben. Episodenhaft beschreibt sie das Leben und die On-Off-Beziehung von Connell und Marianne. Ist 'Beziehung' überhaupt der richtige Begriff? In welchem Verhältnis stehen die beiden zueinander? Was verbindet sie?
Es ist eine bewegende und berührende Geschichte über Freundschaft, Faszination, Begehren und Macht.
Die Lektüre hat mich ab der ersten Seite in ihren Bann gezogen. Sie liest sich leicht und schnell, ist aber keineswegs oberflächlich, sondern sehr ernst und tiefgründig.

Das Buch, das von Zöe Beck aus dem Englischen übersetzt wurde, ist im Luchterhand Verlag erschienen und hat 320 Seiten.

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Veröffentlicht am 30.09.2020

Ein brisantes Thema

GOTT
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Richard Gärtner ist 78 Jahre alt, geistig und körperlich fit. Seit dem Tod seiner Frau, die an Krebs gestorben ist, sieht er keinen Sinn mehr in seinem Leben. Er möchte sterben und bittet seine Ärztin ...

Richard Gärtner ist 78 Jahre alt, geistig und körperlich fit. Seit dem Tod seiner Frau, die an Krebs gestorben ist, sieht er keinen Sinn mehr in seinem Leben. Er möchte sterben und bittet seine Ärztin daher um ein Medikament. Gärtner war 42 Jahre verheiratet und ist seit drei Jahren Witwer.
Die Ethikkommission diskutiert den Fall.

Ferdinand von Schirach hat sich in "Gott - Ein Theaterstück" den Themen Suizid und Sterbehilfe gewidmet.
In den Rollen finden wir neben Gärtner noch den Vorsitzenden sowie ein Mitglied des Ethikrates, einen Rechtsanwalt und einen Rechtssachverständigen, Gärtners Augenärztin - sie ist eine Art Hausärztin für ihn - sowie einen medizinischen Sachverständigen und schließlich einen theologischen Sachverständigen.

Der Anhang des Buches besteht aus Essays von drei namhaften Wissenschaftlern, die das Thema aus verschiedenen Perspektiven beleuchten.
Wie schon in seinem Drama "Terror" lässt Ferdinand von Schirach am Ende den Leser entscheiden und ein Urteil fällen.

Nachdem ich schon mehrere Werke des Autors mit Begeisterung gelesen habe, war ich neugierig auf dieses Buch. Die Lektüre um dieses brisante und anspruchsvolle Thema regt sehr zum Nachdenken an.
Wer hat das Recht, über Leben und Tod zu entscheiden? Wem gehört unser Leben? Ich selbst kann und möchte mich da nicht festlegen müssen. Und doch sollten wir uns Gedanken machen, was diese ethischen Fragen betreffen.
Ein sehr gutes Buch. Absolut empfehlenswert!

Die Lektüre ist im Luchterhand Verlag erschienen und hat 160 Seiten.

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Veröffentlicht am 30.09.2020

Brilliant

Funkenmord (Kluftinger-Krimis 11)
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Kommissar Kluftinger wird am Todenbett eines vor über 30 Jahren Verurteilten gebeten, den wahren Mörder zu finden.
Was ist damals genau passiert? Wer ist der wahre Mörder der jungen Lehrerin? Und wie hängt ...

Kommissar Kluftinger wird am Todenbett eines vor über 30 Jahren Verurteilten gebeten, den wahren Mörder zu finden.
Was ist damals genau passiert? Wer ist der wahre Mörder der jungen Lehrerin? Und wie hängt das Verbrechen von damals mit den jetzigen Ereignissen zusammen? Wer hat den Kommissar vor einigen Wochen im Wald überfallen?
Gemeinsam mit seinem Team und vor allem mit seiner neuen jungen Kollegin Lucy Beer macht sich Kluftinger auf die Suche nach den Tätern.

'Funkenmord' knüpft nahtlos an den vorherigen Band an, in welchem der Kommissar selbst in einen Fall verwickelt und ein Kollege getötet wurde. Kluftinger setzt alles daran, Licht ins Dunkel zu bringen, was in ihm einiges aufwirbelt.
Auch privat läuft es nicht ganz rund. Erika, die Gattin des Kommissars, leidet unter Migräne, sodass ihr Mann auch im Haushalt gefordert ist. Es ergeben sich amüsante Situationen.

Mit 'Funkenmord' ist dem Autorenduo Volker Klüpfel und Michael Kobr wieder ein brillianter Krimi gelungen.
Ich bin ein großer Fan der Reihe und habe alle Bände gelesen. Und ich habe das Gefühl, wir lernen hier einen sehr emotionalen Kluftinger kennen, sehr nachdenklich und ein bisschen weise.

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