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Veröffentlicht am 13.10.2019

Bella Italia?

Oberitalienische Seen Reiseführer Michael Müller Verlag
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Für den Lago Maggiore suchten wir nicht explizit nach einem Reiseführer, der nur diesen See abhandelt. Somit bleibt für eine Grobplanung nur eine begrenzte Auswahl zur Verfügung.

Immerhin 64 Seiten behandeln ...

Für den Lago Maggiore suchten wir nicht explizit nach einem Reiseführer, der nur diesen See abhandelt. Somit bleibt für eine Grobplanung nur eine begrenzte Auswahl zur Verfügung.

Immerhin 64 Seiten behandeln den See mit seinen wichtigsten Ausflugszielen, mehr oder weniger interessanten Tipps und dankenswerter Weise auch den üblichen Gepflogenheiten sowie einem sehr übersichtlichen Wörterbuch in Deutsch – Italienisch.

Teilweise sind Reiseführer im eigentlichen Sinn mit Tipps für Übernachtungsmöglichkeiten im heutigen Zeitalter ja schon ein wenig überholt. Wer aber eine neutrale Bewertung wünscht, findet hier sicherlich die bessere Alternative zu den üblichen Buchungswebsiten.

Unsere Auflage war die 6. aus 2017. Neueres war auch aus anderen Verlagshäusern nicht verfügbar.

Übersichtlich gestaltet findet man schnell Ausflugstipps und Tagesziele.

Die Ausflugsziele waren wirklich gut und aktuell beschrieben. Die Wasserfälle von Cittiglio kann man getrost weglassen. Hier wird zwar auf die zerstörten Wege hingewiesen, aber wir fanden hier nur riesige Müllhaufen, Schuttmassen und wirklich nicht betretbare Trampelpfade.

Gefreut hätte ich mich über eine kleine Übersichtskarte für Varese. Das Tourismusbüro haben wir trotz längerer Suche nicht gefunden, aber dank Smartphone dann doch noch zu unseren Zielen gelangt.

Mir fehlten jedoch entscheidende Hinweise wie z. B. dass man sich im Oktober schon in der Nebensaison befindet und wir auf der Ostseite des Lago dann wirklich in Italienisch kommunizieren konnten. Völlig übergangen wurde auch die Situation, dass für normalsterbliche Bürger kaum sowie gar keine Bade- bzw. Strandmöglichkeiten am Lago existieren. Die winzigen öffentlichen „Strände“ die den Bürgern zur Verfügung stehen bieten keinerlei Parkplätze und sind nur sehr steil durch teilweise nur schlecht als recht geschotterte Wege zu erreichen. Angekommen sind diese jenseits von Sauber und hübsch anzusehen.

Mir ist schon klar, dass es sich um einen „Bergsee“ handelt und die Zugänge dementsprechend begrenzt sind. Aber den Hinweis, dass man hier alles wo es nur ging privatisiert hat, wäre schon hilfreich gewesen.

Im Hinterland finden sich bezaubernde und exzellent ausgeschilderte Wanderwege, welche hier gänzlich unerwähnt blieben. Schade, aber auch ohne betreffenden Wanderführer kommt man sehr gut vorwärts.

Mein Fazit:

Übersichtlicher Reiseführer, der jedoch nur zur Grobplanung dient und man vorher noch mal die Hinweise und Tipps auf ihre Aktualität überprüfen sollte.

Veröffentlicht am 11.10.2019

Mut zur Rebellion

Wo die Freiheit wächst
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„Funkenflug“ und der Sommer 1939 erzählt den Beginn des Kriegs. Nahtlos geht es mit den Edelweißpiraten weiter, die in einem Briefwechsel aus ihrem Leben während des Krieges erzählen.

Leni und ihre Geschwister ...

„Funkenflug“ und der Sommer 1939 erzählt den Beginn des Kriegs. Nahtlos geht es mit den Edelweißpiraten weiter, die in einem Briefwechsel aus ihrem Leben während des Krieges erzählen.

Leni und ihre Geschwister erleben mit der verwitweten Mutter den Krieg in Köln hautnah.

Im Jahr 1942 wird Lenis Bruder Franz an die Front nach Osten geschickt. Stalin leistet bissigen Widerstand. Röschen, die beste Freundin von Leni wird mit ihrer Mutter und ihrem jüngeren Bruder auf einen Bauernhof zur Unterstützung der Ernte verfrachtet.

Beide halten untereinander Kontakt per Briefpost, Telegramm und mehr schlecht als Recht mit der Feldpost nach Russland.

Anfänglich erlebt Leni den Krieg nicht als eine wirkliche Einbuße in ihrem Leben. Die Lebensmittel sind zwar rationiert, aber dank dem Schrebergarten von den Großeltern kommt man gut zurecht.

Während die Mutter sich mit ihrem neuen Freund, einem SA-treuen Angestellten bei der Stadt einlässt, gelingt es Leni über den doch schon frühen Tod ihres Vaters klar zu kommen.

Röschen lernt einen hübschen ehemaligen Adligen kennen und Leni freundet sich mit Erich an.

Erich, kein Freund der HJ und der BDM lebt sein ganz eigenes Leben und hinterfragt. Leni, die ebenfalls mit offenen Augen durch die Welt geht, hinterfragt ebenfalls. Aus Freundschaft wird Liebe.

Doch dann hält der Krieg auch Einzug in Köln. Die nächtlichen Luftangriffe der Engländer bringen Leid, Not und den Tod.

Um Leni herum sterben Freunde, Bekannte und Verwandte. Franz wird hart unter Beschuss genommen und zweifelt an seinem Tun, während Kalli, der jüngere Bruder eine steile Karriere in der HJ hinlegt.

Leni ist entsetzt und rebelliert, auch dank Erich immer lauter.

Frank Maria Reifenberg hat Lenis Geschichte in einen Briefroman gepackt. Man erhält einen beeindruckenden Einblick in die unterschiedlichen Leben, ob an der Front oder in der zerbombten Stadt Köln.

Mit viel Frohsinn erträgt Leni das Leid der gesamten Familie und steht als junge Frau, gepackt von Zwiespälten trotzdem mitten im Leben.

Mutig hinterfragt sie und schreibt offen über ihre Ängste, Erkenntnisse und Verdächtigungen.

Während sich Röschen und Franz um Lenis Mut sorgen, hat Kalle hingegen seine ganz eigenen Entscheidungen getroffen.

Reifenberg schildert das Leben der Jugendlichen während der Kriegszeit. Die ständige Angst, ob an der Front oder bei Luftangriffen in der heimischen Wohnung. Nur scheinbar gewöhnen sich die Kinder und Jugendliche an diese Situationen. Die Rebellion beginnt leise und still und weitet sich dann über Köln hinaus. Mit Flugblättern, Einbrüchen und Diebstählen wehren sich die Edelweißpiraten gegen die Diktatur Hitlers. Bewachung, Diskreditierung und Bespitzelung stehen an der Tagesordnung und alle Mitglieder wissen, was ihnen droht.

Reifenbergs Briefroman hinterlässt einen Schatten. Dieser ist richtig und gut und soll uns jeden Tag vor Augen führen, wie einfach und friedlich unser Leben ist und wie schnell sich das auch ändern kann.

Veröffentlicht am 09.10.2019

Die Macht der Bücher

Die verborgenen Stimmen der Bücher
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Für Emmet Farmer nimmt das Leben eine bittere Wendung. Nach langer Krankheit noch nicht ganz genesen hilft er mehr schlecht als recht auf der Farm seiner Eltern.

Eines Tages erhalten diese einen Brief, ...

Für Emmet Farmer nimmt das Leben eine bittere Wendung. Nach langer Krankheit noch nicht ganz genesen hilft er mehr schlecht als recht auf der Farm seiner Eltern.

Eines Tages erhalten diese einen Brief, der sie dazu auffordert, das Emmet in die Lehre einer Buchbinderin gehen soll. Lange schon hatten diese geahnt, dass Emmets Krankheit nicht normal und schon gar nicht heilbar sei.

Emmet, der sich erst überrascht, aber dann hoffnungslos mit seinem Schicksal abfindet, macht sich auf den Weg zu seinem neuen Schicksal.

Die Buchbinderin kommt ihm Anfangs wie eine alte Hexe vor. Lebt sie doch fernab direkt in einem Moor in einem urigen kalten Haus. Sie bringt ihm nach und nach ein paar Details des Buchbindens bei, doch verbirgt dabei unübersehbar den Zugang zu ihrer eigenen Werkstatt und des dahinter gelegenen Gewölbes.

Emmet, der sich so langsam nicht mehr mit den paar Handgriffen täglich zufrieden geben will, drängt nach mehr Wissen.

Erst als die Buchbinderin unverhofft stirbt und ein alter dubioser Kollege beginnt, den Keller und Teile des Gewölbes leerzuräumen, ahnt Emmet, das noch viel mehr hinter seiner Tätigkeit steckt.

Als nunmehr neuer Lehrling in der Stadt wird Emmet gleich zu seinem ersten Einsatz geschickt und lernt schneller als erhofft, seine Fähigkeiten einzusetzen.

Dunkle Ahnungen befallen ihn, seine Krankheit und seine Fähigkeit sieht er als Fluch. Bücher dienen den Menschen als Flucht in das Vergessen und stehen geradezu hoch in Mode.

Als Emmet ausgerechnet bei seinem ersten Auftrag erneut auf den ihn scheinbar schon bekannten Lucian Darnay trifft, beginnt er langsam zu verstehen.

Von nun an kämpft Emmet um seine eigene Geschichte, die in irgendeinem dieser Bücher geschrieben steht.

Bridget Collins überzeugt mit ihrer Geschichte, die ebenfalls gebunden vor mir liegt. Die Erinnerungen, die in Bücher gefesselt, verborgen bleiben sollen bringen viel Leid, aber auch viel Liebe mit sich.

Die zarten Bande, die hier in dieser Liebesgeschichte aufkeimen, werden erst mit der ganzen Bedeutung dieser gebundenen Bücher sichtbar und stehen für Aufrichtigkeit, Hoffnung und wahre Liebe.

Besonders hübsch sind der Einband des Buches und der blaugefärbte Schnitt zu erwähnen, die Emmets Buchbindekünsten eine wahre Ehre machen.

Veröffentlicht am 08.10.2019

Gut gegessen?

Sweetbitter
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Tess trifft auf New York. Jeder kennt die riesige Stadt, diesen riesigen Moloch, der nie schläft.

Während alle davon träumen, vom Tellerwäscher zum riesigen Filmstar oder gar zum Millionär zu werden, ...

Tess trifft auf New York. Jeder kennt die riesige Stadt, diesen riesigen Moloch, der nie schläft.

Während alle davon träumen, vom Tellerwäscher zum riesigen Filmstar oder gar zum Millionär zu werden, träumt Tess davon, Kellnerin zu werden.

Sie bewirbt sich mehr schlecht als recht bei dem In-Restaurant und wird zu ihrer Überraschung gleich genommen.

Dort lernt sie scheinbar alles, was man über Essen und Trinken wissen muss. Sie hängt sich an Simone, eine langjährigen Mitarbeitern und hochgelobten Kellnerin und lernt.

Als Hilfskellnerin macht Tess eigentlich alles falsch, was man nur falsch machen kann und man ist als Leser auf Dauer wirklich überfordert, dies einfach so hinzunehmen.

Nach der Arbeit feiert die „Familie“ noch in einer nahegelegenen Bar und man säuft und kokst um die Wette.

Dieser Roman zeigt, wie es in der wirklichen Gastrowelt aussieht. Jeder, der schon mal gekellnert oder in einer Restaurantküche gearbeitet hat kennt das Klischee.

Ruppige Gäste, die einem keinen noch so kleinsten Fehler verzeihen, strenge Hirarchien unter den Mitarbeitern und ein Chef, der kein Megaphon braucht.

All dies an der Upper Eastside macht es Tess nicht leichter, als sie sich auch noch in den jungen Bartypen Jake verliebt.

Es grenzt an Besessenheit, wie diese Familie rund um Simone und Jake funktioniert und auch daran, diesen Roman zu beenden. Man hat kein Fünkchen Mitleid mit Tess! Frühreife, unerwiderte Liebe und kitschige Liebe haben in einem solchen Leben keinen Platz.

Stephanie Danler hat zwar einen wunderbaren Einblick in die „wahre“ hochpreisige Restaurantszene abgebildet, in der nicht der Gast der schlimmste Feind ist, sondern das Gesundheitsamt. Jedoch schien mir Tess planlos in einer Welt voller Nobelweine und Austern-Glamour umherzuirren und dennoch so wenig von sich selbst preiszugeben.

Schade, ich hatte mir nach den anfänglichen Szenen über süß, sauer, bitter, salzig und umami doch ein wenig mehr erhofft als einen doch sehr vorhersehbaren Liebesroman.

Veröffentlicht am 08.10.2019

Trauerüberwindung im Flug

H wie Habicht
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Für einen großen Vogelbewunderer wie mich kam „H wie Habicht“ gerade recht. Doch Helens Geschichte ist nicht einfach erzählt.

Nachdem ihr Vater unerwartet an einem Herzinfarkt stirbt, fühlt sie sich ...

Für einen großen Vogelbewunderer wie mich kam „H wie Habicht“ gerade recht. Doch Helens Geschichte ist nicht einfach erzählt.

Nachdem ihr Vater unerwartet an einem Herzinfarkt stirbt, fühlt sie sich verlassen, einsam und von der Welt nicht mehr verstanden.

Ihre Zweifel sind so groß, dass sie sich im Gegenzug dazu beschließt, mit einem neuen Jagdvogel zu beglücken.

Schon als Kind war sie der Falknerei und den Greifvögeln erlegen und hat, unterstützt von ihrem Vater, dieses Hobby mit aller Leidenschaft verfolgt.

Bücher über Bücher häufen sich in Helens Wohnung. Von den Grundzügen der Falknerei bis hin zu historischen Werken über die Greifvögelabrichtung ist alles was an Literatur existiert, vorhanden.

Um gehen ihren großen Verlust anzukämpfen, beschließt sie, sich ausgerechnet einen Habicht zuzulegen. Entgegen aller Empfehlungen tritt Mabel in ihr Leben. Dieser Vogel jedoch zwingt ihr einen Willen auf, der sich nur schwer beherrschen lässt.

Die Welt um Helen herum verschwindet merklich. Es gibt nur noch den Vogel, den es abzurichten gilt und das mit aller Kunst und allen Feinheiten.

Begleitet wird Helen von T. H. White, der ebenfalls dem Willen eines Habichts erlag. Seine Geschichte, die bis auf den Schmerz keinerlei Übereinstimmungen mit Helen aufweist, geht tief ins Mark.

T. H. White, von Geburt an schon mit Neid, Missgunst und Überforderung belegt, versucht sich hoffnungsvoll überfordert an seinem Terzel.

Whites Schmerz und Verrohung überträgt sich immer mehr auf Helen, die in sich verfällt.

Mit der Arthursage begibt sich White in ferne und fremde magische Welten. Sein Erfolg als Schriftsteller und Falkner ist mäßig, was Helen nur noch mehr anstachelt, den perfekt abgerichteten Habicht zu erzielen.

Mit Helen Macdonald begeben wir uns tief hinein in die Geschichte der Falknerei. Das scheinbare Sachbuch verschwindet leicht in der Geschichte Helens. Helens Trauer hingegen schwindet leicht in der Detailtreue über Atzung und derlei Fachbegriffen.

Man hofft auf jedem Flug Mabels, dass er zurückkommt. Die Faust von Helen muss stets der unumkehrbare Hafen für ihren Habicht sein. Noch mehr Trauer würde man kaum ertragen.