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Veröffentlicht am 06.06.2024

Sehr missionarisch und manchmal an der Realität vorbei

Mit jeder kleinen Entscheidung
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Clarie muss sich eingestehen, dass es so mit ihrer Ehe nicht weitergehen kann. Ehemann Stephen beichtet ihr eine Beinahe-Affäre und das nagt doch sehr an ihrem ohnehin stark angekratzten Selbstbewusstsein. ...

Clarie muss sich eingestehen, dass es so mit ihrer Ehe nicht weitergehen kann. Ehemann Stephen beichtet ihr eine Beinahe-Affäre und das nagt doch sehr an ihrem ohnehin stark angekratzten Selbstbewusstsein. Zu schwer wiegen die Ereignisse aus der Vergangenheit. Die Beziehung steht auf der Kippe und so ist es nicht verwunderlich, dass Claire nicht in Begeisterungsstürme ausbricht, als ihr Stephen von einem geplanten Hauskauf und einem Umzug erzählt. Noch ahnt sie nicht, dass dieses Haus ihr Schicksal sein wird....


"Mit jeder kleinen Entscheidung" von Tamare Alexander lässt zwei Zeitstränge ineinander fließen und verbindet eine Geschichte ähnlich der bekannten TV-Serie "Fackeln im Sturm" mit den Sorgen und Nöten aus der Gegenwart. Die alte Villa steigt in geradezu majestätischer Manier aus den Seiten und entfaltet ihre ganze Schönheit und Größe wie auf einer Pop-up-Karte, sodass die Leser:innen aus dem Staunen nicht mehr herauskommen.

Die alten Mauern bergen ein Geheimnis und genau dieses gilt es zu ergründen. Während Claire mit der Untreue ihres Mannes hadert und sich im Geiste schon die Scheidungspapiere unterschreiben sieht, wird sie, Dank der handschriftlichen Aufzeichnungen aus einem geheimen Tagebuch Zeugin, wie sich das Leben im und um das Haus zu Zeiten des Bürgerkrieges abgespielt hat. Körperliche Züchtigungen, sexualisierte Gewalt, Rassenhass und Sklavenhaltung geben ein sehr plakatives und schmerzhaftes Bild von einst wieder. Die Erniedrigungen jeglicher Art sind beim Lesen deutlich bemerkbar und hinterlassen Spuren.

Die Entwicklung der Charaktere auf beiden Zeitebenen ist gelungen und es fällt leicht, sich in den jeweiligen Part hineinzuversetzen. Sympathie und Antipathie liegen ganz nah beieinander und schicken die Leser:innen auf eine Achterbahn der Gefühle. Leider liest sich der Roman an vielen stellen wie eine Predigt, wirkt dadurch missionarisch, manchmal schon zwanghaft überzeugend und eine Spur zu dick aufgetragen. Es gibt viele christliche Bücher, die ihre christliche Botschaft in einer sehr ausgewogenen Balance zwischen Spannung, Emotionen und spirituellem Inhalt über die komplette Dauer der Lektüre halten können, aber hier schlägt die Autorin viel zu oft über die Stränge, wirkt dadurch belehrend und es geht von ihrer Geschichte eine Art dringlicher Zwang aus, die gleiche Sichtweise einnehmen zu müssen.

Im letzten Drittel wird die Handlung unglaubwürdig, denn Claire lässt sich von ihrem Mann wieder um den Finger wickeln, folgt ihm und legt bereitwillig das Tuch der Vergebung über seine Verfehlungen. Glaube, Liebe, Hoffnung und Verzeihen sind die Grundpfeiler des christlichen Glaubens, aber eine Geschichte muss auch glaubwürdig sein, um eben jene Werte alltagstauglich in einem mitreißenden Roman zu vermitteln.

Neutrale 3 Sternchen

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Veröffentlicht am 01.06.2024

Dramolett im Scheinwerferlicht

Tod auf der Unterbühne
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Was passiert, wenn aus den Proben für den "Sommernachtstraum" plötzlich ein echter Alptraum wird ? Mit dieser Tatsache sehen sich die Darsteller;innen im Sommertheater konfrontiert, denn ihr Regisseur ...

Was passiert, wenn aus den Proben für den "Sommernachtstraum" plötzlich ein echter Alptraum wird ? Mit dieser Tatsache sehen sich die Darsteller;innen im Sommertheater konfrontiert, denn ihr Regisseur liegt tot auf der Unterbühne. Tragischer Unfall oder Mord ? Sein oder nicht sein...doch ganz so frei nach Shakespeare gestalten sich die Ermittlungen dann doch nicht. Die Bretter, die die Welt bedeuten, werden zur dramatischen Bühne des Lebens....


Sommertheater - das bedeutet, den charakteristischen Geruch nach Theaterschminke, Puder, Kostümen, Holz und Leder in der Nase zu haben und die leichte kühle Brise des Sommerabends auf der Haut zu spüren, wenn sich endlich der Vorhang hebt. Was nach einer wirklich guten Krimi-Unterhaltung aussieht, wird im Verlauf der Kapitel zu einem Dramolett, mit "Viel Lärm um Nichts", denn die Auflösung zur Tötungsart und den Beweggründen ist so typisch und daher schon unglaublich oft gelesen und verarbeitet worden.

Die Figuren sind sehr stereotyp angelegt und so findet sich der tyrannische Regisseur neben der divenhaften Hauptdarstellerin wieder, blütenweiße Westen verleihen schwarzen Seelen ein doch eher bekanntes Aussehen und auch eine Ehefrau, die scheinbar alles sang- & klanglos erduldet, bekommt hier ihren großen Auftritt.

"Sein oder nicht sein"...diese Frage stellt sich immer wieder, und das Treiben auf und hinter der Bühne wird fast schon zur "Komödie der Irrungen" und irgendwie entsteht das Gefühl, dass Figuren und Leser:innen durch die Ereignisse gehetzt werden. Es geht Schlag auf Schlag, Einzelschicksale geben sich quasi im Dauerlauf die Klinke in die Hand und auch #metoo findet seinen Weg zwischen die Seiten. "Wie es Euch gefällt"...die Antwort fällt bei mir eher durchwachsen aus, denn leider trifft hier "Ende gut, alles gut " nicht zu.

Die Krimi-Inszenierung zeigt, dass es möglich ist, Klassiker modern in Szene zu setzen und der Perspektivenwechsel erlaubt einen Blick hinter die Kulissen, aber die Magie des Theaters bleibt relativ oft aussen vor und das Interesse an der Handlung flacht zusehends ab.Neutrale 3 Sternchen

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Veröffentlicht am 20.04.2024

In einem Garten ging das Paradies verloren...

LONELY PLANET Bildband Happy Places Gärten der Welt
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Mit "Gärten der Welt" entdecken die Leser:innen 60 wundervolle Garten- & Parkanlagen rund um den Globus, die direkt ins Paradies führen. Wogende Meere aus Rhododendron oder Bambus, Blütenteppiche aus wie ...

Mit "Gärten der Welt" entdecken die Leser:innen 60 wundervolle Garten- & Parkanlagen rund um den Globus, die direkt ins Paradies führen. Wogende Meere aus Rhododendron oder Bambus, Blütenteppiche aus wie aus 1001 Nacht und florale Regenbögen füllen Seite um Seite und zeigen den Betrachtenden, wie verschwenderisch schön die Natur sein kann.

Die Gartenreise ist im handlichen Format zusammengefasst und genau darin liegt auch das Manko: Die prachtvollen Fotografien kommen leider nicht richtig zur Geltung, zeigen immer nur minimale Ausschnitte, wie durch den Sucher eine sehr guten Spiegelreflexkamera, und nehmen so den Aufnahmen unglaublich viel an Ausdruck, Faszination, überraschenden Effekten und Details kommen nicht richtig zur Geltung . Emotionalisierende Bildmomente sind zwar vorhanden, aber diese verpuffen ziemlich schnell, da die Wirkung eben durch das zu klein gewählte Format untergeht.

Die Begleittexte reißen das Notwendigste an, der Informationsgehalt reicht aus, um die Neugier zu schüren, jedoch dürfte das Realisieren der Gartenreisen manchmal einfach an den fehlenden Geldmitteln scheitern. Viele der vorgestellten Gärten Eden sind leider nicht um die Ecke und das Erreichen ist meist mit einer kostspieligen Reise verbunden.

Fernöstliches Flair, unterschiedliche Themengärten, fantasievolle Gestaltungen, versteckte Pfade und lauschige Plätzchen sind für Naturkino der Extraklasse verantwortlich, aber so ganz springt der Funke leider nicht über. Die Exkursion in die irdischen Paradiese lässt zwar das ein oder andere Glückskonfetti rieseln, doch mir fehlt ein wenig die Harmonie, um mich ganz mit dem Buch entspannen zu können.

Abwechslungsreich zusammengestellt, jedoch müsste die Präsentation noch einmal überdacht werden, um den grandiosen Gärten auch wirklich gerecht zu werden.

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Veröffentlicht am 20.04.2024

Manchmal traumhaft schön, manchmal überlaufen

LONELY PLANET Bildband Happy Places Wildschwimmen
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Wildschwimmen gilt als d i e neue Freizeitbeschäftigung, ist zugleich Abenteuer, Naturerlebnis und Abkühlung. Im Grunde ist es aber nichts anderes als das, was die Generation unserer Großeltern und Eltern ...

Wildschwimmen gilt als d i e neue Freizeitbeschäftigung, ist zugleich Abenteuer, Naturerlebnis und Abkühlung. Im Grunde ist es aber nichts anderes als das, was die Generation unserer Großeltern und Eltern als selbstverständlich angesehen haben. Langweilige Hallenbäder oder überfüllte Freibäder sind in diesem Reisebildband Fehlanzeige, denn 60 Orte rund um den ganzen Globus verstreut laden zum Wildschwimmen ein.

Die Aufmachung des Buches ist optisch ein echtes Schmankerl, und so gelingt auch mühelos das Abtauchen in das kühle Nass. Aber so schön die Fotos, so ansprechend die Texte und so verführerisch die Sonne auf den Wellen glitzert, so wenig praktikabel und umsetzbar sind die vielen Reisetipps, die sich im Buch befinden.

Mal scheitert es am Geld, mal daran, dass echte Hotspots (Baden in Filmkulissen) wie Magnete wirken und statt Sandkörner trampelnde Tourifüße in Badelatschen zu finden sind. Mache abgelegenen Orte sind nur mit einem Guide zugänglich und strahlen in einer fast schon märchenhaften Schönheit, die es unbedingt zu wahren gilt und nicht mit Sonnencreme, Plastikmüll und sonstigen Hinterlassenschaften von Badebegeisterten in Grund und Boden zu stampfen und sie somit ihrer Einzigartigkeit und Unberührtheit zu berauben.

Für eine inspirierende und entspannende Augenreise eignet sich dieses Buch wunderbar, um dem stressigen Alltag zu entfliehen und sich gedanklich in die Lagunen von Venedig, in die Thermalbecken in Neuseeland, an den Strand des Tanganjikasees oder zu den Wasserfällen im Erwan-Nationalpark zu träumen.

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Veröffentlicht am 04.04.2024

Verdrängte Erinnerungen schmerzen auch im Unterbewusstsein

Und vor uns das Meer
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Mette und Josefa waren früher beste Freundinnen, doch dann ist der Kontakt abgebrochen. Der letzte Wunsch der Verstorbenen ist für Mette nicht gerade einfach umzusetzen, denn es gilt, die Asche von Josefa ...

Mette und Josefa waren früher beste Freundinnen, doch dann ist der Kontakt abgebrochen. Der letzte Wunsch der Verstorbenen ist für Mette nicht gerade einfach umzusetzen, denn es gilt, die Asche von Josefa nach Sylt zu bringen. Auch der Reisebegleiter Ole hat früher eine Rolle im Leben von Mette gespielt und so wird der Trip an die Nordsee auch eine Reise in die Vergangenheit. Noch ahnt Mette nicht, dass schmerzende Erinnerungen auch eine Wendung im Leben bedeuten können.....


Hinter dem Namen Jule Henning steckt die Autorin Susanne Fülscher, die für ihre einfühlsamen und sehr emotionale Romane mehr als bekannt ist. Mit "Und vor uns das Meer" öffnet sie eine Erinnerungskiste mit sensiblen Themen, die für eine ganze Generation mit einschneiden Erlebnissen und Traumata verbunden ist ist.

Die Kinderverschickung in den Jahren 1950 bis 1980 nimmt sie als Grundlage für ihre Handlung und lässt mit Mette eine der Betroffenen sprechen. Aber so ganz gelingt es ihr leider nicht, die Aufarbeitung von Machtmissbrauch, emotionaler, physischer und psychischer Gewalt nachvollziehbar und authentisch umzusetzen.

Mette hat die schlimmen Kindheitserlebnisse verdrängt, aber im Unterbewusstsein prägen sie ihr Leben, führen sogar dazu, dass sie sich bewusst gegen das Kinderkriegen entscheidet. Doch warum das so ist und wie die Erkenntnis ihre weitere Entwicklung beeinflusst, das erfahren die Leser;innen leider nicht oder nur am Rande.

Über zwei Drittel der Handlung plätschert diese mehr oder weniger seicht vor sich hin, Geplänkel mit Ole, ein Pubertier namens Mia als unfreiwillige Reisegefährtin und wunderschöne Landschaftsbeschreibungen von Sylt füllen die Seiten, aber wirklich zu Potte kommt niemand. Auch die Umsetzung des eher außergewöhnlichen Wunsches von Josefa, der ja der eigentliche Grund der Reise ist, wird ganz zum Schluss in wenigen Worten abgehandelt.

Das Buch bietet reichlich Potenzial, um die gleichgültige Brutalität in den Kindererholungsheimen, die meist noch von Personal mit braunem Hintergrund geführt wurden, ans Tageslicht zu holen und denjenigen zuzuhören, die dort diszipliniert und tagtäglich gedemütigt und misshandelt wurden. Es scheint aber so, als übe sich die Schreibende in Zurückhaltung aus Angst vor ihrer eigenen Courage. Das Thema verschwindet regelrecht in der drumherum gestrickten Handlung und geht leider unter.

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