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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 09.02.2022

Starker Anfang, schwaches Ende

Hinter diesen Türen
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Von Anfang an ist klar: Rowan Caine ist eine unzuverlässige Erzählerin. Nach einem Todesfall gerät die junge Frau unter Mordverdacht.

Der Briefroman lässt grüßen, da die Protagonistin aus dem Gefängnis ...

Von Anfang an ist klar: Rowan Caine ist eine unzuverlässige Erzählerin. Nach einem Todesfall gerät die junge Frau unter Mordverdacht.

Der Briefroman lässt grüßen, da die Protagonistin aus dem Gefängnis heraus einen Anwalt bittet, sie vor Gericht zu vertreten.

„Hinter diesen Türen“ ist außerdem ein Mix aus Gothic Novel & Thriller.

Kurz zum Inhalt:

Die Protagonistin arbeitet als Erzieherin und sie hat die Nase voll von London & von der Arbeit in einem Hort.

Da eine in Schottland lebende Familie eine Nanny für die vier Töchter sucht und das Gehalt sagenhaft hoch ist, möchte Rowan die Chance zum Neuanfang nutzen, auch die Gerüchte rund um das Haus können sie zunächst nicht abschrecken.

Als sie jedoch in Schottland ankommt, gehen die Erwachsenen sofort auf Dienstreise, das Ehepaar mit eigener Architekturfirma hat außerdem ein Faible für Technik und schwört auf Smart Home Gadgets. Es ist diese Technologie, die Rowan buchstäblich schlaflose Nächte bereitet. Diesen Aspekt hat die Autorin sehr gut ausgearbeitet, man spürt die beklemmende Atmosphäre beim Lesen und der Roman ist spannend von der ersten bis zur letzten Seite. Der erste Teil der Geschichte gefiel mir jedoch besser als der zweite Teil, da nach der Lektüre mein Urteil lautet: Spannung ohne Substanz. Es werden nicht alle Handlungsfäden zusammengeführt, die Wendungen erscheinen wie plot twists um der Wendungen willen, quasi mit dem Holzhammer „serviert“. Beim Lesen hatte ich das Gefühl, dass Ruth Ware eine Checkliste der beliebtesten & bewährtesten Stilmittel abgearbeitet hat. Ein Herrenhaus, das niemand haben wollte, da Gerüchten zufolge ein Mord geschah – check.

Ein Giftgarten – check.

Der sprichwörtliche Gärtner (Handwerker) – check.

Nach einem starken Beginn lässt „Hinter diesen Türen“ schnell nach. Der Thriller ist spannend, aber nicht raffiniert genug, über die küchenpsychologischen Erklärungsmuster habe ich mich geärgert. Ruth Ware wird in Werbetexten bereits „ Agatha Christie des 21. Jahrhunderts“ genannt. Kein Vergleich!

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Veröffentlicht am 04.02.2022

Vita brevis, ars longa?

Unser wirkliches Leben
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Anna (24) stammt aus einfachen Verhältnissen. Um als Studentin in London zu überleben, jobbt sie in einer Jazzkneipe; naheliegend, wenn man bedenkt, dass sie Gesang studiert. Eines Tages trifft ...

Anna (24) stammt aus einfachen Verhältnissen. Um als Studentin in London zu überleben, jobbt sie in einer Jazzkneipe; naheliegend, wenn man bedenkt, dass sie Gesang studiert. Eines Tages trifft sie in ihrem Nebenjob auf Max, einen Banker, der natürlich eine Ecke älter ist. Anna lässt sich auf eine Art Beziehung mit ihm ein, doch es herrscht ein ökonomisches Ungleichgewicht. Eigentlich ist die Oper die große Liebe der Protagonistin. Mit ihrer besten Freundin Laurie kann Anna über alles reden, feministische Idealvorstellungen treffen auf die harte Realität. Wird Anna ihre Ziele erreichen?
Als Leser/in verfolgt man das Geschehen aus Annas Perspektive, man taucht in ihr Gefühls- und Gedankenuniversum ein. Besonders faszinierend fand ich die Welt der Oper, dieser Aspekt des Romans war für mich neu und aufregend. Der Kampf einer Vertreterin der Arbeiterklasse ist mir jedoch vertraut, viele Leser mögen dieses Detail exotisch finden. Auch der Konkurrenzdruck im Studium an sich ist kein Alleinstellungsmerkmal der Geschichte.
„Unser wirkliches Leben“ von Imogen Crimp besteht formal aus 4 Teilen. Zu Beginn konnte mich die Erzählung fesseln, der Stil ist frisch und modern, auch der Verzicht auf Anführungszeichen trägt dazu bei.
Die Exposition ist wirklich gelungen, ab der Mitte konnte mich das Ganze aber nicht mehr wirklich packen, als Autorin hätte ich die Erzählung stellenweise gestrafft. Im Vorfeld habe ich mir einfach mehr von der Geschichte erhofft.
Eine amour fou, der mögliche Verlust der eigenen Identität, ein älterer, manipulativer Partner, der eine jüngere Frau ausnutzt (oder ist es umgekehrt?): Das kenne ich schon aus Zeruya Shalevs „Liebesleben“. Imogen Crimp setzt natürlich eigene Akzente, ich hatte beim Lesen dennoch ein Déjà-Vu.
Selbstermächtigung durch Sexualität, der weibliche Körper als Instrument (hier im doppelten Wortsinn), masochistische Tendenzen – auch Sally Rooney widmet sich in „Normale Menschen“ diesen Themen, was nicht heißen soll, dass Crimp etwas kopiert. Da sie nach ihrem Studium zeitweise selbst Operngesang an einem Londoner Konservatorium lernte, fand ich die Passagen zum Thema besonders spannend, sie waren mein Highlight.


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Veröffentlicht am 30.01.2022

When I'm sixty-four

Der Mann, der zweimal starb (Die Mordclub-Serie 2)
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Mit der „Donnerstagsmordclub“ – Reihe rund um Hobby – Detektive im Seniorenalter (70 plus) schreibt Richard Osman gegen den `Jugendwahn‘ (man denke etwa an das Young – Adult – Genre, das sich bestens verkauft) ...

Mit der „Donnerstagsmordclub“ – Reihe rund um Hobby – Detektive im Seniorenalter (70 plus) schreibt Richard Osman gegen den `Jugendwahn‘ (man denke etwa an das Young – Adult – Genre, das sich bestens verkauft) und gegen die Altersdiskriminierung in der Film – und Unterhaltungsliteraturbranche an. Eigentlich ist die Serie auch ein Plädoyer für ein Miteinander der Generationen, denn auch in einem „alten“ Körper steckt ein wacher Geist.
„Der Mann, der zweimal starb“ ist der zweite Band der Erfolgsreihe.
Worum geht’s?
Schauplatz Großbritannien:
Das Ermittlerquartett ist wieder gefragt! Ron, Joyce, Ibrahim und nicht zuletzt die Ex-Agentin Elizabeth müssen einen heiklen Fall aufklären. Oft werden die Protagonisten, die im englischen Seniorenheim“ Coopers Chase“ leben, unterschätzt. Doch Elizabeth‘ alter Freund Marcus Carmichael, auch ein ehemaliger Geheimdienstmitarbeiter, gehört nicht zu der Sorte Mensch ( Der Ex von Elizabeth, Douglas, hat ein großes Problem). Die Mafia ist ihm auf den Fersen, da er Diamanten im Wert von zwanzig Millionen Pfund „einkassiert“ hat. Also bittet er die rüstigen Rentner um Hilfe. Natürlich mischen auch DCI Chris Hudson und Donna De Freitas wieder kräftig mit – die britische Polizei und der ominöse Bogdan sind also mit von der Partie!
Geschickt verbindet der Autor eine spannende story mit leiser Gesellschaftskritik, Themen wie der Tod oder auch körperlicher Verfall sind ebenso Teil der Geschichte wie die Einsamkeit im Alter. Mal augenzwinkernd, mal sarkastisch ist der Ton, herrlich britisch der Humor. Als Leser/in rätselt man gerne mit, die Geschichte macht einfach Spaß! Beim Lesen musste ich oft schmunzeln, wenn die leicht bessserwisserische Art eines Protagonisten trocken mit „Es ist mir ein Rätsel, warum Du nie geheiratet hast“ kommentiert wird, amüsiere ich mich köstlich. Die Figuren haben Ecken und Kanten, eine rasante Rahmenhandlung lässt keine Langeweile aufkommen. Es wird nie albern, trotz ernster Themen wird nicht auf die Tränendrüse gedrückt. So muss ein guter Detektiv-Krimi sein! „Der Mann, der zweimal starb“ kann auf ganzer Linie überzeugen.

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Veröffentlicht am 23.01.2022

Lawinengefahr

Das Chalet
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Das „Mädchen für alles“ Erin und der Koch Danny jobben in den französischen Alpen als Angestellte im Tourismussektor. Ein bewirtschaftetes Luxus – Chalet in Perce – Neige ist ihr Arbeitsplatz.
Als sich ...

Das „Mädchen für alles“ Erin und der Koch Danny jobben in den französischen Alpen als Angestellte im Tourismussektor. Ein bewirtschaftetes Luxus – Chalet in Perce – Neige ist ihr Arbeitsplatz.
Als sich eine Gruppe von Tech – Hipstern ankündigt, verhalten sich die beiden professionell, obwohl die Mitarbeiter des Start – Ups nicht unkompliziert sind. Die meisten der acht Gäste sind privilegierte Upper – Class – Sprösslinge. Natürlich lernten sich der Gründer der Streaming App „Snoop“ (eine Art Spotify-Verschnitt mit Echtzeitbonus) und sein engster Mitarbeiter in einem englischen Internat kennen. Auch Erin und Danny stammen aus Großbritannien, der Gourmetkoch hat gar eine Sozialbau-Vergangenheit (Franzosen kommen nur am Rande vor, das fand ich ein wenig seltsam). Es gibt den Computernerd, die Diva mit asiatischen Wurzeln, ein Ex-Model, eine Yoga – Anhängerin. Einzig die Ex-Angestellte Liz fällt bei diesem Betriebsausflug aus dem Rahmen – sie hat nicht den richtigen „Stallgeruch“, ist verhuscht und scheinbar sozial inkompetent. Das große Geld und eine drohende Übernahme machen das trügerische Firmenidyll bald zunichte. Bei einem Lawinenunglück verschwindet ein Gast aus der Truppe und bald gibt es einen Toten im „Chalet“. Doch es soll nicht bei einer Leiche bleiben…
Ruth Wares Geschichte ist durchweg spannend und unterhaltsam, es gibt alternierende Erzählperspektiven, der Stil der Autorin ist nicht übel. Der Einsatz von social media Komponenten ist gelungen, er passt gut zum plot, wobei die Followerzahl eigentlich fast schon wieder „out“ ist. Die frostige Atmosphäre gefiel mir gut, da ich den Krimi im Winter gelesen habe, auch der kammerspielartige Erzählrahmen hat sich im Genre bewährt. Nicht glücklich war ich jedoch mit der Charakterisierung der Personen. Die Figurenzeichnung ist schablonenhaft und stereotyp. Scheinbar skrupellose Rich Kids treffen auf ein schlaues, unterschätztes Mitglied (das, wie könnte es anders sein, eine traumatische Kindheit hatte) der Arbeiterklasse. Der erste Teil der Geschichte gefiel mir definitiv besser als der zweite Teil. Auch unter der Oberfläche brodelnde Konflikte sind nichts Neues.
Obwohl die story durchaus spannend ist, ist sie auch recht vorhersehbar. Ziemlich schnell ist klar, wer der Mörder ist (war das so intendiert?). Zum Psychogramm taugt der Krimi (Thrillerfeeling kommt nicht auf) leider auch nicht, zu fade sind die plot twists. Für meinen Geschmack gibt es zu viele „praktische“ Zufälle im Handlungsverlauf. Ein vergessener Schlüssel, ein Mensch mit einem untrüglichen Instinkt, etc. Die (küchen)psychologischen Erklärungsansätze sind zu flach und nach der eigentlichen Auflösung gibt es unnötiges Blabla, da die Nebenhandlungen zu dominieren scheinen. „Das Chalet“ ist okay für Zwischendurch, aber es mangelt dem Kriminalroman einfach an Raffinesse.

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Veröffentlicht am 18.01.2022

It Ain't Over 'til It's Over

Where the Roots Grow Stronger (Shetland-Love-Reihe 1)
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Eckdaten:

ISBN 9783844927818

Gesprochen von Karoline Mask & Arne Stephan. Erschienen im Verlag Hörbuch Hamburg, das ungekürzte Audiobook hat eine Länge von 12 h & 13 Minuten und es ist nicht als CD erhältlich.

Schauplatz ...

Eckdaten:

ISBN 9783844927818

Gesprochen von Karoline Mask & Arne Stephan. Erschienen im Verlag Hörbuch Hamburg, das ungekürzte Audiobook hat eine Länge von 12 h & 13 Minuten und es ist nicht als CD erhältlich.

Schauplatz Bristol (England):

Die sensible Kunststudentin Fiona Linklater hat endlich ihren Bachelor-Abschluss in der Tasche. Das dreijährige Studium ist beendet, vorbei ist auch die Zeit der Zweck-WG. Als introvertierte Person konnte Fiona nicht wirklich eine Beziehung zu ihrer Mitbewohnerin aufbauen, doch gemeinsame Weihnachtsfeiern wurden zum festen Ritual. Glücklicherweise gibt es Menschen, die Fiona akzeptieren, wie sie ist. Die extrovertierte Irina zählt zu Fionas besten Freundinnen.

Als Fiona vom Tod ihres Vaters erfährt, muss sie zurück nach Hause, zurück nach Lerwick. Zwar liebt sie die rauhe Landschaft der Shetlands, doch sie fürchtet sich vor dem Wiedersehen mit ihren Schwestern, da sie einigermaßen überstürzt nach England geflohen war und den Kontakt zu allen Menschen aus ihrer Vergangenheit – auch zu ihrem Freund Connal – abbrach. Doch Fiona hat ihre Gründe – nach dem frühen Tod der Mutter und der Abwesenheit des Vaters war ein weiterer Schicksalsschlag für die junge Frau schwer zu verkraften.

Können Fionas Schwestern Effie & Nessa ihr verzeihen? Wie wird Connal auf ihre Rückkehr reagieren?

„Where the roots grow stronger” ist der Auftaktband der dreiteiligen Shetland Love – Reihe. Jeder Band stellt eine Linklater – Schwester in den Mittelpunkt.

Kathinka Engels Stil gefällt mir sehr, durch den Einsatz von Lyrik durchbricht sie das klassische (sehr langweilige) „Er sagt – sie sagt“ – Schema des New Adult Genres. Ein gelungenes Experiment! Die Geschichte wird abwechselnd aus Fionas und Connals Perspektive geschildert. Connals Gedichte sind ebenso aufschlussreich wie Fionas Gedanken. Die Figurenzeichnung kann überzeugen, Fionas Handlungen sind nachvollziehbar. Ich mochte auch die Nebenfiguren, wie die Ersatzmutter der Linklater – Schwestern oder die loyale Irina. Gerne würde ich ein Irina – Spin – Off lesen. Inhaltlich geht es um eine Liebesgeschichte, wie so oft im New Adult – Genre. Darüber hinaus geht es jedoch auch um das Frausein an sich und um die Definition von Familie. Diese Aspekte gefielen mir gut, stellenweise war mir der feministische Ansatz aber ein wenig zu plakativ umgesetzt. Genderkritische Aussagen von Alteingesessenen werden von den Protagonistinnen mit einem Augenrollen quittiert, Frauen (wie Connals Mutter) haben solidarisch zu sein. Die feministische Dimension von Fionas Kunst ist jedoch passend & angemessen gestaltet. Im zweiten Teil der Reihe findet Engel erfreulicherweise das richtige Maß, ich mag’s subtiler. Die Handlung ist trotz melancholischer Untertöne nie deprimierend & stets spannend, es gibt keine Wiederholungen. Die Liebesszenen sind nicht unbedingt mein Fall, im Gegensatz zu vielen anderen Autoren & Autorinnen vermittelt Kathinka Engel aber gerade jungen Leserinnen ein realistisches Bild von Sexualität und sie betont die Wichtigkeit von Safer Sex. Daumen hoch!

Es gibt in der Geschichte tolle Momente für’s Herz, wenn die Protagonisten im Karaoke – Pub „Can’t help falling in Love“ schmettern und dabei bittere Tränen vergießen, wird es mir persönlich aber zu kitschig. Insgesamt ist der plot trotz Herzeleid dennoch mitreißend und facettenreich. Kathinka Engel präsentiert keine zuckersüße „Stars – Hollow “- Adaption. Sie zeigt die Vor – und Nachteile einer kleinen Gemeinde auf. Wie kann man seinen Platz in einer Gemeinschaft finden, wenn man (vermeintlich) von der Norm abweicht? Unterhaltung mit Tiefgang, es gibt kein unnötiges Drama.

Auch wenn man als Leser/in bereits zu Beginn der Lektüre mit einem happy ending rechnet, gelingt es der Autorin doch, überraschende Momente zu präsentieren. Die story ist perfekt gegliedert.

Fazit:

Ein gelungener Auftakt! „Where the roots grow stronger” ist ein New – Adult – Roman, der mit sympathischen Figuren und traumhaften Naturbeschreibungen punkten kann. Auch wenn mir der zweite Band („Where the waves rise higher“) einen Tick besser gefiel, spreche ich trotz aller Kritikpunkte eine Leseempfehlung aus. Ein schönes (ungekürztes!) Hörbuch, die Sprecher machen ihre Sache gut!

4,5 /5

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