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Veröffentlicht am 03.11.2020

Memoiren eines Tennisprofis

Zwischen Ruhm und Ehre liegt die Nacht
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Andrea Petković hat mit „Zwischen Ruhm und Ehre liegt die Nacht“ ihr Erzähldebut vorgelegt. Wenn man vom Kapitel „New York“ einmal absieht, werden hier im Kern die Erinnerungen eines Tennisprofis heraufbeschworen, ...

Andrea Petković hat mit „Zwischen Ruhm und Ehre liegt die Nacht“ ihr Erzähldebut vorgelegt. Wenn man vom Kapitel „New York“ einmal absieht, werden hier im Kern die Erinnerungen eines Tennisprofis heraufbeschworen, dabei ist die Autorin noch jung (sie wurde 1987 im bosnischen Tuzla geboren). In nicht – linearer Weise werden episodenhafte Begebenheiten präsentiert. Das Buch ist unheimlich unterhaltsam und spannend, ich hatte es in wenigen Tagen ausgelesen und mich keine Sekunde lang gelangweilt. Teilweise berichtet Petković mit einer großen Portion Pathos, geht in Zimmer, die so „dunkel wie die Seele des Fausts“ sind. Meines Erachtens dominiert dieser Duktus im Buch aber nicht, auch wenn mich das Ceca – Songtext-Zitat irritierte (alle anderen Zitate fand ich klasse). Vieles fand ich sehr hellsichtig und klug, wenn es etwa um die wahren Privilegien der Privilegierten ging. Andreas Wunsch nach Akzeptanz in der deutschen Gesellschaft werden viele Migrantenkinder nachvollziehen können, auch ihren Traum von der Zugehörigkeit (die Tochter eines Tennistrainers ist völlig integriert, moderiert mittlerweile unter anderem eine Sportsendung im öffentlich – rechtlichen Fernsehen) zu Deutschland oder den Besuch vom muttersprachlichen Zusatzunterricht in Deutschland, den Anpassungsdruck, das Gefühl, zwischen den Stühlen zu sitzen. Die erste Hälfte der Publikation las sich meiner Meinung nach wie eine Rechtfertigung gegenüber Kritikern, dabei hat Andrea das gar nicht nötig, vor ihren Leistungen kann man nur den Hut ziehen. Ich fand es interessant, dass sich Andrea eher mit ihren serbischen als mit ihren bosnischen Wurzeln identifiziert (im Nachwort wird klar, dass sie sich eine jugoslawisch/deutsche Identität zuschreibt). Zwischen den Zeilen glaubte ich herauslesen zu können, dass die Sportlerin den Aufsteigertraum ihrer Eltern Realität werden liess; bezeichnenderweise schreibt sie über anderer Leute Tennisväter.
Mit Sport habe ich eigentlich nichts am Hut, daher fand ich die Einblicke in die Tenniswelt spannend, auch wenn nicht immer Tacheles geredet und Manches eher angedeutet wird. Prominente Figuren wie Barbara Rittner, Angelique Kerber oder Rafael Nadal (Petković scheint ein großer Fan des Spaniers zu sein) tauchen auf. Wirklich beeindruckt war ich aber von Danica, einer Kollegin Andreas mit einem Herzen aus Gold, die den Sprung zum Tennisprofi wohl leider nicht geschafft hat, und von Rado, bei dem Andrea eine Reha absolvierte. Jeder, der glaubt, über aufgetakelte Russinnen oder aufgedonnerte Südosteuropäerinnen (wie Vojka) urteilen zu können, sollte Petkovićs Publikation lesen, da der wahrhaft feministische Ansatz der Autorin glaubwürdig ist. Sie zeigt auf, dass auch „westliche“ Frauen, egal wie erfolgreich sie in ihrem Metier auch sein mögen, einem strengen Schönheitsdiktat unterworfen sind, und dass auch im Sport puppenhaft aussehende Frauen Vorteile haben. Der gender pay gap wird thematisiert, das heiße Eisen „Transfrauen im Damensport“ wird aber nicht angefasst, dabei hätte mich die Meinung der Autorin dazu wirklich interessiert; Martina Navratilova wurde ungerechterweise für ihre klare Haltung kritisiert. Auch der angenehme finanzielle Aspekt des Spitzensports wird weitgehend ausgeblendet, die Autorin betont, sich alles hart erarbeitet zu haben, man erfährt jedoch, dass man als Promi besser behandelt wird, was erfrischend ehrlich ist. Petković berichtet von (psychischen und physischen) Krisen und Selbstzweifeln, als Leserin möchte man ihr zurufen, dass sensible Menschen (egal in welcher Branche) es leider generell schwerer haben als diejenigen, die über eine Roßnatur verfügen. Betroffen machten mich die Berichte über Ermüdungsbrüche und Verletzungspech.
Im Buch geht es aber nicht nur um Sport, auch Kunst und Literatur, Freundschaft, Herkunft und Liebe spielen eine Rolle. Die Ortswechsel (Australien, China, Amerika – you name it) machen Spaß, und obwohl Andrea behauptet, ein großes „Ego“ zu haben, wirkt sie sympathisch (obschon mir ihr Unwille, sich Reha – Geschichten von anderen Patienten anzuhören, suspekt war). Seit Erfindung des „Petko-Dance“ halte ich sie für eine Meisterin der Selbstvermarktung.
Das surreal wirkende Abschlußkapitel „New York“ liest sich wie ein Versatzstück aus einem Saša -Stanišić – Roman und soll wohl dazu dienen, die Publikation auch künstlerisch wertvoll wirken zu lassen, ich fand es redundant, da mich das Buch auch so überzeugt hat. Am Ende der Lektüre hat man das Gefühl, einem Menschen begegnet zu sein, der mit sich im Reinen ist, wenn man allerdings die Danksagung liest, zweifelt man wieder etwas an dieser Einschätzung.

Fazit:
Ein überraschend gutes Debut! Ich vergebe 4,5 von insgesamt fünf möglichen Sternen und spreche eine Leseempfehlung aus.

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Veröffentlicht am 28.10.2020

Familienbande

Marigolds Töchter
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Santa Montefiore (So lautet der richtige Name von Julia Woolf) hat mit „Marigolds Töchter“ eine berührende Familiengeschichte vorgelegt. Der Autorin gelingt es, eine anrührende story frei von ...

Santa Montefiore (So lautet der richtige Name von Julia Woolf) hat mit „Marigolds Töchter“ eine berührende Familiengeschichte vorgelegt. Der Autorin gelingt es, eine anrührende story frei von Kitsch zu erzählen – dies ist zumindest mein Empfinden, andere Leser werden das Ganze vielleicht rührselig finden.

Worum geht’s?

- Im Mittelpunkt steht die 66jährige Britin Marigold, die im Dorfladen eines kleinen Ortes in England arbeitet und auch sonst alles im Griff hat. Zu ihrem Haushalt gehören ihr Ehemann, ihre alte Mutter, ihre Influencer-Tochter, die immer noch zuhause wohnt, obwohl sie schon Mitte zwanzig ist. Immobilienpreise! Tochter Daisy, eine Kunsthistorikerin, hat es scheinbar geschafft, sie arbeitet in Italien und sie ist mit dem Künstler Luca liiert. Marigold ist erstaunt, als Daisy ihre Rückkehr in das Elternhaus ankündigt, mit Luca ist es aus, also wird sie sich ein Zimmer mit Schwester Suze teilen müssen. Mir gefiel es, dass die Autorin mehrere Generationen in einem Haus leben lässt, in Zeiten wie diesen, in denen eine große Ungewißheit herrscht, in denen die Wirtschaft weltweit schwächelt, ist eine solche Konstellation nicht wirklich unrealistisch. Realistisch ist auch das Verhalten der Figuren, und obwohl Marigolds Mutter Nan nicht Unrecht mit manchen ihrer Analysen hat (ihre Generation hatte es nach dem Zweiten Weltkrieg tatsächlich schwerer als heutige Influencer), ist sie doch auch eine etwas zänkische Frau, die nicht mit der Zeit gehen kann. Marigold ist der Fels in der Brandung, sie hat für alle ein offenes Ohr, als sie jedoch an Demenz erkrankt, verschiebt sich das Kräftegleichgewicht in der Familie…

Gesundheit ist nicht selbstverständlich, auch Kranksein gehört zum Leben. Mich fasziniert überhaupt die Beobachtungsgabe der Autorin, sie ordnet Generationenkonflikte richtig ein, hat auch einen Blick für Klassenunterschiede in Großbritannien. Marigold wird von der Tochter eines "Gutsbesitzers" zwar freundlich, aber nicht gleichberechtigt behandelt, da ihr Vater nur "Tischler" war. Marigolds Familie bemerkt nur langsam, dass es mit den geistigen Kräften der Matriarchin bergab geht. Doch der Mensch ist mehr als sein Intellekt, auch wenn ein Mensch sich verändert, hat er doch ein lebenswertes Leben verdient, dies veranschaulicht die Autorin auf sensible Art und Weise.

Fazit:

„Marigolds Töchter“ ist meines Erachtens mehr als eine Geschichte über Demenz. Der Roman ist vielschichtig und gehaltvoll, und ich bin froh, dass ich ihn gelesen habe, obwohl das Cover auf den ersten Blick abschreckend auf mich wirkte. Aber wie heißt es doch so schön: “ Don`t judge a book by ist cover.“


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Veröffentlicht am 26.10.2020

Temporeicher Thriller

Love & Bullets
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„Love & Bullets“ ist eine wunderbar skurrile Gangsterballade, die teils von einem Killer erzählt wird (dabei mag er den Titel nicht, auch lässt er sich nicht gern als „hitman“ bezeichnen.) Die ...

„Love & Bullets“ ist eine wunderbar skurrile Gangsterballade, die teils von einem Killer erzählt wird (dabei mag er den Titel nicht, auch lässt er sich nicht gern als „hitman“ bezeichnen.) Die Kapitel sind kurz, es geht Schlag auf Schlag, die Erzählung zeichnet sich durch einigermaßen cineastische Elemente aus, was sicher gewollt ist, man kann gar nicht anders, als an das Medium Film zu denken, auch wenn der Killer kräftige Seitenhiebe gegen die Ästhetik der Tarantino – Filme verteilt.
Kurz zum Inhalt:
Der Lebemann Bill und seine Freundin Fiona sind auf der Flucht, das Gangsterpärchen hat sich mit den falschen Leuten angelegt. Ein Gangstersyndikat will sein Geld zurück, und so führt die Reise das Paar nicht nur in die amerikanische Provinz, sondern auch in die Karibik. Fiona hat definitiv die Hosen an, die klassische Rollenverteilung spielt keine große Rolle. Ist das in dem Genre nun unkonventionell oder konventionell?
Bonnie und Clyde auf der Flucht, der Dandy, der eigentlich ein Verbrecher ist, das hat man schon gelesen, vornehm geht die Welt zugrunde, das kennt man alles schon.
Der Roman „Love &Bullets“ ist ein literarisches Roadmovie, daher enthält die Geschichte Elemente einer road novel, dies muss man als Leser/in mögen. Man wird natürlich beim Lesen ein gewisses Déjà-Vu haben, wenn man schon viele Romane aus dem Genre gelesen hat. Mich stört so etwas jedoch nicht.
Ich fühlte mich gut unterhalten, auch wenn „Love & Bullets“ stellenweise recht brutal ist, der Roman ist sicher nicht für Zartbesaitete geeignet. Ich denke, dass der spannende
Thriller im englischen Original noch besser wirkt, auch wenn ich an der deutschen Übersetzung nicht wirklich etwas auszusetzen habe.
Über den eigentlichen Handlungsverlauf will ich an dieser Stelle nicht viel verraten, um nicht zu spoilern, aber ich kann sagen, dass der Humor nicht zu kurz kommt, manche Passagen sind so überzeichnet, dass man sie nur für selbstironische Kommentare halten kann, ich bin mir jedoch nicht sicher, ob das Ganze letztendlich eine Persiflage sein soll oder nicht.
Nick Kolakowski erfindet mit „Love & Bullets“ das Rad nicht neu, aber er präsentiert ein rasantes Actionfeuerwerk, das Spass macht, wenn man sich darauf einlässt.

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Veröffentlicht am 25.10.2020

Eine Liebe in Louisiana

Love is Bold – Du gibst mir Mut
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1. Love is Loud – Ich höre nur Dich
2. Love is Bold - Du gibst mir Mut
3. Love is Wild – Uns gehört die Welt
Schauplatz New Orleans:
Bonnie Bailey ist Kontrabassistin in der Band „After Hours“ und bereits ...

1. Love is Loud – Ich höre nur Dich
2. Love is Bold - Du gibst mir Mut
3. Love is Wild – Uns gehört die Welt
Schauplatz New Orleans:
Bonnie Bailey ist Kontrabassistin in der Band „After Hours“ und bereits seit dreizehn Jahren heimlich in ihren Bandkollegen Jasper Hughes verliebt. Als dessen Frau Blythe, die zugleich Bonnies beste Freundin ist, an Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankt und jung verstirbt, werden Bonnies Gewissensbisse nicht weniger. Jasper hat mit einem Schuldenberg zu kämpfen und er möchte seinen trauernden Kindern ein guter Vater sein.
Werden Bonnie und Jasper trotz aller Hindernisse ein Paar?

Nach der Lektüre von „Daisy Jones and the Six“ wollte ich unbedingt wieder einen Liebesroman lesen, in dem eine Band eine tragende Rolle spielt. Als ich dann „Love is bold – Du gibst mir Mut“ (den Titel und das Cover finde ich wunderschön) lesen durfte, habe ich mich tierisch gefreut!
Es gibt viele New Adult Romane mit alternierenden Perspektiven (er sagt/sie sagt), aber „Love is bold“ hebt sich von anderen Romanen durch seine kunstvollen Zeitsprünge und Rückblenden ab, der Mehrwert des Romans besteht in der nicht – linearen Erzählweise. Diese bewirkt, dass man sich keine Sekunde lang beim Lesen langweilt! Die Kapitel sind kurz, der Roman ist, wenn man vom letzten Drittel einmal absieht, eigentlich perfekt gegliedert. Das setting ist farbenfroh, die Figuren haben Potential, die Handlung ist nicht uninteressant. Mir gefiel es, dass der Wert der Freundschaft betont wurde; die Protagonistin Bonnie ist loyal, hilfsbereit und freundlich, sie hat keine negativen Charakterzüge (man kann ihr die Liebe zu Jasper nicht verübeln), und sie wird in keiner Weise stereotyp dargestellt. Sie ist Afroamerikanerin, und es ist einerseits toll, dass die Protagonistin zur Abwechslung mal nicht blond und blauäugig ist, außerdem wäre es angesichts der Bevölkerungsstruktur von New Orleans vielleicht seltsam, keine afroamerikanische Hauptfigur in die Geschichte einzubauen. Andererseits finde ich, dass idealerweise schwarze Frauen über schwarze (auch fiktionale) Frauen schreiben sollten, wenn die Darstellung authentisch sein soll. Der Roman ist aber in keiner Weise mit Kathryn Stocketts umstrittenen Roman vergleichbar, auch wenn Bonnie, deren Vater außer ihrer eigenen noch „zwei weitere Familien“ verlassen hat, an einer Stelle von ihrer „Hood“ spricht. Als weiße Frau sollte ich mir in dieser Frage vielleicht kein Urteil anmaßen, afrodeutsche/afroamerikanische/PoC Leserinnen und Leser haben eher „ein Wörtchen mitzureden“.
Eine große Stärke des Romans ist die Diversität der Figuren, die Charaktere sind bunt und vielfältig, es gibt neben einer Rollstuhlfahrerin auch eine Transperson. Ich hätte mir jedoch eine filigranere Figurenzeichnung gewünscht, Jasper ist fast zu gut, um wahr zu sein, und überhaupt sind alle schön, cool und sie haben ein gutes Herz. Alle – bis auf Curtis. Für mich ist er die glaubwürdigste Figur, er hat Ecken und Kanten. Jaspers wohlhabende Eltern sind leider das wandelnde WASP-Klischee. Bonnie ist „klein“ & „ein heißer Feger“, ich hätte es spannend gefunden, wenn sie durchschnittlich gewesen wäre. Gut gefiel mir, dass ihre Hilfsbereitschaft positiv besetzt ist & dass sie kein „harter Hund“ ist, auch Jaspers Selbstzweifel waren überzeugend. Das sonntägliche Kirchenfrühstück bei Bonnies Mutter gehörte zu meinen Lieblingsszenen. Auch die erfrischend realistische, verantwortungsvolle Darstellung von Sexualität (explizite, aber nicht unbedingt realistische Liebesszenen gehören bei NA – Romanen fast schon zum Inventar) ist lobenswert. (Vor)pubertäre Gefühle, die Verwirrung der ersten Verliebtheit beschreibt Kathinka Engel perfekt! Liebesromane müssen romantisch sein. Für „Love is bold“ hätte ich mir jedoch die Anwendung der Maxime „Weniger ist mehr“ gewünscht, manche Passagen waren mir schlicht zu kitschig, oft wurde zu dick aufgetragen, als Lektorin hätte ich auch einem sich anbahnenden Konflikt im Mittelteil mehr Raum gegeben und den überlangen Schlussteil der Geschichte gekürzt. Emotional hat mich die Liebesgeschichte leider nicht ganz erreicht, und ich hätte mich über noch mehr Musik in der story gefreut (als die Band „Move on up“ von Curtis Mayfield spielte, war ich restlos begeistert!). Aber was nicht ist, kann ja noch werden. „Love is bold“ ist der Mittelteil einer Trilogie. Auf den nächsten Band („Love is wild- uns gehört die Welt“) bin ich gespannt!




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Veröffentlicht am 10.10.2020

Auf der Flucht

Baskische Tragödie
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„Doch das weiße Pulver schmeckte nicht süß. […] Es schmeckte nach fast nichts. Leicht bitter, irgendwie chemisch.“

„Baskische Tragödie“ von Alexander Oetker ist der vierte Teil einer Reihe rund ...

„Doch das weiße Pulver schmeckte nicht süß. […] Es schmeckte nach fast nichts. Leicht bitter, irgendwie chemisch.“

„Baskische Tragödie“ von Alexander Oetker ist der vierte Teil einer Reihe rund um einen französischen Polizisten, Luc Verlain.
Die optische Aufmachung der Reihe mag ich sehr gern, ich fühle mich bei dem Blick auf’s Cover an mein altes Französischlehrbuch erinnert, die französischen Einsprengsel im Text machen auch Sinn.
Alexander Oetker war Frankreichkorrespondent, er kennt also die Grande Nation recht gut.

Worum geht’s?

Luc Verlain wähnt sich am Ziel seiner Träume: Seine Traumfrau (und Kollegin) Anouk erwartet ein Kind von ihm, das Leben könnte nicht schöner sein, das Paar malt sich eine rosige Zukunft aus.
Doch als ein kleiner Junge aufgrund von Drogen an einem Strand in der Aquitaine zu Tode kommt, ist es mit der Idylle vorbei. Immer neue Päckchen werden angespült; außerdem geht Luc einer Spur nach, die ins Baskenland führt. Doch dies erweist sich als schwerer Fehler: Verlaine wird des Drogenschmuggels bezichtigt und als Mörder festgenommen. Doch ihm gelingt die Flucht, und es beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit…
„Baskische Tragödie“ ist ein spannender, temporeicher Frankreichkrimi. Obwohl es sich bei dem Band bereits um den vierten Teil einer Serie handelt, kann man den Roman auch gut als stand alone lesen (natürlich kann es auch nicht schaden, zuerst den Auftaktband „Retour“ und die folgenden Bände zu lesen). Man kann aus dem Text Rückschlüsse ziehen. Ich fühlte mich gut unterhalten, ich muss aber sagen, dass mir die Raffinesse einer Fred Vargas fehlte, oder (was fast noch wichtiger ist) die literarische Qualität der Krimis von Bernard Minier (ich denke an „Schwestern im Tod“). Manche Formulierungen in „Baskische Tragödie“ waren mir persönlich definitiv zu kitschig, sodass ich das Ganze fast ein wenig seicht fand („Ihre unglaublichen Beine, schlank und muskulös“).

Davon abgesehen ist „Baskische Tragödie“ aber ein solider Krimi.

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