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Veröffentlicht am 22.12.2022

Ein Mann schwört Rache

Die tausend Verbrechen des Ming Tsu
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„Das Töten machte ihm schon lange nichts mehr aus.“

„Die tausend Verbrechen des Ming Tsu“ ist ein ungewöhnlicher Roman. Der Autor präsentiert in seinem Roman einen gelungenen Genremix – Magischer ...

„Das Töten machte ihm schon lange nichts mehr aus.“

„Die tausend Verbrechen des Ming Tsu“ ist ein ungewöhnlicher Roman. Der Autor präsentiert in seinem Roman einen gelungenen Genremix – Magischer Realismus trifft auf Western-Ballade. Man könnte auch argumentieren, dass hier amerikanische Geschichte aus Minderheiten-Perspektive beleuchtet wird. Der Verlag ordnet das Werk unter „Thriller“ ein.

Worum geht’s?

Go West!
1869 wird der amerikanische Westen durch den Transkontinental-Eisenbahnbau erschlossen. Der chinesische Protagonist Ming Tsu teilt das Los vieler Landsleute – als Arbeitssklave soll er das Pacific – Railway- „Wunder“ möglich machen, da sein Schwiegervater in spe ihn auf dem Kieker hat. Seine Tochter Ada will er Ming Tsu nicht anvertrauen. Diesem bleibt nichts anderes übrig, als Rache zu schwören. Schon bald wird ein Kopfgeld in Höhe von 10 000 ‚Tacken‘ auf den Outlaw ausgesetzt…
Der Stil des Autors ist eingängig und leicht lesbar, Parataxe wird eingesetzt, insofern wirkt das Ganze eher simpel als blumig, durch den knappen Stil wird die Handlung andererseits nicht verlangsamt. Der Protagonist befindet sich auf einem Rachefeldzug, dieses Motiv ist in dem Genre zwar nicht neu, dem Autor gelingt es jedoch, dem Ganzen einen eigenen Touch zu verleihen - auch wenn ein zu Höherem berufenes Waisenkind in der Literaturgeschichte nun wirklich ein alter Hut ist!
So hat man als Leser nicht vollständig das Gefühl, den x-ten „Aufguss“ einer bereits bekannten Chose präsentiert zu bekommen. Man muss sich allerdings auch auf die Geschichte einlassen und offen für den Erzählansatz sein. Die Figuren sind farbenfroh und spannend, dieses Detail gefiel mir gut. Ein hitman, der das Blut in Strömen fließen lässt, ist vielleicht nicht jedermanns Sache, manchmal kam daher fast ein Pulp – Fiction-Feeling für mich beim Lesen auf. Der große Showdown im Finalteil der Erzählung bewirkt, dass die story mit einem Paukenschlag endet.
Ich fühlte mich insgesamt gut unterhalten & mir hat die Geschichte gefallen, auch wenn ich finde, dass der Autor noch mehr aus dem „Stoff“ hätte machen können. Ich denke, dass das Ganze als Fernsehfilm oder als TV/Streamingserie tatsächlich besser funktionieren würde.
Von mir gibt’s aufgerundete vier von insgesamt fünf möglichen Sternen für Tom Lins „Die tausend Verbrechen des Ming Tsu.“

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Veröffentlicht am 21.12.2022

Harrriet Hatley geht ihren Weg

Fang jetzt bloß nicht an zu lieben
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Nachdem Ich bereits „Du hast mir gerade noch gefehlt“ von Mhairi McFarlane gelesen habe war klar, dass auch der neue Roman – „Fang jetzt bloß nicht an zu lieben“ auf meine Leseliste wandert.

Das ...


Nachdem Ich bereits „Du hast mir gerade noch gefehlt“ von Mhairi McFarlane gelesen habe war klar, dass auch der neue Roman – „Fang jetzt bloß nicht an zu lieben“ auf meine Leseliste wandert.

Das Cover von „Du hast mir gerade noch gefehlt“ ist wunderbar verspielt. Die bonbonrosa Umschlaggestaltung und der neckische Titel von „Fang jetzt bloß nicht an zu lieben“ versprachen eine romantische Geschichte mit Augenzwinkern, ebenso wie der Klappentext. Bei einer Hochzeitsfotografin denkt man sofort an Romcoms wie „Die Hochzeit meines besten Freundes“.
Worum geht’s?
Schauplatz Großbritannien, Selbstfindung ist das Motto!
Die dreißigjährige Hochzeitsfotografin Harriet Hatley ist entsetzt, als ihr wohlhabender Freund Jon ihr vor versammelter Mannschaft (und vor der verhaßten Schwiegermutter in spe) einen Heiratsantrag macht. Notgedrungen nimmt der Heiratsmuffel Harriet den Antrag an, um später im stillen Kämmerlein die Beziehung zu beenden. Harriet ist ein gebranntes Kind – selbst als sie den smarten Cal kennenlernt, glaubt sie zunächst nicht an ein happy ending. Doch Harriets treue Freundinnen begleiten sie durch dick & dünn…
Ich hatte vor der Lektüre lustige, etwas hirnlose Chicklit nach Art einer Sophie Kinsella oder Helen Fielding erwartet. Manchmal möchte man einfach nur die Seele baumeln lassen & gut unterhalten werden.
Mit „Fang jetzt bloß nicht an zu lieben“ wollte die Autorin Frauenliteratur mit Anspruch präsentieren. Daher werden ernste Elemente im Roman angesprochen – Manipulation, Gaslighting, psychische Gewalt in toxischen Beziehungen. Wahrscheinlich werden manche Leserinnen sensibel auf diese Themen reagieren, daher wundert es mich, dass es im Vorwort keine Triggerwarnung gibt.
Falls man sich auf die Geschichte einlässt, muss man in Kauf nehmen, dass McFarlane neben dem Hauptplot auch diverse Nebenplots forciert & sich fast verzettelt. Als Autorin hätte ich die Erzählung definitiv gestrafft. Selbstfindung und Frauenpower ziehen sich leitmotivisch durch die Geschichte, dies ist eigentlich ein guter Ansatz, nur sollte das Buch dann nicht als Chicklit vermarktet werden. Vergangenheitsbewältigung nimmt mehr Raum als die eigentliche Liebesgeschichte ein.
Wenn ich an die anderen Romane der Autorin denke, stelle ich mittlerweile ein Muster fest: Gleich in der Exposition gibt es einen Bruch (Tod, Trennung, you name it). Dann gibt es einen langatmigen Mittelteil und schließlich ein happy ending (nicht unbedingt ein romantisches in „Fang jetzt bloß nicht an zu lieben“). Mhairi Mc Farlane kann eigentlich schreiben, sie sollte sich jedoch vor Wiederholungen und „Baukastenromanen“ hüten.

Fazit:

Ich hatte mich vor der Lektüre auf eine heitere Romantic Comedy in Buchform gefreut, daher war ich irritiert, als sich die Geschichte in eine völlig andere Richtung entwickelte. In der Vorweihnachtszeit waren mir die Themen zu ernst, auch wenn der Grundgedanke der Autorin begrüßenswert ist. 3 Sterne.

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Veröffentlicht am 27.11.2022

Mexican Gothic

Der mexikanische Fluch
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Noemi Taboada ist eine junge Frau aus guter Familie. Im Mexiko der 1950er Jahre führt die wohlhabende Studentin ein angenehmes Leben (die Eltern halten ein Studium indes für Zeitverschwendung, der Twen ...

Noemi Taboada ist eine junge Frau aus guter Familie. Im Mexiko der 1950er Jahre führt die wohlhabende Studentin ein angenehmes Leben (die Eltern halten ein Studium indes für Zeitverschwendung, der Twen soll so schnell wie möglich einen geeigneten Ehemann finden), sie liebt schöne Kleidung und die Partys von Mexiko City. Als ihr Vater einen verstörenden Brief von Noemis Cousine Catalina erhält, soll die selbstbewusste Frau nach dem Rechten sehen und herausfinden, wie es um die geistige Gesundheit Catalinas steht. Im Gegenzug will der Patriarch seiner Tochter gestatten, einen Magisterabschluss in Anthropologie zu erwerben. Also macht sich Noemi in die Provinz auf, um die Geheimnisse des Herrenhauses „High Place“ zu ergründen, da Catalina in die englische Familie Doyle eingeheiratet hat. Im mexikanischen Hinterland erwarten Noemi düstere Wälder und eine Mauer des Schweigens – ist Catalina wirklich an Tuberkulose erkrankt? Schon bald gerät die Entschlossenheit der Protagonistin ins Wanken …
Ich habe mich sehr auf die Lektüre von „Der mexikanische Fluch“ gefreut. Bei seinem Erscheinen wurde das Original sehr gelobt & der Titel “Mexican Gothic“ verhieß einen klassischen Schauerroman. Wer ist nicht neugierig auf einen New York Times – Bestseller? Die mexikanischstämmige Autorin Silvia Moreno – Garcia lässt tatsächlich alle klassischen Elemente und Topoi des Genres einfließen und präsentiert doch keine konventionelle Gothic Novel, da sie der Geschichte eigene Facetten anfügt. Daher wurde meine Leseerwartung nicht unbedingt erfüllt; wohlige Schauer blieben aus. „Der mexikanische Fluch“ ist eine Art identitätspolitisch - feministische Gesellschafts/Kolonialismuskritik, die stellenweise fast ein wenig selbstverliebt wirkt. Der deskriptive Stil der Autorin sorgt ferner für gewisse Längen in der Geschichte, zumal die Umgebung bis ins kleinste Detail beschrieben wird. Spannung kommt etwa ab der Mitte auf. Das Ende war für mich einigermaßen überraschend, die Figurenzeichnung hingegen nicht – die Schwarzweißmalerei soll vielleicht eine Hommage an literarische Vorgänger sein oder schlicht ein ironiefreies Stilmittel. Die Geschichte enthält definitiv Passagen, die gelinde gesagt unappetitlich sind. Der Horror!
Insofern ist „Der mexikanische Fluch“ ganz am Puls der Zeit.

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Veröffentlicht am 25.10.2022

Lessons

Lektionen
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„Lektionen“ von Ian McEwan beginnt mit der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl. Wir Leser begleiten den Protagonisten Roland Baines. Er wurde (ebenso wie der Autor) im Jahre 1948 geboren. Als Sohn eines ...

„Lektionen“ von Ian McEwan beginnt mit der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl. Wir Leser begleiten den Protagonisten Roland Baines. Er wurde (ebenso wie der Autor) im Jahre 1948 geboren. Als Sohn eines Armeeoffiziers wächst er zunächst in Libyen auf - Im Roman wird seine Vita erzählt. Schlaglichtartig werden dabei die großen Ereignisse der Weltgeschichte beleuchtet – Kubakrise, Tschernobyl, Mauerfall, Pandemie, just to name a few. Das hört sich zunächst langweilig an – doch die Geschichte hat es in sich! Trotz gewisser Längen konnte mich die Erzählung begeistern, da der Autor ethisch-moralische Fragen aufwirft, die zum Nachdenken anregen. Mit großer Sensibilität und feinem Fingerspitzengefühl wird der plot entworfen. Rolands deutsche Frau Alissa lässt ihn und den kleinen Sohn Lawrence sitzen, um sich selbst zu verwirklichen (ich musste unwillkürlich an Michel Houellebecqs Romane denken). Doch dies ist nicht das einzige schlimme Ereignis, das Roland verarbeiten muss. Als vierzehnjähriges Kind wurde er in einem englischen Internat von seiner Klavierlehrerin missbraucht. Und erst spät wird ihm klar, wie sehr ihn dieses Erlebnis, für welches er lange nicht die richtigen Worte fand, geprägt hat und dass es eigentlich der Grund für seine Gelegenheitsarbeiten (unter anderem ist Roland Barpianist) ist. Auch Rolands Beziehungen zu Frauen gestalten sich schwierig, aber McEwan verfällt nie in Schwarzweißmalerei. Wie im richtigen Leben gibt es im Dasein des Helden Höhen und auch viele Tiefschläge. McEwans Geschichte ist insofern kein „Wohlfühlbuch“, aber es ist definitiv große Literatur, die der Autor präsentiert. Als Leser leidet man mit den Figuren, man erlebt aber auch die schönen Momente und man kommt definitiv ins Grübeln. Die nicht-lineare Erzählweise gefiel mir sehr gut, eine bloße Aneinanderreihung von Ereignissen hätte mich schnell gelangweilt; die verschiedenen Zeitebenen hielten mich ‚bei der Stange‘. Der Stil ist mal poetisch, mal banal, aber immer lesenswert! Ich spreche gerne eine Empfehlung aus.

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Veröffentlicht am 24.10.2022

Eins, Zwei, Drei

This Charming Man
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Vorab:
„This Charming Man” ist keine klassische „Vampirschmonzette“. Man darf hier nicht auf paranormales Herzeleid hoffen. Fans der Aaronovitch – Reihe rund um den Zauberlehrling Peter Grant ...

Vorab:
„This Charming Man” ist keine klassische „Vampirschmonzette“. Man darf hier nicht auf paranormales Herzeleid hoffen. Fans der Aaronovitch – Reihe rund um den Zauberlehrling Peter Grant dürften allerdings voll auf ihre Kosten kommen.

Worum geht’s?
In Manchester stehen die Zeichen auf Sturm: Vampire treiben ihr Unwesen. Doch es gibt sie eigentlich nicht - oder doch?
Für die Redaktion der Zeitung „The Stranger Times“ beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit…

Mit „This Charming Man“ hat C.K. McDonnell den zweiten Teil einer urkomischen Urban-Fantasy-Reihe vorgelegt, die nicht immer politisch korrekt ist und durchaus reale Personen auf die Schippe nimmt. Der Roman kann nicht unbedingt als stand alone gelesen werden, daher kann es nicht schaden, auch den Auftaktband „The Stranger Times“ zu kennen, da die Ereignisse nahtlos an die Geschehnisse aus Band eins anknüpfen. Der Autor Caimh McDonnell arbeitet hauptberuflich als Standup - Komiker, daher ist es nicht verwunderlich, dass sein Roman Elemente einer Screwball Comedy enthält. Die Dialoge sind einfach klasse. Nach bester britisch – irischer Art wird ein schwarzhumoriges Slapstickfeuerwerk abgebrannt. Selten so gelacht! Auch die Charakterisierung der Protagonisten finde ich klasse – der Chefredakteur Vincent Banecroft ist ein richtiges Ekel, aber seiner Stellvertreterin Hannah Willis gelingt es meist, Banecrofts Fauxpas wieder auszubügeln. Als Vielleserin hat man oft das Gefühl, immer wieder das Gleiche in verschiedenen Varianten & Variationen zu lesen. Nicht so hier! Man bekommt innovative Unterhaltung geboten, die sich Altmeister Pratchett nicht besser hätte ausdenken können („Scheibenwelt“, anyone?). Allerdings muss man schon über etwas „Sitzfleisch“ verfügen, da es in „This Charming Man“ neben dem Hauptplot diverse Nebenhandlungen gibt. Auch verfolgt der Autor nicht stur die „Einleitung – Hauptteil-Schluß“ – Regel, sodass auch im letzten Drittel der Erzählung noch neue (sehr skurrile) Figuren eingeführt werden. Man muss sich schon konzentrieren, um nicht den Faden zu verlieren. Die Erzählfreude McDonnells führt dazu, dass sich gewisse Längen in die story einschleichen, die aber meines Erachtens nicht allzu sehr ins Gewicht fallen, da hier das „Gesamptpaket“ stimmt. Ich spreche gerne eine Leseempfehlung aus!


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