Virtuoser Start der Huber-Reihe
Walter muss wegDer österreichische Sprachakrobat Thomas Raab, vielen sicherlich wegen seiner (teilweise bereits verfilmten) Adrian-Metzger-Fälle - bekannt, zelebriert mit seiner neuen silver-/gold-ager-Protagonistin ...
Der österreichische Sprachakrobat Thomas Raab, vielen sicherlich wegen seiner (teilweise bereits verfilmten) Adrian-Metzger-Fälle - bekannt, zelebriert mit seiner neuen silver-/gold-ager-Protagonistin Hannelore Huber (oder kurz "Hanni" oder "Huberin" genannt) in "Walter muss weg" aufs Neue, wie sich das "große Kino" an Politik, Sex und Crime auch in einer kleinen 300-Seelen-Ortschaft wie Glaubenthal abspielen kann.
Wie gewohnt stellen bei Raab der Kriminalfall/Tote/Leichen bloss die Rahmenhandlung dar (zumindest interpretiere ich seine Krimis so).
Hauptteil sind seine gesellschaftlichen, weltpolitischen, wirtschaftlichen und philosophischen Betrachtungen, die von genauer Beobachtungsgabe zeugen und deren Analyse mit spitzer Feder kredenzt werden.
Besonders gut haben mir seine Beispiele gelebter Integration am Lande oder sein Hinschauen auf das Thema Altersarmut - insbesondere bei Frauen bzw. zu welchen "Stilblüten" sich deshalb jemand genötigt fühlt - gefallen.
Es ist eine Freude, Raabs Einsatz und Spiel mit der deutschen Sprache zu verfolgen! So wird zB von Hanni das Wort "Gemahl" nach dem Ableben ihres bedingt geschätzten Gatten zu einem "GEH MAL".
Generell ist Raabs Schreibstil virtuos, spielerisch, häufig humorvoll, ironisch und sarkastisch, aber er vermag sehr wohl auch "tiefe" (emotionale) Töne anzustimmen:
Beispielweise hat mich der Dialog der 6jährigen Amelie Glück mit ihrer Mutter über den Tod sehr berührt und an "Sofies Welt" von Jostein Gaardner erinnert. Amelie versteht aufgrund ihres Alters jedes Wort noch wortwörtlich und kann den Euphemismus der Erwachsenen/ihr Unvermögen über den Tod klar zu sprechen, noch nicht nachvollziehen.
Zusätzlich hinterläßt auch Raabs Musiker-Background seine Spuren im Werk, einerseits in der Sprachrhythmik, andererseits durch das Einstreuen eingängiger Lied(texte), deren Melodien beim (Weiter-)Lesen unweigerlich im Hirn nachhallen.
Fazit:
Frau Huber ist ein weiteres virtuoses Glanzstück von Thomas Raab! Das Cover mit dem Zusatz "Frau Hubers erster Fall" läßt auf eine Fortsetzung hoffen, bei der ich sicherlich wieder dabei bin!