toll erzählt
22 BahnenTilda führt ein Leben nach strengem Terminplan. Die Mutter Alkoholkrank mit wechselnden Partnern, die Schwester Ida ist noch schulpflichtig und Tilda selbst muss neben ihrem Studium noch im Supermarkt ...
Tilda führt ein Leben nach strengem Terminplan. Die Mutter Alkoholkrank mit wechselnden Partnern, die Schwester Ida ist noch schulpflichtig und Tilda selbst muss neben ihrem Studium noch im Supermarkt arbeiten, um das Studium und das Familienleben zu finanzieren. Tilda ist recht erfolgreich im Studium, so dass sie bald eine Promotionsstelle in der Hauptstadt Berlin angeboten wird. Doch Tilda hadert mit sich. Kann sie Ida denn mit der Mutter allein lassen, die mal am Familienleben teilnimmt und mal nicht? Denn Ida hadert mit der Familiensituation. Tilda selbst ist recht selbständig, und doch: sie muss irgendwie schauen, dass die Familie klar kommt. Als sie beim Schwimmen auf Viktor trifft, gerät ihr Alltag aus den Fugen. Viktors Bruder Ivan ist bei einem Unfall ums Leben gekommen, wofür sich Tilda etwas verantwortlich fühlt. Und doch: da beide 22 Bahnen schwimmen, kommen sie sich näher. Als Tildas Mutter in die Klinik muss, ist Viktor zur Stelle, und Tilda kann weiter ihr Leben in die richtigen Bahnen lenken.
22 Bahnen ist ein Buch, das mich beeindruckt hat. Tilda ist eine starke junge Frau, die schon einiges in ihrem Leben meistern musste. Ob Schule und Studium, Nebenjob, die Pflege ihrer Schwester und Mutter: das ist eine ganz schöne Verantwortung für eine junge Frau. Sie stemmt ihr Leben ohne Hilfe, wo manch einer schon längst gescheitert wäre. Sie übernimmt die Aufgaben ihrer Mutter für Ida und kümmert sich aufopferungsvoll um deren Entwicklung. Gleichzeitig gelingt ihr der Spagat zwischen Familienunterhalt und -zusammenhalt, aber auch der Absprung in ihre eigene Zukunft. Sie hat sich selbst um einen Nebenjob gekümmert, damit sie ihr Studium finanzieren kann, das ihr zu einer besseren Zukunft verhilft. Sie lenkt somit ihr Leben in ganz eigene Bahnen. Das ist ganz schön schwer mit Gegenstrom, mit der Kälte, der sie begegnet. Wie geht sie mit der Krankheit ihrer Mutter um? Wie fördert sie das Talent ihrer Schwester? Und wie geht sie mit der Last des Todes um, das über ihr, Viktor und Ivan schwebt? Tilda schwimmt sich frei. Mal mit mehr, mal mit weniger Bahnen. Das Wasser ist tief, aber sie lernt damit umzugehen, und die Kraft des Wassers zu nützen, um wieder Auftrieb zu bekommen, statt zu ertrinken. Ein Buch, das sich stellenweise unbeschwert wie Freibadpommes liest, und doch nichts von der Gefahr des Wassers verliert im Alltag: eine junge Erwachsene lernt, sich im Alltag des Erwachsenen seins frei zu schwimmen und ihr eigenes Glück in die richtigen Bahnen zu lenken. Mir hat es sehr gut gefallen.