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Veröffentlicht am 02.06.2019

„Wie die Berliner Republik unsere Politik verändert hat“ (Buchuntertitel)

Machtverschiebung
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Inhalt:
Buchrückseite:
Hinter den Kulissen der Macht.
Ob Kohl oder Genscher, Schröder oder Merkel – der F.A.Z.-Korrespondent und preisgekrönte Journalist Günter Bannas hat sie alle über die Jahre und Jahrzehnte ...

Inhalt:
Buchrückseite:
Hinter den Kulissen der Macht.
Ob Kohl oder Genscher, Schröder oder Merkel – der F.A.Z.-Korrespondent und preisgekrönte Journalist Günter Bannas hat sie alle über die Jahre und Jahrzehnte kennengelernt und begleitet. Die provinzielle Gemütlichkeit in Bonn beschreibt er ebenso intim wie die Gründerjahre der „Berliner Republik“. Auf Basis hunderter Hintergrundgespräche entsteht so ein spannendes Kaleidoskop der Akteure sowie der großen Entscheidungen und Dramen. Ein Who is Who der Berliner Republik und ein großes, reiches Bild der deutschen Politik.

Umschlaginnenseite:
Die Macht des Vorzimmers, das Duett von Presse und Politik, die Kanzler zwischen Parteipolitik und Staatsräson – der politische Betrieb hat viele Facetten, und kaum einer kennt sie so gut wie Günter Bannas. Seit 1981 berichtete er aus Bonn, seit dem Regierungsumzug 1999 aus Berlin. Er wurde Zeuge, wie sich aus einer exotischen Kleinpartei namens Die Grünen eine politische Macht entwickelte und wie den Volksparteien das Volk abhanden kam. Auf „Basta“-Politik folgten gewagte Personalrochaden, auf Wunschkoalitionen politische Vernunftehen, auf männliche Durchsetzungskraft subtiles weibliches Machtmanagement. Vom beschaulichen Bonn zog der Regierungszirkus nach Berlin, wo prächtige Empfänge in Mode kamen und Heerscharen von Lobbyisten das Regierungsviertel bevölkern. Auch innerhalb der Parteien verschob sich die Macht Richtung Norden, was sich nicht zuletzt an den Nachfolgern des Pfälzers Helmut Kohl zeigt. Die Kanzler werden ebenso porträtiert wie viele andere Akteure des Politbetriebs. Wer das Mit- und Gegeneinander von Personen und Parteien, Fraktionen und Regierungen besser verstehen will, findet in diesem Buch persönliche Einblicke und präzise Analysen.

Auszug aus dem Inhaltsverzeichnis:
- Auf zu neuen Ufern
- Macht und Ohnmacht
- Wenn Glaube zum Irrglauben wird
- Daheim und unterwegs
- Die Vorzimmer der Kanzler
- Egomanen und Unprätentiöse

Meine Meinung:
Dieses Politik-Sachbuch beinhaltet eine immense Menge an Informationen und Details. Bei welcher Landtags- oder Bundestagswahl welche Partei welches Ergebnis erzielt hat. Welcher Minister aus welchem Bundesgebiet gekommen ist. Wer wen und wann aufgrund von Macht(-verhältnissen) beeinflusst hat.

Einer der Schwerpunkte der Darstellungen beziehen sich rund um den Umzug von Bonn nach Berlin: Wie die Politiker vor, während und nach dem Umzug agierten und wie sich die Politik und das Drumrum nach Berlin verändert hat.

Aber oftmals stellt der Autor, meiner Meinung nach, nur Behauptungen auf, die als Begründung für einen Sachverhalt dienen sollen; jedoch ohne diese weiter auszuführen oder Beispiele anzubringen; oder es wird nicht weiter begründen woher der Autor diese oder jene Information haben wolle oder worauf sie sich begründen würde; deshalb blieb vieles für mich nur inhaltslose Behauptungen.

Beispiele:
„In der SPD aber fehlte ein Moderator. Schröder kam dafür nicht mehr in Betracht, nachdem er sich aus der innerparteilichen Meinungsbildung zurückgezogen hatte. Sein Engagement für die russische Energiewirtschaft stieß in seiner Partei auf Unverständnis und Empörung. Nach seinem Rücktritt vom Parteivorsitz kam auch Müntefering nicht mehr als Moderator in Betracht. Und Platzeck? Der war zwar mit großer Mehrheit zu seinem Nachfolger gewählt worden – mit 99,4 Prozent der Stimmen des SPD-Parteitages. Doch fehlten dem brandenburgischen Ministerpräsidenten Nervenstärke, bundespolitische Erfahrung und die Machtbasis, die ein Parteivorsitzender im Alltag benötigt. Gesundheitliche Probleme kamen hinzu. Müntefering schöpfte seine Rolle als 'Vizekanzler' und informeller Chef der SPD-Minister in einer Weise aus, als sei er noch Parteichef.“ (S. 232)

„ ... wo die FDP entschieden hat, aus den Sondierungen auszusteigen … 'Klarheit' war geschaffen – auch mit Blick auf wilde Pläne im Anti-Merkel-Lager der CDU. Die gingen etwa so: Es sollten, mit wem auch immer Koalitionsverhandlungen bis zur Vertragsunterzeichnung geführt werden. Auf einem CDU-Parteitag sollte der Koalitionsvertrag dann abgelehnt werden. Merkel wäre desavouiert. Bei Neuwahlen würde es dann einen anderen Kanzlerkandidaten der Union geben. Merkel wäre Vergangenheit.“ (S. 292)

Veröffentlicht am 23.05.2019

Ein kruder Roman – aber im positiven Sinne.

Der Auserwählte
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Inhalt, gemäß Umschlaginnenseite:
»Just in dem Augenblick, in dem Konrad Sammer zur Welt kam, schlug ein Blitz ins Haus ein. Er sauste durch den Schornstein, sprengte die Tür des Holzofens weg, erfüllte ...

Inhalt, gemäß Umschlaginnenseite:
»Just in dem Augenblick, in dem Konrad Sammer zur Welt kam, schlug ein Blitz ins Haus ein. Er sauste durch den Schornstein, sprengte die Tür des Holzofens weg, erfüllte den ganzen Raum mit gleißender Helligkeit und traf die rechte Pobacke des Babys, das eben mit einer gewaltigen Presswehe aus dem Leib seiner am Boden hockenden und vor Schmerz schreienden Mutter glitt. Alle Anwesenden schlossen geblendet die Augen, und so kam es, dass das Kind der Hebamme durch die Hände flutschte und mit dem Kopf auf dem Boden aufschlug. Noch bevor er den ersten Atemzug tat, erfuhr Konrad Sammer also, dass diese Welt ein harter, grausamer Ort war, wo einen jederzeit ein Blitz treffen und wo man sich auch nicht darauf verlassen konnte, dass jemand da war, der einen auffing, wenn man fiel.«

Seine Eltern halten Konrad Sammer ob der dramatischen Umstände seiner Geburt für auserwählt, einst Großes zu vollbringen, doch lange deutet nichts darauf hin. Sammer wird Journalist und lebt ein unauffälliges Leben, bis er sich mit 52 Jahren plötzlich in merkwürdige Ereignisse verstrickt sieht. Ein Mann schlägt vor ihm auf einer Straße Wurzeln, eine Hütte erscheint aus dem Nichts, um Eingeborene in Hungersnot zu speisen, und dann hört Sammer auch noch eine Stimme in seinem Kopf. Sie behauptet, Gott zu sein, und will ihn für einen Feldzug gegen Raubtierkapitalismus, Unmenschlichkeit und Gier rekrutieren …

Meine Meinung:
[ Das Buch interessierte mich, weil die Buchbeschreibung sich echt klasse angehört hat. Die Beschreibung der Geburt (in der Leseprobe auf der Verlagshomepage) würde ich als "mit Humor gewürzt" beschreiben. ]

Der Text ist phantastisch – im Sinne von irreal;
aber es ist, meiner Meinung nach, keine Fantasy.

Der Sprachstil ist nicht zu ausschweifend,
aber dennoch detailliert auf den Punkt.

Faszinierend und doch realistisch fand ich es, wie die Personen mit den surrealen Situationen umgehen.
Beispiel:
Baum wurzelt in die Straße;
Mitarbeiter des Bauhofs graben ihn aus und topfen ihn auf dem Bauhofgelände ein.
Die Szenen des Romans fand ich absolut plausibel konstruiert.
Großartig!

Veröffentlicht am 19.05.2019

„Liebe ist die halbe Miete“ (Buchuntertitel)

Love to share – Liebe ist die halbe Miete
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Inhalt, gemäß Umschlaginnenseite:
Not macht erfinderisch:
Tiffy braucht eine günstige Bleibe, Leon braucht Geld.
Warum nicht ein Zimmer teilen, auch wenn sie einander noch nie begegnet sind?
Eigentlich ...

Inhalt, gemäß Umschlaginnenseite:
Not macht erfinderisch:
Tiffy braucht eine günstige Bleibe, Leon braucht Geld.
Warum nicht ein Zimmer teilen, auch wenn sie einander noch nie begegnet sind?
Eigentlich kein Problem, denn Tiffy arbeitet tagsüber, Leon nachts.
Die Uhrzeiten sind festgelegt, die Regeln eindeutig.
Doch viele in der Küche hinterlassene Post-its später wird klar:
Liebe hält sich nicht an Regeln ...

Meine Meinung:
Die Idee mit der geteilten Wohnung fand ich mal interessant.
Sprachlich lässt sich der Roman gut lesen, da gibt es nichts auszusetzen.
Die Charaktere sind sympathisch, gut gezeichnet und schlüssig.

Ja, es ist halt ein Liebesroman, und weist halt auch die meisten Mankos dieses Genre auf.
Damit meine ich folgendes:
Die Situation, die zu der doppeltbelegten Wohnung geführt haben, ist schon etwas konstruiert.
Die beiden Protagonisten sind natürlich ganz unterschiedliche Persönlichkeiten.
Tiffy nervt etwas mit ihrem Do-t-yourself-Fimmel und sie hängt noch ihrer verflossenen Liebe nach und lässt die ganze Welt ausführlich an ihrem Elend teilhaben.

Amüsiert habe ich mich über die differente Wahrnehmung zur Neugestaltung der Wohnung nach Tiffys Einzug:
Leon: „Wie sieht wohl das Schlafzimmer aus? Wage mich mutig hinein. Und stoße einen erstickten Schrei aus. Es sieht aus als hätte jemand Regenbogen und Baumwolle erbrochen. Überall Farben, die von Natur aus nicht zusammengehören.“ (S. 63)

Fazit: Gut.

Veröffentlicht am 13.05.2019

„Berichte aus einer sinkenden Gesellschaft“ (Buchuntertitel)

Americanic
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Inhalt, gemäß Verlagshomepage:
Wie konnte es dazu kommen, dass die Millionen verunsicherter Amerikaner einen Milliardär zum Präsidenten gewählt haben, von dem sie wussten, dass er letztlich nichts für ...

Inhalt, gemäß Verlagshomepage:
Wie konnte es dazu kommen, dass die Millionen verunsicherter Amerikaner einen Milliardär zum Präsidenten gewählt haben, von dem sie wussten, dass er letztlich nichts für sie tun würde? Was ist los mit Amerika?

Thomas Frank verfolgt seit Jahren die Veränderungen der amerikanischen Gesellschaft, das Abdriften großer Teile der Bevölkerung in prekäre Verhältnisse, das Erstarken fundamentalistischer Bewegungen, die Erosion der politischen Parteien. Seine Artikel aus den letzten zehn Jahren erzählen die politische Geschichte eines Landes, in dem der amerikanische Traum zu Ende geträumt ist, der Verlust geregelter Arbeit, Schulden, Armut große Teile der Bevölkerung betreffen, die Eliten und die politische Klasse sich vor allem mit sich selbst beschäftigen. Vom Skandal des Energiekonzerns Enron, durch den Tausende von Angestellten ihre Rente verloren, über die Finanzkrise 2008, durch die die Standards der Mittelklasse für die meisten unerreichbar geworden sind, bis zum Versagen der Demokratischen Partei: Am Beispiel Amerikas zeigt Thomas Frank eine gesellschaftliche Entwicklung auf, die – bei allen Unterschieden – ein Warnsignal auch für Europa, auch für Deutschland ist.

Auszug aus dem Inhaltsverzeichnis:
- Selbstbedienungsladen Wall Street
- Das republikanische Urgestein: Klempner-Joe I
- Selig sind die, die verfolgt werden: Klempner-Joe II
- Sarah Palin, verfolgte Unschuld aus der Provinz
- Überparteilichkeit: eine fixe Idee aus Washington

Meine Meinung:
Dies ist eine Sammlung von schon mal veröffentlichten Texten (z.B. Wall Street Journal, Februar 2009 oder Harper's, August 2013), die zwar unter dem Aspekt „Was wurde wann mal Interessantes geschrieben?“ ganz nett ist, der mir aber doch so etwas wie die gewisse Aktualität oder Pointierung fehlt.
Somit hat mich diese als Buch aufgelegte Textsammlung nicht wirklich überzeugen können.
Jedoch erfuhr ich in den Texten doch so manch bisher unbekannten Aspekt -
und dafür war ich dann doch bereit ein „Gut“ zu vergeben.
Sprachlich sind die Texte sehr angenehm zu lesen, denn sie sind nicht unnötig verkompliziert.

Veröffentlicht am 11.05.2019

Ich bin zwiegespalten.

Unendlich mal unendlich mal mehr
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Inhalt, gemäß Verlagshomepage:
Bezaubernd, vielschichtig und in jeder Hinsicht außergewöhnlich ist dieser Debütroman für Kinder ab 10 Jahren.

Petra liebt gerade Zahlen, denn die lassen sich teilen, ohne ...

Inhalt, gemäß Verlagshomepage:
Bezaubernd, vielschichtig und in jeder Hinsicht außergewöhnlich ist dieser Debütroman für Kinder ab 10 Jahren.

Petra liebt gerade Zahlen, denn die lassen sich teilen, ohne sie kaputt zu machen. Sie mag Fußball, ihren Kumpel Chris und ihre beste Freundin Melika. Was sie gar nicht mag, ist Wasser: dieses unkontrollierbare Etwas, das sich in alle möglichen Richtungen bewegt. Doch dann lernt sie Thomas kennen, den Propellerjungen aus dem Schwimmbad. Ihm zuliebe wagt sie sich sogar mit dem Kopf unter Wasser – und plötzlich ergibt alles einen Sinn.

Meine Meinung – Achtung es wird aus dem Inhalt berichtet:
Petra erzählt ihre Geschichte aus der Ich-Perspektive; sie „leidet“ unter Zwängen; obwohl ihr dies selber gar nicht als solches bewusst ist.
Beispielsweise kämmt sie immer fünfmal ihre rechte und fünfmal ihre linke Kopfseite damit alles gut ist. Zahlen sind ihr wichtig und sollten am besten immer gerade sein.
Richtig schlimm wurde es für sie als sie im Unterricht die Zahl PI kennengelernt hat – denn PI hat eine unendliche Anzahl an Nachkommastellen.

Ich fand es befremdlich, dass Petra von ihre Mutter nicht als „Mutter“ o.ä. spricht, sondern sie mit ihrem Namen benennt.
Auch fand ich es irritierend, dass in der Übersetzung aus dem Norwegischen die Schwimmhalle mit „Dreieck“ betitelt wurde; es hat sich mir nicht erschlossen, ob dies ein Spitzname von Petra für dieses Gebäude oder diese Gegend ist, oder was es sonst damit auf sich hat.

Es hat mir in der Seele wehgetan zu lesen wie sehr Petras alleinerziehende Mutter mit Arbeiten beschäftigt ist, so dass Petra quasi nichts von ihrer Mutter hat und die Mutter quasi nichts von ihrer Tochter mitbekommt.

Richtiggehend warm ums Herz wurde mir beim Lesen, als Petras bester Freund Chris in ein Freundschaftsbuch in die Rubrik „Bester Freund“ einen Strich einträgt; von den Mitschülern darauf angesprochen ist Chris natürlich in der Klemme; Petra jedoch erkennt die Situation und sagt „Ich bin der Strich“ und trägt ihren Namen dort ein, indem sie den Strich zum mittleren Strich in ihrem „PETRA“ macht.

Einige Formulierungen der Autorin haben mir wirklich fabelhaft gefallen:
„Hochwasser im Tränenkanal“ (S. 138)
„Als sie weg ist, vergrabe ich das Gesicht im Kissen, und das Meer in meinem Inneren quillt mir aus den Augen.“ (S. 140)

Das Hautpanliegen der Autorin ist es eine Geschichte aus Sicht eines Mädchens mit Verhaltensauffälligkeiten und magischen Gedanken zu erzählen; deshalb ist der Erzählstil sehr einfach gehalten und auf kindlich gemacht. Schade fand ich, dass vieles nicht konkret benannt wird; denn meiner Meinung nach würde dies an manchen Stellen helfen die Geschichte besser zu verstehen. Auch haben mich manche „offenen“ Stellen in der Erzählung gestört.
Das Thema „Erste Liebe“ fand ich für eine Zwölfjährige etwas verfrüht – auch wenn es eigentlich nur um den ersten Kuss geht (aber es wird ja Petras Geschichte erzählt und nicht das, was ich als Leser gut fände).

Dieses Buch kann ich mir gut, nicht nur für eine weibliche sondern auch für eine männliche Leserschaft vorstellen.

PS: Ich habe schwer mit mir gerungen, ob ich nur 3 oder doch 4 Sterne für dieses Buch vergebe.