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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.05.2023

Zwischen Realität und Dystopie

12 Grad unter Null
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Dies ist definitiv ein Buch, das man mehrfach lesen muss. Vielschichtig geschrieben, dabei sehr anspruchsvoll und metaphorisch – ich denke, dass man die vielen Schichten nicht mit einem einzigen Mal lesen ...

Dies ist definitiv ein Buch, das man mehrfach lesen muss. Vielschichtig geschrieben, dabei sehr anspruchsvoll und metaphorisch – ich denke, dass man die vielen Schichten nicht mit einem einzigen Mal lesen mitnehmen kann.

In einem fiktiven Sandburg wird im Jahr 2024 ein Gesetz erlassen, welches allen Männern erlaubt, von Frauen die Gelder zurückzuverlangen, die sie in sie „investiert“ haben. Das Weitmannschuldengesetz, benannt nach Peter Weitmann, einem in seinem Ego gekränkten Mann, treibt viele Frauen in den Ruin. Greta ist im sechsten Monat schwanger, als ihr Mann Henri sein nun geltendes Recht von ihr fordert. Dazu kommt Gretas Geschichte, die ihrer Schwester Elise und deren gemeinsame Familiengeschichte. Geprägt von Missbrauchserfahrungen - physischen und psychischen - und einem zerrüttetem Verhältnis der beiden Schwestern, wendet sich Greta hilfesuchend an sie.

Der Schreibstil gefiel mir gut. Die Gesellschaftskritik und allen voran die am Patriarchat ist unglaublich gut gelungen! Aufrüttelnd und äußerst beklemmend ist auch das Gedankenspiel, was denn ein solches Gesetz in der Realität tatsächlich mit sich bringen würde. Die Autorin legt ihr Augenmerk dabei auch auf die, die wenig gehört werden, und das sind weltweit traurigerweise immer noch Frauen. Das Buch ist sehr anspruchsvoll geschrieben und so tiefgründig, dass man es meines Erachtens öfter als einmal lesen sollte, um tatsächlich alle Ebenen durchsteigen zu können. Eins kann ich aber definitiv sagen: der Titel des Buches wird Sinn ergeben.

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Veröffentlicht am 08.05.2023

Konnte mich nicht überzeugen

Eine gute Frau
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Ich hatte mich sehr aufs Lesen gefreut, das Buch konnte mich allerdings leider gar nicht begeistern. Der Schreibstil ist unaufgeregt, das gesamte Buch jedoch gänzlich ohne wörtliche Rede geschrieben. Normalerweise ...

Ich hatte mich sehr aufs Lesen gefreut, das Buch konnte mich allerdings leider gar nicht begeistern. Der Schreibstil ist unaufgeregt, das gesamte Buch jedoch gänzlich ohne wörtliche Rede geschrieben. Normalerweise stört mich das nicht, hier war es für mich aber unpassend und störend, weil auch keine Absätze gebildet wurden und es somit einem Fließtext gleicht. Dadurch bleiben die Figuren für mich flach. Es ist nicht weiter schlimm, dass ich mich mit keiner von ihnen identifizieren kann – das tut manchmal auch ganz gut – aber hier bleiben die Protagonisten für mich schwammig und definitiv im Schatten stehen.

Helena, Mutter von zwei Kindern, ist stets darauf bedacht, alles richtig zu machen. Es werden aktuelle Themen wie Klimawandel, Diskriminierung, die stetige Digitalisierung und die damit einhergehende steigende Bildschirmzeit ihrer Kinder angesprochen. Helena handelt strikt nach ihrem inneren Kompass, der vorgibt, immer und zu jeder Zeit alles richtig zu machen. So ist sie starr und verkrampft in ihrem Handeln und für mich wenig nahbar. Die Hölle bricht allerdings los, als ihr Mann als Überraschung einen Flug für die ganze Familie nach Mallorca bucht. Unter dem Gesichtspunkt der Klimafreundlichkeit ist ihr das ganz zuwider, sodass sie auch Streit dafür in Kauf nimmt.

Mit der Themenwahl ist man am Puls der Zeit und das hätte auch viel hergeben können. Ich dachte wegen des Titels „Eine gute Frau“ und dem Klappentext, dass es darum gehen würde, mit dem Bild der Frau in der Gesellschaft und wie eine „gute“ Frau zu sein hat, aufzuräumen. Davon hatte ich leider gar nichts verspürt, das Buch lässt mich eher ratlos zurück. Meine Sterne vergebe ich hier für das wirklich gut gelungene Cover und dafür, dass viele aktuelle Themen angesprochen wurden – vielleicht schafft das bei dem ein oder anderen ein Bewusstsein für die Bedeutung.

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Veröffentlicht am 03.05.2023

Eine Reise in die Vergangenheit

Das vorläufige Ende der Zeit
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Ein sprachlich sehr angenehm geschriebener, mit interessanten Personen ausgeschmückter, zeitgenössischer Roman.

Drei Protagonisten, die auf einem verlassenen jüdischen Friedhof zusammentreffen, um gemeinsam ...

Ein sprachlich sehr angenehm geschriebener, mit interessanten Personen ausgeschmückter, zeitgenössischer Roman.

Drei Protagonisten, die auf einem verlassenen jüdischen Friedhof zusammentreffen, um gemeinsam in die Vergangenheit zu reisen. Mi-Ra ist Archäologin und gerade damit beschäftigt, am Friedhof zu forschen. Auch gibt es Artur Arkadiusz, der Friedhofswärter auf dem alten jüdischen Friedhof in Slubice ist. Die beiden treffen aufeinander und schnell steht fest, dass beide ihr Päckchen zu tragen haben und mit der Vergangenheit hadern. Die Vergangenheiten der beiden und ihre Schicksalsschläge könnten unterschiedlicher nicht sein und doch besteht eine enge Verbindung, die vielleicht gerade im gegenseitigen Verständnis liegt. Mi-Ra hat mit der Misshandlung aus ihren Kindheitstagen zu kämpfen, Artur mit dem viel zu frühen Tod seiner kleinen Tochter. Sie lernen bald Horatio Beeltz kennen, der auf den ersten Blick so gar nicht zu ihnen passt und aus der Zeit gefallen wirkt. Horatio meint, entdeckt zu haben, wie man in die Vergangenheit reist und dass dies mit einem Zeitriss auf dem Friedhof in Verbindung steht. Gemeinsam beschließen sie, dem auf den Grund zu gehen.

Insgesamt hat mir der Roman gut gefallen, auch wenn er für mich persönlich einige Längen hatte. Gerade in der Mitte des Buches passierte für mich wenig Spannendes, das Ende hingegen fande ich wieder sehr gelungen. Wer sich mit den Themen Vergangenheit, dem Zeitreisen und interessanten Charakteren beschäftigen möchte, bekommt hier einen schön geschriebenen Roman.

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Veröffentlicht am 26.04.2023

Coming-of-age in der österreichischen Kleinstadt

Offene Gewässer
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Was hält das Leben bereit für eine kleine Rebellin, die bei ihrer Großmutter in der Provinz aufwächst?

Elfi kommt als kleines Mädchen zu ihrer Großmutter nach Liebstatt. Österreichische Provinz. Sie ...

Was hält das Leben bereit für eine kleine Rebellin, die bei ihrer Großmutter in der Provinz aufwächst?

Elfi kommt als kleines Mädchen zu ihrer Großmutter nach Liebstatt. Österreichische Provinz. Sie ist eine Außenseiterin und schlägt sich geschickt, mitunter unlauter durchs Leben. Die Kleinstadt und die naturgemäß gegebenen Eigenheiten einer solchen machen ihr das Leben nicht gerade leicht. Zu ihrer Großmutter hat sie nicht den besten Draht, was auch an deren eher kühlen Art liegen mag. Elfi wird älter und zieht irgendwann aus der Kleinstadt weg. Es braucht schließlich einen Tapetenwechsel. Nach etlichen Jahren kehrt Elfi nach Liebstatt zurück und besinnt sich darauf, Rache zu üben. Die einst kleine Schelmin wächst schließlich mit ihren Aufgaben.

Romina Pleschkos Schreibstil macht diesen Roman zu einem echten Leseerlebnis. Die brillante und äußerst humorvolle Art, die sich in absolut jedem einzelnen Satz wiederfinden, haben mich wirklich restlos begeistern können. So gelingt der Spagat zwischen der Vergangenheit Elfis, die nicht allzu rosig gewesen zu sein scheint und der Gegenwart, die den Leser in vielen Passagen zum Lachen bringt. Gepaart mit einer einzigartigen Geschichte und Protagonisten mit Ecken und Kanten kommt man hier vollends auf seine Kosten. Auch kommt die Gesellschaftskritik nicht zu kurz, den Geist der Kleinstadt spürt man förmlich.

Für mich ist dieses Buch mein persönliches Jahreshighlight 2023, ich habe mich während des Lesens prächtig unterhalten gefühlt und so viel gelacht wie bei bis jetzt keinem Buch. Daher gibt es von mir eine absolute Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 26.04.2023

Zwischen Leben und Tod

Als wir Vögel waren
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Eine etwas andere Liebesgeschichte. Port Angeles in Trinidad: heiße Sommer, viel Gewusel, volle Straßen und zwischendrin die beiden Protagonisten Yejide und Emmanuel Darwin.

Ayanna Lloyd Banwo erzählt ...

Eine etwas andere Liebesgeschichte. Port Angeles in Trinidad: heiße Sommer, viel Gewusel, volle Straßen und zwischendrin die beiden Protagonisten Yejide und Emmanuel Darwin.

Ayanna Lloyd Banwo erzählt sprachlich sehr humorvoll und ausgefallen und doch in ruhigem Stil die Geschichte zwischen zweien, die unterschiedlich sind und doch einige Gemeinsamkeiten haben. Trinidad als Schauplatz bringt eine Außergewöhnlichkeit mit sich, die die Geschichte vollkommen macht.

Emmanuel Darwin ist auf der Suche nach Arbeit, was sich alles andere als einfach gestaltet. Vor dem Amt in Wharton eine ewige Schlange und man kann von Glück sprechen, nach ganz vorne zu gelangen. Ihm wird eine Stelle als Totengräber auf dem größten Friedhof in Port Angeles angeboten, in Fidelis, welcher jahrhundertealt ist. Mit seiner Entscheidung, die Arbeit anzunehmen, zieht er die Missgunst seiner Mutter auf sich, welche die Beweggründe Emmanuels nicht nachvollziehen kann. Doch wird das Geld gebraucht und eine andere Stelle steht vorerst nicht in Aussicht. So tritt Emmanuel Darwin die Stelle an, welche der Wegbereiter für Begegnungen mit vielen Menschen sein wird. Ob mit den anderen Totengräbern, der Leiterin der Friedhofsverwaltung oder auch mit Yejide – jede einzelne wurde schön erzählt.

Daneben gibt es Yejide, welche sich aus familiären Gründen mit dem Tod konfrontiert sieht und so kreuzen sich ihre beiden Wege. Herangewachsen ist Yejide in einer Familie, in der der Tod und der Umgang mit den Toten eine herausragende, fast übergeordnete Rolle spielen. Hier ist der Tod eng verbunden mit Mystik, verschiedenen Ritualen und übermenschlichen Erscheinungen. Es sticht außerdem die Rolle der Frauen hervor, denn sie spielen in dem matriarchalen Gebilde in Bezug auf die Toten die Hauptrolle. Die Geschichte des Hauses, in dem sie lebt und die ihrer Familie ergeben zusammen ein rundes Bild.

Zwischen den Zeilen wird über die naturgemäße Gegensätzlichkeit zwischen Leben und Tod, den Umgang mit diesem und den Verstorbenen erzählt. Die Geschichte zwischen Yejide und Emmanuel ist einzigartig und sicher keine klassische, vor Romantik strotzende Liebesgeschichte. Ein schöner Roman über außergewöhnliche Umstände mit einzigartigen Protagonisten und bildhaft umschriebenen Schauplätzen.

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