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Veröffentlicht am 30.10.2022

Zeit neu gedacht

Alle_Zeit
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"Alle_Zeit" von Teresa Bücker ist ein Sachbuch, bei dem es sich lohnt, sich Zeit für das Lesen zu nehmen.
Wie der Titel schon andeutet, geht es in dem erhellenden Buch über Zeit bzw. über das Fehlen von ...

"Alle_Zeit" von Teresa Bücker ist ein Sachbuch, bei dem es sich lohnt, sich Zeit für das Lesen zu nehmen.
Wie der Titel schon andeutet, geht es in dem erhellenden Buch über Zeit bzw. über das Fehlen von Zeit und die Folgen der Zeitarmut für den Einzelnen und die Gesellschaft im Ganzen.

Das Gefühl von Zeitdruck ist den meisten sehr vertraut, wer hat denn schon Zeit, über die man selbstbestimmt verfügen kann und die nicht auf irgendeine Art und Weise fremdbestimmt wird. So ist auch die Zeit, die allgemein als Freizeit angesehen wird, zwar frei von Erwerbsarbeit, aber nicht immer frei von Pflichten und wird nicht selten so organisiert wie die Zeit, die man zum Arbeiten verbringt. Spontan sein oder wirklich das tun, was man machen will, frei von irgendwelchen Zwängen ist selten.
Deswegen fordert die Journalistin Teresa Bücker nichts anderes als eine komplett neue Zeitkultur, um so Geschlechter- und Generationengerechtigkeit für ein besseres Leben für alle zu erreichen. Nämlich auch die Möglichkeit, die jeder Einzelne hat, auf Zeit zuzugreifen, ist auch eine Machtfrage. Zeit und Zeit für sich zu haben, sollte jedoch kein Privileg von einig wenigen sein, sondern allen zustehen.

Auf über 300 Seiten schafft es die Autorin den Leserinnen ihre Vorstellung einer neuen Zeitkultur auf leicht verständliche und kurzweilige Art näher zubringen. Unterteilt in 6 Kapitel mit mehreren Unterkapiteln, gibt sie einen fundierten und gut strukturierten Überblick über den Begriff Zeit und bringt die Leserinnen zum Nachdenken. Auch wenn manches den ein oder anderen schon vertraut vorkommt, kann die Lektüre mit einigen neuen Ideen aufwarten.

Ein toller Überblick über verschiedene Facetten von Zeit und was sich in unseren heutigen Gesellschaft in Bezug auf das Verständnis von Zeit ändern muss. Klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 30.10.2022

Interessanter Einblick in das Leben einer Bergarbeiterfamilie

Die Sehnsucht nach Licht
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Mein Interesse an "Die Sehnsucht nach Licht" von Kati Naumann hat das Thema Bergbau geweckt, da ich bis jetzt noch kein Buch darüber gelesen habe und meine
Erwartungen wurden nicht enttäuscht.

In dem ...

Mein Interesse an "Die Sehnsucht nach Licht" von Kati Naumann hat das Thema Bergbau geweckt, da ich bis jetzt noch kein Buch darüber gelesen habe und meine
Erwartungen wurden nicht enttäuscht.

In dem Roman historischen Roman folgt man der Familie Steiner aus dem Schlematal im Erzgebirge, deren Familiengeschichte eng mit dem Bergbau im Schlematal verknüpft ist.

Anhand von zwei Zeitsträngen, einem in der Gegenwart rund um Luisa, die als Führerin in einem Besucherbergwerk arbeitet, und einem anderen in der Vergangenheit, der sich von 1908 bis zur Wendezeit erstreckt, wird man Zeuge der Tragödien und freudigen Momente der Familie Steiner und der historischen Entwicklung des Bergbaus in dieser Zeitspanne. Geschickt werden beide Erzählstränge miteinander verknüpft, wobei das Mysterium rund um das Schicksal des Großonkels Rudolf für mich den Spannungsbogen hochgehalten hat.

Der Schreibstil der Autorin ist detailliert und atmosphärisch, wodurch es einem beim Lesen einfach gelingt, in die faszinierende Geschichte über den Bergbau im erzgebirgischen Schlematal und der fiktiven Geschichte über die Familie mit all ihren Tiefen und Höhen einzutauchen. Neumann schafft es hierbei, authentische Charaktere zu zeichnen und den Zeitgeist sowie den Alltag und die Traditionen einer vom Bergbau geprägten Familie und Region einzufangen.
Doch so spannend es beim Lesen auch war, mehr über das Leben einer Bergarbeiterfamilie, den Uranbergbau und die Auswirkungen der jeweiligen politischen Situation zu erfahren, lässt die Spannung besonders im Mittelteil des Buches nach. Auch der Schreibstil, der oft mehr Erzählen als Zeigen ist, war dem Lesegenuss stellenweise abträglich.

Trotz mancher Schwächen ist "Die Sehnsucht nach Licht" von Kati Naumann insgesamt ein teils fesselnder und sehr informativer historischer Roman über den Bergbau im Erzgebirge und allein deswegen lesenswert.

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Veröffentlicht am 18.10.2022

Düstere Dystopie - poetisch, aber emotionslos erzählt

Das Gesetz der Natur
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In Neuamerika leben die Menschen nach dem Gesetz der Natur in einer apokalyptisch anmutenden Welt, die den Anfängen des menschlichen Zusammenlebens gleicht. Nach einer nicht näher beschriebenen Atomkatastrophe ...

In Neuamerika leben die Menschen nach dem Gesetz der Natur in einer apokalyptisch anmutenden Welt, die den Anfängen des menschlichen Zusammenlebens gleicht. Nach einer nicht näher beschriebenen Atomkatastrophe wurde fast die ganze Weltbevölkerung ausgelöscht und die Welt war lange Zeit so stark verseucht, dass viele Mutanten auf die Welt kamen. Eine solche Mutantin ist die Hauptprotagonistin Gaia Marino. Versteckt in den Wäldern lebt sie zu Beginn des Buches das Leben einer Aussätzigen mit zwei Männern zusammen. Was Gaia besonders macht, ist, dass sie Lesen kann, denn in den neu entstandenen Gesellschaften nach der Katastrophe ist das Lesen nur wenigen Auserwählten gestattet. Als sie in Gefangenschaft gerät, rettet genau diese Fähigkeit ihr das Leben. Sie verspricht, sich auf die Suche nach den letzten Büchern zu machen.

Die Stimmung des Romans ist passend für eine Dystopie, düster und teils melancholisch gehalten. Erzählt wird die Geschichte um Gaia in einem lyrischen und teils predigt- bzw. bibelähnlichen Schreibstil, der nicht immer leicht zu lesen ist und durch seine fehlende persönliche Note verhindert, dass eine emotionale Nähe zu der Hauptprotagonistin sowie den anderen Charakteren aufgebaut wird. Besonders im Mittelteil des Buches leidet darunter der Spannungsbogen erheblich. Zum Ende hin nimmt der Roman dann wieder an Fahrt auf, endet jedoch ziemlich abrupt und lässt viele Fragen offen die (hoffentlich) in den nächsten Bänden geklärt werden.

"Das Gesetz der Natur" von Solomonica de Winter kann mit einem interessanten Setting und einer tollen Idee aufwarten, jedoch konnte die Umsetzung mich nicht komplett begeistern. Besonders der Mittelteil hatte ein paar Längen und sprachlich stand der Roman sich manchmal selbst im Weg, was das Eintauchen in die Geschichte erschwerte. Für Liebhaber von düsteren und anspruchsvolleren Dystopien jedoch empfehlenswert.

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Veröffentlicht am 29.09.2022

Eine tragische Liebesgeschichte und ihre Folgen - fesselnd erzählt

Verbrenn all meine Briefe
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Alex macht mit seinen unvorhersehbaren Wutausbrüchen seiner Frau und seinen Kindern Angst. Um etwas gegen seine Wutanfälle zu unternehmen, begibt er sich auf der Suche nach dem Grund für diese. Fündig ...

Alex macht mit seinen unvorhersehbaren Wutausbrüchen seiner Frau und seinen Kindern Angst. Um etwas gegen seine Wutanfälle zu unternehmen, begibt er sich auf der Suche nach dem Grund für diese. Fündig wird in der eigenen Familiengeschichte, in der sich Abgründe auftun. Auslöser des Unglücks, dessen Nachwirkungen noch Generationen später spürbar sein wird, ist die Geschichte seiner Großeltern Sven und Karin Stolpe, er ein bekannter Schriftsteller und sie eine Übersetzerin. Erzählt auf drei Zeitebenen, die geschickt miteinander verknüpft sind, versucht der Autor in der Gegenwart mittels alter Briefe und Dokumente sowie eigener Kindheitserinnerungen von den Großeltern zu rekonstruieren, was damals im Jahr 1932 passiert ist. Im Jahre 1932 verbringen Sven und Karin den Sommer in der Sigtuna-Stiftung, wo sich Karin in den jungen Schriftsteller Olof Lagercrantz verliebt. Es entwickelt sich eine Liebesbeziehung zwischen den beiden, Zeugnis davon leisten Olofs Briefe an Karin sowie später verfasster Gedichte und Texte voller Sehnsuchtsempfinden. Schon bald fasst Karin den Entschluss, sich von ihr tyrannischen Mann Sven zu trennen, doch dieser fühlt sich von seiner Frau verraten und zwingt sie dazu, bei ihm zu bleiben. Und so nimmt das Unglück seinen Lauf.

Auf knapp 300 Seiten schafft es der Alex Schulmann mit „Verbrenn all meine Briefe“ einen bewegenden Roman über eine tragischen Familiengeschichte mit autobiografischen und fiktionalen Inhalten vorzulegen, der noch nach Beenden des Buches nachwirkt. Intensiv und leicht poetisch beschreibt er die Liebesgeschichte zwischen Karin und Olof in den 30er-Jahren und bringt die beiden und ihre Gefühle berührend wieder. Man fühlt und leidet mit ihnen, so greifbar zeichnet er sie.
Aber nicht nur die Handlung in der Vergangenheit nimmt einen in seinen Bann, auch die anderen beiden Stränge schaffen dies. Gebannt folgt man dem Autor dabei, wie er bei seinen Recherchen in der Gegenwart verbunden mit Rückblicken in seine Kindheit mit den Großeltern nach und nach dem dunklen Geheimnis in seiner Familie auf die Spur kommt und wie er es schafft, sich von dem Erbe der Wut zu lösen

Fesselnd und gefühlvoll erzählt kann man nicht aufhören, über eine tragische Liebesgeschichte zu lesen, deren Folgen über Generationen nachwirkt. Eine ergreifende und eindringliche Spurensuche.
Klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 27.09.2022

Rasanter und schonungslos ehrlicher Ritt durch Max Strohes Jugend- und Lehrjahre

Kochen am offenen Herzen
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So außergewöhnlich das Buchcover von "Kochen am offen Herzen" mit einem Kochmütze tragenden Pinguin ist, so außergewöhnlich ist auch der autobiografische Roman mit fiktiven Elementen von Max Strohe selbst.
Max ...

So außergewöhnlich das Buchcover von "Kochen am offen Herzen" mit einem Kochmütze tragenden Pinguin ist, so außergewöhnlich ist auch der autobiografische Roman mit fiktiven Elementen von Max Strohe selbst.
Max Strohe, der den meisten eher als erfolgreicher Fernsehkoch bekannt sein dürfte, zeigt hier, das er nicht nur was vom Kochen versteht, sondern auch, dass er das Zeug zum Schriftsteller hat.

Offen und schonungslos ehrlich gibt Strohe mit leicht ironischer und teils derber Sprache Einblick in sein jugendliches Leben, seine Ausbildung zum Koch und auch seinem Verhältnis zu seinem Vater, einem Genussmensch und Liebhaber von Antiquitäten, mit dem ihm der großen Unterschiede die Liebe für die schönen Dinge des Lebens eint.
Während man über seine Jugend- und Lehrjahre liest, hat man eher das Gefühl, man würde über einen Rockmusiker lesen, lassen sich doch dieser Abschnitt seines Lebens gut mit Sex, Drugs & Rock 'n' Roll zusammenfassen.
Strohe bricht mit 15 Jahren die Schule ab und verbringt seine Zeit mit Drogen und Frauen. Eine Lehre zum Koch bricht er ab und lernt Armut, Obdachlosigkeit und Existenzängste kennen und schafft es dann noch wie der "Tellerwäscher zum Millionär" etwas aus seinem Leben zu machen, auch weil er die richtigen Leute trifft.

Auch wenn man interessante Einblicke in die Ausbildung zum Koch und dabei auch in unterschiedliche Küchen bekommt, steht das Kochen an sich nicht wirklich im Vordergrund. Der Fokus liegt auf Max Strohe und sein außergewöhnliches Leben junges Leben, was man sich bewusst sein sollte, wenn zu dem überraschend gut geschriebenen und lesenswerten autobiografischen Roman "Kochen am offenen Herzen" von Max Strohe greift.

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