Platzhalter für Profilbild

lena_literature

aktives Lesejury-Mitglied
offline

lena_literature ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit lena_literature über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.10.2018

Eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Ganz große Literatur!

Die Wahrheit über das Lügen
0

Benedict Wells neuste Erscheinung „Die Wahrheit über das Leben“ umfasst zehn Kurzgeschichten, wie sie unterschiedlicher gar nicht sein könnten.
Die erste Geschichte handelt von einer Wanderung, metaphorisch ...

Benedict Wells neuste Erscheinung „Die Wahrheit über das Leben“ umfasst zehn Kurzgeschichten, wie sie unterschiedlicher gar nicht sein könnten.
Die erste Geschichte handelt von einer Wanderung, metaphorisch gesehen durch das ganze Leben des Protagonisten, gefolgt von einem überraschenden Ende, welches den Leser den Schmerz und die Emotionen der Handelnden spüren lässt.
Es folgt eine zweite, kürzere Geschichte über eine Beschreibung der Zustände in einem Grundschulheim.
In der dritten Geschichte muss eine Frau sich zwischen ihrer existenziellen Lebensgrundlage oder der Liebe entscheiden.
Die vierte Geschichte handelt von vielen Ping-Pong-Partien, die unfreiwillig begonnen wurden und dann doch zum Zentrum eines Lebens werden.
Über Verlust und Schmerz erzählt uns Wells in seiner fünften Geschichte, der eine zauberhafte sechste Geschichte über die Literatur folgt.
Der Titel der siebten Geschichte ist gleich dem des Buches. In ihr wird das Leben eines Drehbuchautors beschrieben, der durch das Stehlen einer Idee zur Berühmtheit wird.
Die drei letzten Geschichten geben dem Leser Einblicke in dunkle Familiengeheimnisse und den Schmerz einer Ehefrau.
Das Lesen dieses Buches ist vergleichbar mit einer rasanten Achterbahnfahrt der Gefühle. So viele Emotionen in kurzen Geschichten!
Ich habe gelacht, geweint, gelitten und mitgefiebert.
Benedict Wells lässt mit wenigen Worten eine Bombe der Gefühle platzen.
Sein Schreibstil ist flüssig, die kurzen Geschichten sind angenehm zu lesen und lassen genug Freiheit zur Interpretation. Viele Geschichten regen zum Nachdenken an und geben dem Leser auch im Nachhinein noch Grund zum Schmunzeln.
Am besten gefallen haben mir die erste, fünfte und letzte Geschichte, da für mich dort die Emotionen am schönsten und deutlichsten beschrieben sind.
Dieser junge Autor ist einer der Wenigen, die es geschafft haben, mich mit einem Buch zu Tränen zu rühren. Das Lesen war ein Genuss und sicher werde ich noch weitere Bücher von Benedict Wells lesen!

Veröffentlicht am 29.09.2018

Abenteuerlich, zauberhaft - einfach wundervoll!

Prinzessin Insomnia & der alptraumfarbene Nachtmahr
0

Prinzessin Dylia leidet an Schlaflosigkeit, die sie wochenlang wachhalten kann. Es ist die seltenste Krankheit in Zamonien und keiner kann sie heilen.
Eines nachts erscheint ihr ein Nachtmahr, der sich ...

Prinzessin Dylia leidet an Schlaflosigkeit, die sie wochenlang wachhalten kann. Es ist die seltenste Krankheit in Zamonien und keiner kann sie heilen.
Eines nachts erscheint ihr ein Nachtmahr, der sich als ihr schlimmster Alptraum vorstellt und sie auf eine abenteuerliche Reise mitnimmt.

Das Buch ist von Lydia Rode mit schönen Bildern illustriert worden.
Auf nahezu jeder Seite findet man passend zur Geschichte bunte Darstellungen, die den Lesespaß noch vergrößern! Die Kombination von Bildern und Geschichte ist typisch für Walter Moers.
Der Autor lädt den Leser mit seinem flüssigen und bildlichen Schreibstil erneut ein, an einem zauberhaften Abenteuer teilzunehmen. Neben tollen Wortspielen, lassen sich Neologismen und kaum aussprechbare Wörter erkennen, passend zu der nicht realen Welt Zamoniens.
Der Charakter der Prinzessin ist wirklich gelungen dargestellt. Sie wirkt manchmal verwirrt, verspielt, aber in anderen Momenten auch sehr klar und gewissenhaft.
Opal, der Nachtmahr, scheint mürrisch und böse, was jedoch in seiner Natur liegt.
Der Leser wird in eine tolle Gedankenreise mitgerissen und vergisst so alles um ihn herum!

Walter Moers erschafft mit diesem Roman aus der Zamonien-Reihe eine weitere wundervolle und abenteuerliche Welt!

Veröffentlicht am 25.09.2018

Einfach zauberhaft!

Das Haus der geheimnisvollen Uhren
0

Weil seine Eltern bei einem Autounfall ums Leben kamen, zieht der 10-jährige Lewis Barnvalet zu seinem Onkel Jonathan nach New Zebedee. Dort lebt er in einem dreistöckigen alten Haus, welches seinen eigenen ...

Weil seine Eltern bei einem Autounfall ums Leben kamen, zieht der 10-jährige Lewis Barnvalet zu seinem Onkel Jonathan nach New Zebedee. Dort lebt er in einem dreistöckigen alten Haus, welches seinen eigenen Charakter zu haben scheint.
Lewis findet sein neues Zuhause wirklich toll und findet dann noch heraus, dass sein Onkel zaubern kann.
Der ehemalige Besitzer des Hauses war auch ein Zauberer, jedoch wendete er schwarze Magie an und versteckte eine Uhr irgendwo hinter den Mauern des uralten Gebäudes. Mit dieser Uhr sollte es ihm gelingen, das Ende der Welt herauf zu beschwören.
Als Lewis sich mit Tarby anfreundet und er diesen beeindrucken will, beschließt er kurzerhand selbst in der Halloween-Nacht zu zaubern, was fatale Folgen hat.

Das Cover des Buches ist ansprechend gestaltet, macht neugierig und weist auf die düstere, magische Atmosphäre hin.
John Bellairs schafft auf nur 224 eine zauberhafte, schaudernde Geschichte, die mich von der ersten Sekunde an in ihren Bann gezogen hat. Mit seinem bildhaften, flüssigen Schreibstil fällt es dem Leser leicht zu folgen. Stetig steigt die Spannung und man kann das Buch kaum aus der Hand legen. In sehr bildhaft beschriebenen Abschnitten läuft es einem kalt den Rücken herunter.
Die Charaktere sind sehr gelungen und eigensinnig dargestellt. Besonders gut gefällt mir die Beschreibung des Onkels, der anfangs verrückt scheint, sich dann aber sehr liebevoll und hilfsbereit gibt. Der Protagonist wandelt sich vom schüchternen Jungen zu einem mutigen kleinen Zauberer.

Zusammenfassend ist dieses Buch absolut empfehlenswert für Freunde von Magie und Geheimnissen. Eine tolle Geschichte geschrieben auf wenigen Seiten.

Veröffentlicht am 23.09.2018

Verwirrende Dystopie mit unglücklichem Ende...

Hysteria
0

Beim routinierten Besuch des Biomarktes fallen Bergheim plötzlich unnatürlich wirkende Himbeeren auf. Um dieser seltsamen Sache nachzugehen, findet er den Weg ins das Kulinarische Institut, in dem er seine ...

Beim routinierten Besuch des Biomarktes fallen Bergheim plötzlich unnatürlich wirkende Himbeeren auf. Um dieser seltsamen Sache nachzugehen, findet er den Weg ins das Kulinarische Institut, in dem er seine ehemalige Studienfreundin und Ex-Freundin Charlotte trifft, die damals plötzlich aus seinem Leben verschwunden ist und jetzt Leiterin des Instituts ist. Im Institut existiert keine Natur mehr, weil sie künstlich erschaffen wurde und normal kaum wahrnehmbar wäre. Doch Bergeheims Hypersensibilität erlaubt es ihm, kleinste Veränderungen wahrzunehmen und schon bald bemerkt er, dass etwas mit dem Institut nicht stimmt.

Der für den Deutschen Buchpreis 2018 nominierte Roman von Eckhart Nickels war für mich anfangs eine Herausforderung.
Beginnend mit umfassenden, detailreichen Beschreibungen alltäglicher Dinge, die sich über Seiten hinweg zogen, machten mir das Lesen anfangs sehr schwer, da ich immer wieder mit meinen Gedanken abgeschweift bin.
Doch endlich im Institut angekommen – hier kommt die Geschichte dann richtig ins Rollen – wird eine gewisse Spannung aufgebaut, die zum Weiterlesen verleitet.
Der Protagonist Bergheim weist autistische Züge auf, sein Verhalten ist nahezu pedantisch. Sein Charakter ist absurd und für den Leser schwer nachvollziehbar.
Der Charakter von Charlotte ist sehr gelungen und facettenreich dargestellt: von der Studentin, die mehr Liebe und Zuneigung von ihrem Freund fordert, bis zur selbstbewussten, überzeugten Frau mit unglaublichem Wissen.
Trotz allem ist der Schreibstil sehr ansprechend und flüssig; die kurzen Kapitel sind angenehm zu lesen.

Insgesamt verirrt sich diese Dystopie im Laufe des Romans durch Gedankensprünge, zu umfassenden Beschreibungen und verschiedenen Handlungszweigen, sodass mir die eigentliche Handlung und Intention ein bisschen verloren gehen.
Das Ende wurde für mich nicht gut aufgelöst, da es mehr einem unglücklichen Horrorszenario als einem guten Abschluss glich.

Auch wenn ich die Absicht des Autors erkennen kann und die Anspielungen auf Umweltschutz, nachhaltiges Leben, Respekt vor der Natur verstehe, finde ich die Umsetzung dieser Ideen in Form der Geschichte nicht gelungen.

Veröffentlicht am 21.09.2018

Große klassische Literatur!

Der Besuch der alten Dame
0

Die Tragikomödie in drei Akten handelt von der Milliardärin Claire Zachanassian, die nach Jahren erstmals wieder ihre Heimatstadt Güllen, die mittlerweile verarmt ist, besucht. Claire musste in ihrer Jugend ...

Die Tragikomödie in drei Akten handelt von der Milliardärin Claire Zachanassian, die nach Jahren erstmals wieder ihre Heimatstadt Güllen, die mittlerweile verarmt ist, besucht. Claire musste in ihrer Jugend die kleine Stadt verlassen, nachdem sie von ihrem damaligen Geliebten Alfred, Ill genannt, ein Kind erwartete, dieser jedoch die Vaterschaft leugnete und vor Gericht Zeugen bestochen hat, um den Prozess zu gewinnen. Nach dem Verlassen der Stadt verlor die entehrte Claire Zachanassian ihr Kind und wurde zur Prostituierten. Eine Heirat mit einem Ölquellenbesitzer half ihr jedoch aus ihrer Misere und brachte sie zu einem riesigen Vermögen. Jedoch ist diese Ehe nicht von Dauer; Claire ist mittlerweile mit ihrem achten Mann liiert.
Die Güllener Bevölkerung hofft von dem Besuch der milliardenschweren Zachanassian finanzielle Unterstützung, die Claire auch in Folge eines raffinierten Racheplans den Güllenern zusichert. Sie will Gerechtigkeit und setzt ein Kopfgeld von einer Milliarde auf Alfred aus. Zunächst wird der Vorschlag der alten Dame von den Bewohnern abgelehnt. Diese beginnen gleichzeitig jedoch, über ihre Verhältnisse zu leben, da sie mit baldigem Vermögen rechnen.
Als Ill schließlich, völlig von Angst und Schuld gepackt, fliehen und auswandern will, hält ihn die ganze Bevölkerung zurück. Nach einer Abstimmung um Ills Schicksal wird dieser kollektiv von allen Bürgern umschlossen und in die Enge getrieben, bis er schließlich tot am Boden liegt.

Friedrich Dürrenmatt schafft ein wunderbares Werk mit herrlich schwarzem Humor und starken Charakteren.
Überaus gelungen ist die einzelne Beschreibung eines jeden Charakters, vor allem das Motiv des Panthers, dessen Schicksal mit dem von Ill zu vergleichen ist. Dürrenmatts Humor lässt sich bei der Namensgebung von Claires Bediensteten erkennen, die alle sich reimende Namen erhalten und nach denen selbst die Ehemänner passend benannt werden.
Dem Leser wird ein toller Einblick in die einzelnen Figuren gegeben, sodass jede von ihnen Sympathie sammelt. Jedoch befindet man sich dadurch in einer Zwickmühle – einerseits stimmt man mit dem Gedanken der Gerechtigkeit überein und fordert eine Bestrafung für Ill, andererseits ist man gegenüber der Selbstjustiz und dem „Kaufen“ von Gerechtigkeit eher kritisch.
Obwohl das Ende vorhersehbar war, fällt die Frage der Schuldzuweisung schwer, da alle Bürger im Endeffekt auf Geheiß der Zachanassian töten. Die Stimme der Vernunft, die in diesem Werk durch den Lehrer verkörpert wird, verstummt am Ende und wird durch eine Unmenge von Alkohol ertränkt.
„Der Besuch der alten Dame“ ist keine langweilige Schullektüre, sondern große klassische Literatur! Zusammenfassend ist dieses Werk ethisch anspruchsvoll und regt vor allem zum Nachdenken und Diskutieren an.