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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.01.2022

Gute Idee, Umsetzung nicht immer meins

Abschied von der Heimat
1

Die Geschichte von Erika, die mit fünf Jahren zur Tante nach Böhmen verschickt wird, um der Hungersnot im Rheinland zu entgehen, und die dann als Backfisch nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg wieder ...

Die Geschichte von Erika, die mit fünf Jahren zur Tante nach Böhmen verschickt wird, um der Hungersnot im Rheinland zu entgehen, und die dann als Backfisch nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg wieder ihre neue Heimat verlassen muss mit Nichts als dem, was sie am Leib trägt, um in eine ungewisse Zukunft zu gehen, hat eigentlich ein spannendes Thema und spielt zu einer dramatischen Zeit. Auch nimmt die Handlung immer wieder Wendungen, lässt immer wieder neue interessante Figuren Erikas Weg kreuzen und schickt Erika an immer neue Orte und Stationen ihres Lebens, dass der Roman eigentlich hätte ein Selbstläufer werden müssen.
Mich stören aber die Psychologie der Figuren, die ich entweder zu übertrieben psychopathisch böse finde - wie Coele, erst Freund, dann Widersacher Erikas - oder verbittert - wie Erikas Tante, die Erika ganz für sich will - oder zu naiv-idealistisch - wie Erika selbst, die sich in jeden Mann verliebt, der ihr über den Weg läuft und dafür einmal zur Widerstandskämpferin wird, dann zur verständnisvoll-wartenden beinahe Ehefrau eines deutschen Offiziers zur See, die Verständnis und sogar auch Bewunderung für dessen Einsatz für das Vaterland und Durchhaltewillen, und zum Schluss zum Ami-Liebchen. Das ist doch etwas viel hin und her.
Auch der Sprachstil ist bisweilen für meinen Geschmack zu gefühlsschwanger und von total überzogener Metaphorik.
Mich, die ich eigentlich für diese Zeit, für dieses Thema und für diese Art von Roman, nämlich Frauen- und Familienroman in Serie, brenne, stört das. Genau dazu gibt es viele lohnendere Alternativen.

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Veröffentlicht am 28.07.2024

Man muss wohl dran glauben

Der Raum dazwischen
0

Ich bin schon sehr skeptisch an dieses Buch herangegangen, habe aber versucht, mit vorurteilsfrei auf etwas Neues einzulassen. Allerdings ist es mir schwer gefallen.
Ich hatte mir auch eher ein Buch vorgestellt, ...

Ich bin schon sehr skeptisch an dieses Buch herangegangen, habe aber versucht, mit vorurteilsfrei auf etwas Neues einzulassen. Allerdings ist es mir schwer gefallen.
Ich hatte mir auch eher ein Buch vorgestellt, in dem es allgemein um „Tierkommunikation“, so der Untertitel, geht. In dem Buch „Der Raum dazwischen“ beschreibt Catherin Seib allerdings eher ihren eigenen Weg mit ihren Pferden, wie sie mit ihnen spricht, welche Entscheidungen sie aufgrund dessen für sich und ihre drei Tiere fällt. Dabei geht es oft sehr persönlich und emotional zu, Traumata werden angedeutet, große Gefühlsdramen entfaltet.
Catherin Seib ist Tierkommunikatorin und entschied sich, ihr Leben in Deutschland hinter sich zu lassen und mit ihren drei Pferden, zwei Hunden und Lebensgefährten nach Costa Rica auszuwandern, weil sie in Deutschland das richtige Leben im falschen führte.
Dabei waren ihre Pferde ihre Wegweiser, sie sieht sich mit ihnen in einem besonderen „Raum dazwischen“ verbunden, in denen ihre Pferde ihre Leiden durchleben und ihr das, was in ihrem Leben falsch oder richtig läuft, durch Krankheit oder Wohlbefinden zurückspiegeln würden.
Das Pferde sehr sensibel Stimmungen „ihrer“ Menschen aufnehmen und spiegeln, ist nichts Neues, dass man mit ihnen wie auf wundersame Art kommunizieren kann, eine umwerfende Erfahrung.
Aber dass man mit ihnen wie in Menschensprache kommunizieren kann, dass sie eine Vorstellung von Lebensplanung und Traumabewältigung haben, dass man sogar mit toten oder noch nicht geborenen Tieren sprechen kann, die einem genau sagen, wie das Leben nach dem Tod ist, die einen in Träumen aufsuchen, um einem mitzuteilen, dass sie zu einem wollen, das klingt doch etwas sehr unglaubwürdig. Mehr als fragwürdig wird es dann, wenn man bei schweren Krankheiten der Pferde mehr auf eine vermeintliche Pferdestimme hört, als auf Tierärzte und die Krankheit dann umdeutet als einen Ausdruck des eigenen psychischen Leidens. Als erlebe das Pferd stellvertretend psychosomatische Leiden. Die Autorin muss davon zweifelsfrei ausgehen, so freimütig, wie sie schildert, dass ihre Stute über Monate hinweg mit offenen Hufen aufgrund einer Rehe, die dann aber doch keine sein soll, leidet, aber keine Behandlung wünsche und es selbst auch nicht für Rehe halte. Oder wenn sie beschreibt, wie ihr 26jährige Wallache am Ende immer wieder aufgrund von Schwäche hinfällt und sich dabei sogar im Stacheldraht – wer bitte hält seine Pferde hinter Stacheldraht? - verletzt, aber das nicht als schmerzhaft empfinde und noch nicht erlöst werden wolle, weil er noch eine Aufgabe zu erledigen habe – bei der es dann natürlich wieder um das Seelenheil der Besitzerin geht.
Ja, es gibt sicherlich Krankheiten, bei denen die Schulmedizin am Ende ist, und es ist richtig und wichtig, dass man sich die Zeit und die Ruhe nimmt, auf die feinen Signale der Pferde zu hören, und ihnen ihren eigenen Willen zugesteht. Und auch die Frage nach dem würdevollen Ende eines kranken, leidenden Tieres ist keine einfache, da sich der Mensch zum Richter über Leben und Tod aufschwingt und sich niemand frei machen kann davon, dass seine eigenen Bedürfnisse und Befindlichkeiten ein solches Urteil beeinflussen. Ich finde es auch wichtig, dass es Menschen gibt, die „der Stimme“ der Pferde Ausdruck verleihen und ihr Gehör verschaffen. Aber die Art und Weise, wie das in diesem Buch geschieht, kann ich nicht zum Schluss hin immer weniger nachvollziehen.

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Veröffentlicht am 02.10.2023

Langweilig

Zeiten der Langeweile
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Zuerst muss ich wohl entschuldigend sagen, dass ich einfach eine Generation bin und mir das Verständnis für diese Art der Problematik fehlt. Allerdings war genau das der Grund, warum mich die Idee des ...

Zuerst muss ich wohl entschuldigend sagen, dass ich einfach eine Generation bin und mir das Verständnis für diese Art der Problematik fehlt. Allerdings war genau das der Grund, warum mich die Idee des Buches ansprach: weil ich eine andere Generation bin und Verständnis für diese Problematik gewinnen wollte. Wie ergeht es der Generation der digital natives, wenn sie sich von der Nabelschnur der social medias zu lösen versuchen: welche Erfahrungen machen sie, was ändert sich für sie, was ist der Gewinn, was sind die Kosten?
Ich bin – zum Glück, wie ich nach Lektüre des Buches erneut finde – in einer Welt ohne Handys, ohne PC, ohne Internet und ohne 24h-TV groß geworden. Ich habe keine Langeweile ohne all das, ich vereinsame nicht ohne all das. Und ich weiß trotzdem, dass wir heute alle irgendwelche Spuren im virtuellen Dschungel hinterlassen und verzichte deshalb auf viele dieser vermeintlich verlockenden Angebote, ohne die es sich aber auch gut leben lässt und somit ohne das Gefühl, mir entgehe etwas Elementares. Ich glaube nicht, dass es notwendig ist, in eine derartige Paranoia zu verfallen, ob unserer Spuren im Netz. Denn, wenn täglich eine Horde von zig Elefanten zigfach über dieselben Pfade trampelt, wer würde sich da die Mühe machen, die Fußstapfen eines x-beliebigen Elefanten zu suchen und zu verfolgen, wenn er sie denn fände. Elefanten sind nicht nur bei Nacht alle grau.
Diese Erkenntnis des Romans von Jenifer Becker, dass Spuren im Netz nicht mehr oder nur sehr schwer zu löschen und noch schwerer zu vermeiden sind, ist also ziemlich banal, die geschilderten Konsequenzen für das Leben der Protagonistin ziemlich „drüber“.
Erschreckend an dem Roman finde ich, dass einer promovierten Akademikerin nichts Besseres einfällt, mit ihrer Zeit zu tun, als Werbeprospekte und amerikanische Frauenzeitschriften aus dem Müll der Nachbarn zu lesen und die Zeit damit totzuschlagen, sich vor der Öffentlichkeit, die im Zweifel gar nicht an ihr interessiert ist, zu verschanzen. Irgendetwas Lebenspraktisches kriegt sie nicht auf die Reihe, einen Gewinn scheint sie aus dem selbst gewählten Experiment nicht zu ziehen, zurück scheint sie aber auch nicht zu können und zu wollen. Einzig tröstlich ist, dass es sich um einen Roman, also um Fiktion handelt, die man wohl nicht zu ernst zu nehmen braucht oder, wohlmeinend, als übertrieben sehen kann, damit auch der letzte, der möchte, die nicht vorhandene Botschaft versteht.
Zum Glück habe ich keine solche Langeweile, dass ich ein so langweiliges Buch wie „Zeiten der Langeweile“ ein zweites Mal lesen müsste. Zumindest ist der Titel Programm, denn genau das hat mir das Buch beschert: Zeiten der Langeweile.

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Veröffentlicht am 23.05.2022

Monkey Minded

Gespräche mit einem Baum
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Der Inhalt ist schnell wiedergegeben: Ein Mann philosophiert mit oder besser unter einem Baum über die großen Themen des Lebens: Herkunft, Sinn, Ziel, Sex, Macht, Geld, Erfolg … Prinzipiell eine schöne ...

Der Inhalt ist schnell wiedergegeben: Ein Mann philosophiert mit oder besser unter einem Baum über die großen Themen des Lebens: Herkunft, Sinn, Ziel, Sex, Macht, Geld, Erfolg … Prinzipiell eine schöne Idee: Bäume sind verwurzelt, ruhig und beruhigend. Genauso wie die Föhre des Autors. Dafür ist der Autor umso redseliger, sprunghafter und ein wenig selbstverliebt bzw. eitel. So durchschaut ihn auch der Baum im Buch. Der Mann reißt alle Themen an, ein bisschen hiervon, ein bisschen davon, eine Prise Schulz von Thun, eine Handvoll Zitate von Einstein, ein bisschen antike Philosophie, etwas moderne. Die Antworten bleiben oberflächlich, ein bisschen Zivilisationskritik (soziale Medien, Ausbeutung der Umwelt, Atombombe …), ein bisschen Resilienz, Achtsamkeit und Selbstfürsorge als Gegenmittel. Der Baum kommt selten zu Wort, er darf eher dem Monkey Mind des Autors als Plattform oder eher Klettergerüst für die wie Affen umherspringenden Gedanken dienen. Wer Weisheiten wie „Alles ist mit allem verbunden.“ oder „Ein Geheimnis ist ein Geheimnis.“ mag und wer es sich leisten kann, immer, wenn er sich im Stress fühlt, in seinen „Gedankenhelikopter“ oder auch einen echten Flieger zu steigen, um eine Auszeit vom Alltag und von sich selbst zu nehmen, der wird hier Antworten bzw. sich wieder-finden.

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