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Veröffentlicht am 15.09.2022

In der Mausefalle

Die Wagemutige
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In dem Roman „Die Wagemutige“ geht es um Lisa Fittko, die schon bei Machtergreifung der Nazis 1933 in den Widerstand geht und damit in der Illegalität lebt. Die Handlung setzt ein in dem Internierungslager ...

In dem Roman „Die Wagemutige“ geht es um Lisa Fittko, die schon bei Machtergreifung der Nazis 1933 in den Widerstand geht und damit in der Illegalität lebt. Die Handlung setzt ein in dem Internierungslager Gurs in Frankreich, in das Lisa 1940 wie alle deutschen Frauen muss, nachdem die Deutschen in Frankreich einmarschiert sind. Als sie von dort fliehen kann und nach Marseille kommt, ist sie eine der vielen Flüchtlinge, die sich von dort die Rettung vor den Nazis über das Meer nach Amerika erhoffen. Ihre Lage spitzt sich dramatisch zu, als der noch nicht besetzte südliche Teil Frankreichs mit den Deutschen ein Abkommen eingeht, die deutschen Flüchtlinge an die Nazis auszuliefern. Daraufhin macht Lisa sich auf die Suche nach einem Schlupfloch aus der Mausefalle für sich und ihre Familie, aber zunächst einmal auch für viele andere, die auf Flucht vor den Nazis sind, Schriftsteller, Intellektuelle, Politiker, Andersdenkende, Juden …
Der erste Teil im Lager Gurs und auf der Flucht lies sich so, wie die Protagonisten sich fühlen: wie ein absurdes Theaterstück. Das Leben der Betroffenen lässt sich weder mit dem Verstand noch emotional wirklich fassen und begreifen. Fassungslos liest der Leser, in welcher Situation sich diese vielen Frauen, die glaubten, in Frankreich vor den Nazis sicher zu sein, und nun von den Franzosen als Deutsche unter widrigsten Uimständen interniert werden, befinden. Ein schwer ertäglich zu lesender Einstieg.
Spannung und Dramatik nehmen zu, als Lisa sich aufmacht, Fluchtrouten aus Frankreich zu erkunden. Dies zieht den Leser in einen Sog, sie und den ihr Anvertrauten auf ihren verwegenen Pfaden atemlos zu folgen, wo sie nicht nur durch Gendarmerie, sondern auch durch feindlich gesinnte Zivilisten und durch die Tücken der Natur immer wieder in Gefahren geraten.
In diesem Teil rückt mir persönlich die Hauptakteurin auch ein stückweit näher. Die Autorin selbst erklärt im Nachwort, sie habe Lisa Fittko, die in ihrer Autobiographie das Persönliche und Emotionale weggelassen habe, eben dieses in ihrem Roman wiedergeben wollen, indem sie versucht habe, ihre Gedanken, Wünsche und Emotionen nachzufühlen. Das ist sicherlich eine schwieriges Unterfangen. Und gerade anfänglich bin ich nicht sehr warm geworden mit dieser Figur, weil sie für mich nicht zu einer Person wurde, sondern zu einer Frau, die eine Rolle übernimmt. Aber dessen ungeachtet ist dies insgesamt ein auf jeden Falls lesenswerter Roman über die Zeit des Exils in Frankreich, kommen doch viele bekannte historische Persönlichkeiten vor, deren Schicksal anrührt, und viele historische Tatsachen, aber auch über eine wagemutige Frau, die Großes geleistet hat, aber ganz unverdientermaßen in Vergessenheit geraten ist. Auch in dieser Hinsicht ist dies ein wichtiges Buch!

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Veröffentlicht am 10.09.2022

Ein tolles Buch

So federleicht wie meine Träume
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Ein tolles Buch

So leicht lässt sich der Lesestoff in Worte fassen. Alina ist eine junge, aufstrebende Ballerina, bis ein Unfall ihre Träume zunichte macht. Jetzt muss sie als ganz „normales“ Mädchen ...

Ein tolles Buch

So leicht lässt sich der Lesestoff in Worte fassen. Alina ist eine junge, aufstrebende Ballerina, bis ein Unfall ihre Träume zunichte macht. Jetzt muss sie als ganz „normales“ Mädchen und Schülerin wie jede andere zurück an die Eagle View. Und nimmt auf einmal war, dass es noch anderes gibt neben dem Ballett. Da sind zum einen Margot, Ethan und Jude, ihre neuen Freunde. Und da ist das Musical, die Schulaufführung, auf die eine Menge SchülerInnen der Eagle View hinfiebern. Wird Alina neue Träume träumen können?
Das Buch nimmt den Leser gleich von Seite 1 mit in den Sog der Geschichte. Aus Sicht Alinas taucht der Leser ab in die Welt der Highschools und hier der einer bunten Truppe an SchülerInnen mit all ihren Träumen, Hoffnungen und Wünschen. Die Charaktere sind sehr vielfältig und auf ihre Weise liebenswert. Alle haben ihre eigenen Sorgen und Probleme, die die Autorin einfühlsam beschreibt und mit denen sie die Figuren nie allein lässt. Obwohl es fasst ausschließlich ums Tanzen und Musik geht, kommt auch ein Nichttänzer auf seine Kosten und die Geschichte ist nie langweilig. Interessant ist auch der Aspekt des Rassismus in der Welt des Balletts, ein Thema, das mir so noch nicht bewusst war.
Die Geschichte ist sehr atmosphärisch geschrieben und lässt den Leser in die Welt der Freundesclique gänzlich abtauchen.
Das Buch ist insbesondere für junge LeserInnen, aber nicht nur, eine anregende Lektüre und ein guter Freund, wenn ihm eine Margot, ein Ethan oder ein Jude gerade mal fehlen!

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Veröffentlicht am 10.09.2022

Wer Sex in the CIty mag

Der schönste Zufall meines Lebens
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Penny hatte Brustkrebs, kann keine Kinder mehr kriegen und fühlt sich unwert, geliebt zu werden. Als sie das Restaurant ihres Onkels übernehmen muss, hat sie jedoch gleich drei Männer am Start. Alles nur ...

Penny hatte Brustkrebs, kann keine Kinder mehr kriegen und fühlt sich unwert, geliebt zu werden. Als sie das Restaurant ihres Onkels übernehmen muss, hat sie jedoch gleich drei Männer am Start. Alles nur Affären oder auch was Längerfristiges dabei?
Das Buch ist einfach nicht meins. Ich habe es gelesen, weil die Autorin sich selbst als jemand betitelt, der zynische Liebesgeschichten schreibt. Das fand ich interessant und erfrischend. Also mal nicht die typische 08/15-Liebeskomödie mit Verwicklung, selbstzerfleischenden inneren Monologen à la „Er liebt mich, er liebt mich nicht“ und Happy-End. Aber leider fehlt der Zynismus oder ich hab ihn nicht gefunden. Und so bleibt es wieder einmal beid er 08/15 Liebeskomödie mit … Man hätte es bei dem Titel eigentlich schon ahnen können.
Im Nachwort schreibt die Autorin, sie wolle „emotional reife Männer“ beschreiben. Das ist ihr auch gelungen. Die Männerfiguren sind angesichts der völlig überdrehten und emotional unreifen weiblichen Hauptfigur bewundernswert emphatisch, gelassen, großzügig und entspannt. So kann man denn auch nur aus vollem Herzen zustimmen, wenn einer von ihnen es auf den Punkt bringt und zu Penny sagt, sie solle endlich aus der Opferrolle kommen und erwachsen werden.
Es ist schwierig, einen Roman zu rezensieren, der den eigenen Geschmack nicht trifft. Ich denke, Fans von „Sex and the City“ oder Liebeskomödien mit Verwicklung, selbstzerfleischenden inneren Monologen à la „Er liebt mich, er liebt mich nicht“ und Happy-End kommen hier voll auf ihre Kosten.

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Veröffentlicht am 27.08.2022

Großartig

Ingeborg Bachmann und Max Frisch – Die Poesie der Liebe
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Großartig


Ein eher nichtssagender Titel für eine Rezension, aber das, was mir bei zunehmender Lektüre in Bezug auf den Roman „Eine Poesie der Liebe“ als am treffendsten in den Sinn kam.
Die Autorin schildert ...

Großartig


Ein eher nichtssagender Titel für eine Rezension, aber das, was mir bei zunehmender Lektüre in Bezug auf den Roman „Eine Poesie der Liebe“ als am treffendsten in den Sinn kam.
Die Autorin schildert darin die (selbst)zerstörerische Liebesbeziehung zwischen den großen deutschsprachigen Dichtern Max Frisch und Ingeborg Bachmann, deren Phasen sie mit „Liebesanflug“, „Liebesflüge“, „Sturzflug“ und „Gebrochene Flügel“ betitelt und die sie mit der Sage vom Flug des Ikarus vergleicht, der zu hoch an die Sonne flog und dann abstürzte. So ist auch die Liebe zwischen den beiden, die sehr intensiv und zu intensiv ist, sodass aus der Eifersucht des einen und dem Drang nach Freiheit der anderen letztlich nichts anderes folgen kann als ein traumatisierendes Ende für beide. Sowohl ihre Liebe als auch deren Ende findet Eingang in die Werke der Dichter und damit auch in die Öffentlichkeit.
Es geht aber auch um das Rollenverständnis von Mann und Frau im Allgemeinen in der Nachkriegsgesellschaft und im Besonderen im Literaturbetrieb, es geht um verschiedene Schreibweisen, vielleicht, wenn man so will, um männliches und weibliches Schreiben.
Mit großer Sachkenntnis widmet sich die Autorin ihrem Herzensprojekt und setzt den von ihr geliebten und geachteten Autoren ein großartiges Denkmal. Sie vermittelt dem Leser die schwierigen Gefühls- und Stimmungslagen der beiden, ihre unterschiedliche Art, zu denken, zu fühlen, zu formulieren und zu schreiben. Dabei flicht sie immer wieder Originalzitate aus den Werken der Autoren ein oder stellt literarische Bezüge her. Darüber hinaus vermittelt sie ein tiefen Einblick in das Handwerk des Schreibens und des Literaturbetriebs mit den Größen der damaligen Zeit. Auch die Beziehung Bachmanns zu Paul Celan und dessen tragischem Leben schildert sie sehr sensibel und einfühlsam. Der Roman bietet ein Einstieg in das Werk der beiden Protagonistin, aber auch dem Interessieren auf mehr als nur unterhaltende Art einen vertieften Einblick in das Seelenleben und die Beziehung von Frisch und Bachmann und macht Lust, ihre Werke noch einmal zu lesen. Einzig kritische Anmerkung – eine Marginalie: die vielen Blumen auf dem Cover und auf den einzelnen Kapiteleinleitungsseiten hat der Roman nicht verdient. Wohl ein Markenzeichen der Reihe muten sie mir doch zu kitschig an für eine Beziehung, die nicht gerade „auf Rosen gebettet“ war und für ein ernstzunehmendes, großartiges Projekt über eine bedeutende Phase der deutschsprachigen Literaturgeschichte.

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Veröffentlicht am 24.08.2022

Wer dem Schweigen ausdrucksstarke Wörter verleiht

Dein Schweigen, Vater
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Der Roman „Dein Schweigen, Vater“ handelt von Paul, der als kleiner Junge den Todesmarsch von Brünn überlebt und seine Vergangenheit in Form von Schweigen mit in seine Familie nimmt.
Und er handelt von ...

Der Roman „Dein Schweigen, Vater“ handelt von Paul, der als kleiner Junge den Todesmarsch von Brünn überlebt und seine Vergangenheit in Form von Schweigen mit in seine Familie nimmt.
Und er handelt von Maria und Ulli, seinen Kindern, die dieses Schweigen mit in ihr eigenes Leben nehmen, bis zu einem Punkt, an dem ihr eigenes Leben an diesem Schweigen ins Stocken gerät und sie sich auf den Weg machen, diesem Schweigen auf den Grund zu gehen. Dieser Weg führt sie zurück nach Brünn auf die Route des damaligen Marsches der von den Tschechen am Ende des Zweiten Weltkrieg vertriebenen Deutschen.
Für den ersten Teil, die Schilderungen des Todesmarsches, brauchte ich drei Anläufe, zu groß der Schrecken und die Gräuel, die die Autorin mit den Augen und den Worten eines Kindes beschreibt, der noch nicht alt genug ist, alles zu verstehen, und doch alt genug, um zu viel zu begreifen. Dadurch wirken die Ereignisse auf den Leser noch unfassbarer, so dass auch ihm die Worte fehlen, das beim Lesen Gefühlte in Worte zu fassen.
Mit der Verschiebung der Perspektive auf die der Kinder von Paul tritt eine unerwartete Wendung ein. Die Autorin nimmt uns mit in zwei Leben, die sehr intensiv sind und zugleich auf der Suche nach einem Ziel. Die Beschreibungen werden sanfter, ruhiger trotz aller Zweifel und Getriebenheit der Protagonisten. In den Schrecken und das Schweigen mischen sich herzliche Erlebnisse, warme Begegnungen und tiefe Gespräche zwischen den beiden Geschwistern, aber auch zwischen den ihnen und den Menschen, denen sie auf ihrer Reise in die Vergangenheit begegnen. Der Schrecken schlummert unter einer atmosphärisch beschriebenen Landschaft zwischen Brünn und Wien und in den herzlichen Begegnungen zwischen den Tschechen und dem deutschen Geschwisterpaar, die nichts mehr von irgendwelchen Ressentiments erahnen lassen. Das Ende gibt eine Aussicht auf Versöhnung, vielleicht ist es etwas viel des Guten, vielleicht haben es sich die Figuren und die Leser aber auch verdient nach diesem schweren Marsch. Auch wenn Maria meint, Geschichte vollziehe sich in Kreisen wie die Ringe eines Baumes, macht das Ende doch Mut zu glauben, dass sich nicht alles zwangsläufig wiederholen muss, sondern dass der Mensch die Entscheidung hat durch Vergebung und durch das aufeinander Zugehen den Kreis zu etwas Gutem zu führen.
Der Autorin ist ein intensives, anrührendes Buch gelungen. Sie findet oft wunderbare Worte für das schwer Sagbare. Es ist ein Buch, das man lange mit sich trägt und nicht mehr vergessen wird.

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