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Veröffentlicht am 22.05.2019

Es gibt keine Zufälle – jedenfalls nicht aus polizeilicher Sicht!

Am Tatort bleibt man ungern liegen
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Es gibt keine Zufälle – jedenfalls nicht aus polizeilicher Sicht!

Im zwölften Alpenkrimi um Kriminalkommissar Hubertus Jennerwein wird ein gutgekleideter Mann mit einem auffälligen Panamahut auf dem Kopf ...

Es gibt keine Zufälle – jedenfalls nicht aus polizeilicher Sicht!

Im zwölften Alpenkrimi um Kriminalkommissar Hubertus Jennerwein wird ein gutgekleideter Mann mit einem auffälligen Panamahut auf dem Kopf leblos in einem Lokal aufgefunden. Der Tote hatte keine Papiere bei sich, die Plastiktüte, die er bei sich hatte, ist verschwunden. Die Kellnerin Karin Fronitzer vergreift sich am Eigentum des nicht identifizierten Toten, ein Fehler, der ihr leider viel zu spät bewusstwird.

Alina Emilia Rusche, ihres Zeichens Putzfrau – oder besser ausgedrückt „Lurchkatz“ – erlangte Kenntnis von Dingen, die eindeutig nicht für ihre Augen und Ohren bestimmt sind. Kurz darauf ist auch sie tot.

Suivo „Swiff“ Muggenthalers Hang zum Schrauben und Tüfteln führt den linkischen und unsicheren Nerd mit seiner Vorliebe für Nanobots und die schmutzigen Geheimnisse seiner Mitmenschen auf direktem Wege in die Kriminalität.

Ein skurriles spanisch sprechendes Duo ist im Kurort unterwegs – sie schwingen seltsame Reden und scheinen stets fehl am Platz zu sein.

In Jörg Maurers aktueller Neuerscheinung werden dem Leser erneut mehrere Handlungsstränge präsentiert, deren Zusammenhang sich erst im Verlauf der Geschichte abzeichnet. Der Autor besitzt einen einnehmenden und flüssigen Schreibstil und bringt auch diesmal wieder bayrische Dialektausdrücke und humorvollen Szenen in die Handlung ein. Gespannt darf man die Ermittlungen der Kriminalpolizei verfolgen, welche in diesem Kurort bereits seit langer Zeit mit ungewöhnlich vielen und spektakulären Todesfällen konfrontiert wird. Im vorliegenden zwölften Band glänzt der eigentliche Protagonist Kommissar Hubertus Jennerwein jedoch oft durch Abwesenheit, und auch der Rest seines Teams hat sich vom buchstäblich explosiven Finale des Vorgängerbandes noch nicht vollständig erholt und erhält nur kleine Gastauftritte. Nun darf Polizeiobermeister Franz Hölleisen zeigen, was in ihm steckt und ich finde, er hat seine Sache wirklich gut gemacht.

Durch den stets wechselnden Fokus auf die verschiedenen Handlungsstränge gestaltet sich die Handlung abwechslungsreich und interessant. Die Spannung wird durch die Neugier auf die unbekannten Täter aufrecht gehalten. Der Autor hat mich ein wenig in die Irre geführt und meinen Verdacht kurzfristig erfolgreich auf verschiedene Personen gelenkt. Zu meiner großen Freude hat das Bestatter-Ehepaar Ursel und Ignaz Grasegger nach zehnjährigem Berufsverbot seine Tätigkeit wieder aufgenommen und wird sogleich mit einem ungewöhnlichen Bestattungswunsch konfrontiert. Den österreichischen Problemlöser und Mafia-Kontaktmann Karl Swoboda und einige weitere wohlbekannte Einheimische aus dem Kurort vermisste ich in diesem Band. Der Einfallsreichtum des Autors scheint jedoch keine Grenzen zu kennen – amüsiert las ich vom großen Onlineversand-Riesen, mit dem einer der Protagonisten dieses Buches sich besser nicht hätte anlegen sollen. In einer der letzten Szenen dieses Buches geht Jennerwein auf Tuchfühlung mit einem ungewöhnlichen Wesen, und einige Resultate einer Spionage sind darüber hinaus etwas delikat.

Fazit: Auch der zwölfte Band dieser Krimireihe aus der Feder von Jörg Maurer hat mir durch den locker-leichten Schreibstil, die Einbindung bayrischer Dialektausdrücke, den herrlichen Humor und einige überraschende Wendungen großen Lesegenuss bereitet. Ich freue mich bereits jetzt auf die Fortsetzung!

Veröffentlicht am 19.05.2019

Ein tierischer Vaterschaftstest mit Folgen

Mit Herz und Hufen - Chaostage
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Ein tierischer Vaterschaftstest mit Folgen

"Wenn jemand dir eine Ohrfeige gibt, dann halte die andere Wange auch noch hin. Wenn dir einer den Mantel wegnimmt, dann weigere dich nicht, ihm auch noch das ...

Ein tierischer Vaterschaftstest mit Folgen

"Wenn jemand dir eine Ohrfeige gibt, dann halte die andere Wange auch noch hin. Wenn dir einer den Mantel wegnimmt, dann weigere dich nicht, ihm auch noch das Hemd zu geben." - Meinst du, das gilt auch für Ziegen?"

Die Ankunft eines merkwürdigen Trios sorgt auf dem Reiterhof für Aufregung. Anstatt drei kürzlich erworbene Schafe werden ein Lama namens Hedwig, das Hängebauchschwein Julius und Ziege Leopoldine aus dem Transporter geladen. Die beiden Freundinnen Emma und Nele stehen diesen drei seltsamen tierischen Exemplaren etwas ratlos gegenüber. Das Lama spuckt, sobald es Nele mit ihrem typischen grünen Försterhut auf dem Kopf erblickt, und die Ziege hat es definitiv auf diesen Hut abgesehen. Auch „Windhauch“, Emmas wunderschöner roter Fuchs, löst ebenfalls Turbulenzen aus, als sich herausstellt, dass er trotz attestierter Zeugungsunfähigkeit bald Vater wird. Die Besitzerin der Stute „La Belle“ ist außer sich vor Wut und droht mit Konsequenzen, Emma und Nele versuchen zu vermitteln. Auf dem Dressurwettbewerb „Balve Optimum“ begegnen die beiden Mädchen dem wunderschönen Rappen Olymp, und Emma beginnt für den eleganten Reiter Michael Rost zu schwärmen. Die Einladung zu einem geheimnisvollen Treffen mit einem Unbekannten lässt Emmas und Neles Herz höherschlagen, sie rätseln, was und wer hinter dieser Botschaft stecken könnte. Den Mädchen stehen aufregende Tage bevor, die durch das Wunder der Geburt eines kleinen Fohlens ihren Höhepunkt finden. Und letztendlich stellen Emma und Nele fest, dass es keinen „spannenderen und wunderschöneren Ort“ als den Reiterhof gibt.

Mit „Chaostage“ präsentiert Janita Pauliks den dritten Band der Buchreihe „Mit Herz und Hufen“ mit Emma und Nele als Protagonisten und dem Reiterhof als Schauplatz der Handlung. Auch als Neueinsteiger findet man sich dank kleiner Hinweise auf Ereignisse in der Vergangenheit gut zurecht. Das ehemalige Stadtmädchen Emma wuchs in einem liebevollen und gläubigen Elternhaus auf und hat in ihrem kurzen Leben bereits die Erfahrung gemacht, dass Gott Dinge möglich machte, die für sie kaum vorstellbar waren. Ihre Sorgen und Ängste bringt sie im Gebet vor ihren himmlischen Vater und lebt mit der felsenfesten Überzeugung, sich immer auf ihn verlassen zu können. Emma ist es auch, die ihrer Freundin Nele eine Bibel schenkt und mit ihr über den Glauben spricht. Emmas verrückte Freundin mit dem verrückten grünen Försterhut bringt ihr Umfeld mit ihrer direkten, unverblümten Art zum Lachen. Sie zeigt Emma, was eine echte Freundschaft ausmacht, wie toll das Leben mit Tieren, und wie wunderschön es auf dem Reiterhof ist. Neles dickköpfiger Dackel mit dem ungewöhnlichen Namen „Der kleine Wolf“ hängt wie eine Klette an seinem Frauchen und wirbelt mit Nele und Emma durch das gesamte Buch.

Die Autorin besitzt einen locker-leichten, durch humorvolle Passagen bereicherten Schreibstil, bringt in ihre Handlung jedoch auch wichtige Themen ein. Sie lädt ihre jugendlichen Leser nämlich nicht nur zu einem Abenteuer auf dem Reiterhof ein, sondern vermittelt zugleich auch christliche Werte. Die lesefreundliche Schriftgröße und der großzügige Zeilenabstand sorgten darüber hinaus für ungetrübtes Lesevergnügen.

Mir hat dieses Buch sehr gut gefallen und ich empfehle es gerne weiter!

Veröffentlicht am 19.05.2019

Lass nicht zu, dass dieser Junge dich von deinen Lebenszielen abbringt.

Die Lady von Bolton Hill
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Lass nicht zu, dass dieser Junge dich von deinen Lebenszielen abbringt.

„Damals waren wir zu jung, um zu begreifen, dass sich manche Träume einfach nicht erfüllen. Und trotzdem haben wir sie geträumt, ...

Lass nicht zu, dass dieser Junge dich von deinen Lebenszielen abbringt.

„Damals waren wir zu jung, um zu begreifen, dass sich manche Träume einfach nicht erfüllen. Und trotzdem haben wir sie geträumt, und sie haben uns die Jahre damals versüßt. Das war die schönste Zeit meines Lebens.“

Reverend Lloyd Endicott ist Herausgeber der Wochenzeitung „The Christian Crusade“ in Baltimore und ein allseits geschätzter und geachteter Mann. Für seine beiden Kinder Clyde und Clara hat er nach dem frühen Tod seiner Ehefrau nur das Beste im Sinn. Er ermöglicht ihnen eine hervorragende Ausbildung und erzieht sie im christlichen Glauben. Doch die aus der gemeinsamen Leidenschaft für die Musik entstandene enge Freundschaft der hoch begabten Clara mit dem armen Sohn eines Bergarbeiters ist ihm ein Dorn im Auge. Kurzerhand schickt er seine Tochter zu ihrer Tante Helen nach London, wo Clara sich mit den Jahren einen Namen als mutige und ehrgeizige Journalistin macht. Clara kämpft für die Rechte der Armen und gegen die Kinderarbeit. Sie opfert dafür den Traum, mit ihrer Musik Karriere zu machen. Als sie zwölf Jahre später London aufgrund ihrer kontroversen Artikel verlassen muss und nach Baltimore zurückkehrt, stellt Clara fest, dass sich ihre Gefühle für Daniel Tremain nicht verändert haben. Doch aus dem mitfühlenden, musikalisch hochbegabten und intelligenten Jungen mit den großen Träumen ist inzwischen ein einflussreicher und mächtiger Mann geworden. Er verfolgte seine Ziele mit großer Hartnäckigkeit und befindet sich auf einem unerbittlichen Rachefeldzug gegen jenen Mann, der den Tod seines Vaters verschuldet hat. Daniel ist verbittert und hat sich darüber hinaus vom Glauben seiner Kindheit abgewandt. Werden Clara und Daniel es schaffen, zur Vertrautheit ihrer Jugendzeit zurückzufinden und die schier unüberwindlichen Hindernisse aus dem Weg zu räumen?

Elizabeth Camden beschreibt im vorliegenden Buch den Weg eines armen Bergarbeitersohnes zu einem brillanten Erfinder, der durch seine Intelligenz und seine genialen Ideen zu einem der mächtigsten Industriellen Amerikas avanciert. Schuld und Vergebung sind zentrale Themen in diesem Roman, der auch die Bemühungen der Gewerkschaft um bessere Arbeitsbedingungen anspricht. Mit der weiblichen Hauptfigur Clara Endicott skizziert Elizabeth Camden eine ungewöhnliche junge Frau, die große Courage aufbrachte, um ihren Traum vom Schreiben wahr zu machen. Obgleich Clara in einem imposanten Herrenhaus im privilegierten Bolton Hill lebte, fand sie in Daniel Tremain einen Seelenverwandten, der ihre Leidenschaft für die Musik teilte. Daniel wird als ehemals wichtigster Mensch in Claras Leben große Aufmerksamkeit zuteil. Die Veränderung seiner Person betrifft nicht nur Äußerlichkeiten und sein Lebensumfeld, sondern vielmehr auch sein bewegtes Innenleben. Daniels Seele ist von Hass und Rache zerfressen, er gilt bei seinen Geschäftspartnern und den Mitgliedern der Gesellschaft als gefährlich und unnahbar. Elizabeth Camden versteht es hervorragend, die Emotionen und Glaubenskämpfe ihrer Charaktere darzustellen. Ihr einnehmender Schreibstil und ihre Fähigkeit, den Figuren der Handlung Leben einzuhauchen, begeistern mich bei jedem einzelnen ihrer Romane. Der Glaube spielt in diesem Buch eine tragende Rolle und wird von der Familie Endicott in jeder Hinsicht gelebt. Clara fungiert als Verkünderin des Evangeliums und setzt sich dafür ein, dass zwei ganz besondere Menschen in diesem Buch ihren Weg zu Gott finden.

„Die Lady von Bolton Hill“ aus der Feder einer meiner favorisierten christlichen Autorinnen wartet mit viel Herz, einer Fülle der widersprüchlichsten Emotionen, einem kleinen Spannungsmoment und christlichen Werten auf. Es handelt sich um eine Lektüre, die mir ausgezeichnet gefallen hat und die ich sehr gerne weiterempfehle.



Veröffentlicht am 16.05.2019

Das stille Heldentum

Die Spionin der Charité
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Das stille Heldentum

Die aus Danzig stammende Lily Kolbe ist bereits seit drei Jahren Witwe, als ein amerikanischer Journalist namens Edward Bauer Kontakt zu ihr aufnimmt. Als Lily ihm ein umfangreiches ...

Das stille Heldentum

Die aus Danzig stammende Lily Kolbe ist bereits seit drei Jahren Witwe, als ein amerikanischer Journalist namens Edward Bauer Kontakt zu ihr aufnimmt. Als Lily ihm ein umfangreiches Interview über ihren verstorbenen Ehemann Fritz Kolbe und die Aktivitäten ihrer Widerstandsgruppe, den sogenannten „Donnerstagsclub“ zusagt, fliegt er kurzerhand zu ihr nach Bern. Dem Leser offenbart sich in Folge die Lebensgeschichte eines deutschen Beamten, der als Widerstandskämpfer in der Zeit des Nationalsozialismus und als unbezahlter Agent im Auswärtigen Amt arbeitete. Christian Hardinghaus gewährt darüber hinaus Einblicke in das Leben und Wirken eines der bedeutendsten und einflussreichsten Chirurgen des 20. Jahrhunderts, Dr. Ferdinand Sauerbruch. Historische Fakten werden zu einem eindrucksvollen und fesselnden Roman verwoben und man erfährt von Sauerbruchs Ablehnung des Antisemitismus und des Nationalsozialismus, seiner Mitgliedschaft an der regimegegnerischen „Mittwochsgesellschaft“ und seinen einflussreichen Bekannten, Freunden und Gönnern, dank derer es Sauerbruch mehrfach gelang, sich einer Verhaftung zu entziehen. Im Zuge des Interviews erzählt die Protagonistin Lily Hartmann von ihrer Anstellung als Sekretärin bei diesem berühmten Arzt, dem Alltag in der Charité sowie ihren eigenen Aktivitäten im Widerstand. Der Autor thematisiert die „Aktion Gnadentod“ – eine Auslöschung unwerten Lebens, angeordnet von Adolf Hitler. Ganz besondere Aufmerksamkeit ist jenen Menschen gewidmet, die sich unter der Leitung von Dr. Sauerbruch gegen die Nazis stellen und sich wöchentlich als „Donnerstagsclub“ treffen. Fritz Kolbes Hass auf den Krieg und seine Aversion gegen das Naziregime machen ihn zu einem äußerst willkommenen Mitglied, dem sie hoch brisantes Geheimmaterial zu verdanken haben. Das oberste Ziel des Donnerstagsclub ist es, die Niederlage der Nationalsozialisten zu beschleunigen. Und so spielen sie den Alliierten wichtige Dokumente in die Hände und riskieren dabei mutig das Leben aller Beteiligten.

Christian Hardinghaus versteht es hervorragend, historische Fakten auf spannende, unterhaltsame und emotional berührende Art und Weise zu vermitteln. Der vorliegende Roman ist in einnehmendem und flüssigem Schreibstil verfasst, die Charakterzeichnung der handelnden Personen weist hohe Authentizität auf und bezieht den Leser emotional tief ins Geschehen ein. Der an sich bereits zutiefst erschütternde historische Part wird durch eine Handlung im Juli 1974 ergänzt, in der Fritz Kolbes Witwe sich ohne zu wissen in große Gefahr begibt. Ihr ist es ein Anliegen, den Donnerstagsclub unter der Leitung von Dr. Sauerbruch bekannt zu machen, und so liefert sie dem Journalisten der New York Times freimütig Daten und Fakten.

Man taucht als Leser dieses Buches unweigerlich tief in die Zeit des Zweiten Weltkrieges ein, erlebt das Grauen der Naziherrschaft und dessen furchtbare Auswirkungen. Zugleich aber wird jenen Menschen ein Denkmal gesetzt, die sich unter Einsatz – und meist auch unter dem Verwirken - ihres eigenen Lebens gegen Adolf Hitler und seine Schergen auflehnten und alles dafür gaben, diesem Krieg endlich ein Ende zu bereiten. Für mich persönlich stellte „Die Spionin der Charité“ ein höchst emotionales und bewegendes Leseerlebnis dar, ein Mahnmal, das an eine dunkle Epoche unserer Geschichte erinnert, eine Lektüre, die ich uneingeschränkt weiterempfehle.

Veröffentlicht am 12.05.2019

Eine verlorene Heimat, eine verlorene Vergangenheit, eine verlorene Familie.

Die Festung am Rhein
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Eine verlorene Heimat, eine verlorene Vergangenheit, eine verlorene Familie.

Die Halbfranzösin Franziska Berger muss nach einer liebevollen und behüteten Kindheit ihre Heimat Cöln verlassen. Nach dem ...

Eine verlorene Heimat, eine verlorene Vergangenheit, eine verlorene Familie.

Die Halbfranzösin Franziska Berger muss nach einer liebevollen und behüteten Kindheit ihre Heimat Cöln verlassen. Nach dem Tod ihres Vaters in der Schlacht von Belle-Alliance am 18. Juni 1815 kann Luise Berger ihre Kinder nicht mehr alleine versorgen und übergibt die beiden in die Obhut ihres in Coblenz lebenden Bruders Hubert Kannegießer. Der herzlose und harte Mann lässt sowohl Franziska, als auch ihren Bruder Christian hart für Verpflegung und Unterkunft arbeiten, den nachdenklichen und sensiblen Jungen schickt er als Rekrut zur preußischen Armee. Für Christian beginnt die schlimmste Zeit seines Lebens – und schließlich wird er sogar als Landesverräter der Spionage bezichtigt und ins Militärarresthaus gebracht. Franziska ist außer sich und setzt sich leidenschaftlich dafür ein, Christians Leben zu retten. Sie versucht auf eigene Faust, die Wahrheit ans Licht zu bringen und kommt dabei immer wieder einem preußischen Offizier namens Rudolph Harten in die Quere, der sie schließlich der Mittäterschaft verdächtigt. Der zielstrebige und distanzierte Premierleutnant des preußischen Ingenieur-Corps ist zwar von seinem Mitwirken am Bau der Festung Ehrenbreitstein besessen, besitzt zugleich aber gute Menschenkenntnis und einen messerscharfen Verstand. Schon bald fallen auch ihm einige Ungereimtheiten bei den angeblichen Beweisen gegen Christian Berger auf. Und letztendlich beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit – denn die Gerichtsverhandlung und die drohende standesrechtliche Erschießung des Beschuldigten stehen kurz bevor.

Maria W. Peter thematisiert in diesem mehr als sechshundert Seiten umfassenden, hervorragend recherchierten Roman die Geschichte des Rheinlands und der Festung Ehrenbreitstein. Die Handlung wird in zwei Zeitebenen erzählt, beginnend mit einem kurzen Prolog während der Schlacht von Belle-Alliance im Jahre 1815, die heute als Schlacht bei Waterloo bekannt ist. Der zweite Erzählstrang startet in Coblenz im Jahr 1822 mit der Verhaftung des Bruders der Protagonistin.

In einem äußerst einnehmenden Schreibstil und mit bildhaften Beschreibungen des wunderschönen Rhein- und Moseltals richtet sich der Fokus immer wieder auf den Bau der preußischen Feste Ehrenbreitstein als Symbol dieser neuen Zeit. Die Autorin versteht es zudem vortrefflich, die Konflikte und die Unruhe in der Bevölkerung darzustellen, als die Preußen nach zwei Jahrzehnten der französischen Besatzung die Herrschaft im Rheinland übernahmen. Glaubenskonflikte und die Sehnsucht vieler Rheinländer nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit auf Grundlage der Parole der Französischen Revolution sorgen für zusätzliche Unstimmigkeiten. Der Spionagefall und die drohende Verurteilung von Christian Berger bringen einen großen Spannungsbogen ins Buch, der bis zur finalen Aufklärung konstant aufrecht bleibt.

Die Charakterzeichnung der handelnden Figuren hat mir sehr gut gefallen. Sowohl Protagonisten, als auch Nebenfiguren werden vielschichtig dargestellt und punkten mit Authentizität. Franziska Berger weist für ein junges Mädchen gutbürgerlicher Herkunft erstaunliche Courage auf, die drohenden Konsequenzen einer Entdeckung halten sie jedoch nicht von ihrem oftmals wagemutigen Vorgehen ab. Im Armee-Ingenieur Rudolph Harten findet sie einen erbitterten Gegner, der ihrer Person und ihren Absichten zunächst tiefstes Misstrauen entgegenbringt. Die langsame Annäherung der beiden Protagonisten und die Beschreibung ihrer Gefühls- und Gedankenwelt ist Maria W. Peter vortrefflich gelungen. Man erlebt die persönliche Wandlung eines Offiziers, der seit jener Schicksalsschlacht im Jahr 1815 ein an Leib und Seele gebrochener Mann ist. Durch Franziska lernt Rudolph letztendlich, die Welt mit anderen Augen zu betrachten. Der hochrangige adelige Offizier Capitain von Rülow und seine Ehefrau Henriette sind ebenso wichtige Nebenfiguren wie der skrupellose Feldwebel Bäske und der schottische Künstler Alasdair McBaird. Während mir der warmherzige Maler mit dem rollenden Akzent auf Anhieb sympathisch war, fungierten der überhebliche und kaltblütige Bäske sowie Franziskas herzloser und cholerischer Onkel Hubert als Antagonisten. Und obgleich der französische Revolutionsoffizier und Franziskas Vater Lucien Berger bereits im Prolog sein Leben verwirkte, wuchs mir seine Person durch etliche Rückblenden noch nachträglich ans Herz. Einen nicht unerheblichen Beitrag für eine glaubwürdige Darstellung der handelnden Figuren bereitet auch die Einbindung der Dialekte –hervorheben möchte ich hierbei neben dem schottischen Maler Alasdair auch Onkel Hubert Kannegießer, sowie Rudolph Hartens frechen und direkten Burschen Fritz.

Die optische Aufmachung dieses Buches macht es zu einem richtigen Blickfang. Vor dem malerischen Panorama der beeindruckenden Feste Ehrenbreitstein steht eine elegant gekleidete junge Frau, deren Gesicht nur teilweise zu erkennen ist. Die farbliche Gestaltung und der elegante Schriftzug mit dem Buchtitel ziehen die Aufmerksamkeit des Betrachters automatisch auf die junge Protagonistin und diesen historischen Schauplatz. Eine Karte von Coblenz aus den 1820er Jahren mit den wichtigsten Schauplätzen der Handlung, das aus meiner Sicht unerlässliche Glossar sowie die beiden Personenregister (Figuren der Handlung und historische Persönlichkeiten) vervollständigen den herausragenden Gesamteindruck.

„Die Festung am Rhein“ ist eine Lektüre, die aus meiner Sicht keine Wünsche offenlässt. Akribisch recherchierte historische Fakten, überzeugende und vielschichtige Charaktere mit einer spannungsgeladenen Handlung sorgten für ein grandioses Abenteuer im Kopf. Dieses Buch hat mir ausgezeichnet gefallen und ich kann es jedem ans Herz legen, der tief in die Vergangenheit des Rheinlandes eintauchen und Geschichte hautnah erleben möchte.