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Veröffentlicht am 12.02.2019

„The thing called life“ – durch Liebe verbunden, nicht durch Blut

Die andere Hälfte des Herzens
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„The thing called life“ – durch Liebe verbunden, nicht durch Blut

„Es gab so viele gute Menschen auf der Welt, aber trotzdem schienen die schlechten in der Mehrheit zu sein, weil sie mehr Lärm machten.“

Als ...

„The thing called life“ – durch Liebe verbunden, nicht durch Blut

„Es gab so viele gute Menschen auf der Welt, aber trotzdem schienen die schlechten in der Mehrheit zu sein, weil sie mehr Lärm machten.“

Als dem neunjährigen Logan Weber eine weitere Prügelattacke seines grausamen und jähzornigen Vaters droht, flüchtet er in Todesangst aus dem Haus, hetzt durch die Straßen und versteckt sich in einem Umzugswagen. Dieser Umstand rettet ihm vermutlich das Leben. Logans Vater Robert ist in alkoholisiertem Zustand ganz besonders reizbar, der psychisch labile Mann misshandelt seinen wehrlosen Sohn regelmäßig. Er verhindert jeglichen Kontakt des Jungen zu seiner Großmutter Nan, die ihn über alles liebt. Da Logan seit einem traumatischen Ereignis in seiner Kindheit nicht mehr sprechen kann, ist es ihm auch nicht möglich, sich während seines unfreiwilligen Transportes bemerkbar zu machen. Und so landet er am Ende einer langen Fahrt in einem anderen Bundesstaat. In seinem Versuch, sich alleine durchzuschlagen, bietet ihm ein stabil gebautes verlassenes Baumhaus auf einem bewaldeten Privatgrundstück Unterschlupf. Die Besitzerin des Geländes ist eine liebenswürdige alte Dame namens Joanne. Sowohl Joanne, als auch ihre neuen Nachbarn Paul und Laura, haben Mitleid mit dem kleinen Jungen. Sie ahnen jedoch nicht, in welcher Gefahr sie schweben. Denn der hasserfüllte und erbarmungslos brutale Vater ist vor Wut wie von Sinnen, nachdem sein Sohn es wagte, sich seiner körperlichen Züchtigung zu entziehen. Sowohl Logans Großmutter Nan, als auch sein Vater Robert versuchen, den Jungen aufzuspüren. Es beginnt ein Wettlauf mit der Zeit, und Logans einzige Chance besteht darin, dass Nan ihn zuerst findet.

Karen McQuestions traurige Geschichte eines Jungen, der unter der psychischen und körperlichen Misshandlung durch seinen Vater leidet und in dessen einsamen Leben es keine Liebe gibt, hat mich tief berührt. Erschüttert las ich von den Qualen, die er erleiden musste und bewunderte dabei seinen guten Charakter, den er sich trotz des fürchterlichen Umfelds, in dem er aufwachsen musste, bewahrte. Logans Liebe zu seiner Großmutter Nan durchzieht das gesamte Buch wie ein roter Faden – für Nancy Shaw bedeutet Logan die ganze Welt. Sie wird die Suche nach dem geliebten Enkelkind niemals aufgeben.

Die tragische Kindheit, von der Karen McQuestion hier erzählt, ist mit Sicherheit kein Einzelfall. Sie versteht es jedoch, Logans Schicksal auf unglaublich behutsame und emotional tief berührende Art und Weise zu vermitteln. Den Figuren dieser Handlung wurde große Authentizität verliehen, die permanente Bedrohung durch die Person des Robert Weber verlieh der Geschichte einen hohen Spannungsfaktor. Man erlebt hautnah die Furcht des kleinen Protagonisten und fiebert der unausweichlichen Konfrontation mit bangem Herzen entgegen. Besonders beeindruckt hat mich die Fähigkeit der Autorin, sich in ihre Figuren hineinzuversetzen. Sie beschreibt zudem auch die inneren Konflikte einiger Nebenfiguren, die Logan zwar helfen möchten, es aus bestimmten Gründen jedoch verabsäumten. Die aufwühlende Thematik sorgte zusammen mit der sehnsüchtigen Hoffnung auf einen Sieg über das Böse dafür, dass ich dieses Buch nicht mehr aus den Händen legen konnte.

„Es gab so viele gute Menschen auf der Welt, aber trotzdem schienen die schlechten in der Mehrheit zu sein, weil sie mehr Lärm machten.“ Es stellt eine unglaubliche Leistung dar, angesichts Logans Schicksal den Glauben an das Gute nicht zu verlieren. Zu dieser Einstellung hat aus meiner Sicht der positive Einfluss der herzlichen und liebevollen Großmutter in der frühen Kindheit eine ganze Menge beigetragen.

Fazit: „Die andere Hälfte des Herzens“ zählt für mich zu jenen seltenen Büchern, die ich ohne Zögern als einzigartig und unvergesslich bezeichnen kann. Diese Lektüre hat meinem Lesegeschmack in jeder Hinsicht entsprochen, mich unfassbar berührt und mir ein außergewöhnliches Leseerlebnis beschert. Ich habe während der gesamten dreihundert Seiten an Logans Seite mitgefiebert, seine Qualen wie auch seine Sehnsucht nach einem anderen Leben beinahe körperlich mitempfunden und seine innere Charakterstärke zutiefst bewundert. Ein absolutes Highlight, hervorragend umgesetzt durch eine Autorin, deren Namen ich mir unbedingt merken muss.

Veröffentlicht am 09.02.2019

Nonne Hugeburc und das Geheimnis um die Schenkungskurkunde Konstantins

Das Versprechen der Nonne
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Nonne Hugeburc und das Geheimnis um die Schenkungskurkunde Konstantins

Das angelsächsische Mädchen Hugeburc wuchs bei ihrer Mutter und ihrer Tante Walburga auf, besuchte eine Klosterschule und zeigt eine ...

Nonne Hugeburc und das Geheimnis um die Schenkungskurkunde Konstantins

Das angelsächsische Mädchen Hugeburc wuchs bei ihrer Mutter und ihrer Tante Walburga auf, besuchte eine Klosterschule und zeigt eine große Begabung beim Lesen und Schreiben. Als kleinstes und jüngstes Mitglied der Schwesternschaft wird sie in Anlehnung an ihr biblisches Vorbild „Michal“ genannt. Als ihre Tante Äbtissin im Benediktinerkloster in Heidenheim wird, darf Michal neben dem Unterricht für die Kinder des angrenzenden Dorfes in der Bibliothek arbeiten. Bei der Anfertigung einer Abschrift entdeckt die junge Nonne Ungereimtheiten bei einer Schenkungsurkunde und sie macht sich auf den Weg nach Rom, um diesen ungeheuerlichen Betrug aufzuklären. Dass sie sich dabei in Todesgefahr begibt, wird der unschuldigen und weltfremden jungen Frau erst nach und nach bewusst.

Gerold, der Sohn des Grafen, überlebt als Einziger ein Massaker, das seine Familie auslöschte. Die Identität des Mörders macht ihn fassungslos, und nur mit knapper Not entgeht er dem Meuchelmord seines Verwandten. Schwer verletzt wird er von den Nonnen im Kloster Heidenheim aufgenommen und gepflegt, doch die Gefahr einer Entdeckung ist groß. Als Gerold die junge Nonne Michal an seinem Krankenlager erblickt, verliebt er sich auf den ersten Blick in sie. Doch obgleich auch Michal Zuneigung zu Gerold fasst, ist sie davon überzeugt, für ein Leben im Kloster bestimmt zu sein. Mit der Zeit fragt sie sich dennoch, ob dies wirklich der Weg sein mag, den Gott für sie vorgesehen hat. Sowohl Michal, als auch Gerold, gelangen unabhängig voneinander nach Rom, wo vor allem Michal mit aufregenden, brisanten und sehr gefährlichen Abenteuern konfrontiert wird. Zu alledem ist den beiden der Mörder von Gerolds Familie dicht auf den Fersen…

Robert Storch macht den Skandal um die konstantinische Schenkung zum Kernthema seines Buches und zeichnet ein ausführliches Bild des Lebens im achten Jahrhundert, der politischen Situation sowie der herrschenden Zustände in Rom. Seine Protagonistin zeichnet er als selbstbewusster und mit weit mehr Eigeninitiative ausgestattet, als das damals herrschende Frauenbild es erlaubte. Trotz ihres tiefen Glaubens und entgegen ihren unermüdlichen Bestrebungen schafft Michal es nicht, gehorsam und fügsam zu sein. Sie setzt vielmehr ihren wachen Verstand ein, um eine ungeheuerliche Verschwörung aufzudecken und möchte diesbezüglich sogar bis zum Papst vordringen. Aufgrund ihrer ausgezeichneten Ausbildung kontert sie geschickt mit entsprechenden Bibelversen, um verfälschte oder diskriminierende Aussagen von Geistlichen zu widerlegen. Michal ist rebellisch, unbequem, aber dennoch bemüht, ihrer vermeintlichen Bestimmung zu entsprechen. Michals Handlungen in Rom empfand ich jedoch ein wenig überzeichnet und wenig glaubwürdig. Selbst eine taffe Frau der heutigen Zeit hätte angesichts bestimmter Situationen dieses Buches die Nerven verloren. Michals Vorgehensweise passten aus meiner Sicht an einigen Stellen nicht zur vorangehenden Charakterzeichnung einer weltfremden Nonne, die ihr gesamtes bisheriges Leben hinter Klostermauern verbracht hatte. Die Tatsache, dass der Autor bei seiner Hauptfigur sich nicht auf einen Namen festlegte und diese in steter Abwechslung einmal mit Hugeburc, und dann wieder mit Michal titulierte, fand ich irritierend. Die Charakterzeichnung von Gerold sowie jene der relevanten Nebenfiguren haben mir gut gefallen. Mit der Person des Antagonisten wird der Leser das gesamte Buch hindurch konfrontiert – seine geschickt inszenierten Intrigen und Machenschaften bewirken eine permanente latente Bedrohung und bringen Spannung ins Buch. Ich fand es schön, dass einige der handelnden Personen im Verlauf der Handlung auch eine gewisse Entwicklung durchleben durften.

Fazit: „Das Versprechen der Nonne“ hat mir sehr gut gefallen. Es bescherte mir eine interessante, informative und unterhaltsame Lektüre, die ich Fans historischer Romane mit Fokus auf das Christentum wirklich ans Herz legen kann.

Veröffentlicht am 09.02.2019

Anna Tanner, die Tochter des Rebellenkönigs, ist zurück

Die Kreuzträgerin: Heldendämmerung
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Anna Tanner, die Tochter des Rebellenkönigs, ist zurück

„Ich heiße Anna Tanner. Ich erhebe meine Stimme für die Freiheit und für die Demokratie. Ich lasse mir nicht den Boden unter den Füßen wegziehen. ...

Anna Tanner, die Tochter des Rebellenkönigs, ist zurück

„Ich heiße Anna Tanner. Ich erhebe meine Stimme für die Freiheit und für die Demokratie. Ich lasse mir nicht den Boden unter den Füßen wegziehen. Ich glaube immer noch an das Leben, und ich glaube an die Liebe.“

Die gesuchte Rebellin und Volksheldin Anna Tanner hat einen Weg gefunden, unerkannt in den hermetisch abgeriegelten Teilstaat Mitteleuropa zurückzukehren, um Fluchtwillige aus dem Land zu schleusen. In Mitteleuropa gibt es keinen Respekt vor Menschenleben und keinen Platz für Schwäche, Angst bestimmt das Leben und Denken der Bevölkerung. Der menschenverachtende Despot Demokrit Magellan herrscht mit eiserner Hand, doch es werden immer mehr Stimmen laut, die ein Ende dieses Regimes fordern. Die gefährlichsten Aktivisten sind die sogenannten „Schwarzen Rächer“, eine aus gewaltbereiten finsteren Gestalten bestehende Gruppe, die sich als Volksbefreier präsentiert, dabei aber Schrecken verbreitet. Als die Situation im Land sich zuspitzt, bedarf es nur noch einer kleinen Ermutigung, um die einzelnen Untergrundorganisationen zu einen. Anna, die Tochter des legendären Rebellenkönigs Reinhold Tanner, scheint aufgrund ihrer Beliebtheit beim Volk die perfekte Kandidatin für diese Aufgabe zu sein. Doch selbst die kleinste Kritik gegen das Regime bedeutet in Mitteleuropa das Todesurteil. Ein halsbrecherisches Abenteuer beginnt, das sämtliche Beteiligten in Lebensgefahr bringt.

Lydia Schwarz hat mit ihrem dritten Roman „Heldendämmerung“ einen fantastischen Abschluss ihrer „Kreuzträgerin-Trilogie“ geschaffen. In diesem aufregenden finalen Band trifft man auf wohlbekannte Gesichter aus den Vorgängerbüchern, unter anderem auch Mitglieder der Christengruppe aus Annas Heimatstadt wie beispielsweise Norbert, Eunice und Giséle. Das Geschwisterpaar David und Stephanie Beyeler, Levin Morton Stanley sowie Annas Halbschwester Antonia begleiten die zweiundzwanzigjährige Protagonistin das gesamte Buch hindurch. Adonis Magellan versteht es wie so oft, sich geschickt zu tarnen und völlig unverhofft aufzutauchen. Als ihre erste große Liebe bringt der attraktive Mann mit den honigfarbenen Augen Annas Gefühlsleben erneut in Aufruhr. Es hat zudem den Anschein, dass der von Hass und Rachegelüsten zerfressene Ziehsohn des Diktators Demokrit Magellan nicht mit offenen Karten spielt. Ob er tatsächlich auf der Seite des Volkes steht, wie er nur allzu gerne betont? Lydia Schwarz zeichnet ein bedrohliches Bild einer vollständig reglementierten Gesellschaft, die ein fremdbestimmtes Leben führt, wo ausnahmslos perfekte Menschen geduldet sind, die lückenlos überwacht werden.

Die Autorin verlieh ihren handelnden Figuren allergrößte Authentizität und hat sie allesamt hervorragend charakterisiert. Lydia Schwarz präsentiert in diesem aufregenden Finale einige neue, hoch interessante Nebenfiguren. Der düster wirkende Chemondrio Damokles Pergamon, oder aber die regimetreue und gefährliche Humanita Perfecta namens Karneola Pankreas mit ihrer Assistentin Ignatia Orbis waren Beispiele dafür. Neben der tapferen, aber auch mitfühlenden und warmherzigen Anna galt meine größte Sympathie Kephas. Der Mann, dessen erste Begegnung mit Anna das Leben der jungen Apollinerin von Grund auf veränderte, wird als tief gläubiger Krieger des Lichts dargestellt. Ich habe ihn aufgrund seiner warmherzigen und liebevollen Art auf der Stelle ins Herz geschlossen. „Kephas hatte, wo immer er war, jedes einzelne Menschenleben berührt, durch seine sanfte Art, ein mitfühlendes Wort oder eine einfache Tat der Liebe. Sein Leben auf dieser Erde hat tiefgreifende Spuren hinterlassen.“

„Die Kreuzträgerin – Heldendämmerung“ ist ein faszinierendes, hoch spannendes, und rasantes Buch mit eindrucksvollen Protagonisten und ansprechendem Schreibstil, das mir ausgezeichnet gefallen hat. Es wartet mit vielen Spannungselementen und einem hohen Unterhaltungswert auf und beinhaltet eine sehr ernste Thematik. Mein einziger Kritikpunkt ist die für meinen Geschmack viel zu kleine Schriftgröße mit zu engen Zeilenabständen, ein Umstand, der mein Lesevergnügen ein klein wenig beeinträchtigte.

Ich vergebe dennoch nur allzu gerne fünf Bewertungssterne und eine ganz klare Leseempfehlung für dieses Buch, bin jedoch der Meinung, dass eine Lektüre der beiden Vorgängerromane für das bessere Verständnis der Handlung sowie der Vergangenheit der Charaktere unabdingbar ist.

Veröffentlicht am 08.02.2019

Was, wenn das Ganze überhaupt kein Spiel ist?

Tiefe Stille
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Was, wenn das Ganze überhaupt kein Spiel ist?

Maria Wagner, Leon Trattner und Christof Bichler errangen die ersten drei Plätze einer Rallye im Zuge der Landesmeisterschaften des Krimiklubs. Als Belohnung ...

Was, wenn das Ganze überhaupt kein Spiel ist?

Maria Wagner, Leon Trattner und Christof Bichler errangen die ersten drei Plätze einer Rallye im Zuge der Landesmeisterschaften des Krimiklubs. Als Belohnung winkt eine aufregende Reise ins bayerische Oberland, wo sie auf einer Alm wohnen und einen imaginären Fall lösen dürfen. Gleich zu Beginn gibt es einige Hindernisse zu überwinden, und die Teilnehmer ahnen nicht, wie viel Aufregung ihnen auf dieser Reise tatsächlich noch bevorsteht. Denn nach Untersuchung der ersten Spuren an einem vermeintlich fiktiven Tatort werden sie bald mit der furchtbare Realität konfrontiert: es gab einen Toten, eine furchtbare Explosion, und aus dem interessanten Hobby wird schnell tödlicher Ernst. Denn irgendjemand hat es auch auf die Mitglieder der Krimirallye abgesehen.

Kriminalhauptkommissar Lukas Zieringer hat sich aufgrund eines traumatischen Ereignisses von München in die Provinz versetzen lassen. Im vermeintlich ruhigen, geruhsamen Umfeld vertieft er sich in die Akten seines Vorgängers, der einem Drogenhandel auf der Spur war. Als von einem Wanderer eine nicht identifizierte Leiche mit Kopfschuss gefunden wird und noch dazu Zieringers Tante Maria Wagner in den Fall involviert scheint, überschlagen sich die Ereignisse. Aus Amateur-Ermittlern werden Gejagte, und die Polizei ermittelt bald in alle Richtungen. Ein aufregender Fall scheint auf ein turbulentes Finale hinzuführen…

Susanne Rößners Prolog mit einer in völliger Dunkelheit isolierten Frau, die am Verhungern und Verdursten ist, lässt bereits ein wenig von den schrecklichen Ereignissen dieser Krimihandlung erahnen. Ihre Protagonistin Maria Wagner ist eine fünfzigjährige Witwe mit kriminalistischem Spürsinn, die den jugendlichen zweiten Gewinner Leon unter ihre Fittiche nimmt. Die beiden profitieren voneinander: während Maria den Leihwagen lenkt, unterstützt der siebzehnjährige Computer-Nerd und Hacker Leon sie in allen technischen Belangen. Die Figur des dritten Gewinners Christof Bichler war für mich eine ganze Weile undurchschaubar, erst nach und nach kommen die Beweggründe für sein Engagement zu Vorschein. Marias Neffe Lukas Zieringer hat als ermittelnder Kommissar eine das gesamte Buch hindurch wichtige Funktion inne. Er kämpft jedoch gegen seine Panikattacken und Flashbacks. Die Autorin hat ihren Protagonisten zahlreiche Nebenfiguren zur Seite gestellt, wobei dem alten Bergmann Franz Schmiedl meine einzige wirkliche Sympathie galt. Zusammengefasst möchte ich anmerken, dass mich die Charakterzeichnung der handelnden Personen generell nicht zu überzeugen vermochte, ich sie an manchen Stellen sogar als etwas widersprüchlich empfand.

Durch den schlichten Schreibstil, der mir persönlich nicht gefallen hat, sowie der großen Vielzahl von Schimpfwörtern, gespickt mit Gossensprache, wurde mir die Freude an dieser Lektüre zusätzlich genommen. Leider konnte mich auch die Krimihandlung nicht überzeugen. Einzig der relativ hohe Spannungsbogen im letzten Drittel des Buches sorgte dafür, dass meine Neugier auf die Hintergründe und Auflösung des Falles bis zur letzten Seite aufrechterhalten wurde.

Fazit: „Tiefe Stille“ ist ein Krimi, der meinem persönlichen Lesegeschmack leider nicht entsprochen hat. Ich werde die Fortsetzung dieser Reihe um Kriminalhauptkommissar Lukas Zieringer daher nicht weiterverfolgen. Schade.

Veröffentlicht am 08.02.2019

Pass auf, oder es kostete dich das Leben!

Das Kind aus dem versteckten Dorf
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Pass auf, oder es kostete dich das Leben!

„Jeden Tag müssen sie aufpassen, wegen allem und noch mehr: keinen Lärm machen, kein Feuer anzünden, kein Wasser verschwenden, vorsichtig sein mit dem Essen. ...

Pass auf, oder es kostete dich das Leben!

„Jeden Tag müssen sie aufpassen, wegen allem und noch mehr: keinen Lärm machen, kein Feuer anzünden, kein Wasser verschwenden, vorsichtig sein mit dem Essen. Pass auf, oder es kostet dich das Leben.“

Indem Gerrit de Vries im Kriegsjahr 1943 einer jüdischen Familie auf seinem Bauernhof in Vierhouten Unterschlupf gewährt, riskiert der alleinerziehende Vater nicht nur sein eigenes Leben. Als er denunziert und von Soldaten mitgenommen wird, die auch nach seiner neunjährigen Tochter Mentje suchen, findet diese in einem „Pass-Auf-Lager“ mitten im Wald Unterschlupf. Als einzige Nichtjüdin und traumatisiert von der Verschleppung ihres Vaters fühlt das Mädchen sich einsam. Ungewissheit, Angst und Kummer sind ihre täglichen Begleiter, doch letztendlich siegt ihr Überlebenswille. „Den Mut verlieren, heißt alles verlieren“ ist ab sofort ihre Devise. Und obgleich Mentje bereits vor diesen Ereignissen eine eigenwillige und starke Persönlichkeit war, wächst sie infolge der Ereignisse noch weit über sich hinaus.

Tinus van Jaarsveld lebt bei seinen Großeltern im Bosveld und erfuhr bereits in frühen Jahren einen schweren Verlust: das Land und die Farm seiner Familie wurden versteigert. Tinus schwörte bereits als kleiner Junge, nicht eher zu ruhen, bis er sein geliebtes „Buffelspoort“ eines Tages zurückkaufen kann. Jahre später meldet er sich freiwillig und absolviert eine Fallschirmjägerausbildung in England. In der Schlacht um Arnheim kreuzen sich schließlich die Wege von Tinus und Mentje.

„Ein Fädchen von nur sieben Tagen gemeinsamer Erinnerungen verbindet Tinus und Mentje über die Kontinente und Jahreszeiten hinweg. Sie haben gemeinsam Dinge durchgestanden, von denen andere Menschen in diesem Land keine Ahnung haben.“

Irma Joubert verknüpft in ihrer aktuellen Neuerscheinung gekonnt fiktive Ereignisse mit wahren Begebenheiten. Die exzellente Recherche der historischen Fakten bildet eine perfekte Grundlage für diesen Roman. Der Autorin ist darüber hinaus ein wunderschöner Schreibstil zu eigen. Ihre gewählte Ausdrucksweise, die bildhaften Beschreibungen und fantastisch ausgearbeitete Charaktere, denen sie viel Raum und große Authentizität verleiht, haben mir ausgesprochen gut gefallen. Grundsätzlich bevorzuge ich in Büchern die gängige Zeitform des Präteritums/Vergangenheitsform. Irma Joubert ist jedoch eine der seltenen Autoren, bei der ich mich aufgrund des ausgezeichneten Inhalts mit ihrer favorisierten Erzählform Präsens arrangieren kann.

Mentje de Vries stellt eine äußerst vielschichtige und starke Protagonistin dar. Die einige Jahre umfassende Handlung mit den Ereignissen in Vierhouten, im „Pass-Auf-Lager“ und schließlich in Arnheim trugen dazu bei, dass Mentje sehr schnell erwachsen werden musste. Ich brachte auch dem großen, stillen Buren Tinus van Jaarsveld große Sympathie entgegen. Meine favorisierten Figuren waren jedoch die beiden Widerstandskämpfer Opa Bakker und Tante Cor sowie das Ehepaar Simon und Miempie. Dem impulsiven, unbeholfenen und im Grunde sehr ängstlichen Cousin Mentjes stand ich anfangs skeptisch gegenüber. Er war jedoch jene Figur, die aus meiner Sicht die größte Wandlung durchmachte und mich positiv überraschte.

Der christliche Glaube nimmt bei Irma Joubert einen hohen Stellenwert ein, so auch in diesem Buch. Während Mentjes tief gläubiger Vater Gerrit de Vries seiner Tochter christlichen Werte vorlebte, hadert das Mädchen einige Zeit mit Glaubenszweifeln. Der Glaube wird dezent in die Handlung eingeflochten und zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch.

Fazit: „Das Kind aus dem versteckten Dorf“ hat mir ausgezeichnet gefallen. Ich möchte besonders den exzellenten Schreibstil, die wunderschön ausgearbeiteten Charaktere und die hervorragende Recherchearbeit hervorheben, die dem Leser den Kampf niederländischer Freiheitskämpfer gegen die deutsche Besatzung während des Zweiten Weltkriegs deutlich vor Augen führten. Fünf Bewertungspunkte und eine uneingeschränkte Leseempfehlung!