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Veröffentlicht am 31.08.2018

Das Leben mit einem ehemaligen Straßenhund

Vertrauen auf vier Pfoten
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Das Leben mit einem ehemaligen Straßenhund

„Ein etwas zu klein geratener Schäferhund mit seinen etwas zu groß geratenen Ohren und seinem riesengroßen Herzen bereichert mein Leben.“

Ulrike Becker berichtet ...

Das Leben mit einem ehemaligen Straßenhund

„Ein etwas zu klein geratener Schäferhund mit seinen etwas zu groß geratenen Ohren und seinem riesengroßen Herzen bereichert mein Leben.“

Ulrike Becker berichtet in diesem Buch von ihrem Leben mit dem Schäferhund-Mischling Diego, einem ehemaligen ungarischen Straßenhund, den sie aus einem deutschen Tierheim zu sich ins Haus holte. Der einjährige Rüde war abgemagert, hatte kein Vertrauen zu den Menschen und verhielt sich auch wie ein streunender Herumtreiber.

In vielen, jeweils nur aus zwei bis vier Buchseiten bestehenden kurzen Kapiteln, vermittelt sie ihrer Leserschaft, wie viel dieses Tier ihr über die Sichtweise eines Hundes auf die Welt beibrachte und regt zugleich auch dazu an, über sich selbst, das Menschsein und die eigene Art, die Welt zu sehen, nachzudenken.

Ulrike Becker ist ein einnehmender, locker-leichter Schreibstil zu eigen. Ihre Kapitel beginnt sie stets mit einer auf den Inhalt bezogenen Überschrift im Fettdruck, und erzählt danach die jeweilige Geschichte mit ihrem tierischen Protagonisten Diego. Die Autorin zeigt bei den einzelnen Erzählungen zugleich auch eine Parallele zum menschlichen Leben auf, zu Alltagssituationen oder zu ganz bestimmten Verhaltensweisen der Menschen. In jedem Kapitel liefert sie zu ihrer Tiergeschichte nach einem geschickt und manchmal auch humorvoll inszenierten Übergang abschließend auch einen biblischen Bezug, regt zum Nachdenken an.

Die Themenvielfalt ist so reichhaltig wie die Erfahrungen eines Hundehalters mit seinem Haustier. Ulrike Becker zeigt beispielsweise auf, wie Diego mit seiner „ausgefeilten Deeskalations-Strategie“ als Streitschlichter agiert, wie er als Spurenleser unterwegs ist oder falsche Eulen jagt, sie zeigt ihn als Tröster und Krankenpfleger oder als völlig tiefenentspanntes Wesen, das einzig im Hier und Jetzt lebt. Diegos Verhältnis zu Katzen ist ein Kapitel für sich, doch seine Halterin gibt aus ihrer eigenen Erfahrung Ratschläge zum Umgang mit dem Jagdtrieb eines Hundes. Durch Diego wurden der Autorin tiefsinnige Einsichten geschenkt. Der Hund lehrte sie, die Welt um sich herum wieder ganz neu wahrzunehmen, zeigte ihr die Bedeutung von Liebe, Achtung und Wertschätzung auf und wies unter anderem auf die Gefahr von vorgefassten Meinungen und Vorurteilen hin. Ganz besonders unterhalten haben mich Ulrike Beckers Gedanken über den unwiderstehlichen Hundeblick, der jedem Hundehalter nur allzu gut bekannt sein dürfte und der bereits unzählige Herzen erweicht hat. Höchst amüsant fand ich auch Diegos Gedanken zum Weihnachtsfest aus seiner ganz persönlichen Sicht, dargestellt in kursiver Schrift. Den Abschluss bilden gute und praxistaugliche Ratschläge der Hundetrainerin Gitte Kuther für ein „gelingendes Hund-Mensch-Miteinander“.

Ich möchte zudem noch auf das äußerst anziehende Coverfoto hinweisen, welches augenblicklich meine Aufmerksamkeit erregte. Der junge Diego in seinen Flegeljahren sitzt dem Betrachter zugewandt, den Kopf ein wenig geneigt, ein Ohr geknickt, und ist mit seinem treuherzigen Hundeblick und der rosafarbenen Zunge ein echter Blickfang. Auch die farbliche Gestaltung fand ich höchst passend und harmonisch.

Fazit: „Vertrauen auf vier Pfoten“ war ein kurzweiliges, amüsantes und höchst unterhaltsames Buch, das ich gerne gelesen habe. Ich möchte es jedem Tierfreund – und natürlich ganz besonders jedem Hundehalter – ans Herz legen: es könnte durchaus sein, dass das eigene Haustier einige frappierende Ähnlichkeiten mit Diego aufweist.

Veröffentlicht am 29.08.2018

Someone to love

Ein Schreibtisch voller Träume
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Someone to love

Rachel Haucks aktuelle Neuerscheinung handelt von zwei Frauen, deren gemeinsame Leidenschaft das Schreiben ist, die aber auch ein ganz bestimmter Schreibtisch verbindet. Dieses alte Familienerbstück ...

Someone to love

Rachel Haucks aktuelle Neuerscheinung handelt von zwei Frauen, deren gemeinsame Leidenschaft das Schreiben ist, die aber auch ein ganz bestimmter Schreibtisch verbindet. Dieses alte Familienerbstück spielt eine tragende Rolle. An diesem Schreibtisch entstanden einst Bestseller, und er soll nun zur Muse und zum Glücksbringer einer jungen Frau werden, die ihre Schreibblockade zu überwinden sucht. Die Geschichte der Tenley Merry Roth bildet hierbei den Handlungsstrang in der Gegenwart, während in einer zweiten Handlung jene der Elizabeth Candler Shehorn im Jahre 1902 erzählt wird.

Elizabeth Candler Shehorn, im Roman stets nur „Birdie“ genannt, ist das einzige Kind eines reichen Reeders von uraltem New Yorker Adel. Der aufgeweckten und intelligenten jungen Frau wurde ungewöhnliche Bildung zuteil, ihre größte Leidenschaft gilt dem gedruckten Wort. Birdie verschlingt Bücher, und an ihrem Schreibtisch, den sie von einem Freund der Familie geschenkt bekam, bringt sie ihre eigenen Geschichten zu Papier. Die charmante und schöne Erbin gilt als äußerst begehrte Heiratskandidatin, sie selber strebt jedoch eine Karriere als Schriftstellerin an. Birdies anspruchsvolle und fordernde Mutter versucht jedoch mit aller Macht, ihre Tochter zu einem Leben nach ihren Plänen zu zwingen. Sie arrangiert eine Ehe mit dem reichen Erben und selbstbewussten Schwerenöter Alfonse, die sie an die Spitze der New Yorker Gesellschaft katapultieren soll. Birdie hat ihr Herz jedoch längst an einen anderen Mann verloren, doch ihr Vater würde den englischen Adeligen Lord Elijah Montague niemals als Heiratskandidaten akzeptieren.

Tenley Roth sieht sich nach der Veröffentlichung ihres ersten Romans als Nachfahrin zweier namhafter Autoren einem starken Erfolgsdruck und einer entsprechenden Erwartungshaltung ausgesetzt. Tenleys Verleger und ihre Leserschaft erwarten, dass auch ihr nächstes Buch zu einem Bestseller wird. Angesichts des nahenden Abgabetermins für das Manuskript kommt es schließlich zu einer Schreibblockade, die Tenley durch verschiedene Tricks zu überwinden versucht. Ein ganz bestimmter Schreibtisch im Haus ihrer Mutter Blanche Albright spielt dabei eine nicht unbedeutende Rolle. Und zu alledem gerät ihre aktuelle Beziehung zu einem Drehbuchautor in eine Krise. Als der Möbeltischler Jonas Sullivan den antiken Schreibtisch abholen und restaurieren möchte, kann Tenley sich der Anziehungskraft dieses Mannes nur schwer entziehen. Jonas ist klug, freundlich, hat eine selbstsichere und wertschätzende Art und ist ein liebevoller Familienmensch. „Ein schäbiger alter Schreibtisch mit einer klemmenden Schublade öffnete Tenley letztendlich Türen, von denen sie sich nie hatte träumen lassen.“

Rachel Hauck hat sich mit dieser zauberhaften Geschichte wieder einmal pfeilgerade ihren Weg in mein Herz gebahnt. Die romantischen Liebesgeschichten aus zwei verschiedenen Epochen und die frappierende Ähnlichkeit der Schicksale von Birdie und Tenley haben mich sehr rasch in den Bann gezogen. Der Fokus auf Birdie und Tenley wechselt laufend, ein entsprechender Hinweis in Form des Namens in der Überschrift des jeweiligen Abschnitts erleichtert den gedanklichen Übergang in die jeweils andere Epoche. Der Autorin ist ein äußerst einnehmender Schreibstil zu eigen, ihre Erzählung wurde durch sehr viele humorvollen Szenen und Dialoge aufgelockert. Der christliche Glaube spielt zwar nur eine eher untergeordnete Rolle im Buch, seine Einbindung ist Rachel Hauck jedoch vortrefflich gelungen.

Bei der Charakterisierung ihrer handelnden Personen hat die Autorin ebenfalls vorzügliche Arbeit geleistet. Den beiden Protagonisten Birdie und Tenley wird die größte Aufmerksamkeit zuteil. In Bezug auf die Nebenfiguren empfand ich die herzliche, liebevolle und laute Familie Sullivan als große Bereicherung, deren Fürsorge mich rührte, und deren Wortwechsel mich oftmals zum Schmunzeln brachte. Die Rolle der Antagonistin nahm in diesem Buch aus meiner Sicht eindeutig Birdies eiskalte, dominante und bevormundende Mutter Iris ein, die ihrem einzigen Kind rücksichtslos und mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln ihren Willen aufzwingt. Für Tenleys Mutter Blanche konnte ich mich anfangs ebenfalls kaum erwärmen, im Verlauf des Buches änderte sich jedoch meine Einstellung zu ihr.

Fazit: „Ein Schreibtisch voller Träume“ hat mir ausgezeichnet gefallen und bescherte mir über vierhundert Seiten lang ein ganz besonderes Lesevergnügen. Rachel Hauck liefert damit einen weiteren Bestseller, den ich Lesern mit einem Faible für romantische Liebesgeschichten uneingeschränkt weiterempfehlen kann.

Veröffentlicht am 22.08.2018

Ein kleines, braunes Vögelchen entdeckt seinen Schöpfer

Wer hat diesen wunderschönen Morgen gemacht?
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Ein kleines, braunes Vögelchen entdeckt seinen Schöpfer

Ein kleines braunes Vögelchen wacht in seinem Nest ganz oben auf einem hohen Baum auf und stellt fest, dass genau heute der allerschönste Morgen ...

Ein kleines, braunes Vögelchen entdeckt seinen Schöpfer

Ein kleines braunes Vögelchen wacht in seinem Nest ganz oben auf einem hohen Baum auf und stellt fest, dass genau heute der allerschönste Morgen seines ganzen Lebens angebrochen ist. Es möchte nun natürlich unbedingt in Erfahrung bringen, wer dafür verantwortlich ist und befragt einige Tiere, doch erst der Wind flüstert dem Vögelchen den entscheidenden Hinweis zu. Als es erschöpft, aber glücklich nach Hause kommt, tut es dies nicht nur in der Gewissheit, dass Gott diesen wunderschönen Morgen gemacht hat, sondern dass er darüber hinaus auch die ganze Zeit seine Hände schützend über das kleine Vögelchen gehalten hat.

„Gott ist stärker als der Wind und er ist strahlender als die Sonne. Er ist größer als der Adler und kräftiger als der Schneesturm – und er hat mich nach Hause gebracht. Und Gott, der Schöpfer der ganzen Welt, hat auch diesen wunderschönen Morgen gemacht.“

Jan Godfrey erzählt in diesem Buch in einfacher, kindgerechter Sprache die Geschichte eines winzigen Lebewesens, das mehr über den Schöpfer aller Dinge wissen möchte und vermittelt dadurch einen wichtigen Glaubensinhalt. Er bringt Kindern im Alter zwischen drei und sechs Jahren in dieser einfühlsam geschriebenen Geschichte auf wunderschöne Art und Weise nahe, dass wir alle - auch das kleinste Lebewesen auf dieser Erde - wertvoll und von Gott geliebt ist, und er niemals von unserer Seite weicht.

Die junge Zielgruppe hält eine gebundene Ausgabe in quadratischem Format in Händen, welches durch Honor Ayres mit fröhlichen Zeichnungen in einer bunten Farbenvielfalt und mit einer großen Liebe zum Detail illustriert wurde.

Fazit: „Wer hat diesen wunderschönen Morgen gemacht?“ ist ein Vor- und Erstleser-Buch, das Kindern durch ein fröhliches kleines Vögelchen auf der Suche nach seinem Schöpfer christliche Werte nahebringt. Es hat mir ausgezeichnet gefallen!




Veröffentlicht am 20.08.2018

Das Geheimnis um das Anwesen „Dierenpark“

Das Anwesen
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Das Geheimnis um das Anwesen „Dierenpark“

„Wir sind die Vandermarks. Und wir sind gekommen, um zu bleiben.“

Das einsam gelegene Anwesen „Dierenpark“ übt einen gespenstischen Reiz auf die Menschen aus. ...

Das Geheimnis um das Anwesen „Dierenpark“

„Wir sind die Vandermarks. Und wir sind gekommen, um zu bleiben.“

Das einsam gelegene Anwesen „Dierenpark“ übt einen gespenstischen Reiz auf die Menschen aus. Das berühmte Gebäude aus dem Jahre 1635 thront auf den Klippen der Granitfelsen in einer abgelegenen Bucht im Tal des Hudson River. Obgleich dessen Besitzer Nickolaas Vandermark es seit sechzig Jahren nicht mehr betreten hat, kümmern sich einige Angestellte darum, Haus und Gartenanlage in Ordnung zu halten. Als im Sommer 1898 plötzlich Quentin Vandermark mit seinem Sohn Pieter auftaucht, bringt er Aufregung und Trubel in das bislang ruhige und gemütliche Leben auf Dierenpark. Die hübsche Sophronia van Riijn, im Buch stets Sophie genannt, hat ohne die Genehmigung der Besitzer eine Wetterstation auf dem Dach der Villa errichtet, und bangt nun zu Recht um ihre Anstellung als Köchin auf dem Anwesen. Ihr unvergleichliches Talent zum Kreieren der köstlichsten Speisen und Backwaren wird lediglich von ihrer großen Leidenschaft für die Meteorologie übertroffen. Sophies größter Wunsch ist es, infolge ihrer langjährigen ehrenamtlichen Mitarbeit bei der Wettervorhersage und aufgrund ihres großen Interesses für diese Wissenschaft eine Festanstellung bei der amerikanischen Regierung zu erhalten. Das unerwartete Auftauchen der Eigentümerfamilie und deren Absicht, ihr Anwesen abreißen zu lassen, bringen Sophies ehrgeizige Pläne jedoch ins Wanken. Die hübsche junge Frau möchte den Abriss mit aller Macht verhindern, und im Kampf um die Erhaltung ihres geliebten Dierenpark setzt sie ihre stärksten Waffen ein: ihre weiche, sanfte und warmherzige Art, ihre Fröhlichkeit, ihr sonniges Gemüt und ihr unerschütterliches Gottvertrauen. Der intelligente und vernunftgesteuerte Quentin Vandermark tritt als zynischen Miesepeter ohne Glauben und ohne Manieren auf und macht den großen Fehler, Sophies beharrliche Art zu unterschätzen. Sein Widerstand richtet sich schon bald gegen deren große Anziehungskraft und endet nach und nach in einem Kampf gegen Sophies Charme, ihre Schönheit, ihre Unschuld und ihre warmherzige und fröhliche Art.

Da ich die Bücher der Autorin sehr schätze, hatte ich auch bei dieser Neuerscheinung eine sehr hohe Erwartungshaltung. Um es gleich vorwegzunehmen: Elizabeth Camden hat mich auch diesmal nicht enttäuscht und mir durch ihren wunderschönen Schreibstil, die hervorragende Charakterisierung der Haupt- und Nebenfiguren sowie der Einbindung des christlichen Glaubens im Buch allergrößtes Lesevergnügen bereitet. Die beiden Protagonisten Sophie van Riijn und Quentin Vandermark nehmen den größten Raum ein - man taucht nach und nach in ihre Vergangenheit ein, liest von ihren Sorgen, ihren Hoffnungen und Wünschen. Quentins Sohn, den neunjährigen Pieter, habe ich bereits bei seinem ersten Auftritt in diesem Buch ins Herz geschlossen. Doch auch dem exzentrischen alten Nickolaas Vandermark, einem schwierigen und verschrobenen Mann, der mit fortschreitendem Alter immer paranoider wird, galt meine Sympathie.

Die Autorin beleuchtet das Zusammentreffen der Familie Vandermark mit ihren Bediensteten auf Dierenberg und das Ringen um den Erhalt dieses für das Dorf New Holland so wichtigen Anwesens. Die gruseligen Geschichten um den Fluch der Vandermarks und um unerklärliche Todesfälle werden ebenfalls thematisiert, was zu einem gewissen Spannungsaufbau im Buch beiträgt.

FAZIT: „Das Anwesen“ ist ein weiteres grandioses Werk aus der Feder der amerikanischen Autorin Elizabeth Camden, das mir ausgezeichnet gefallen hat. Ich möchte dieses Buch ganz besonders Lesern mit einem Faible für christliche Romane, für romantische Liebesgeschichten und die Aufdeckung von Familiengeheimnissen ans Herz legen.

Veröffentlicht am 19.08.2018

Mein Adressbuch ist die Landkarte meines Lebens

Das rote Adressbuch
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Mein Adressbuch ist die Landkarte meines Lebens

„Das ist eine Art Testament. Ich vermache dir meine Erinnerungen. Das ist das Wertvollste, das ich besitze.“

„Ich wünsche dir von allem genug. Genug Sonne, ...

Mein Adressbuch ist die Landkarte meines Lebens

„Das ist eine Art Testament. Ich vermache dir meine Erinnerungen. Das ist das Wertvollste, das ich besitze.“

„Ich wünsche dir von allem genug. Genug Sonne, die Licht in deine Tage bringt, genug Regen, damit du die Sonne schätzen kannst, genug Glück, das deine Seele stärkt, genug Schmerz, damit du auch die kleinen Freuden des Lebens genießen kannst, und genug Begegnungen, damit du die Abschiede besser verkraftest. Sei stark!“


Diese letzten Worte ihrer Mutter klangen Doris Alm noch im Ohr, als sie nach dem plötzlichen und unerwarteten Tod ihres Vaters sowohl die Schule, als auch ihr Elternhaus verlassen muss. Im zarten Alter von dreizehn Jahren tritt sie in ihrer Heimat Schweden eine Stelle als Dienstmädchen im Haus einer eleganten und wohlhabenden Französin an. Doris führt fortan ein aufregendes und turbulentes Leben, wird zur strahlenden Schönheit und zum gefeierten Pariser Mannequin und wohnt in verschiedenen Kontinenten. Sie lernt ihre große Liebe kennen, und erlebt den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, die Jahre bis zum Kriegsende und die Zeit des Wiederaufbaus mit. Der schönen und unabhängigen Frau ist ein langes Leben beschieden. Ihre einsamen Tage in der kleinen Wohnung in Schweden füllt sie mit Erinnerungen, die sie für ihre Großnichte Jenny zu Papier gebracht hat. Ein Vermächtnis der Liebe – und das Zeugnis eines langen und bewegten Lebens.

„Jenny nimmt das abgegriffene Buch mit dem roten Ledereinband hoch und streicht über die vergilbten Seiten. Fast jeder Name ist durchgestrichen. Dahinter hat sie jeweils TOT geschrieben. Der Gedanke daran, wie einsam Doris gewesen sein muss, ist fast nicht auszuhalten. Sie fragt sich, wie lange Doris hier schon allein gesessen hat. Wie viele Jahre. Ohne Freunde. Ohne Familie. Nur mit ihren Erinnerungen als Gesellschaft. Die schönen. Die schmerzhaften. Die schrecklichen.“

Sofia Lundberg hat sich mit diesem gefühlvollen Roman pfeilgerade in mein Herz geschrieben. Durch ihre Protagonistin Doris haucht sie den Namen der Menschen im roten Adressbuch wieder Leben ein – Menschen, die für eine kurze oder längere Zeit Teil ihres Lebens waren und bereits gestorben sind. Behutsam tastet sie sich Name für Name in ihrem kleinen Adressbuch vor, schwelgt in den Erinnerungen und zieht mit ihrer Geschichte den Leser tief in ihren Bann.

Der Autorin ist ein wunderschöner Schreibstil zu eigen. Um die Memoiren der Doris Alm zu erzählen, bediente sie sich zwei verschiedener Zeitebenen. Eine Handlung findet in der Gegenwart statt, wo die 96jährige alte Dame einmal pro Tag in ihrer Wohnung von Pflegekräften unterstützt wird. Mit großer Einfühlsamkeit veranschaulicht Sofia Lundberg deren Einsamkeit und ihre körperlichen Einschränkungen. Doris zehrt von den wöchentlichen Skype-Gesprächen mit ihrer einzigen noch lebenden Verwandten – ihrer geliebten Jenny in Amerika. Doch nach dem Zuklappen des Laptops empfindet die alleine lebende Greisin die Stille in der Wohnung noch bedrückender.

Durch die Nebenfiguren dieses Buches, die in Form von Adressbucheinträgen nach und nach auf der Bildfläche erscheinen, erzählt die Autorin in einer zweiten Zeitebene von der Vergangenheit ihrer Protagonistin. Sie beleuchtet jede einzelne Person und ihre Beziehung zu Doris, erzählt von gemeinsam Erlebtem, von großem Glück und tiefer Freude, aber auch von Kummer und Trauer. Und nach und nach erscheint stets der Vermerk „TOT“ neben den Namens- und Adresseinträgen in ihrem roten Adressbuch…

„Das rote Adressbuch“ ist ein Buch, welches in leisen Tönen beginnt, im Verlauf der Seiten jedoch eine immer größere Sogwirkung entwickelt, der man sich nicht entziehen kann. Es thematisiert die Einsamkeit im Alter, den Verfall des Körpers und der wehmütigen Erinnerung an längst vergangene Jahre. Sofia Lundberg lässt das gesamte Leben der Doris Alm durch die Namen im Adressbuch Revue passieren. Der Schreibstil der Autorin hat mich bereits bei der Leseprobe völlig vereinnahmt. Für meinen persönlichen Lesegeschmack handelt es sich hierbei um eines der emotionalsten Bücher, welches ich jemals in Händen halten durfte. Ich habe im Verlauf von knapp dreihundertfünfzig Seiten mit Doris gelacht, mit ihr gelitten, ihre unendliche Sehnsucht nach der großen Liebe ihres Lebens miterlebt, sie als strahlende Schönheit und geiertes Pariser Mannequin bewundern, durfte anschließend schwere Zeiten mit ihr überstehen und sie schweren Herzens im Alter vereinsamt in ihrer kleinen Wohnung sitzen sehen.

Dieser Roman ist eine Hommage an die Liebe im Leben. Er hat mir ausgezeichnet gefallen, mich an mancher Stelle zum Schmunzeln gebracht, aber auch unzählige Male zu Tränen gerührt. Ich kann dieses großartige Meisterwerk wirklich jedem ans Herz legen!