Profilbild von libri-amici

libri-amici

Lesejury Star
offline

libri-amici ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit libri-amici über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.04.2018

Freundlicher Fremder rettet Dornröschen

Bis du erwachst
0

„Freundlicher Fremder rettet Dornröschen. Her Magazine, Juniausgabe.“

Lena kommt überraschend nach Hause und erwischt ihren Freund Justin im Bett mit einer anderen. Als sie fassungslos und völlig schockiert ...

„Freundlicher Fremder rettet Dornröschen. Her Magazine, Juniausgabe.“

Lena kommt überraschend nach Hause und erwischt ihren Freund Justin im Bett mit einer anderen. Als sie fassungslos und völlig schockiert aus dem Zimmer taumelt, stürzt sie und fällt in ein Koma, das viele Monate andauern soll …

Lola Jaye stellt dem Leser in ihrem Buch „Bis du erwachst“ die weiblichen Mitglieder der Familie Curtis vor. Lena, das tüchtige Organisationstalent, die bereits in jungen Jahren die Rolle der Eltern mit übernommen hatte und mittlerweile als Betreuerin für Kinder arbeitet. Irene Cara, die mit ihrem Partner Ade eine Bar führt und nur für ihre Karriere lebt. Und letztendlich Millie, die jüngste der Schwestern, die ihren Platz im Leben noch nicht gefunden hat und ihre Anziehungskraft auf Männer durch ständig neue, aber nie andauernde Beziehungen, ausprobiert.

Und dann ist da noch die Mutter Kitty, die sich weigert, mit „Mum „ angesprochen zu werden. Eine Schauspielerin, die nie für ihre Kinder da gewesen ist und deren Karriere stets den ersten Platz in ihrem Leben eingenommen hatte.

Mitten in diese verkorkste Familie platzt Michael, eine Zufallsbekanntschaft Lenas. Durch den langen Krankenhausaufenthalt kommen sich alle Beteiligten näher und in kleinen Schritten öffnen sie sich für das Aufarbeiten von lange verdrängten Konflikten.

Lola Jaye berichtet in diesem Roman von der Veränderung, die in jedem Familienmitglied – und auch in Michael – vor sich geht. Dass dies alles nicht zuletzt Lenas Unfall zu verdanken ist, bedeutet jedoch nur einen kleinen Trost. Zu schmerzlich wird Lena vermisst. Und plötzlich geschieht das Unfassbare, Dornröschen erwacht aus ihrem Schlummer …

Ich habe diesen Roman als „leichte Lektüre für Zwischendurch“ eingestuft und muss überrascht eingestehen, dass die Geschichte durchaus Tiefgang hatte. Aussagen wie „Ich werde glücklich sein wenn …“ - diesem Streben nach materiellen Dingen und dabei am Leben vorbei zu leben - bringen den Leser dazu, sich Gedanken über sich selber zu machen. Was passiert tatsächlich, während man auf das große Glück, auf den besseren Job, auf das schönere Auto, die modernere Wohnung wartet? „Was passiert, bis man erwacht?“

Eine runde Geschichte mit einem Happy End. Vor allem aber ein Inhalt, der einen nachdenklich zurück lässt und – vielleicht - dazu anregt, sich selber von festgefahrenen Anschauungen zu lösen.

Veröffentlicht am 17.04.2018

Septimus Heap - Magyk

Septimus Heap - Magyk
0

Der gewöhnliche Zauberer Silas Heap erfährt bei seiner Rückkehr nach Hause vom Tod seines Jüngsten, dem Neugeborenen siebten Sohn. Ein Findelkind im Schnee, das am selben Tag von ihm gerettet wurde, findet ...

Der gewöhnliche Zauberer Silas Heap erfährt bei seiner Rückkehr nach Hause vom Tod seines Jüngsten, dem Neugeborenen siebten Sohn. Ein Findelkind im Schnee, das am selben Tag von ihm gerettet wurde, findet Aufnahme im liebevollen Familienverband der Familie Heap.

Erzählt wird die Geschichte eines Machtwechsels im fantastischen Land der Magie, wobei die verschwundene Königstochter eine tragende Rolle spielt. Angie Sage verzaubert den Leser ihres Romans mit besagten Zauberern, mit weißer und schwarzer Magie, mit Wendronhexen und Boggarts, mit von einer gefährlichen Flucht über den Deppen Ditch in die Marram-Marschen zur Insel Draggen und der abenteuerliche Jagd auf die gerettete Prinzessin. Bösewichte wie der Außergewöhnliche Zauberer DomDaniel und der große Jäger bedrohen die sympathischen Protagonisten.

In diesem Buch finden nicht nur fantastische Elemente, sondern auch Werte wie Familienzusammenhalt, Freundschaft, Gerechtigkeitssinn, Mitgefühl und Liebe eine tragende Rolle und meines Erachtens ist dies nicht ausschließlich ein Buch für Jugendliche, sondern vielmehr auch für jung gebliebene Erwachsene.

Obgleich die Handlung an sich mit Ende des Buches abgeschlossen ist, fiebere ich bereits der Fortsetzung im Band zwei „Flyte“ entgegen.

Angie Sage erzählt ihre Geschichte flüssig, gespickt mit vielen Spannungselementen und einer wohl dosierten Portion Humor. Sie verflicht die Elemente des Zaubers und der Magie mit einer actionreichen Handlung und fesselt die Aufmerksamkeit ihrer Leser auf diese Weise an dieses Buch. Die Abenteuer der Familie Heap sind anhand eines detaillierten Lageplans auf den ersten und letzten beiden Seiten sehr gut dokumentiert und man merkt etwa ab der Mitte des Buches, wie sich die Erzählung langsam zu einem Höhepunkt hin entwickelt. Das Finale ist fulminant und voller Magie und stellt einen gelungenen Abschluss dar. Obgleich es sich um einen Jugendroman handelt, konnte ich mich der Faszination dieses Buches nicht entziehen und muss der Autorin ein großes Lob für Ihren fesselnden Schreibstil aussprechen.

Die Figuren sind gut und lebendig gezeichnet und ermöglichen es dem Leser, sich rasch in sie hinein zu versetzen. Sowohl den Protagonisten als auch den Nebenfiguren wird viel Aufmerksamkeit zuteil.

Die gebundene Ausgabe mit liebevoller Covergestaltung mit blaugrüner Hintergrundfarbe erinnert an das Meer, die Muster an wogende Wellen. Autor und Titel sind in dicker Goldschrift auf der Vorderseite, der Name des Verlages steht im Zentrum des goldenen Drachenrings. Umrahmt wird das Ganze von angedeuteten goldenen Türscharnieren … edle Aufmachung, ideal für einen überwältigenden Ersteindruck. Auf der ersten sowie der letzten Doppelseite des Buches befindet sich eine große Landkarte mit detaillierter Zeichnung sämtlicher Schauplätze des Buches. Es sind nicht nur Landschaften, sondern auch Gebäude und Wege eingezeichnet. Meines Erachtens ist dies die perfekte Ergänzung für ein umfassendes Leseverständnis. Die insgesamt neunundvierzig Kapitel werden durch einen großen Titel eingeleitet, darunter ist stets ein Medaillon bzw. eine Bleistiftzeichnung einer handelnden Person oder eines Schauplatzes der Handlung abgebildet. Besonders angetan war ich von den letzten 10 Seiten, in denen im abschließenden Zusatzkapitel „Später …“ zu den wichtigsten Protagonisten erläutert wird, was aus ihnen geworden ist bzw. wie es mit ihnen weiter ging.

Es handelt sich hier um ein Jugendbuch der ganz besonderen Art. Voller Zauber und Magie, jedoch zugleich auch ein höchst spannendes Abenteuer mit Verfolgungsjagden und sympathischen wie auch schrulligen Protagonisten. Ein Buch, das es vermag, auch den erwachsenen Leser sofort in seinen Bann zu ziehen und das uns in die zauberhafte Welt der Kindheitsfantasien zurück versetzt. Einer Welt voll mit märchenhaften Wesen, in denen die Schurken und Bösewichte im Endeffekt stets das Nachsehen haben. Eine Welt, in die man sich nur all zu gerne wieder entführen lässt und wo man es bedauert, nach Beenden der Lektüre daraus wieder auftauchen zu müssen. Es ist ein Buch, dass mich wieder Kind sein, mich mein Reich der Fantasie meiner Kindheit schrittweise zurück erobern und genießen lässt.

Veröffentlicht am 17.04.2018

Der Übergang

Der Übergang
0

Unter dem Deckmantel „Horrorroman bzw. Vampirroman“ liegt für mich das eigentliche Thema, das Hauptthema, verborgen: ein Endzeitszenario.

Justin Cronin verwendet die ersteren Themen zwar, um die Spannung ...

Unter dem Deckmantel „Horrorroman bzw. Vampirroman“ liegt für mich das eigentliche Thema, das Hauptthema, verborgen: ein Endzeitszenario.

Justin Cronin verwendet die ersteren Themen zwar, um die Spannung aufrecht zu erhalten, die Geschichte interessant und lebendig zu machen – im Grunde aber lege ich als Leser das Hauptaugenmerk auf die fast vollständige Ausrottung der menschlichen Rasse. Cronin zeichnet ein Schreckensbild vom Zusammenbruch der Zivilisation – keine Nahrungsmittelindustrie, keine Fortbewegungsmöglichkeiten, keine schöngeistigen Dinge – nichts, was wir als so selbstverständlich hinnehmen, beinahe schon als unsere Grundrechte bezeichnen, bleibt übrig.

Ein sehr ernstes Thema, bei dem der Autor sich nicht nur auf die materiellen Dinge beschränkt. Vielmehr geht er auf die psychischen Auswirkungen ein und bringt Beispiele, wie Menschen in Extremsituationen reagieren, wenn es um die eigene Existenz geht, wenn uneingeschränkt nur noch die Faustregel gilt. Er zeigt aber auch, wie die übrig gebliebenen Menschen sich organisieren, Gruppen bilden, ein System zur Erhaltung der Ordnung erschaffen und Regeln einführen. Im Bezug auf diese Dinge liest man dieses Buch nicht leichtfertig als Unterhaltungsroman des Genres Fantasy oder Science Fiction, sondern man reflektiert auch viel, malt sich mögliche Szenarien aus und taucht nach dem Lesen dieses dicken Wälzers nur sehr langsam wieder in der Realität auf. Danach sieht man eine Weile die Dinge aus einer ganz anderen Sicht. Wie wundervoll es doch ist, den Abendhimmel zu betrachten … wie selbstverständlich wir uns im Alltag bewegen, uns keine Gedanken um unsere körperliche Sicherheit machen … wie selbstverständlich wir bei Hungergefühlen einfach in einen Supermarkt marschieren und unsere Bedürfnisse befriedigen … und wie selbstverständlich wir auch die kulturelle, schöngeistige Seite des Lebens genießen … all das und noch viel mehr vermochte dieses Buch Justin Cronins in mir hervor zu rufen und ich kann nur sagen: sehr gute Grundidee, außergewöhnlich gut umgesetzt.

Für Spannung ist gesorgt in diesem Buch, das kann ich definitiv bestätigen. Justin Cronin sorgt dafür, dass man nicht selten den Atem beim Lesen anhält, die Seiten regelrecht verschlingt und Zeit und Raum um sich vergisst. Die Übergriffe der „Virals“ werden oft und detailliert beschrieben – und dennoch: wenn es soweit ist, erfolgen diese so rasch und brutal, dass es den Leser fast aus dem Sessel reißt. Die spannungsgeladene Atmosphäre zieht sich durch das gesamte Buch, einen einzigen Höhepunkt würde ich aber nicht benennen können. Durch die Länge dieser Geschichte baut Cronin sehr viele Höhepunkte in den Plot ein und es ist im Grunde ein ständiges „Auf und Ab“ – nicht nur der Gefühle, sondern auch der Höhepunkte.
Der Schreibstil des Autors ist klar und eindringlich. Er verwendet keine langen, verschachtelten Sätze, sondern schreibt eher kurz und prägnant. Trotz allem gelingt ihm das Kunststück, sämtliche Szenen sehr genau und bildhaft zu beschreiben, ebenso die Emotionen.

Der Autor schrieb das Buch in der Erzählform, mal aus seiner Sicht, mal aus der Sicht eines Protagonisten. Der Übergang ist jedoch so fließend und doch klar formuliert, dass es wahrlich ein Genuss ist, dieses Buch zu lesen.

Justin Cronin versteht es, nicht zu viele verschiedene Personen in die Geschichte zu verpacken und konzentriert sich bei den Beschreibungen auf die Protagonisten dieses Romans. Detailliert gezeichnet, sehr tief auf die Emotionen und Gedankenwelt des jeweiligen Darstellers eingehend gelang es ihm mühelos, mich nicht nur sehr rasch mit ihnen vertraut zu machen, sondern sie zu mögen. Mit all ihren Eigenheiten, mit all ihren kleinen und größeren Problemen und Ängsten war ich sozusagen eingegliedert in die Gemeinschaft dieser Überlebenden. Und doch beschränkt er sich nicht nur darauf, auf besagte Überlebende einzugehen. Er taucht auch tief in die Gedanken- und Gefühlswelt der „Bösen“, der „Virals“ oder „Verwandelten“ ein, wie sie hier genannt werden. Cronin versteht die Kunst, den Leser so ins Geschehen mit einzubeziehen, dass er völlig in die Geschichte versinkt, beinahe selber zum Darsteller wird. Man spürt die lähmende Angst vor den zahlreich stattfindenden tödlichen Übergriffen ebenso wie die Erleichterung, wenn ein neuer Morgen graut. Man trauert mit den Müttern, erlebt die Enttäuschung der Kinder, wenn sie an ihrem 8. Geburtstag die Zuflucht verlassen müssen und die Wahrheit über ihre Welt erfahren, fühlt die Resignation und ist fasziniert vom Mut und Pioniergeist einiger Protagonisten. Ja, Justin Cronin hat sich definitiv nicht bemüht, Seiten füllend zu schreiben, ihm gelang es sogar in mir den Wunsch zu erwecken, das Buch möge noch einige tausend Seiten weiter gehen. Abschließend möchte ich noch die Behauptung aufstellen, dass es im Grunde die Figuren sind, die dieses Buch so bereichern, so lebendig machen. Vampirromane oder Endzeitszenarien gibt es viele … aber Justin Cronin hat wahrlich einen Bestseller verfasst, indem er sich stark auf die Figuren konzentriert

Es handelt sich hierbei um ein sehr dickes, über 1000 Seiten zählendes Buch in gebundener Ausführung. Aufgrund des Coverfotos, einem verwahrlost aussehenden Mädchen mit traurigem, fast unheimlichen Blick, war ich fälschlicherweise der Meinung, das Buch handle ausschließlich von diesem Mädchen. Weit gefehlt. Hier war die Gestaltung ein wenig ungeschickt gewählt. Das Buch ist weiters in Kapitel eingeteilt, wobei zu Beginn eines jeden Kapitels ein Einleitungstext sowie die Zeit genannt werden, in der sich der Leser gerade befindet. Zusätzlich gibt es Unterkapitel, die ich aufgrund der hohen Seitenanzahl als sehr willkommen empfand und die mir den Eindruck einer besseren Übersichtlichkeit vermittelten.

Der Autor befriedigt mit diesem Buch nicht nur die Leselust der Fantasy- und Science Fiction-Fans und bringt eine gute Portion Spannung und Thrill in die Geschichte ein, sondern es gelingt ihm vielemehr, den Leser nachdenklich zu machen. Sich der Welt, wie wir sie kennen, bewusster zu werden, ja, Dankbarkeit zu entwickeln für die Dinge, die wir haben – sei es im materiellen oder auch im geistigen Sinn.

"Der Übergang" ist ein großartiges Buch, das ich nur zu gerne weiter empfehle und nach dessen Lektüre man nur sehr langsam und schwer wieder in die Realität zurück findet.

Veröffentlicht am 17.04.2018

Die Chroniken der Elfen

Die Chroniken der Elfen
0

Die Protagonistin Pia landet gemeinsam mit ihrer Bekannten Alica auf ihrer Flucht vor gefährlichen Kriminellen in einer für sie völlig fremden, unbekannten Welt. Der Übergang von den finsteren Winkeln ...

Die Protagonistin Pia landet gemeinsam mit ihrer Bekannten Alica auf ihrer Flucht vor gefährlichen Kriminellen in einer für sie völlig fremden, unbekannten Welt. Der Übergang von den finsteren Winkeln der Favelas Rio de Janeiros nach WeißWald gelingt durch ein Portal, das auf mysteriöse Weise erschienen – und auch wieder verschwunden zu sein scheint. Pia wird in dieser Welt als Gaylen verehrt, die nach einer alten Legende nach dem Volk Frieden und Freiheit bringen soll – doch nicht jeder der seltsamen Bewohner dieser fremden Welt ist ihr wohl gesonnen…
Hohlbein ist es vortrefflich gelungen, seiner Idee Ausdruck zu verleihen, sie in diesem magischen Roman umzusetzen. Er findet einen raschen Übergang von der Realität zur magischen Welt und nimmt den Leser dabei einfach mit. Eine grandiose Idee mit einer großartigen Umsetzung!

Wolfgang Hohlbeins Schreibstil ist von Zauber und Fantasie geprägt. Er erzählt die Geschichte von Pia (Gaylen) und wählt dazu die Mitvergangenheitsform, aus der Sicht des Autors selber. Hohlbein vermag es wie kein anderer, verschiedene Genres in einer Geschichte zu vereinen. Man kann ihn sowohl als Meister der Spannung, als auch als Meister der Fantasie, bezeichnen. Geschickt umhüllt der den Leser mit seinen Worten wie mit einem Mantel aus Magie, verwickelt ihn in seine reiche Gedankenwelt, lässt ihn nicht mehr aus seinen Fängen. Ein Autor, der für meine Person Suchtfaktor besitzt.

Wolfgang Hohlbein gewöhnt den Leser an den Alltag seiner Protagonistin in den Straßen der Favelas in Rio und katapultiert ihn dann mit einem rasanten Tempo in die fremde Welt. Obgleich ich Hohlbein auch als Spannungsautor überaus schätze, finde ich seine Fantasie, seine Kreativität bezüglich magischer Geschichten großartig. Es gelang ihm, mich gedanklich in die Geschichte hinein zu versetzen, ich vermeinte, körperlich beschriebene Dinge wie Kälte und Hunger zu spüren und die Emotionen Pias wurden sehr rasch auch zu meinen eigenen. Er zerstreut beim Leser jegliche Skepsis, entreißt ihn der vernunftgesteuerten Realität und lässt ihn uneingeschränkt an Magie, Zauberei und märchenhafte Wesen glauben. Man könnte fast sagen: Hohlbein schafft das Kunststück, den Menschen die Fantasiewelt seiner Kindheit wieder zu geben – zwar nur für die Dauer eines Buches, aber uneingeschränkt und vollständig.

Hohlbein geizt auch nicht mit Spannung – durch die abenteuerlichen Ereignisse in WeißWald hält er sie durchgehend aufrecht und obgleich das Buch 762 Seiten hat, musste ich es einfach durchlesen, ohne zu pausieren.

Der Fantasie Hohlbeins scheint auch bei der Beschreibung von Ort und Bewohner keine Grenzen gesetzt – er begeistert mit skurillen Figuren, absonderlichen Tieren und vermittelt durch seine detaillierten Beschreibungen der Wohnstätten und Bewohner von WeißWald einen sehr genauen Eindruck der Lebensweise dieses Volkes. Man meint, sich mitten drin zu bewegen, durch die winkeligen Gässchen WeißWalds zu wandeln, an Pias Seite deren Abenteuer hautnah mit zu erleben.

Hohlbeins Protagonisten sind überzeugend, detailliert beschrieben und sympathisch. Die Gute bleibt auch in der magischen Welt die Gute, ebenso verfährt er mit den Bösewichten. Pia, ihr bester Freund Jesus und der Bösewicht Hernandez tauchen allesamt auch in WeißWald auf, es verändern sich ihre Erinnerungen und ihr Bewusstsein, nicht jedoch ihr Charakter und ihr Aussehen. Bei Pia selber hat man den Eindruck, sie im Verlauf der Geschichte immer besser kennen zu lernen, ihre inneren Gewissenskonflikte und widerstreitenden Gefühle werden sehr deutlich zum Ausdruck gebracht. Erstaunlicherweise gibt es in diesem Buch nicht sehr viele Nebenfiguren, deren Beschreibungen empfand ich jedoch ebenfalls als völlig ausreichend. Nicht zu viele Details, aber genau die richtige Dosis an Informationen über die Personen, um sich ein Bild von ihnen machen zu können. Hohlbein verwirrt nicht mit zu vielen Namen, er hebt vielmehr die wichtigsten hervor und webt mit ihnen seine magischen Fäden, fabriziert sein märchenhaftes Abenteuer. Für meine Person kann ich nur sagen, dass ich sofort in die Rolle von Pia schlüpfte, mit ihr mit lebte, mit bangte und kämpfte. Ihre Gefühle wurden zu meinen, ebenso ihre Hoffnungen und Träume. Faszinierend.

Dieses zauberhafte Buch von Wolfgang Hohlbein besticht schon allein durch seine Optik. Man wird sofort von dem Coverfoto angezogen, das die Protagonistin „Gaylen“ mit ihrer Kapuze, dem widerspenstig-offenen langen Blondhaar und ihrem magischen Schwert zeigt. Ihre Haltung ist kämpferisch, ihr Blick rätselhaft. Die Person ist umgeben von einem magischen Ring, der das Portal in die andere Welt auszudrücken scheint. Die Schrift auf dem Coverfoto ist erhoben, Autor in grünglänzender Farbe, Titel in Gold. Ein märchenhafter Anblick, der mich sofort zu diesem Buch greifen ließ. Ich kann mir gut vorstellen, dass Fantasy-Leser es allein aufgrund der Optik kaufen könnten …

Das Buch wurde in gebundener Ausgabe aufgelegt, was allein schon durch seine stattliche Seitenanzahl ein klarer Vorteil ist. Was ich hier jedoch vermisse war eine genaue Karte der Welt, in der Pia (hier Gaylen genannt) gelandet ist. Ich hätte mich gerne auch bildhaft in die verschlungenen Gassen und Winkeln der mysteriösen Stadt WeißWald vertieft, hätte gerne die Wege vom Gasthaus zum Markt und zum bedrohlichen Turm des Hochkönigs mit verfolgt und Pia so begleitet.

Fazit: Dieses Buch stellt für mich ein Glanzstück aus den Federn eines großartigen Fantasyautors dar, das ich aus voller Überzeugung weiter empfehlen kann. Ein Zauberwerk an Magie, das es schaffte, die Realität für einige Stunden vollkommen verschwinden zu lassen.

Veröffentlicht am 17.04.2018

Am Ende eines Sommers

Am Ende eines Sommers
0

Isabel Ashdown beschreibt das Leben einer Familie. Einer Familie mit Problemen, wie sie wohl laufend vorkommen. Menschliche Tragödien, Kummer, Leid, kleines Glück, Zusammenhalt, Trauer, Freundschaft, ...

Isabel Ashdown beschreibt das Leben einer Familie. Einer Familie mit Problemen, wie sie wohl laufend vorkommen. Menschliche Tragödien, Kummer, Leid, kleines Glück, Zusammenhalt, Trauer, Freundschaft, winzige Lichtblicke und große Enttäuschungen – der Autorin steht eine riesige Palette an Emotionen zur Verfügung, mit denen sie durchaus gelungen spielt.

Besagte Familiengeschichte wird abwechselnd aus der Sicht von Mary in den Sechzigerjahren und von ihrem Sohn Jake im Jahre 1985 erzählt. Mit jeder neuen Seite verdichtet sich dieser Roman und der Leser taucht tiefer in das Geschehen ein. Isabel Ashdown ist es gelungen, viele unterschiedliche Gefühlen in ihre Geschichte zu verweben und als Leser schafft man es kaum, das Buch aus der Hand zu legen. Ein leises Drängen, der Aufruf, die Geheimnisse und Hintergründe zu erforschen lassen es nicht zu, die Lektüre zu unterbrechen. Kein abenteuerlicher Spannungsroman, sondern ein Buch voll von Emotionen und voller Leben. Dem Leben, das sich Tag für Tag abspielt. Ein über alle Maßen realistisches Buch, das sehr berührend ist.

Das Buch wird abwechselnd aus der Sicht von Mary und Jake erzählt, jeweils in der Ich-Form und in der Gegenwart. Bei jedem Wechsel der Sichtweise wird dies mit einer großen Überschrift, dem Namen der jeweiligen Person und dem Datum markiert. Eine sehr übersichtliche Darstellung, die es dem Leser ermöglicht, sofort ins jeweilige Geschehen einzusteigen.

Die Handlung selber wird nicht von Spannung oder rasanten Themen beherrscht. Es handelt sich vielmehr um ein leises, unaufdringliches Buch, das seine Magie auf vielfältige Weise entwickelt. Und zwar durch kleine, aber wichtige Episoden im Alltag der Protagonisten, die detailliert und liebevoll beschrieben werden – wie beispielsweise das Erleben der ersten Liebe, die Unsicherheit und die Emotionen der Kinder aufgrund der Trunksucht der Mutter und deren selbst zerstörerisches Verhalten, die Unsicherheit aufgrund der Inaktivität des Vaters, die aufkeimende Freude über die Wiedervereinigung der beiden Schwestern Mary und Rachel, aber auch die lähmende Trauer wegen der radikalen Haltung der Eltern. All das und noch viele Dinge mehr bereichern dieses Buch und machen es zu einem regelrechten Leseerlebnis, das man nicht mehr missen möchte.

Meine größte Sympathie beim Lesen dieses Buches galt dem Jungen Jake, dessen detailgetreue Beschreibung mich von Anfang an zu ihm hingezogen hat. Ein kleiner Junge, der sehr früh erwachsen werden musste, der aber trotz seines Ernstes immer noch Kind bleibt. Facettenreich gezeichnet weckt Jake im Leser das Verlangen, ihn vor allen Übeln zu beschützen. Zugleich aber keimt auch eine Bewunderung für diesen „kleinen Mann“ auf, der neben der Schule einen Job annimmt, um seine unerfüllten kleinen Wünsche Realität werden zu lassen; der auf seine wochenlang im Bett liegende trunksüchtige Mutter und auf seinen kleinen Bruder achtet, der viel zu ernst für sein Alter zu sein scheint. Trotz allem lässt Isabel Ashdown diesen Jungen liebenswert erscheinen und dringt in seine Gedanken- und Gefühlswelt ein – man würde ihn am liebsten mehrfach in die Arme nehmen.

Doch die Autorin konzentriert sich nicht allein auf Jake – auch die anderen Charaktere werden sehr ausführlich und mit einer Liebe zum Detail gezeichnet. Lediglich die Mutter von Mary und Rachel bleibt ein ewiges Geheimnis – sie wird zwar erwähnt, deren Beweggründe, die Motive für die völlige Isolation bleiben unausgesprochen. Ebenso erging es mir mit Matthew, dem ältesten Sohn der Familie, der einfach über Nacht verschwunden ist und nur zweimal wieder auftaucht: einmal durch ein Telefonat und einmal durch einen kurzen Besuch in Abwesenheit der Familie, bei dem er die Ersparnisse von Jake einfach mitnimmt. Was waren seine Motive? Wie steht er zu der Familie, zu seinen Geschwistern? Wie ist es um seinen Charakter bestellt? Hier hätte ich sehr gerne mehr erfahren …

Es handelt sich beim vorliegenden Buch um eine Gebundene Ausgabe mit sehr ansprechender Covergestaltung. Zwei Jungen, die Steine ins Wasser werfen, vor ihnen die unendliche Weite des Meeres, unterbrochen von zwei kleinen Inseln. Das Ganze wurde in blassem blaugrau gehalten und allein die Optik schafft es, den Leser auf den Klappentext neugierig zu machen. Die Unterteilung der Kapitel in Sichtweise seitens Mary abwechselnd mit der Sichtweise von Jake macht das Buch interessant und ermöglicht eine rasche Orientierung beim Lesen.

Fazit: Isabel Ashdown hat ein Buch geschrieben, das seine Geschichte nicht einfach als pures Lesevergnügen serviert. Sie macht es dem Leser nicht so einfach. Vielmehr handelt es sich hierbei um eine Erzählung, die es verlangt, sich vollständig ins Geschehen hinein zu begeben, die ihre Geheimnisse nur nach und nach Preis gibt und nicht mit einer Fülle von Informationen überquillt, sondern mit leisen Andeutungen arbeitet. Das Unausgesprochene, das in vielen Familien im Raum steht, spielt hier die Hauptrolle. Die Antwort auf die Fragen des Lesers findet sich zwischen den Zeilen, findet sich in den wechselnden Erzählungen von Mary und Jake.