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Veröffentlicht am 16.04.2018

Der Professor

Der Professor
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Der sechsundsechzigjährige Ich-Erzähler Émile Hazel, ehemaliger Latein- und Griechisch Professor an einem Gymnasium, beschloss zusammen mit seiner Ehefrau Juliette, ihren Ruhestand in völliger Ruhe und ...

Der sechsundsechzigjährige Ich-Erzähler Émile Hazel, ehemaliger Latein- und Griechisch Professor an einem Gymnasium, beschloss zusammen mit seiner Ehefrau Juliette, ihren Ruhestand in völliger Ruhe und Abgeschiedenheit zu verbringen. In einem wunderschönen, mit Glyzinien umrankten Häuschen, fanden sie schließlich das Haus ihrer Träume. Doch die ersehnte Isolation fand ein rasches Ende, als eines Tages der Nachbar, ein etwa siebzigjähriger Kardiologe, auftauchte. Seine Besuche waren von diesem Tage an von einer ausgeprägten Regelmäßigkeit – Bernardin beehrte die beiden Pensionisten von diesem Augenblick an täglich in der Zeit von 16 – 18 Uhr. Sein Besuch wurde jedoch keinesfalls Anlass zu fröhlichem Geplauder oder intelligentem Gedankenaustausch – weit gefehlt. Beklemmendes Schweigen, finstere Blicke und konsequente Beharrlichkeit zeichnen die täglichen Zusammenkünfte aus. Der ersten Verunsicherung folgte Verärgerung, Angst und letztendlich namenlose Wut. Doch die Versuche des Ehepaares, diesem Treiben ein Ende zu setzen, scheiterten kläglich…

Ich hatte selten ein Buch in Händen, dessen Inhalt mich dermaßen zwiespältig zurück gelassen hat. Meine anfängliche Begeisterung und mein Amüsement angesichts der detaillierten Beschreibung der beklemmenden Besuche des Palamède Berardin wichen sehr rasch großer Enttäuschung und Verständnislosigkeit. Die Charaktere überzeugten mich nicht, ihre Handlungen waren in keiner Weise für mich nachvollziehbar. Weder die Beschreibung der eigenen Person des Ich-Erzählers sowie seine langjährige Beziehung zu seiner Ehefrau, die er auch als Tochter (?) bezeichnet, ließen auch nur die geringste Sympathie für die beiden aufkommen. Vehemente Kritik möchte ich an der Art und Weise, wie die Autorin mit Fettleibigkeit umgeht, äußern. Madame Berardin, die schwergewichtige Nachbarin, wird im gesamten Verlauf dieser Geschichte ziemlich respektlos als „Qualle“ oder „Zyste“ tituliert, hinsichtlich ihres Verhaltens und ihres Geisteszustandes vermittelt Amèlie Nothomb dem Leser hochgradige Debilität. Ich war zunehmend abgestoßen von der Art und Weise der Autorin, mit diesem Thema umzugehen und der sehr fragwürdige Schluss ließ mich mit der Frage: „Was sollte das denn nun gewesen sein?“ zurück. Zwei Bewertungssterne vergebe ich für die wirklich großartige Schilderung der beklemmenden Situation der ersten Besuche – der Rest war für mich persönlich vergeudete Lesezeit. Schade.

Veröffentlicht am 16.04.2018

Sterne über Tauranga

Sterne über Tauranga
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Das Hörbuch beginnt mit der Seereise der jungen Ärztin Ricarda Bensdorf nach Neuseeland. Das Ziel der emanzipierten Frau, die aus einem Arzthaushalt stammt und dessen Vater ihr erlaubte, Medizin zu studieren, ...

Das Hörbuch beginnt mit der Seereise der jungen Ärztin Ricarda Bensdorf nach Neuseeland. Das Ziel der emanzipierten Frau, die aus einem Arzthaushalt stammt und dessen Vater ihr erlaubte, Medizin zu studieren, ist Tauranga. Ein plötzlicher Sinneswandel des Vaters, der im engstirnigen Berlin gesellschaftliche Kontakte pflegt und seine Tochter „verkuppeln“ möchte, lässt Ricarda aufbegehren und die Flucht ergreifen. Mit ihrem Diplom in der Tasche plant sie, in Tauranga eine eigene Praxis zu eröffnen. Doch auch wenn Frauen in Neuseeland bereits das Wahlrecht besitzen, sind die Vorurteile der Männer noch äußerst groß und es werden ihr viele Steine in den Weg gelegt. Ricarda hat jedoch das Glück, auf Mary Cantrell zu treffen. Die fröhliche, freundliche Ehefrau eines Senators macht ihren ganzen Einfluss geltend und ebnet Ricarda alle Wege. Auch der attraktive Schaffarmer Jack Manzoni trägt seinen Teil dazu bei, Ricardas Pläne zu verwirklichen. Doch ihre Gegner, der intrigante Arzt Dr. Doherty und sein Verbündeter, der Bordellbesitzer Borden, schmieden üble Pläne, um Ricardas Erfolg zu vereiteln…

Nach Lektüre einiger Buchrezensionen musste ich feststellen, dass die Zeit in Berlin und die Ausbildung Ricardas in der Schweiz im vorliegenden Hörbuch nur in Rückblenden gestreift wurde. Scheinbar wird in der gedruckten Version auch detailliert auf das Vorleben der Protagonistin eingegangen, das hier leider fehlt. Die Geschichte der jungen Ärztin scheint mir zu „glatt“ und mit zu viel „heile-Welt-Geschicke“ behaftet. Kaum wird Ricarda ein Hindernis vor die Füße gelegt, erscheint eine rettende Hand, die sie beiseite räumt. Die junge, schöne Ärztin trifft auf einen jungen, attraktiven Schaffarmer, der zufälligerweise ledig ist … auch hier werden für meinen Geschmack zu viele Klischees bedient und ich konnte auch nicht umhin, mich an den zahlreichen Wortwiederholungen dieses Hörbuchs zu stören. Die Konflikte zwischen den Ureinwohnern, den Maori, und den weißen Einwanderern war gut dargestellt, hätte aber durchaus vertieft werden können. Ich hätte gerne mehr über Moanas Dorf erfahren – die Lebensweise der Menschen, wovon sie lebten, sich ernährten, wie sie ihre Bildung erlangten, wie die Hierarchien in diesem Stamm gestaltet werden usw.. Die Charaktere waren mir zu flach und zu wenig ausgeprägt, die Autorin schaffte es auch nicht, mir auch nur einen von ihnen nahe zu bringen oder Sympathie zu erwecken. Das Hörbuch entbehrte auch jeglicher Spannung und insbesondere die persönliche Beziehung zwischen Jack und Ricarda war von Beginn an klar und vorhersehbar. Ich möchte jedoch die Vertonung durch die exzellente Sprecherin Irina Scholz hervorheben – der reine Klang ihrer sorgfältig artikulierenden Stimme war ein wahrer Hochgenuss und ich hoffe zutiefst, noch oft von ihr zu hören. Für den Inhalt, den Schreibstil und den Aufbau der Geschichte der Ricarda Bensdorp würde ich maximal einen Bewertungsstern vergeben, für die einzigartige Vertonung mindestens fünf. Da ich jedoch beides (leider) nicht trennen kann, entscheide ich mich für drei Bewertungssterne und eine unbedingte Empfehlung für Irina Scholz!


(Rezension zum Hörbuch)

Veröffentlicht am 16.04.2018

So etwas wie ein Leben

So etwas wie ein Leben
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Nach der großen Enttäuschung betreffend die Lektüre von „Der Professor“ war ich anhand des Klappentextes, der dieses Buch als „Nothombs besten Roman seit ihrem Debüt“ bezeichnet, sehr zuversichtlich. Um ...

Nach der großen Enttäuschung betreffend die Lektüre von „Der Professor“ war ich anhand des Klappentextes, der dieses Buch als „Nothombs besten Roman seit ihrem Debüt“ bezeichnet, sehr zuversichtlich. Um erneut zutiefst ernüchtert und ratlos zurückzubleiben. Das gesamte Buch basiert im Endeffekt auf einen Briefwechsel zwischen der Autorin als Ich-Erzählerin mit ihrem Protagonisten Melvin Mapple. Wie auch in meiner vorangegangenen Lektüre „Der Professor“ wirkt die Autorin auch diesmal verbal zutiefst abschreckend auf mich. Der übergewichtige Soldat, der Amélie Nothomb von seiner Zeit im Irak und seiner überdimensionalen Gewichtszunahme erzählt, wird permanent als „Pudding, Tonne, fette Amöbe, monströse Masse, Wucherung oder wuchernde Schwellung“ bezeichnet. Das ist für meinen Geschmack nicht mehr eigenartig oder befremdend, sondern ließ in mir den Entschluss reifen, zukünftig kein weiteres Buch dieser Autorin zu lesen. Der karge Inhalt wird zudem durch einige Briefe „aufgelockert“, die scheinbar seitenfüllend sein sollen. Tatsächlich schafft Amélie Nothomb es trotz der großen Lettern, der überaus großzügigen Seitenränder oben, unten, links und rechts sowie der noch großzügigeren Darstellung der Briefe nicht, mehr als 143 Seiten zu füllen. Weder Inhalt, noch Schreibstil bescherten mir auch nur das geringste Lesevergnügen. Für mich persönlich war diese Lektüre vergeudete Zeit, und vergeudetes Geld.

Veröffentlicht am 16.04.2018

Eine zweite Chance

Eine zweite Chance
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Der siebenundvierzigjährige erfolgreiche Unternehmer Anders Strandberg, ein Tag und Nacht arbeitender skrupelloser und kreativer Unternehmer mit Millionenumsatz, lebte Jahre nur für sein Investmentunternehmen. ...

Der siebenundvierzigjährige erfolgreiche Unternehmer Anders Strandberg, ein Tag und Nacht arbeitender skrupelloser und kreativer Unternehmer mit Millionenumsatz, lebte Jahre nur für sein Investmentunternehmen. Anders steht an einem Scheideweg seines Lebens, er wird von endlosen Grübeleien und einem Gefühl des Scheiterns übermannt und landet nach einem Autounfall im Krankenhaus.

Helena Lindgren, die nach einer schwierigen Kindheit mit einer suchtkranken Mutter und einem unbekannten Vater im Soziologiestudenten Martin ihre große Liebe und ihren Halt im Leben gefunden hatte, muss nun nach ihrer Scheidung alleine zurechtkommen. Die Verwirklichung ihres Lebenstraumes, ein Hotel in ihrer alten Heimat Norrland zu führen, scheint nun der harten Realität weichen zu müssen. Helena kämpft um ihre Pension, die harte Arbeit und der Geldmangel sind jedoch nicht die einzigen Probleme, mit denen Helena zu kämpfen hat. Ihre dreizehnjährige Tochter Emelie leidet sehr unter der Scheidung ihrer Eltern und fühlt eine tiefe Zerrissenheit, ist verloren zwischen der kleinen Welt ihrer Mutter in „Lindgrens Hotel“ und dem neuen Leben ihres Vaters in Stockholm, mit einer jüngeren Frau an seiner Seite.

Anna-Karin, ehemals Helenas beste Freundin aus Jugendtagen, kam ihr ganzes Leben nicht aus Norrland heraus und hat bereits zwei Scheidungen hinter sich. Ihre beiden Kinder leben in Stockholm, ihre Einsamkeit wird durch ihr konsequentes Schwarzsehen und ihre Vorurteile verstärkt. Anna-Karin nährt sich scheinbar von Konflikten und ist Frührentnerin auf Halbzeit.

Verner, ein eigenartiger alter Mann, der alleine in einer kleinen Hütte ohne jeglichen Komfort lebt, scheint ein Sonderling zu sein. Er hat ungewöhnliche Ansichten und scheint einige Geheimnisse zu bewahren…

Karin Alvtegen, die Großnichte der einzigartigen schwedischen Kinderbuchautorin Astrid Lindgren, hat nach nun nach fünf Thrillern mit „Eine zweite Chance“ einen hervorragenden Roman über das Schicksal von Menschen geschrieben, die in ihrem Leben scheiterten, wieder aufstanden und weiter machten. Ihre lebendige Art, ihre Protagonisten zu beschreiben, zog mich als Fan dieser Autorin sogleich in den Bann. Die Charaktere sind besonders ausgeprägt gezeichnet, den einzelnen Figuren des Buches wird sehr viel Raum gewidmet. Die Lebensgeschichten von Helena, Anders, Anna-Karin und Verner kreuzen sich an einem ganz bestimmten Punkt in deren Leben – und ihre Begegnung beeinflusst jeweils den anderen. Karin Alvtegen erzählt diesen Roman in insgesamt siebenundzwanzig Kapiteln, die abwechselnd aus der Sicht Helenas, Anders, Verners, Emelies und Anna-Karins geschrieben sind, wobei der schrullige, sonderbare Verner mit der Zeit mein liebster Protagonist wurde, mir am meisten ans Herz wuchs. Die Schilderungen der Autorin beinhalten eine regelrechte Fülle von Lebensweisheiten, die zum Nachdenken anregen. Ein wahrlich wundervolles, liebenswertes Buch, das für meine Person zu einem persönlichen Lese-Highlight des Jahres 2013 wurde.

Nachfolgend einige der beeindruckendsten Zitate dieses Buches:

„Der Gruß der Toten an die Lebenden – auch eure Kümmernisse werden eines Tages vorüber sein, und niemand wird sich an ihr Gewicht erinnern.“

„Man muss vorsichtig sein mit dem, was man sich wünscht, denn es kann sein, dass es in Erfüllung geht.“

„Es gab Augenblicke, die ihn dazu gezwungen hatten, die Richtung zu wechseln. Einige davon hatten sein Leben in den Grundsätzen erschüttert und nachhaltige Auswirkungen gehabt. Vielleicht enthielten sie genauso viele Sekunden wie andere Augenblicke, vielleicht war es nur die Gewichtung, die anders war.“

„Wenn alles gegen Sie zu sein scheint, gibt es dann nicht Anlass, den Grund bei sich selbst zu suchen?“

„Wie sehr würde die Welt sich verändern, wenn wir alle abends für eine kurze Zeit lang den Blick auf die Sterne richten und der Unendlichkeit des Universums einen Gedanken widmen würden. Die Welt ist ein Mysterium, aber wir nehmen sie für gegeben hin und haben uns so an sie gewöhnt, dass wir ganz vergessen haben zu staunen.“

„Ich habe es nie verstanden wie du es schaffst, dich so sehr darum zu kümmern, was alle anderen die ganze Zeit machen. Das muss doch furchtbar anstrengend sein. Ist es nicht einfacher, wenn man sich auf seine eigenen Angelegenheiten konzentriert? Vielleicht musst du es gar nicht verstehen. Vielleicht musst du die Leute einfach nur das machen lassen, was sie selbst wollen.“

„Die Wahrheit brachte einen erst weiter, wenn man den Mut hatte, sich auf sie einzulassen. Wenn man aufhörte, gegen die Umwelt anzukämpfen und die Fehler bei sich selbst suchte.“

„Verner hatte seine Gedanken verändert und damit auch seine Welt. Genau wie er selbst es in den letzten Tagen getan hatte. Was kam eigentlich zuerst – der Gedanke oder die Wirklichkeit?“


FAZIT: Ein bezauberndes, berührendes und beeindruckendes Buch, das ich uneingeschränkt weiter empfehlen kann.


(Rezension zum Printexemplar)

Veröffentlicht am 16.04.2018

Bob, der Streuner

Bob, der Streuner
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Bei dem Taschenbuch "Bob, der Streuner" handelt es sich um die ungewöhnliche Biografie eines roten Katers namens Bob und dessen bestem Freund, James Bowen.
James, der viele Jahre lang obdachlos war und ...

Bei dem Taschenbuch "Bob, der Streuner" handelt es sich um die ungewöhnliche Biografie eines roten Katers namens Bob und dessen bestem Freund, James Bowen.
James, der viele Jahre lang obdachlos war und auf den Straßen Londons zuhause war, schaffte in kleinen Schritten den Ausstieg aus seiner Heroinsucht. Das dazu erforderliche Durchhaltevermögen sowie den unbändigen Willen, endlich frei zu sein von den Drogen, die seinen Körper zerstören, verdankte er nicht zuletzt dem Streuner "Bob", der eines Tages vor der Tür seiner Sozialwohnung saß. Ein erbarmungswürdiger, ausgehungerter und verwahrloster Kater, der sich pfeilgerade einen Weg ins Herz des jungen Mannes bahnte. James Bowen schildert in diesem ergreifenden Sachbuch in lockerem und flüssigem Schreibstil seinen Lebensweg, begonnen von jenem Tag, an dem die rote Samtpfote in sein Leben trat. In kurzen Rückblenden erfährt man auch ein wenig aus der Vergangenheit, familiäre Hintergründe werden kurz skizziert, der Abstieg ins Drogenmilieu erläutert. Dieses Buch ist nicht nur eine Hommage an die außergewöhnliche Freundschaft zwischen Mensch und Kater, zwischen James und Bob, es schildert auch in eindrucksvollen Bildern den harten Kampf eines "Gefallenen", der von allen sozialen Schichten der Gesellschaft abgelehnt und "übersehen" wird. Man liest von erschütternden Einzelheiten hinsichtlich des Drogenentzugs mit all seinen furchtbaren Begleiterscheinungen und erfährt, was "Einsamkeit" mitten in einer belebten Großstadt bedeuten kann.

Das Blatt wendet sich jedoch für James Bowen, als Kater Bob Einzug in seine Wohnung hält und sogar darauf besteht, ihn bei seinen täglichen Auftritten als Straßenmusiker und später Zeitungsverkäufer in der Londoner Innenstadt zu begleiten. James wird dank des Katers auf seiner Schulter plötzlich "bemerkt". Die Menschen werden auf das ungewöhnliche Duo aufmerksam und anhand dieses Sachbuches lässt der Autor uns ein wenig an seinem Alltag teilhaben. Er erzählt von seinem Sieg über die Sucht, von der Kraft, die Bob ihm dabei gegeben hat, und von seinem neuen Leben, das er im Grunde einer "felinen Zufallsbekanntschaft auf der Schwelle seiner Wohnungstür" zu verdanken hat. Eine bezaubernde, aber auch nachdenklich stimmende Erzählung!