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Veröffentlicht am 16.04.2018

Die Geschichte eines schönen Mädchens

Die Geschichte eines schönen Mädchens
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„Du weißt, was gewinnen heißt? Lass dich nicht in die Knie zwingen – von niemandem, nicht einmal von dir selbst“.

Amerika, 1968. Martha, die verwitwete Lehrerin im Ruhestand, führt nach dem Tod ihres ...

„Du weißt, was gewinnen heißt? Lass dich nicht in die Knie zwingen – von niemandem, nicht einmal von dir selbst“.

Amerika, 1968. Martha, die verwitwete Lehrerin im Ruhestand, führt nach dem Tod ihres Ehemannes Earl ein sehr einsames Leben auf ihrer Farm, die sie zusammen mit den weiten Feldern, den dichten Wäldern und den fernen Bergen im Laufe von 50 Jahren zu lieben gelernt hatte. Da ihr kleiner Sohn bereits nach der Geburt starb, erhält sie lediglich einmal im Jahr Besuch, und zwar von ihren ehemaligen Schülern, die ihrer ehemaligen Lehrerin immer noch sehr zugetan sind. Als eines Abends ein verzweifeltes, verängstigtes und tropfnasses junges Paar mit einem Baby vor ihrer Türe steht und Zuflucht sucht, ändert sich das in ruhigen Bahnen verlaufende Leben Marthas abrupt. Die kinderlose alte Dame wird vor eine schicksalhafte Entscheidung gestellt, als die Wärter der Pennsylvania State School, einer Anstalt für schwer Erziehbare und geistig Behinderte, die beiden Geflohenen einzufangen versuchen, jedoch von der Existenz des Neugeborenen keine Ahnung haben. Martha entscheidet rasch und instinktiv: sie versteckt das Baby und verspricht der jungen Mutter Lynnie, sich um sie zu kümmern. Lynnie wird daraufhin zurück in die Anstalt gebracht, während ihrem Freund Buddy die Flucht gelingt. Das Leben aller an dieser Schicksalsnacht Beteiligten erfährt eine jähe Wendung und nichts ist mehr so, wie es war …

Rachel Simon hat mit ihrer Geschichte um die junge Evelyn Goldberg einen zutiefst emotionalen Roman geschrieben, der auf einer wahren Begebenheit beruht. Ein namenloser, gehörloser junger Afroamerikaner, in der Anstalt lediglich „Nummer 24“ genannt, lieferte die Grundlage für dieses Buch, das auf die schrecklichen Zustände jener Einrichtungen hinweist, in denen Behinderte ein oft menschenunwürdiges Dasein fristen mussten. Die Autorin verflocht Homans Geschichte mit jener Evelyns, mit atemberaubendem Ergebnis. Das schreckliche Leid, das diesen armen Menschen widerfahren ist, die Grausamkeit der Wärter, die Hilflosigkeit von Angehörigen und der tiefe innere Zwiespalt einiger Pfleger, aber auch die Emotionen und Gedankenwelt der Insassen – all das nimmt den Leser mit auf eine intensive Gefühlsreise Reise in das Amerika der 70er Jahre.

Rachel Simons Protagonisten sind liebevoll gezeichnet und wirken zutiefst authentisch. Man kann nicht umhin, sich auf Gefühlsebene vollkommen auf sie einzulassen, lebt und leidet mit ihnen mit, und freut sich über noch so winzige Erfolge und die zwar kleinen, aber hartnäckigen Schritte in ein selbstbestimmtes Leben. Der Schreibstil der Autorin ist einnehmend und fesselnd, die Geschichte wird anhand von Rückblenden in die Vergangenheit langsam aufgerollt. Die mit Jahreszahlen versehenen Kapitel sorgen für eine gute Orientierung in zeitlicher Hinsicht und bewahren stets den Überblick über das Geschehen.

„Die Geschichte eines schönen Mädchens“ ist für mich eines meiner Lesehighlights, ein Roman, der zutiefst berührt hat und noch sehr lange nachwirken wird. Ein auf einer wahren Begebenheit basierendes Schicksal, stellvertretend für so viele anonyme menschliche Tragödien.

Besonders berührende Aussagen in diesem Buch:

„Du weißt, was gewinnen heißt? Lass dich nicht in die Knie zwingen – von niemanden, nicht einmal von dir selbst“.

„Freunde, die dir das Gefühl geben, minderwertig zu sein, sind keine Freunde“.

„Folgt euren Neigungen und eurer Intuition. Das wird euch zu Ideen führen, von denen ihr bis dahin nichts geahnt habt.“

„Was, wenn die guten und die schlechten Phasen einfach dazugehörten? Wenn es tatsächlich eine große Zeichnung gab? Hieß das, dass es auch einen großen Maler gab?“

„Es gab zwei Arten von Hoffnungen – die eine, für deren Erfüllung man nichts tun konnte, und die andere, die man durch eigenes Zutun wahr machen konnte. Und selbst wenn die zweite Art nichts mit dem ursprünglichen Wunsch zu tun hatte, lohnt es sich, dafür zu arbeiten. Ein verregneter Tag ist besser als gar keiner. Ein kleines Glück kann große Traurigkeit ein wenig lindern.

„Wie viele andere verborgene Leben gibt es da draußen noch? Wie viele Herzen, die auf der Suche sind? Wie viele Menschen würden alles darum geben, um von der Person, die sie lieben, entdeckt und gehalten zu werden?“


Veröffentlicht am 16.04.2018

Ich gehöre zu dir

Ich gehöre zu dir
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Bailey, ein außergewöhnlicher Hund, ist neben dem Jungen Ethan der tierische Protagonist dieses Romans aus der Feder W. Bruce Camerons. Der Autor erzählt vom Leben des kleinen Welpen, der als Straßenköter ...

Bailey, ein außergewöhnlicher Hund, ist neben dem Jungen Ethan der tierische Protagonist dieses Romans aus der Feder W. Bruce Camerons. Der Autor erzählt vom Leben des kleinen Welpen, der als Straßenköter geboren in die Obhut einer großherzigen Tierfreundin gelangt. In liebevollen Details werden das Aufwachsen, das Entstehen des sozialen Gefüges innerhalb der Geschwister und der tägliche Kampf ums Überleben geschildert. Bailey darf seinen ersten Menschen kennenlernen, erfährt viel über deren Verhaltensweisen und in seiner Zeit bei der netten „Senora“ auch einiges über seine Artgenossen. Das Ende seines abenteuerlichen, ein wenig entbehrungsreichen Lebens, naht schneller als er denkt – und plötzlich erwacht sein Denken und Fühlen wieder inmitten von warmen, wuselnden Welpen, die um die Zitze der Mutter drängeln und um die nahrhafte Milch rangeln. Erstaunt erkennt Bailey, dass das Leben scheinbar von vorne beginnt – er jedoch bereits um einige nützliche Erfahrungen reicher geworden ist. Das Leben des Hundes erfährt wieder einige unvermutete Wendungen und er lernt viel Neues … bis es erneut soweit ist, sein Bewusstsein der gnädigen Dunkelheit weicht … und er wieder inmitten von warmen, wuselnden Welpen erwacht.

Bruce Cameron hat einen überaus reizenden und Herz erwärmenden Roman über die Reinkarnation des Hundes Bailey geschrieben, dem auf der Suche nach dem Sinn seines Lebens immer mehr bewusst wird, das jedes seiner Leben einen bestimmten Zweck, eine genau vorgegebene Richtung hatte. Und alle Bestrebungen konzentrieren sich auf den Jungen namens Ethan, der als eigentlicher Protagonist im Hintergrund alle Leben des Hundes bestimmt. Die spannenden, manchmal auch traurigen Erlebnisse dieses Hundes werden aus seiner eigenen Perspektive erzählt, was mich als Leser manchmal zum Schmunzeln, aber auch zum Weinen brachte. Das Verhalten der Menschen aus Sicht eines Hundes ist kein neues Thema, wurde jedoch vom Autor höchst unterhaltsam und in flüssigem Schreibstil umgesetzt. Die Geschichte von Bailey hat mich sehr gut unterhalten und manchmal auch traurig gestimmt. Es war interessant, über die insgesamt vier Leben dieses Hundes zu lesen und an seinen Erfahrungen teilhaben zu dürfen. Vier Bewertungssterne für einen etwas „anderen“ Hunderoman.

Veröffentlicht am 16.04.2018

Der Professor

Der Professor
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Der sechsundsechzigjährige Ich-Erzähler Émile Hazel, ehemaliger Latein- und Griechisch Professor an einem Gymnasium, beschloss zusammen mit seiner Ehefrau Juliette, ihren Ruhestand in völliger Ruhe und ...

Der sechsundsechzigjährige Ich-Erzähler Émile Hazel, ehemaliger Latein- und Griechisch Professor an einem Gymnasium, beschloss zusammen mit seiner Ehefrau Juliette, ihren Ruhestand in völliger Ruhe und Abgeschiedenheit zu verbringen. In einem wunderschönen, mit Glyzinien umrankten Häuschen, fanden sie schließlich das Haus ihrer Träume. Doch die ersehnte Isolation fand ein rasches Ende, als eines Tages der Nachbar, ein etwa siebzigjähriger Kardiologe, auftauchte. Seine Besuche waren von diesem Tage an von einer ausgeprägten Regelmäßigkeit – Bernardin beehrte die beiden Pensionisten von diesem Augenblick an täglich in der Zeit von 16 – 18 Uhr. Sein Besuch wurde jedoch keinesfalls Anlass zu fröhlichem Geplauder oder intelligentem Gedankenaustausch – weit gefehlt. Beklemmendes Schweigen, finstere Blicke und konsequente Beharrlichkeit zeichnen die täglichen Zusammenkünfte aus. Der ersten Verunsicherung folgte Verärgerung, Angst und letztendlich namenlose Wut. Doch die Versuche des Ehepaares, diesem Treiben ein Ende zu setzen, scheiterten kläglich…

Ich hatte selten ein Buch in Händen, dessen Inhalt mich dermaßen zwiespältig zurück gelassen hat. Meine anfängliche Begeisterung und mein Amüsement angesichts der detaillierten Beschreibung der beklemmenden Besuche des Palamède Berardin wichen sehr rasch großer Enttäuschung und Verständnislosigkeit. Die Charaktere überzeugten mich nicht, ihre Handlungen waren in keiner Weise für mich nachvollziehbar. Weder die Beschreibung der eigenen Person des Ich-Erzählers sowie seine langjährige Beziehung zu seiner Ehefrau, die er auch als Tochter (?) bezeichnet, ließen auch nur die geringste Sympathie für die beiden aufkommen. Vehemente Kritik möchte ich an der Art und Weise, wie die Autorin mit Fettleibigkeit umgeht, äußern. Madame Berardin, die schwergewichtige Nachbarin, wird im gesamten Verlauf dieser Geschichte ziemlich respektlos als „Qualle“ oder „Zyste“ tituliert, hinsichtlich ihres Verhaltens und ihres Geisteszustandes vermittelt Amèlie Nothomb dem Leser hochgradige Debilität. Ich war zunehmend abgestoßen von der Art und Weise der Autorin, mit diesem Thema umzugehen und der sehr fragwürdige Schluss ließ mich mit der Frage: „Was sollte das denn nun gewesen sein?“ zurück. Zwei Bewertungssterne vergebe ich für die wirklich großartige Schilderung der beklemmenden Situation der ersten Besuche – der Rest war für mich persönlich vergeudete Lesezeit. Schade.

Veröffentlicht am 16.04.2018

Sterne über Tauranga

Sterne über Tauranga
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Das Hörbuch beginnt mit der Seereise der jungen Ärztin Ricarda Bensdorf nach Neuseeland. Das Ziel der emanzipierten Frau, die aus einem Arzthaushalt stammt und dessen Vater ihr erlaubte, Medizin zu studieren, ...

Das Hörbuch beginnt mit der Seereise der jungen Ärztin Ricarda Bensdorf nach Neuseeland. Das Ziel der emanzipierten Frau, die aus einem Arzthaushalt stammt und dessen Vater ihr erlaubte, Medizin zu studieren, ist Tauranga. Ein plötzlicher Sinneswandel des Vaters, der im engstirnigen Berlin gesellschaftliche Kontakte pflegt und seine Tochter „verkuppeln“ möchte, lässt Ricarda aufbegehren und die Flucht ergreifen. Mit ihrem Diplom in der Tasche plant sie, in Tauranga eine eigene Praxis zu eröffnen. Doch auch wenn Frauen in Neuseeland bereits das Wahlrecht besitzen, sind die Vorurteile der Männer noch äußerst groß und es werden ihr viele Steine in den Weg gelegt. Ricarda hat jedoch das Glück, auf Mary Cantrell zu treffen. Die fröhliche, freundliche Ehefrau eines Senators macht ihren ganzen Einfluss geltend und ebnet Ricarda alle Wege. Auch der attraktive Schaffarmer Jack Manzoni trägt seinen Teil dazu bei, Ricardas Pläne zu verwirklichen. Doch ihre Gegner, der intrigante Arzt Dr. Doherty und sein Verbündeter, der Bordellbesitzer Borden, schmieden üble Pläne, um Ricardas Erfolg zu vereiteln…

Nach Lektüre einiger Buchrezensionen musste ich feststellen, dass die Zeit in Berlin und die Ausbildung Ricardas in der Schweiz im vorliegenden Hörbuch nur in Rückblenden gestreift wurde. Scheinbar wird in der gedruckten Version auch detailliert auf das Vorleben der Protagonistin eingegangen, das hier leider fehlt. Die Geschichte der jungen Ärztin scheint mir zu „glatt“ und mit zu viel „heile-Welt-Geschicke“ behaftet. Kaum wird Ricarda ein Hindernis vor die Füße gelegt, erscheint eine rettende Hand, die sie beiseite räumt. Die junge, schöne Ärztin trifft auf einen jungen, attraktiven Schaffarmer, der zufälligerweise ledig ist … auch hier werden für meinen Geschmack zu viele Klischees bedient und ich konnte auch nicht umhin, mich an den zahlreichen Wortwiederholungen dieses Hörbuchs zu stören. Die Konflikte zwischen den Ureinwohnern, den Maori, und den weißen Einwanderern war gut dargestellt, hätte aber durchaus vertieft werden können. Ich hätte gerne mehr über Moanas Dorf erfahren – die Lebensweise der Menschen, wovon sie lebten, sich ernährten, wie sie ihre Bildung erlangten, wie die Hierarchien in diesem Stamm gestaltet werden usw.. Die Charaktere waren mir zu flach und zu wenig ausgeprägt, die Autorin schaffte es auch nicht, mir auch nur einen von ihnen nahe zu bringen oder Sympathie zu erwecken. Das Hörbuch entbehrte auch jeglicher Spannung und insbesondere die persönliche Beziehung zwischen Jack und Ricarda war von Beginn an klar und vorhersehbar. Ich möchte jedoch die Vertonung durch die exzellente Sprecherin Irina Scholz hervorheben – der reine Klang ihrer sorgfältig artikulierenden Stimme war ein wahrer Hochgenuss und ich hoffe zutiefst, noch oft von ihr zu hören. Für den Inhalt, den Schreibstil und den Aufbau der Geschichte der Ricarda Bensdorp würde ich maximal einen Bewertungsstern vergeben, für die einzigartige Vertonung mindestens fünf. Da ich jedoch beides (leider) nicht trennen kann, entscheide ich mich für drei Bewertungssterne und eine unbedingte Empfehlung für Irina Scholz!


(Rezension zum Hörbuch)

Veröffentlicht am 16.04.2018

So etwas wie ein Leben

So etwas wie ein Leben
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Nach der großen Enttäuschung betreffend die Lektüre von „Der Professor“ war ich anhand des Klappentextes, der dieses Buch als „Nothombs besten Roman seit ihrem Debüt“ bezeichnet, sehr zuversichtlich. Um ...

Nach der großen Enttäuschung betreffend die Lektüre von „Der Professor“ war ich anhand des Klappentextes, der dieses Buch als „Nothombs besten Roman seit ihrem Debüt“ bezeichnet, sehr zuversichtlich. Um erneut zutiefst ernüchtert und ratlos zurückzubleiben. Das gesamte Buch basiert im Endeffekt auf einen Briefwechsel zwischen der Autorin als Ich-Erzählerin mit ihrem Protagonisten Melvin Mapple. Wie auch in meiner vorangegangenen Lektüre „Der Professor“ wirkt die Autorin auch diesmal verbal zutiefst abschreckend auf mich. Der übergewichtige Soldat, der Amélie Nothomb von seiner Zeit im Irak und seiner überdimensionalen Gewichtszunahme erzählt, wird permanent als „Pudding, Tonne, fette Amöbe, monströse Masse, Wucherung oder wuchernde Schwellung“ bezeichnet. Das ist für meinen Geschmack nicht mehr eigenartig oder befremdend, sondern ließ in mir den Entschluss reifen, zukünftig kein weiteres Buch dieser Autorin zu lesen. Der karge Inhalt wird zudem durch einige Briefe „aufgelockert“, die scheinbar seitenfüllend sein sollen. Tatsächlich schafft Amélie Nothomb es trotz der großen Lettern, der überaus großzügigen Seitenränder oben, unten, links und rechts sowie der noch großzügigeren Darstellung der Briefe nicht, mehr als 143 Seiten zu füllen. Weder Inhalt, noch Schreibstil bescherten mir auch nur das geringste Lesevergnügen. Für mich persönlich war diese Lektüre vergeudete Zeit, und vergeudetes Geld.