Profilbild von libri-amici

libri-amici

Lesejury Star
offline

libri-amici ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit libri-amici über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.04.2018

Julia - die bestellte Braut

Julia - die bestellte Braut
0

Als die Eisenbahn im Frühling des Jahres 1876 in Salt Flatts Halt macht, bringt sie eine zierliche, dunkelhaarige und sehr modisch gekleidete junge Frau zu ihrem zukünftigen Ehemann. Die bezaubernde Julia ...

Als die Eisenbahn im Frühling des Jahres 1876 in Salt Flatts Halt macht, bringt sie eine zierliche, dunkelhaarige und sehr modisch gekleidete junge Frau zu ihrem zukünftigen Ehemann. Die bezaubernde Julia Lockwood kommt aufgrund eines regen Briefwechsels mit Rachel Stanton als so genannte „Katalogbraut“ nach Kansas und möchte ein neues Leben an der Seite des attraktiven Farmers beginnen. Everett Cline hat bereits einige gescheiterte Versuche der Brautwerbung hinter sich und war seinem Nachbarn und besten Freund Dexter Stanton sowie dessen gewiefter Ehefrau Rachel nichtsahnend in die Stadt gefolgt, wo ihn die Ankunft der wunderschönen Dame aus Boston regelrecht überrumpelte. Everett ist geprägt von vier Fehlschlägen bei seiner Suche nach der Frau fürs Leben, und die Betätigung Rachels als Ehevermittlerin trägt nicht gerade zu seiner Laune bei. So reagiert er bei diesem Zusammentreffen entsprechend kühl und reserviert, doch auch die fremde junge Frau mit den dunklen Augen und der anmutigen Figur scheint ein düsteres Geheimnis mit sich herum zu schleppen. Ob die beiden jungen Menschen ihre Zweifel hinter sich lassen, die Hürden gemeinsam überwinden und ihr Glück finden werden, ist Inhalt dieses Buches.

Ich war sehr gespannt auf dieses Erstlingswerk der mir bislang unbekannten Autorin Melissa Jagears und dem Thema „Braut auf Bestellung“. Mein Faible für Romane, die sich inhaltlich mit der Besiedelung des Wilden Westens beschäftigen, trug ebenfalls dazu bei, mich für dieses Buch zu entscheiden. Leider hat es jedoch meinen Erwartungen nicht entsprochen. Obgleich die Autorin sich bemüht, ihre Geschichte abwechselnd aus der Sicht Everett Clines und Julia Lockwoods zu erzählen und so der Gedanken- und Gefühlswelt beider Protagonisten Ausdruck zu verleihen, konnte mich der Schreibstil nicht begeistern. Die beinahe übergangslose Wandlung der modischen, reichen und an keinerlei körperliche Arbeit gewöhnten jungen Lady aus Boston zur hart anpackenden Farmersfrau, die kocht, näht, flickt, den Garten bepflanzt, die Tiere versorgt und sogar eigenhändig das Dach des Hauses repariert, war für mich in keiner Weise glaubwürdig dargestellt. Obgleich ich in einigen Nebenfiguren ein paar sympathische Züge entdeckte, waren deren Charakterbeschreibungen viel zu karg, um mich tatsächlich für sie erwärmen zu können. Einige Nebenfiguren empfand ich nicht ganz glaubwürdig und durchdacht, wobei ich mich hier speziell auf das Ehepaar Ned und Helga beziehe.

Der ins Buch eingebrachte christliche Glaube wirkt für mich ein wenig konstruiert, letztendlich waren es aber vor allem die Emotionen, die mich nicht zu überzeugen vermochten. Es wird für meinen Geschmack viel zu oft auf den inneren Konflikt des armen, attraktiven Farmers, den keine Frau haben wollte, hingewiesen. Auch Julia, deren übermäßiger Gehorsam bar jeglichen Selbstbewusstseins zu sein scheint, deutet permanent auf ihre geheimnisvolle Vergangenheit und ihre Schuldgefühle hin, lässt den Leser aber bis zum Ende des Buches darüber im Unklaren.

„Julia – die bestellte Braut“ empfand ich leider als trivial und zutiefst klischeebehaftet, die Lektüre hinterließ einen schalen Nachgeschmack. Ich mag gut recherchierte historische Romane mit überzeugenden und einnehmenden Protagonisten äußerst gerne, das vorliegende Buch mit dem sehr verlockenden Cover konnte mich inhaltlich jedoch leider nicht überzeugen.

Veröffentlicht am 16.04.2018

Nicht nur mit den Augen, sondern auch mit dem Herzen lesen!

Frauen beten anders
0

„Nicht nur mit den Augen, sondern auch mit dem Herzen lesen!“

„Frauen beten anders“ – ein passender Titel für das Buch von Claudia Larsen und Zoe Bee, dessen optische Aufmachung atemberaubend ist. Auf ...

„Nicht nur mit den Augen, sondern auch mit dem Herzen lesen!“

„Frauen beten anders“ – ein passender Titel für das Buch von Claudia Larsen und Zoe Bee, dessen optische Aufmachung atemberaubend ist. Auf der Vorderseite der Hardcover-Ausgabe sieht man eine junge Frau in betender Haltung, eine Hand zum Himmel erhoben, abgebildet. Der zarte weiße Schleier, der sie umgibt, wirkt auf mich beinahe wie ein Weichzeichner, die Ornamente in Goldprägung am Buchrand sorgen für eine äußerst edle Optik. Die Buchrückseite liefert dem Leser bereits einen kleinen Einblick in dessen Inhalt – hier erkennt man zwei Film-Negativstreifen mit kleinen Fotos betender Frauen, Elemente, die dem Leser während der Lektüre auf sehr vielen Buchseiten wiederholt begegnen. Positiv hervorheben möchte ich auch die erstklassige Qualität – den starken Bucheinband und die stabilen, bunt bedruckten Seiten.

Der Inhalt dürfte aufgrund des gewählten Titels klar sein – hier stehen gläubige Frauen und deren Gebetsleben im Mittelpunkt. Das zentrale Thema sind Frauen, die sich dazu bereit erklärt hatten, sich jeweils dort ablichten zu lassen, wo sie sich Gott am nächsten fühlten, sei es in ihrem eigenen Zuhause, oder aber an bestimmten Plätzen und Orten bzw. in der freien Natur. Es werden keine perfekt gestylten Models, sondern 56 reale Frauen – aus dem Leben gegriffen – vorgestellt, und zwar genau so, wie sie sind, 56 Frauen jeder Herkunft, jeden Alters und jeden Berufes. Eine interessante Einleitung bietet die Ausführung über die Verschiedenartigkeit des Betens. von Frauen und Männern, ein viel diskutiertes Thema beim Entstehen dieses Bildbandes. Mir persönlich hat auch das Zitat in der Einleitung sehr gefallen, wo die Autorin meint: „Mögen sie eine Ermutigung sein für die Menschen, die dieses Buch in die Hände nehmen und mit den Augen und – viel mehr noch – mit dem Herzen lesen“.

So war ich dann natürlich auch nicht erstaunt, dass dieser Bildband mich stark berührte. Die Bandbreite der portraitierten Frauen ist erstaunlich groß, es wurden scheinbar bewusst viele verschiedene Altersgruppen und die verschiedensten Berufswege ausgewählt, auch die Art des Betens bzw. der Zugang dazu ist bei beinahe jeder der portraitierten Personen anders. Natürlich gab es für mich einige Präferenzen, und ich fand auch einige Bibelverse wieder, die ich ebenfalls sehr mag… meine Notizen ermöglichen es mir, immer wieder ganz bestimmte, beeindruckende Frauenportraits nachzuschlagen, die kurzen Bibeltexte und die Kurzvorstellung jener Person nachzulesen und die Fotos zu betrachten.

Der sprachliche Stil war im Grunde eine bunte Mischung, dargebracht durch gedruckte Interviews, in denen die befragten Personen zu Wort kamen, und wo sie ihrem Glaubensleben Ausdruck verliehen. Die Abbildungen im Buch fand ich sehr aussagekräftig und authentisch – sie vermittelten mir einen Eindruck zur „Person hinter den Worten“. Es gibt zu jeder Interviewpartnerin ein Bild, das diese während des Gebets – in ihrer eigenen Gebetshaltung – zeigt, manchmal auch ein Foto aus ihrem Alltag, ihrer Freizeit, oder aber die bereits erwähnte Grafik, bei der ein Negativstreifen mit mehreren kleinen Farbfotos aus ihrem Leben abgebildet wurde. Als „nettes kleines Extra“ empfand ich die letzten Seiten, wo ein „Liebesbrief Gottes an uns“ in Form von vielen kurzen Bibelzitaten, ein Gebet des Franz von Assisi, der bekannte Psalm 23, das „Vater unser“ sowie ein Übergabegebet diesem tollen Bildband den perfekten Abschluss verliehen. Die Begriffserklärungen im Anhang sowie der Raum für eigene Gedanken rundeten den positiven Gesamteindruck dieses Buches für mich ab.

Ich kann „Frauen beten anders“ als sehr beeindruckende Lektüre bezeichnen, bei der man sich nicht nur in die Geschichten und Bibelzitate bzw. Gebete der befragten Frauen, sondern auch in die ausdrucksvollen aussagekräftigen Fotos vertiefen kann. Der Bildband stellte für mich eine Leseerfahrung dar, die ich keinesfalls missen möchte, und ich kann sie uneingeschränkt weiter empfehlen. Fünf Bewertungssterne für tollen Inhalt, aussagekräftige kleine Einblicke in das Leben der interviewten Frauen, wertvolle Bibelzitate, und eindrucksvolle Aufnahmen.

Veröffentlicht am 16.04.2018

Konnte Gottes Plan so ganz anders sein als das, was ich mir vorgestellt hatte?

überraschend anders
0

„Konnte Gottes Plan so ganz anders sein als das, was ich mir vorgestellt hatte?“

„Überraschend anders“ – treffender hätte man diesen Buchtitel meiner Meinung nach kaum wählen können. Dieses Buch ist tatsächlich ...

„Konnte Gottes Plan so ganz anders sein als das, was ich mir vorgestellt hatte?“

„Überraschend anders“ – treffender hätte man diesen Buchtitel meiner Meinung nach kaum wählen können. Dieses Buch ist tatsächlich „überraschend anders“, und zwar im positiven Sinne. Denn in dieser Neuerscheinung von Melissa C. Feurer stehen christliche Werte ganz klar im Vordergrund und spielen eine sehr zentrale Rolle.

Zwischen der 16jährigen Ich-Erzählerin Samantha und ihrem langjährigen Schwarm, dem 17jährigen Luca, bahnt sich eine zarte Liebesgeschichte an und das hübsche Mädchen mit den hellbraunen Locken und den grünen Augen hat Schmetterlinge im Bauch. Sie wähnt sich am Ziel ihrer Jungmädchenträume, da der große Bruder ihrer besten Freundin endlich ihre Zuneigung erwidert. Diese Beziehung wird jedoch seitens Samanthas Familie eher kritisch betrachtet, auch ihre ältere Schwester Jessie kann sich für den neuen Freund nicht so recht begeistern. Samantha ist „schwer verliebt“ in Luca, befindet sich aber dennoch in einem Zwiespalt; lediglich zu Hause bei ihrer Familie und in den wöchentlichen Treffen mit ihrer Jugendgruppe kann sie ihren Glauben ausleben, und aus dieser Gemeinschaft Gleichgesinnter schöpft sie Kraft und Zuversicht.

Was Melissa C. Feurer in diesem Buch anspricht, sind vor allem jene Probleme, die sich beim Zusammensein eines Christen mit einem Ungläubigen ergeben können. Die Autorin versteht es hervorragend, die inneren Konflikte, das Gefühlschaos und die Zerrissenheit ihrer Protagonistin darzustellen, sie lässt ihre Leser sehr intensiv an den Emotionen der jungen Samantha teilhaben. Der gemeinsame Glaube als Fundament einer festen, gottgefälligen Beziehung ist bereits bei Samanthas Eltern ein elementarer Baustein ihrer Ehe, auch die ältere Schwester Jessie darf eine solch intensive Beziehung mit ihrem Verlobten Nathanael, einem angehenden Prediger, erleben. Samantha wird jedoch mit der Tatsache konfrontiert, dass ihre erste große Liebe Luca mit ihrem Glauben nichts zu tun haben möchte. Es gelingt der Autorin zudem, das von Jugendlichen in der heutigen Zeit kaum noch ernst genommene Thema „Enthaltsamkeit vor der Ehe“ - in ihren Roman einzuflechten. Hierbei bezieht sie sich auf die Bibel als Grundlage und lässt dazu ihre handelnden Personen zu Wort kommen.

Melissa C. Feurer bringt sich in diesem Buch mit ihrer reichen Erfahrung als Autorin christlicher Jugendromane ein und beschreibt in einfühlsamen Worten und hervorragendem Schreibstil die Bemühungen von Samanthas Umfeld, sie vor einer großen Enttäuschung zu bewahren. Frau Feurer bedient sich dabei einer hervorragend ausgearbeiteten Protagonistin, an deren Gefühls- und Gedankenwelt man voller Empathie bis zur letzten Seite des Buches Anteil hat. Sie skizziert die Veränderung der innigen Beziehung der beiden Schwestern - einerseits durch die Verlobung Jessies, andererseits durch Samanthas Liaison mit Luca. Zugleich beschreibt sie den Balanceakt an Toleranz und Feinfühligkeit, der Samanthas bester Freundin Clara abverlangt wird, indem sie sowohl den Gefühlen der Freundin, als auch jenen ihres Bruders gerecht werden möchte.

Obgleich ich nicht mehr zur Zielgruppe gehöre, hat mich dieses Jugendbuch von Melissa C. Feurer tief beeindruckt und mir allergrößtes Lesevergnügen bereitet. Für mich stellt „Überraschend anders“ definitiv ein Lese-Highlight dar, das nur schwer zu übertreffen sein wird - ein Buch, dessen Lektüre ich jedem ans Herz legen möchte, dem christliche Werte wichtig sind und der die Bibel als Leitlinie seines Lebens betrachtet.

Veröffentlicht am 16.04.2018

„Der Rabbi Jesus ist tot, Prokurator! Er starb um die neunte Stunde.“

Die neunte Stunde
0

„Der Rabbi Jesus ist tot, Prokurator! Er starb um die neunte Stunde.“

Wenn man dem Nachwort des Buches Glauben schenken darf, hat sich Günter Krieger mit diesem biblischen Roman um die Passionsgeschichte ...

„Der Rabbi Jesus ist tot, Prokurator! Er starb um die neunte Stunde.“

Wenn man dem Nachwort des Buches Glauben schenken darf, hat sich Günter Krieger mit diesem biblischen Roman um die Passionsgeschichte einen Herzenswunsch erfüllt. In „Die neunte Stunde“ berichtet der Autor zahlreicher historischer Romane anhand seiner beiden fiktiven Protagonisten Stephaton und Sara von den in den Evangelien geschilderten Ereignissen um Jesu Gefangennahme und Tod.

Günter Kriegers Geschichte beginnt in Tiberias, wo der knapp 20jährige griechische Schauspieler Stephaton auf Sara, ein Mädchen aus frommer jüdischer Familie trifft. Der talentierte und umschwärmte Publikumsliebling, der sich bislang vehement dagegen sträubte, als Sohn eines Baumeisters in die Fußstapfen seines Vaters zu treten, verliebt sich auf den ersten Blick in die junge Frau, die seine Zuneigung erwidert. Durch Sara erfährt Stephaton von einem jüdischen Rabbi namens Jesus, der Todkranke heilt und über das Wasser eines Sees gegangen sein soll. In Kapernaum, einem Fischerdorf unweit von Tiberia, begegnet er dem Wunderrabbi schließlich persönlich und kann sich dessen ungewöhnlicher Anziehungskraft kaum entziehen. Stephaton beschließt, Sara zuliebe die Schauspielerei aufzugeben und dem sehnlichsten Wunsch seines Vaters Demetrios zu entsprechen. Doch bei seiner Abschiedsvorstellung kommt es zum Eklat und Stephanos wird mit dem Rest seiner Truppe verhaftet. Er wird zu zwei Jahren Zwangsarbeit als Hilfssoldat einer römischen Legion verurteilt, wo er als Diener des Zenturios Cassius Longinus einem Hinrichtungstrupp arbeiten muss, dessen Spezialität Kreuzigungen sind. Seine hoffnungsvolle Zukunft mit Sara scheint in weite Ferne gerückt, doch der ehemalige Frauenschwarm lebt nur noch dem Ziel vor Augen, seine geliebte Sara nach Ablauf seiner Strafe heiraten und mit ihr eine Familie gründen zu können. Doch kurz bevor die zwei Jahre vorüber sind, werden die römischen Besatzer plötzlich auf Jeschua ben Joseph, dem Wunderrabi namens Jesus, aufmerksam, dessen Gefolge immer größer wird. Es kommt schließlich zur Festnahme im Garten von Gethsemane und zu einer Gerichtsverhandlung…

„Die neunte Stunde“ wird in insgesamt drei Kapiteln erzählt, wobei nach einem kurzen Prolog im ersten Teil „Laureolus“ der griechische Mime Stephaton mit seinem ausdrucksstarken und glaubwürdigen Theaterspiel vorgestellt wird und er Sara kennen lernen wird. Im zweiten Teil „Stephaton“ konzentriert sich der Autor auf die Zeit kurz vor der Gefangennahme Jesu, während im dritten Teil „Der neue Weg“ die Phase nach der Kreuzigung beschreibt. Positiv hervorzuheben ist meiner Ansicht nach die detaillierte Beschreibung in Form eines Lageplans der Stadt Jerusalem zur Zeit Jesu auf der ersten Buchseite, dessen Betrachtung ich dem Leser zur besseren Orientierung ans Herz legen möchte. Besonders wichtig erschien mir auch das Nachwort des Autors, in dem er einigen Gedanken und Erläuterungen zu seinem Werk Ausdruck verleiht und wo er verrät, in welchen Bereichen er sich strikt an die biblische Vorgabe hielt, und in welchen er sich durch fiktive Handlungen und Figuren dichterische Freiheit erlaubte.

Fazit: Günter Krieger versteht es hervorragend, die biblischen Fakten lebendig zu gestalten und dem Leser anschaulich näher zu bringen. Die Lektüre dieses atemberaubenden Buches brachte mir die Passionsgeschichte und viele Personen aus der Bibel bildhaft vor Augen und versetzte mich ein paar Stunden lang zurück in längst vergangene Zeiten und erlaubte mir tiefere Einblicke darauf durch die Perspektive seines griechischen Protagonisten. Ein wundervolles Buch, das ich uneingeschränkt weiter empfehle!

Veröffentlicht am 16.04.2018

Heute verbrennen sie unsere Bücher… und morgen?

Jan Hus, der Feuervogel von Konstanz
0

„Heute verbrennen sie unsere Bücher… und morgen?"

Die Autorin Tania Douglas hat in diesem exzellent recherchierten, über siebenhundert Seiten umfassenden Buch „ein spannendes Portrait eines faszinierenden, ...

„Heute verbrennen sie unsere Bücher… und morgen?"

Die Autorin Tania Douglas hat in diesem exzellent recherchierten, über siebenhundert Seiten umfassenden Buch „ein spannendes Portrait eines faszinierenden, wortgewaltigen, aber auch warmherzigen Reformators, der bis zur Selbstaufgabe gegen die damaligen Missstände der Kirche ankämpfte und Martin Luther zum Wegbereiter wurde“ verfasst. Der Roman spielt zur Zeit der Kirchenspaltung und der politischen Unruhen und verbindet dabei historische Fakten mit fiktiven Ereignissen und Personen. Als besonders hilfreich möchte ich das Personenregister – das „Dramatis personae“ – auf den ersten Seiten hervorheben, das eine leichte Orientierung hinsichtlich der handelnden Personen ermöglicht. In insgesamt 26 Buchkapitel erzählt Tania Douglas den Lesern die Geschichte des tschechischen Reformators und beginnt dabei im Jahre 1378, indem sie ihren Lesern Jans Familie und sein Umfeld vorstellt. Sie berichtet von seiner gottesfürchtigen und tief gläubigen Mutter Anna, die sich sehnlichst wünscht, ihrem Sohn eine Ausbildung zum Priester zu ermöglichen. Und sie stellt uns seinen Vater Michael vor, einen Fuhrmann, der Jan in seinem eigenen Unternehmen beschäftigt wissen möchte. Jans große Liebe zur Aura der Kirchen war jedoch bereits als Kind äußerst ausgeprägt, sie vermittelten ihm ein Gefühl der Geborgenheit. Und so scheint sein Weg zum Priesteramt vorgezeichnet.

Tania Douglas berichtet in diesem außergewöhnlichen historischen Roman vom Werdegang des „Johannes aus Husinetz“, der als „Jan Hus“ Geschichte schreiben soll. Sie beleuchtet den Weg von den glücklichen Tagen seiner Kindheit im Schoß einer liebenden Familie, über seine Ausbildung in der Lateinschule von Prachatitz, seiner Studienzeit am Karlskolleg, der Universität von Prag, sowie der lebensverändernden Begegnung mit den Schriften des Engländers John Wycliff, der Jans alte Welt in Scherben zerbrach. Von diesem Zeitpunkt an war es sein vorrangiges Ziel, Wycliffs Gedankengut zu verbreiten und seine gesamte Kraft und seinen scharfen Geist einzusetzen, sein Leben der Kirche zu weihen, um sie zu verbessern. Jan Hus‘ Ansinnen war es, „die Grundfesten der Kirche zu stärken, sie von den im Laufe der Jahrhunderte gewachsenen schädlichen Wucherungen zu befreien, um sie wieder zu dem Licht der Welt zu machen, als das Jesus Christus sie einst schuf.“ Jan Hus meint: „Nicht nur die Vereinfachung der Sprache halte ich für nötig. Sondern auch eine Rückkehr des Glaubens und der Kirche zu ihren Anfängen. Eine Rückbesinnung auf das Evangelium. Die Suche nach der Wahrheit mithilfe der Worte der Bibel.“ Mit diesem Lebensziel macht sich der zielstrebige Prediger Feinde auf allerhöchster Ebene. Jan Hus erregt den Unwillen Roms, über ihn wird der Bann verhängt und er wird schließlich der Ketzerei bezichtigt.

Da die historischen Fakten hinreichend bekannt sind bzw. leicht nachlesbar sind, besteht wohl keine Gefahr zu Spoilern, wenn ich auf den Prozess im Zuge eines Konzils in Konstanz im Jahre 1414 hinweise, dessen Ziele es waren, das bereits jahrelang bestehende Schisma aufzuheben, die Kirche zu reformieren sowie die Ketzerlehren zu bekämpfen. Der Autorin ist es jedoch gelungen, die politischen, wie auch kirchenpolitischen Ereignisse dermaßen interessant und spannend darzubringen, dass es trotz der hohen Seitenanzahl schwer möglich war, die Lektüre dieses Buches zu unterbrechen. Den Schreibstil kann ich nur als erstklassig bezeichnen – die gewählte Ausdrucksweise der Autorin und ihre einnehmende Art, Geschichte lebendig zu machen, haben mich bereits nach den ersten Seiten dieses Buches völlig für Tania Douglas eingenommen. Genau so stelle ich mir hervorragende historische Romane vor, und genau so bringt man Menschen dazu, längst vergangene Ereignisse mit großer Erwartungshaltung in sich aufzunehmen. Jan Hus war für mich bislang „lediglich“ eine historische Figur – doch Tania Douglas hat es geschafft, mir diesen faszinierenden Reformator, der Lügen verabscheute, zu seinen Überzeugungen stand, Gott mit seinem ganzen Herzen liebte und sich nichts sehnlicher wünschte, als eine Reformation der Kirche zu bewirken, nahe zu bringen. Seine Vorstellungen einer Kirche brachte er im monumentalen Werk „De Ecclesia“ zum Ausdruck, und er war es auch, der die Bibel in ein leicht verständliches Tschechisch übersetzte. Ein Mann mit Visionen, der für seinen tiefen, unerschütterlichen Glauben letztendlich starb. Die letzten Seiten dieses Buches werden wohl noch lange Zeit nachwirken… und ich schließe meine Buchbeschreibung mit einem Zitat, das mich wohl am meisten beeindruckte: „Und wenn ich nicht geschont werden will? Irgendwann ist der Zeitpunkt gekommen, voll und ganz für seine Überzeugungen einzustehen – allen Widrigkeiten zum Trotz. Ich will nicht mehr fliegen und mich verstecken. Und ich will nie mehr erleben müssen, dass andere an meiner statt für meine Überzeugungen ihr Leben lassen müssen.“