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Veröffentlicht am 10.05.2020

Ein großer historischer Moment mit beeindruckenden Charakteren

Die Kinder von Nebra
1

Die Kinder von Nebra
Historischer Roman
Bastei Lübbe
Autor: Ulf Schiewe
ISBN 978-3-7857-2675-4
620 Seiten







Die Kinder von Nebra ist ein historischer Roman und spielt in der Bronzezeit etwa 2000 Jahre ...

Die Kinder von Nebra
Historischer Roman
Bastei Lübbe
Autor: Ulf Schiewe
ISBN 978-3-7857-2675-4
620 Seiten







Die Kinder von Nebra ist ein historischer Roman und spielt in der Bronzezeit etwa 2000 Jahre vor Christi. In dem Roman erlebe ich mit, wie die berühmte Himmelsscheibe von Nebra entsteht. Diese Himmelsscheibe gibt es tatsächlich. Um diese Himmelsscheibe und um deren mögliche Bedeutung handelt die fiktive Geschichte.



Das Geschehen mag rund 4000 Jahre her sein, doch die Sprache, die in dem Roman verwandt wird, ist modern und umgangssprachlich, so dass ich der Geschichte - trotz unbekannter, fremder Namen und neuer Gottheiten - leicht folgen kann.

Mir ist vor allem die Protagonistin Rana ans Herz gewachsen. In ihrem jugendlichen Alter muss sie schon früh lernen, Verantwortung zu übernehmen und drückt sich zunächst vor einer für sie folgenschweren Entscheidung: wird sie Priesterin der Destarte werden und ihre Mutter ablösen? Herdis hat ihr alles beigebracht und hofft nun inständig darauf, dass ihre Tochter das Amt übernehmen wird. Währenddessen schmiedet ihr Vater nicht nur eigene Pläne, sondern arbeitet mit Hochdruck und im Geheimen an der Himmelsscheibe. Das Wissen, das sie vermitteln wird, soll von großer Bedeutung sein und seinem Besitzer zur Macht verhelfen. Doch lange kann Vater Utrik das Wissen innerhalb der Familie nicht für sich behalten. Ich kann es der ungestümen Rana nicht verdenken, dass sie bezüglich der Himmelsscheibe ganz eigene Vorstellungen hat und ihre Ziele verfolgen will.

Ulf Schiewe hat mit Die Kinder von Nebra eine historische Geschichte geschrieben, die Spaß macht, mit Wissen beeindruckt und bildlich das Geschehen vermittelt. Ich sehe die Wälder, das hohe Gras und die Charaktere. Nicht, weil alles detailliert beschrieben ist, sondern weil die Geschichte ein Herz hat. Es ist das Gefühl, das Empfinden, das Ulf Schiewe beim Lesen transportiert. Das macht die Geschichte so besonders. Ich kann sie mit dem Herzen sehen.

Anfangs begegnete ich der Geschichte mit Respekt. Es waren so viele neue Namen, neue Begebenheiten, unbekannte Gottheiten, nie gehörte Städtenamen - und doch fand ich leicht Zugang zur Geschichte. Ehe ich mich versah, war ich mitten in der Geschichte und wollte gar nicht mehr aufhören zu lesen.

Zum Ende der Geschichte hätte ich mir gewünscht, das Lesetempo zu drosseln, damit das Buch nicht so schnell ausgelesen ist. Doch da zog die Spannung noch einmal richtig an und ich konnte mich dem Geschehen nicht mehr entziehen. Ich bin von dieser Geschichte so begeistert, dass - obwohl sie durchaus abgeschlossen ist - ich mir eine Fortsetzung wünsche. Ich möchte diese Charaktere, die mir im Verlauf der Geschichte ans Herz gewachsen sind, weiter begleiten. Ich möchte erleben, was sie erleben. Es interessiert mich. Und nun, da ich sie kennengelernt habe, geht es mich auch etwas an.

Im Buch finden sich neben der Geschichte noch Anmerkungen des Autors, ein Personenverzeichnis, die Götter und die Klans sowie ein Glossar. Und im Buchdeckel befindet sich noch ein Karte mit den Ortsnamen und ihrer heutigen Entsprechung. Wer sich für das Hörbuch entscheidet und jetzt gerade neugierig geworden ist: auf der Internetseite des Autors ist das auch noch einmal alles aufbereitet.


Fazit

Dieses Buch ist für alle, die sich für historische Dokumente und fiktive Geschichten darum begeistern können. Die Himmelsscheibe von Nebra ist seit 2013 Bestandteil des Weltdokumentenerbe der UNESCO. Und diese Geschichte ist so lebendig erzählt, dass sie wahr sein könnte.

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  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.04.2020

Einfühlsame Familiengeschichte

Die Liebe einer Tochter
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James ist über 80 Jahre alt, seine Frau Anna ist verstorben und seine beiden Kinder, Phoebe und Robert, kümmern sich nur insoweit um ihn, als dass sie ihm eine Betreuung nach der anderen an die Seite stellen. ...

James ist über 80 Jahre alt, seine Frau Anna ist verstorben und seine beiden Kinder, Phoebe und Robert, kümmern sich nur insoweit um ihn, als dass sie ihm eine Betreuung nach der anderen an die Seite stellen. Keine der Pflegekräfte hält es lange bei dem alten Herrn aus. So sind Phoebe und Robert froh, dass ihnen Mandy sozusagen ins Haus schneit. Etwas unkonventionell und mit einem etwas einfachen, eher flegelhaften Gemüt kümmert sie sich mit "Herz und Schnauze" um den alten Herrn.



Und der genießt es plötzlich mit Mandy den Ort, die Umgebung und die Menschen drumherum wahrzunehmen und kennenzulernen, Fernsehen zu gucken und zu "plappern", statt sich einer gepflegten Unterhaltung hinzugeben.

Wen wundert es, dass Phoebe und Robert immer misstrauischer werden, je lockerer und ungezwungener Mandy und James miteinander umgehen, wenn diese zunehmend fröhlicher sind und miteinander herumalbern, als hätten sie ihr ganzes Leben nichts anderes getan. So viel Nähe hatten sie bei ihrem Vater nie.

Phoebe und Robert haben das Gefühl, dass sie - wie bereits in ihrer Kindheit, in der sie vom Vater nicht viel hatten - wieder ins Hintertreffen geraten. Ihr Vater hatte sich nie für sie interessiert oder für das, was sie machten. So etwas wie väterlicher Stolz kam nie auf und zu so etwas hatten sie ihn auch nie veranlasst. Selbst jetzt mit über 60 Jahren, haben sie noch nichts "auf die Beine gestellt". Robert schreibt in einem langsam verkommenden Gartenhäuschen einen Roman, der nie fertig zu werden scheint und Phoebe malt Bilder, die keiner kauft. Wenigstens können sich beide diesen Lebensstil - dank ihres Elternhauses - erlauben. Der einzige Vorteil, jetzt, da Mandy sich um ihren Vater kümmert: Robert und Phoebe nähern sich wieder einander an und sie brauchen sich nicht um ihren Vater zu kümmern.

Dass diese Rechnung nicht aufgeht, merken sie erst später.



Meine Meinung

Der Klappentext erinnerte mich ein wenig an Mary Poppins und an die Serie "Die Nanny". In dem Roman von Deborah Moggach geht es um den 80-jährigen James, der schon so manche Haushaltshilfe in die Flucht geschlagen hat, nun aber mit der Leggings und Glitzershirt tragenden Mandy hervorragend auszukommen scheint. Ich war gespannt, was für Überraschungen der Roman für mich parat hält.

Die englische Originalausgabe Die Liebe einer Tochter ist 2019 unter dem Titel The Carer in London erschienen.
Mir persönlich gefällt der deutsche Titel besser, passender, er ist vor allem weicher. Übersetzt heißt The Carer soviel wie Der Betreuer, Die Pflegekraft. Mit dem Titel kann man verschiedene Schwerpunkte für die Geschichte setzen.

Mir hat das Buch sehr gefallen. Die Sprache, mit der der Roman erzählt wird, ist sehr eingängig. Deborah Moggach hat einen sehr liebevollen Schreibstil und geht behutsam mit ihren Charakteren um. Auch wenn diese nicht sehr liebenswert erscheinen sind es Charaktere, die um ihrer selbst willen geliebt werden wollen. Die Sehnsucht nach diesem ureigensten Bedürfnis im Familienkreis wird hier sehr gut dargestellt und ich kann mich beim Lesen gut in das Gefühlsleben der Charaktere hineindenken. Die stärkste Bindung konnte ich dabei zu Anna aufbauen. Obwohl diese nur am Rande auftaucht und eine eher kleine Rolle spielt, hält sie doch aller Leben zusammen und ist damit für alle bedeutend.

Im Roman gibt es tolle Passagen, die mich zum Nachsinnen bringen. So zum Beispiel:

"Objektivität kann ein Trost sein, weißt du. Wie Daniel Dennett, der große amerikanische Rationalist, einmal gesagt hat, weiß keine einzige der Zellen, die deinen Körper bilden, wer du bist, oder kümmert sich darum." - Seite 92

Bemerkenswert, nicht? Zum Einen lerne ich dadurch James, Wissenschaftler und Teilchenphysiker, besser kennen, zum anderen regt es an, auch einmal über die Dinge nachzudenken, mit denen man sonst weniger konfrontiert wird. Oder, um es mit Michel de Montaignes Worten zu sagen:

"Ich gebe meiner Seele bald dieses, bald wieder ein anderes Ansehen, nachdem ich sie auf die eine oder andere Seite lege. Dass ich verschiedentlich von mir rede, kommt daher, dass ich mich verschiedentlich betrachte. Ich finde in mir alle einander entgegengesetzte Eigenschaften." - Seite 183

Das zeigt, ein gewisses Selbststudium ist hilfreich. Und dann wieder gibt es diese herzerfrischenden Zeilen, in denen Mandy mit James über die Begebenheiten im Ort plappert und ich miterlebe, über was Phoebe und Robert sich Gedanken machen.

Das Buch ist dafür in drei Teile unterteilt.

Im ersten Teil lerne ich abwechselnd die Sicht von Robert und Phoebe kennen. Das jeweilige Kapitel ist mit ihrem Namen gekennzeichnet. Die Kapitel sind kurz gehalten und kurzweilig erzählt. Aus der Sicht der beiden lerne ich auch James und Mandy kennen.

Im zweiten Teil des Buches kommt dann James zu Wort. Neben ihm lernen wir für ihn wichtige Personen kennen. Auch diese kommen selbst zu Wort, so dass ich einen umfassenden Blick aus früherer Zeit auf James bekomme.

Im dritten Teil kommen dann noch einmal Phoebe und Robert zu Wort und ich darf auch ihre Mutter Anna besser kennenlernen.

Mit Die Liebe einer Tochter ist Deborah Moggach ein toller Roman über Beziehungen zwischen Menschen, wie sie in einer Familie vorkommen können, gelungen. Die Gefühle der einzelnen Charaktere und deren Handlungsweisen sind nachvollziehbar und lassen die Charaktere Menschen sein, die im eigenen Ort, in der eigenen Stadt, eine Straße weiter wohnen könnten. - Wenn sie es nicht sogar tun.

Mir gefällt ihr Stil mit einem lachenden Auge die menschlichen sowie die zwischenmenschlichen Abgründe zu betrachten.


Deborah Moggach

Deborah Moggach hat an großartigen Projekten mitgewirkt. Das Drehbuch zu der BBC-Verfilmung von Stolz und Vorurteil beispielsweise. Oder die Romanvorlage zum Film The best exotic Marigold Hotel. - Was hab ich bei dem Film gelacht. Und doch sind stets ernsthafte Hintergründe gegeben und klar zu erkennen.


Fazit
"Es ist, als würden sie mir ihre Geschichte erzählen." - Seite 35

Ein Roman, der mit einem Lächeln zeigt, dass ein Mensch nur schwer aus seiner Haut kann und was passiert, wenn dieser Mensch die Chance dazu erhält. Eine Geschichte über zwischenmenschliche Gefühle, die sich nicht einfach abstellen lassen. Ein Buch, das eine Familiengeschichte erzählt. Eine Geschichte, die zeigt, dass Wissen nichts mit Wahrheit oder Erfahrung zu tun hat. Ein Roman, der die eigenen Alltagszwistigkeiten vergessen lässt und den Blick auf die wichtigen Dinge im zwischenmenschlichen Zusammenleben lenkt. - Dieses Buch kann ich allen empfehlen, die sich mit einer Familiengeschichte und deren Zwistigkeiten gut unterhalten fühlen und denjenigen, die dabei mit einem Lächeln in den Augen auf die Charaktere blicken können.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 31.03.2020

Spannend bis zur letzten Seite lädt das Buch zum Mitermitteln ein

Wie viele willst du töten
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Wie viele willst du töten
dtv Verlag
Thriller
Autorin: Joanna Schaffhausen
Veröffentlichung 13. März 2020
336 Seiten
ISBN 9783423219204



Inhalt und Personen

Mysteriös wirkt der Thriller auf mich mit ...

Wie viele willst du töten
dtv Verlag
Thriller
Autorin: Joanna Schaffhausen
Veröffentlichung 13. März 2020
336 Seiten
ISBN 9783423219204



Inhalt und Personen

Mysteriös wirkt der Thriller auf mich mit den am Himmel vorüberziehenden Wolken über dem alleinstehenden Haus. Im Halbdunkel wirkt das Cover schwarz-weiß, doch im Licht ist der Himmel grün. Genauso grün ist auch der Buchschnitt und der Schriftzug Thriller auf dem Cover.




Wie viele willst du töten führt mich nach Woodbury. Ein kleiner Ort, in dem jeder jeden zu kennen scheint. In der kleinen Polizeieinheit, dessen größte Herausforderung Fälle von häuslicher Gewalt zu sein scheint, arbeitet auch Ellery. Ellery, auch Ellie gennant, führt ein sehr zurückgezogenes Leben in Woodbury und das stört auch niemanden. Über ihr Vorleben weiß keiner bescheid. Private und persönliche Ereignisse gibt es schlichtweg nicht. Einzig ihr vierbeiniger Freund Bump weiß, wie es bei Ellie zu Hause und vermutlich in ihrem Seelenleben aussieht.

Seit drei Jahren bekommt Ellie allerdings Post zu ihrem Geburtstag: eine Karte mit Glückwunschtext. Immer die gleiche. Und jedes Jahr verschwindet eine Person aus dem Ort. Einen Zusammenhang wollen Ellies Kollegen nicht sehen. Einzig Ellie erkennt einen Zusammenhang der drei Mordfälle. - Denn davon, dass die drei verschwundenen Personen ermordet wurden, geht Ellie aus. Sie selbst wurde als Vierzehnjährige von einem Serienkiller entführt, gefangen gehalten und verletzt. In sprichwörtlich letzter Sekunde wurde sie damals von dem FBI Agenten Reed Markham gerettet. Damals war sie nur noch ein Hauch ihrer selbst. Für Reed Markham hingegen war der Fall "das Sprungbrett" die Karriereleiter hinauf. Jeder kannte seinen Namen. Er war derjenige, der das Mädchen gerettet hatte. Nur die Person, die gerettet wurde, Ellie, sieht das ganz anders. Für sie kam die Rettung ein Opfer zu spät.

Davon weiß allerdings in Woodbury niemand etwas. Auch die Polizei - der Ellie angehört - nicht. Auch verrät Ellie nichts von den Geburtstagskarten, die ihr Jahr für Jahr zugehen. Als jedoch ihr nächster Geburtstag bevorsteht und die Polizei immer noch nichts Brauchbares bezüglich der Verschwinden der letzten drei Personen herausgefunden hat, zieht sie ihre einzige Vertrauensperson hinzu, die sie vermeintlich hat: Reed Markham.


Meine Meinung

Als Leser wurde ich hier zum Rätselraten animiert. Mein erster Verdacht bestätigte sich nicht, mein zweiter Verdacht auch nicht. So tappte ich bezüglich der Frage nach dem Täter genau wie Ellie und Reed im Dunkeln. Während damit der Spannungsbogen gut gehalten wurde, erfuhr ich immer mehr Details und Hintergründe zu den Charakteren. Damit konnte ich eine enge Bindung zu Ellery und auch zu Reed aufbauen. Beide waren mir auf Anhieb sympathisch, obgleich sie auch ihre Ecken und Kanten haben. Sie haben ja auch schon einiges durchgemacht. Durch die Authentizität der Charaktere gelingt eine in sich schlüssige Handlung. Der flüssige Schreibstil tut sein übriges, um mich in der Geschichte zu halten. Einziges Manko: die Umsetzung der Übersetzung und damit auch der Grammatik lassen teils etwas zu wünschen übrig. Flüchtigkeitsfehler, Vertipper. Mal ein Buchstabe zu viel, mal einer zu wenig. Es zieht sich durch das gesamte Werk. Gerade bei einem Thriller ist das zuweilen schädlich, da der Leser aus der Stimmung, der Spannung herausgenommen wird.

Allerdings nur bis zur Hälfte des Buches: ab da wird es so spannend, dass ich nicht mal mehr eine Pause machen möchte. Durch die außerordentlich gute Vorarbeit der ersten Seiten, gelingt es mir, der nunmehr rasanten Geschichte ohne Rückfragen zu folgen.
Und die Spannung spitzt sich zum Ende hin noch einmal mehr zu.

Fazit

Eine tolle, durchweg spannend erzählte Geschichte. Ganz klar, dass hier ein Thriller der Thematik zugrunde liegt - doch Wie viele willst du töten ist für mich eher im Genre Krimi beheimatet.
Für diejenigen, die gern mit ermitteln und komplexe Charaktere mögen, ist dieses Buch ein tolles Leseerlebnis. Joanna Schaffhausen hat es in meine "von dieser Autorin möchte ich gern mehr lesen" Rubrik geschafft.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 04.03.2020

Packender Thriller mit komplexer Handlung

Opferfluss
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Opferfluss
Thriller
Heyne Verlag
Autor: Lorenz Stassen
vollständige deutsche Erstausgabe 03/2020
ISBN 978-3-453-43945-0
382 Seiten


Opferfluss ist der dritte Band einer als Trilogie ausgelegten Reihe ...

Opferfluss
Thriller
Heyne Verlag
Autor: Lorenz Stassen
vollständige deutsche Erstausgabe 03/2020
ISBN 978-3-453-43945-0
382 Seiten


Opferfluss ist der dritte Band einer als Trilogie ausgelegten Reihe um den Strafverteidiger Nicholas Meller. Wer die Entwicklung der Protagonisten und Nebencharaktere verfolgen möchte, tut gut daran, mit den ersten beiden Bänden Angstmörder und Blutacker zu beginnen. Opferfluss kann allerdings auch unabhängig davon gelesen werden, da alle für diesen Band relevanten Informationen in dieser Geschichte enthalten sind.

Das Besondere an dem Fall, den Nicholas Meller diesmal zu betreuen hat, ist, dass ihn ein alter Bekannter mandatiert: Thomas Rongen. Thomas Rongen ist als Hauptkommissar tätig und in der Vergangenheit mit Nicholas Meller aneinandergeraten. Zwischen den beiden herrscht eigentlich eine tiefe Kluft. Da sich aber gerade die Lebensumstände von Kommissar Rongen geändert haben und dieser des Mordes angeklagt wurde, hat sich auch seine Sicht auf die Arbeitsweise des Strafverteidigers Meller geändert.

Bei Übernahme des Mandats wissen beide noch nicht, was bei den Ermittlungen alles auf sie zukommt. Korruption und Gewalt gehören bald zum Alltag und ich frage mich, wie die Situation aufgelöst werden soll. Ein anderthalb Jahre zurückliegender Fall rückt immer mehr in den Mittelpunkt, bei dem Russen beteiligt sein könnten, die sich schon geraume Zeit in Deutschland etabliert haben. Und Rongen selbst kann nicht mehr ermitteln.

"Wenn du weißt, dass der Bulle von den eigenen Leuten gehasst wird. wenn niemand da ist, der seinen Tod rächen würde. Dann musst du dir keine Gedanken um ihn machen." - Seite 63

Die Geschichte ist in kurz gehaltenen Kapiteln erzählt, die es mir als Leser leicht machen, die verschiedenen Stränge zeitnah zu begleiten. Das ist toll gelungen. Somit brauchte ich auch nie nachzusehen, wie viele Seiten es noch bis zum nächsten Kapitel braucht und ich noch weiter lesen kann: ich konnte einfach lesen. Der Schreibstil ist flüssig und die Geschichte komplex, so dass ich dem Geschehen gut folgen konnte und das Miträtseln spannend gestaltet war. Und auch, wenn die Geschichte so eingängig erzählt wird und das Geschehen nachvollziehbar ist, ist es keinesfalls vorhersehbar. Hier wartet der Autor mit ungeahnten Überraschungen auf.

Die Handlungen sind schlüssig und die Charaktere handeln authentisch. Es war für mich zum Teil sehr überraschend, wie authentisch die Charaktere tatsächlich schlussendlich handeln. - Als Leser hätte ich mir das eine oder andere Mal den Ausgang einer Situation anders gewünscht.


Fazit

Ein Thriller, der mich mit Spannung und vielschichtigen Charakteren in ein äußerst komplexes Geschehen entführt hat.

Veröffentlicht am 16.02.2020

Ein düsterer, bildhaft geschriebener Schwedenkrimi

Totenstille
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Totenstille
- Denn das wahre Böse ist lautlos
Kriminalroman
Verlag: Bastei Lübbe AG
Autor: Will Dean
426 Seiten
ISBN 978-3-404-17895-7




Totenstille - Will Dean

Inhalt und Personen

Die Geschichte führt ...

Totenstille
- Denn das wahre Böse ist lautlos
Kriminalroman
Verlag: Bastei Lübbe AG
Autor: Will Dean
426 Seiten
ISBN 978-3-404-17895-7




Totenstille - Will Dean

Inhalt und Personen

Die Geschichte führt den Leser nach Schweden, genaugenommen in die Kleinstadt Gavrik, in der Tuva Moodyson für den "Gavrik Posten" arbeitet. Das Lokalblatt hat eine wöchentliche Auflage von 6.000 Stück und ist damit meilenweit entfernt von der Auflage des Guardian, für den Tuva am liebsten arbeiten würde.
Doch Tuvas Mutter lebt in Karlstadt und ist sterbenskrank. Tuva könnte mit ihrem Gewissen nie vereinbaren, meilenweit entfernt zu leben und ihren Träumen nachzujagen. Andererseits scheut sie sich, ihrer Mutter unter die Augen zu treten, wo doch gerade ihre Chance gekommen zu sein scheint.


Ihre Möglichkeit zum Karrieresprung: ein jüngster Mord. Vermutlich geschehen nahe Mossen im Utgard-Wald.

Es ist schwierig, etwas von den ermittelnden Beamten zu erfahren. Die Leute im Ort meinen, dass es sicher etwas mit den Medusa-Morden zu tun hat. Doch die letzte Leiche wurde 1994 und damit vor 20 Jahren entdeckt. Der Mörder wurde hingegen nie gefasst.

Tuva Moodyson beginnt auf eigene Faust zu recherchieren. Zu verlockend ist diese Chance für ihre Karriere und zu auskunftsscheu sind die Bewohner. Für Tuva bedeutet dies ein immenses Stück Arbeit, denn sie hat nicht nur mit dem Eigenwillen der Bewohner, sondern auch mit ihrer eigenen Gehörlosigkeit und ihrer Angst vor dem Wald zu kämpfen.


Meine Meinung

Will Dean führt den Leser in eine triste Gegend in Schweden, nach Gavrik.
"Denn das wahre Böse ist lautlos" lautet der Untertitel.
Anfangs bin ich mir nicht wirklich sicher, ob das wahre Böse tatsächlich lautlos agiert oder aber die Protagonistin, Tuva Moodyson, der Grund für die Lautlosigkeit ist. Denn diese nimmt des Öfteren mal die Hörgeräte raus. Zum Einen, um sie beispielsweise vor Nässe zu schützen, zum Anderen, um auch mal in Ruhe sinnieren zu können.

Will Dean liefert jedenfalls sehr bildhafte Beschreibungen. Im Utgard-Wald in Schweden möchte auch ich nicht spazieren gehen. Zu düster, zu gefährlich, zu einsam.

"Gavrik ist ein kleines Nest zwischen einem Fluss im Süden, einem Hügelkamm im Osten, dem Utgard-Wald im Westen und einem anderen Wald im Norden. Es braucht keinen Jäger, der Jagd auf Menschen macht. Den braucht es verdammt noch mal nicht." - Seite 109

Auch die Bewohner Mossens sind eher ein sonderbares Völkchen. Ein jeder scheint ein oder zwei Geheimnisse zu haben und jeder scheint jeden zu schützen. Die Beweggründe sind dabei nicht ganz klar.

Aufzählungen machen den Erzählstil atemberaubend und bei den Ermittlungen werden offensichtliche und dennoch falsche Schlüsse erzeugt, so dass ich als Leser hin- und hergerissen bin zwischen Ermittlungsdrang und dem Gefühl, mich auf der falschen Fährte zu befinden. Außerdem hat Will Dean eine sehr anschauliche Art, seinen Humor darzustellen.

"Na, der Mörder wird wohl kaum mit einem Schild und der Tasche voller Augäpfel im Wald herumlaufen, oder?" - Seite 74

Zudem wiegt der Autor mich mit Tuvas Ritualen in Sicherheit. Sie kümmert sich um ihre Hörgeräte, sie isst gern Weingummi. Ich kenne ihren Tagesablauf, selbst wenn er immer unregelmäßiger wird, so hat sie ihren Lebensrhythmus, der für sie überaus wichtig ist.

Die Spannung spitzt sich damit beinahe unbemerkt zu und schlussendlich bin ich überrascht, denn der Täter und die Mordgründe sind für mich unerwartet und doch nachvollziehbar.

Will Dean hat einen atemberaubenden Krimi geschaffen. Er hält die Balance zwischen gnadenloser Ermittlungsarbeit und der Bedrohung des Ermittelnden. Ich möchte nicht, das Tuva selbst dem Mörder zum Opfer wird und dennoch spitzt sich die Geschichte dramatisch in genau diese Richtung zu.

"Mir ist es nach wie vor zu waldig, aber mit Frida an meiner Seite ist es okay. Sie strahlt ein Selbstvertrauen aus, das kein Wildtier je infrage stellen würde." - Seite 163

Fazit

Ein düsterer, bildhaft geschriebener Schwedenkrimi, deren Protagonistin mich auch Wochen später noch berührt.

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