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Veröffentlicht am 06.01.2023

Eine packende Reise in sieben verschiedene Lebenssituationen koreanischer Frauen

Miss Kim weiß Bescheid
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Miss Kim weiß bescheid erzählt sehr bildhaft und einfühlsam aus dem Leben und Zusammenleben von sieben verschiedenen Mädchen und Frauen im Alter von zehn bis 80 Jahren.

Es geht vor allem um die Gefühle ...

Miss Kim weiß bescheid erzählt sehr bildhaft und einfühlsam aus dem Leben und Zusammenleben von sieben verschiedenen Mädchen und Frauen im Alter von zehn bis 80 Jahren.

Es geht vor allem um die Gefühle dieser koreanischen Frauen und um verschiedene Lebenssituationen. Es geht um ein nahendes Lebensende, um Abschied, um das Loslassen, um Akzeptanz und nicht erfolgte Akzeptanz. Es geht um Literatur und Lebensgeschichte, um Gewalt in der Familie, um Dankbarkeit.

In der zweiten Geschichte, die mit Trotz übertitelt ist, erzählt Nam-Joo Cho von einer heranwachsenden jungen Frau, die dabei ist, sich ihren Lebensweg zu ebnen. Sie erfährt Hilfe in einer für sie unangenehmen Situation und ist erfüllt von Dankbarkeit, ohne diese je zu äußern. Als sich ihr Jahre später die Gelegenheit bietet sich doch noch zu bedanken, stellt sie fest, dass jeder Mensch seine eigene Wahrheit und den eigenen Blick auf die Dinge hat. Die Geschichte zeigt, wie wichtig Verstandenwerden und Vergebung sind.

In weiteren Geschichten geht es um die Rolle der Mutter aus Sicht der Kinder, um die Rolle des Vaters aus Sicht der Kinder. Es geht um Verantwortung sich selbst gegenüber und der Familie.

Was es mit der Gefühlswelt der Kinder macht, wenn ein Part fehlt. Und das große Verstehen, wenn den Kindern bewusst wird, dass Eltern auch Menschen abseits ihrer Rolle sind.

Spannend fand ich die Geschichte aus dem Arbeitsleben. Ein typischer Büroalltag, mit typischen Bürotätigkeiten, mit einem Organisationstalent, deren Arbeit man nicht messen kann. Und die Lücke, die die Person hinterlässt, wenn sie nicht mehr da ist.

Die klare Sprache, die Nam-Joo Cho zu Papier bringt und die schonungslose Offenheit der Frauen, darzulegen, in welcher Situation sie sich befinden und wie sich die Situation anfühlt, macht Miss Kim weiß bescheid schnell zu einer von mir geliebten Lektüre, die ich gern mal wieder zur Hand nehme.

Miss Kim weiß bescheid zeigt ganz deutlich: die Frauen dieser Welt unterscheiden sich nicht in vielen Dingen voneinander.

Christiane Marx und Sabine Arnhold geben den Protagonistinnen durch ihre Stimmen ein Mehr an Raum und Wirken. Beide Stimmen sind sehr harmonisch miteinander. Es klingt vielleicht ein bisschen steif, aber es ist für mich ein absolut stimmiges Hörerlebnis.

Die Übersetzung von Inwon Park fand ich sehr gelungen. Die Geschichten werden sprachlich zeitgemäß erzählt. Ein echtes Vergnügen.



Fazit
Miss Kim weiß bescheid ist für alle, die in die Lebenssituationen von Frauen unterschiedlichen Alters eintauchen wollen.

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Veröffentlicht am 29.11.2022

Klug inszenierter Psychothriller

Fake – Wer soll dir jetzt noch glauben?
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Fake - Wer soll dir jetzt noch glauben? ist ein klug inszenierter Psychothriller. Den Lauf der Geschichte habe ich mit Spannung verfolgt. Obwohl ich ein großer Hörbuchfan bin, hätte ich Fake von Arno Strobel ...

Fake - Wer soll dir jetzt noch glauben? ist ein klug inszenierter Psychothriller. Den Lauf der Geschichte habe ich mit Spannung verfolgt. Obwohl ich ein großer Hörbuchfan bin, hätte ich Fake von Arno Strobel diesmal lieber gelesen. Bereits der Anfang der Geschichte war spannend erzählt. Sascha Rotermund hat auch von Anfang an ordentlich Gas gegeben - und damit die Geschichte für mich etwas überreizt. Selbst die etwas angepassten Szenen hat Sascha Rotermund stimmlich mit soviel Spannung unterlegt, dass ich die Geschichte als anstrengend empfand. Etwas weniger wäre hier mehr gewesen.




Dennoch kam ich nach einiger Zeit im Geschehen an und konnte den Charakteren gut folgen. Im Verlauf der Geschichte kam mir jedoch immer mal wieder der Gedanke, dass mir die Geschichte bekannt vorkommt. Vielleicht war es lediglich "dasselbe Strickmuster", nachdem die Geschichte aufgebaut war, vielleicht, vielleicht.

Diese beiden Komponenten haben mein Lesevergnügen diesmal etwas geschmälert. Einen übertriebenen Spannungsaufbau haben Arno Strobels Thriller meinem Empfinden nach nicht nötig und warum mir die Geschichte so bekannt vorkam - ich weiß es nicht. Ich kann es nicht so recht greifen.



Fazit
Fake - Wer soll dir jetzt noch glauben? ist ein spannender Psychothriller. Leser, die gern die Bücher von Arno Strobel lesen, werden jede Menge Freude daran haben.

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Veröffentlicht am 06.11.2022

Ein spannender und höchst interessanter Einblick in das Leben der Anita Berber

Die rote Tänzerin
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Die rote Tänzerin ist ist ein biografischer Roman um die Protagonistin Anita Berber. Anita Berber ist Tänzerin, genau genommen Nackttänzerin, im Berlin der 1920er Jahre. In kurzen Kapiteln erhalte ich ...

Die rote Tänzerin ist ist ein biografischer Roman um die Protagonistin Anita Berber. Anita Berber ist Tänzerin, genau genommen Nackttänzerin, im Berlin der 1920er Jahre. In kurzen Kapiteln erhalte ich Einblick in das Leben der Künstlerin und ihrer Person.




Joan Weng lässt die Berber in klarer Sprache zu Wort kommen. Ungeschönt, gar ungeschminkt, trifft die Protagonistin ihre Äußerungen. Dabei kommt die Sprachbildung der 1920er Jahre wunderbar zur Geltung. Da hatte Frau noch Chuzpe, wenn sie mal eine nicht zurückhaltende Antwort parat hatte sondern sich schlagfertig in Szene setzte. Und in Szene setzen konnte Anita Berber sich.



"Morgenstern starrte einen Moment sprachlos, dann winkte er den Mädchen, die Teller wieder abzutragen. Leicht würde es mit der nicht, aber leicht machte auch keinen Spaß." - Seite 121



Obwohl Anita Berber nackt auftrat, hat sie sich nie so verletzlich gezeigt, wie sie eigentlich war und nach und nach zu Tage trat. Anfangs erschien mir die Berber unnahbar. Doch je mehr ich über Anita erfuhr, desto verständlicher wurde mir ihr Handeln, ihre Entgegnungen, ihre Show. Und zum Schluss, ja, zum Schluss war ich in Annis Art verliebt.

Dass es sich bei Die rote Tänzerin nicht um eine Biografie sondern um einen Biografischen Roman handelt, macht das Erleben für mich als Leser noch intensiver. In den Momenten, in denen sich Anita Berber ihrem Gegenüber öffnet, wird sie für mich nahbar. Und anhand der Erlebnisse im Geschehen kann ich in die Situation eintauchen und mit Anita mitfühlen. Gern möchte ich glauben, dass sich die Szenen in Anita Berbers realem Leben tatsächlich so abgespielt haben. Im Nachwort erzählt Joan Weng, wie viel Wissen und Wahrheit in der Geschichte steckt und was unserer eigenen Fantasie überlassen bleibt.



"Und Anita? Die hatte ihn sinnend unter halb gesenkten Lidern hervor betrachtet, hatte sich lüstern die Lippen geleckt, ihm dann "Ich bevorzuge jüngere Frauen" hingeknallt." - Seite 56



Nach dem Leseerlebnis von Die rote Tänzerin wird mir Anita Berber in guter Erinnerung bleiben. Oder, wie Anni so schön sagte: "Machen sie mich unsterblich, Herr Dix!"



Fazit
Die rote Tänzerin ist für alle, die gern biografische Romane lesen. Ein spannender und höchst interessanter Einblick in das Leben der Anita Berber und das Berlin der 1920er Jahre. Geschrieben von Joan Weng, die das Berlin zu Zeiten der Weimarer Republik sprachlich sehr bildhaft zum Leben erweckt.

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Veröffentlicht am 05.11.2022

Dystopische und real anmutende Geschichte

Auf See
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Auf See erzählt die dystopische Geschichte von Yada. Yada ist zu Beginn der Geschichte 17 Jahre alt. Sie wächst als Halbwaise bei ihrem Vater auf Seestatt auf. Die Welt, wie sie einst war, gibt es nicht ...

Auf See erzählt die dystopische Geschichte von Yada. Yada ist zu Beginn der Geschichte 17 Jahre alt. Sie wächst als Halbwaise bei ihrem Vater auf Seestatt auf. Die Welt, wie sie einst war, gibt es nicht mehr und so findet Yadas Leben auf See statt. Dort entzieht sich ihr Vater und alle, die ihm folgen wollen, dem Rechtsstaat unter dem Deckmantel des Helfenwollens.









Die Geschichte wird in sich abwechselnden Abschnitten erzählt, die mal aus Yadas Sicht erzählt werden, mal aus Helenas Sicht.

Helena ist eine junge Frau, die in der "kaputten" Welt lebt. Sie lebt und wirkt in Berlin und verdient ihren Lebensunterhalt mit ihren künstlerischen Darstellungen im Internet. Ihre Beiträge erlangen hohe Klickzahlen. Doch verantwortlich geht sie mit diesem Wissen und ihren folgenden Beiträgen nicht um. Während die Gemeinschaft sie als Sektenführerin ansieht, setzt sich Helena mit Themen auseinander, die sie beschäftigen. Ohne, dass sie sich der Wirkung ihrer Worte bewusst ist, gehen die Informationen an ihre Gefolgschaft heraus - und sorgen damit für jede Menge Trubel.

Neben den beiden Erzählsträngen von Yada und Helena erfahre ich immer wieder Wissenswertes aus sogenannten Archiveinträgen.

Theresia Enzensberger erzählt die Geschichte von Yada und Helena sehr direkt, ja schonungslos. Unter Verwendung zahlreicher bildungssprachlicher Begriffe werden mir die Inhalte anfangs quasi um die Ohren gehauen. Zunächst wusste ich gar nicht, wo mir der Kopf steht. Im Laufe der Geschichte spielt sich die Erzählart ein und wird etwas lockerer, so dass ich der dystopischen Reise und den Gedanken um den Fortschritt gut folgen konnte.

Es war eine Art Faszination des Unbekannten, Ungewissen, die mich an die Geschichte gefesselt hat. Ist so eine Art zu leben tatsächlich möglich? In kleineren Varianten finden wir immer mal wieder Zusammenschlüsse von Menschen, die auf kleinem Raum miteinander klarkommen müssen und voneinander abhängig sind. Diese Art der Sonderwirtschaftsform auf See hat mich gleichermaßen fasziniert wie abgeschreckt.

Theresia Enzensberger hat es sich nicht nehmen lassen, ihren Roman selbst einzulesen. Anfangs verschlug es mir regelrecht den Atem. Mit einer Stimme so rau und kühl wie die See erfahre ich die ersten Eindrücke von Yada. Eine monoton wirkende Distanziertheit macht es mir leicht, Yadas Ausführungen und ihre Eindrücke zu erfahren, ohne dass sie mir dabei zu nahe kommt. Tatsächlich empfinde ich die Erzählart schon nach kurzer Zeit für die Geschichte als angenehm.

Dennoch bleibe ich nach dem Roman mit gemischten Gefühlen zurück. Die Dystopie klingt einfach zu real und zu nah.



Fazit
Auf See ist für alle, die an dystopischen und dennoch real anmutenden Geschichten Geschmack haben.

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Veröffentlicht am 19.10.2022

Atmosphärisch düsterer Schwedenkrimi

Sturmrot
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Sturmrot ist ein atmosphärisch düsterer Schwedenkrimi und der Auftakt der Trilogie um die Ermittlerin Eira Sjödin.











Eira Sjödin ist in ihr altes Heimatdorf zurückgekehrt, um ihre Mutter zu unterstützen. ...

Sturmrot ist ein atmosphärisch düsterer Schwedenkrimi und der Auftakt der Trilogie um die Ermittlerin Eira Sjödin.











Eira Sjödin ist in ihr altes Heimatdorf zurückgekehrt, um ihre Mutter zu unterstützen. Ihre Mutter ist dement und von ihrem Bruder Magnus hat Eira lange nichts gehört, so dass sie es sich - neben ihrer Polizeiarbeit - zur Aufgabe gemacht hat, sich um ihre Mutter zu kümmern.

Man sagt, dass Täter immer wieder an den Ort des Verbrechens zurückkehren. Doch was ist, wenn der Täter selbst zum Opfer wird? Wenn der Täter in den Verdacht gerät, weiter "aufzuräumen" ist alles klar. Doch wenn der Täter angegriffen wird, was ist dann noch Wahrheit?

Diesen Fragen stellt sich Eira Sjödin zu der Zeit als Olof Hagström in den Heimatort zurückkehrt und zugleich dessen Vater tot aufgefunden wird. Olof Hagström hat als vierzehnjähriger gestanden, die junge Lina vergewaltigt und ermordet zu haben. Noch zu jung, um ins Gefängnis zu kommen, kam Olof in ein Jugendheim - und verlor den Kontakt zu seiner Familie.

Eira Sjödin - zu der Zeit, als Lina und Olof von der Bildfläche im Ort verschwanden - noch zu jung, um Sachverhalte oder Beweggründe mitgeteilt zu bekommen - hat mit Olofs Rückkehr und dem Mord an seinem Vater jede Menge Aufklärungsarbeit zu leisten. Um sich einen besseren Überblick zu verschaffen, recherchiert sie nicht nur zum aktuellen Fall, sondern zieht auch zum damaligen Fall um Linas Verschwinden ihre Schlüsse.

Die ruhige, besonnene Art, die Eira dabei an den Tag legt, gefällt mir. Sie agiert umsichtig und rücksichtsvoll, lässt sich jedoch nicht beirren, wenn es um die Ermittlungsarbeit geht. Das gefällt mir.

Die Tatsache, dass ein minderjähriger Junge zu solch einer Straftat fähig sein soll und die Ermittlungsansätze der Polizei zur damaligen Zeit haben mich ganz schön erschreckt.

Tove Alsterdal unterstützt ihre Protagonistin mit ihrem runden, bildhaften Erzählstil. Die Geschichte geht zunächst ruhig an. Im letzten Drittel kann ich das Buch aber nicht mehr gelegentlich aus der Hand legen. Dann will ich wissen, wie die Fäden zusammenlaufen. Ob ich richtig liege, oder ob es am Ende doch noch eine Überraschung gibt.

Sturmrot hat mich gut unterhalten und zum Ende für ordentlich Spannung gesorgt. Die Charaktere sind vielschichtig. Und auch, wenn ich sie zu kennen glaubte, so hat der eine und andere doch noch ein Geheimnis in petto.

Fazit
Wer düstere Schwedenkriminalromane mag, ist mit Sturmrot gut beraten.

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